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Lütkemann, Joachim: Apostolische Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652.

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richte nicht vor der Zeit / vnd wer vorhin ohne schew andere gerichtet hat / oder andere noch richten würde / der erkenne es / daß es übel gethan sey. Es ist ein vergeblich Fürnehmen andere richten / es kan ja der Mensch auch sich selbst nicht richten / was wollen wir denn noch einen anderen richten / dessen Hertz wir nicht kennen? Darzu so greiffen wir GOtt in sein Ampt / dem das richten allein zustehet / als der nicht allein ins verborgene sihet / sondern auch das verborgene herfür bringen vnd belohnen wird. Darzu ist wider die Liebe / denn wie du nicht wilt / daß man dich richte / so soltu andere auch nicht richten. Wie es Gott gefalle kanstu bey dir selbst abnehmen. Wann einer deinen frommen Sohn für deinen Augen wolte verkleinern vnd verunglimpffen / das würde dir ja keine grosse Frewde seyn! Also ists Gott auch nicht lieb / wann man seine lieben Kinder für seinen Augen urtheilet.

II. Pro iis, qui judicantur sive vituperansur.

Ferner die von anderen sich müssen richten lassen / trösten sich auch mit dem Exempel Pauli vnd anderer Heiligen / vnd sagen: Es ist mir ein wenig / daß ich in der Welt gerichtet werde. Boßhafftige Vrtheil thun wol wehe / doch muß ein Christ / wann er ein gut Gewissen hat / auch so viel können / daß er der Welt Vrtheil verachte. Der Vogel singet / wie jhm der Schnabel gewachsen / was können sie groß schaden? Will die Welt vnsern guten Willen nicht erkennen / so will es Gott erkennen. Drumb wollen wir vom guten nicht fort ablassen / wenn schon die Welt es nicht will erkennen / vnd vergelten. Es ist genug / daß vns von Gott selbsten dermalen eins soll das Lob gegeben werden.

Sive laudantur.

Gleich wie nun ein Christ muß so gesinnet seyn / daß er der Welt Vrtheil verlache / wann sie jhn gering achten: Also muß er auch seine Großmüthigkeit darein erzeigen / wann jhn die Welt mit jhren Vrtheilen erhebet / daß ers auch weiß zu verachten / vnd sich selbsten nicht gefalle / sondern spreche: Ich kan mich selbst nicht richten / Ich bin mir wol nichts bewust / aber darein bin ich nicht gerechtfertiget / GOtt ists / der mich richtet. Menschen Lob kompt von Menschen / gehet auch mit Menschen dahin / Wol dem! der

richte nicht vor der Zeit / vnd wer vorhin ohne schew andere gerichtet hat / oder andere noch richten würde / der erkenne es / daß es übel gethan sey. Es ist ein vergeblich Fürnehmen andere richten / es kan ja der Mensch auch sich selbst nicht richten / was wollen wir denn noch einen anderen richten / dessen Hertz wir nicht kennen? Darzu so greiffen wir GOtt in sein Ampt / dem das richten allein zustehet / als der nicht allein ins verborgene sihet / sondern auch das verborgene herfür bringen vnd belohnen wird. Darzu ist wider die Liebe / denn wie du nicht wilt / daß man dich richte / so soltu andere auch nicht richten. Wie es Gott gefalle kanstu bey dir selbst abnehmen. Wann einer deinen frommen Sohn für deinen Augen wolte verkleinern vnd verunglimpffen / das würde dir ja keine grosse Frewde seyn! Also ists Gott auch nicht lieb / wann man seine lieben Kinder für seinen Augen urtheilet.

II. Pro iis, qui judicantur sive vituperansur.

Ferner die von anderen sich müssen richten lassen / trösten sich auch mit dem Exempel Pauli vnd anderer Heiligen / vnd sagen: Es ist mir ein wenig / daß ich in der Welt gerichtet werde. Boßhafftige Vrtheil thun wol wehe / doch muß ein Christ / wann er ein gut Gewissen hat / auch so viel können / daß er der Welt Vrtheil verachte. Der Vogel singet / wie jhm der Schnabel gewachsen / was können sie groß schaden? Will die Welt vnsern guten Willen nicht erkennen / so will es Gott erkennen. Drumb wollen wir vom guten nicht fort ablassen / wenn schon die Welt es nicht will erkennen / vnd vergelten. Es ist genug / daß vns von Gott selbsten dermalen eins soll das Lob gegeben werden.

Sive laudantur.

Gleich wie nun ein Christ muß so gesinnet seyn / daß er der Welt Vrtheil verlache / wann sie jhn gering achten: Also muß er auch seine Großmüthigkeit darein erzeigen / wann jhn die Welt mit jhren Vrtheilen erhebet / daß ers auch weiß zu verachten / vnd sich selbsten nicht gefalle / sondern spreche: Ich kan mich selbst nicht richten / Ich bin mir wol nichts bewust / aber darein bin ich nicht gerechtfertiget / GOtt ists / der mich richtet. Menschen Lob kompt von Menschen / gehet auch mit Menschen dahin / Wol dem! der

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[50/0070] richte nicht vor der Zeit / vnd wer vorhin ohne schew andere gerichtet hat / oder andere noch richten würde / der erkenne es / daß es übel gethan sey. Es ist ein vergeblich Fürnehmen andere richten / es kan ja der Mensch auch sich selbst nicht richten / was wollen wir denn noch einen anderen richten / dessen Hertz wir nicht kennen? Darzu so greiffen wir GOtt in sein Ampt / dem das richten allein zustehet / als der nicht allein ins verborgene sihet / sondern auch das verborgene herfür bringen vnd belohnen wird. Darzu ist wider die Liebe / denn wie du nicht wilt / daß man dich richte / so soltu andere auch nicht richten. Wie es Gott gefalle kanstu bey dir selbst abnehmen. Wann einer deinen frommen Sohn für deinen Augen wolte verkleinern vnd verunglimpffen / das würde dir ja keine grosse Frewde seyn! Also ists Gott auch nicht lieb / wann man seine lieben Kinder für seinen Augen urtheilet. Ferner die von anderen sich müssen richten lassen / trösten sich auch mit dem Exempel Pauli vnd anderer Heiligen / vnd sagen: Es ist mir ein wenig / daß ich in der Welt gerichtet werde. Boßhafftige Vrtheil thun wol wehe / doch muß ein Christ / wann er ein gut Gewissen hat / auch so viel können / daß er der Welt Vrtheil verachte. Der Vogel singet / wie jhm der Schnabel gewachsen / was können sie groß schaden? Will die Welt vnsern guten Willen nicht erkennen / so will es Gott erkennen. Drumb wollen wir vom guten nicht fort ablassen / wenn schon die Welt es nicht will erkennen / vnd vergelten. Es ist genug / daß vns von Gott selbsten dermalen eins soll das Lob gegeben werden. Gleich wie nun ein Christ muß so gesinnet seyn / daß er der Welt Vrtheil verlache / wann sie jhn gering achten: Also muß er auch seine Großmüthigkeit darein erzeigen / wann jhn die Welt mit jhren Vrtheilen erhebet / daß ers auch weiß zu verachten / vnd sich selbsten nicht gefalle / sondern spreche: Ich kan mich selbst nicht richten / Ich bin mir wol nichts bewust / aber darein bin ich nicht gerechtfertiget / GOtt ists / der mich richtet. Menschen Lob kompt von Menschen / gehet auch mit Menschen dahin / Wol dem! der

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Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Apostolische Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_auffmunterung_1652/70>, abgerufen am 27.11.2024.