Lütkemann, Joachim: Apostolische Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652.Der Mensch / der entzuckt ist / ist der Apostel Paulus selbst / wiewol er sich außdrücklich mit Namen nicht nennet / auß Demut. Den Ort / dahin er verzuckt / nennet er den dritten Himmel vnd das Paradiß. Es seynd mancherley Himmel / insonderheit werden dreyerley erzehlet / der sichtbare Himmel / der einmal mit krachen zergehen muß; der Kirchen-Himmel / in welchem Michael vnd seine Engel streiten mit dem Drachen; der Triumph-Himmel / darin GOtt nach seiner Herrligkeit sich seinen Außerwehlten / beydes Engeln vnd Menschen offenbaret. Der heisset der dritte / allerhöchster vnd fürtrefflichster Himmel. Der heisset auch das Paradiß / wie jhn auch Christus nennet / wenn er den armen SünderLuc. 23, 43. am Creutze mit dem himlischen Leben vertröstet. Denn wie vnsere erste Eltern in dem jrrdischen Paradiß überauß grosse Lust vnd Frewde hatten / also wird auch das himlische Leben ein Paradiß genennet / wegen der überschwenglichen Lust vnd Frewde / die darinnen gefunden wird. Wie es eigentlich mit der Entzückung zugangen / weiß Paulus selbst nicht. Denn er spricht zu zweyen mahlen: Ob er in dem Leibe oder ausser dem Leibe gewesen ist / weiß ich nicht / GOtt weiß es. Damit er andeutet / wie gar wunderlich es sey zugegangen / daß er selbst nicht sagen kan / wie jhm geschehen. In gemein kan eine Entzuckung geschehen auff dreyerley weise; entweder daß fürs erste die Seele vom Leibe gescheiden / vnd zu dem Ort der himlischen Seligkeit gezogen werde; oder daß zum andern / Leib vnd Seel zugleich dahin geführet werde; oder daß zum dritten die Seele in dem Leibe den Zustand der himlischen Seligkeit empfinde / ob sie schon dem Wesen nach an den Ort der Seligkeit nicht kompt. Diese dritte art scheinet / als habe sie hie keine statt / sintemal der Apostel nicht von einem blossen Gesicht / sondern einer warhafftigen Versetzung redet / vnd durch den dritten Himmel nicht allein den himlischen Zustand / sondern auch den Ort der Se- Der Mensch / der entzuckt ist / ist der Apostel Paulus selbst / wiewol er sich außdrücklich mit Namen nicht nennet / auß Demut. Den Ort / dahin er verzuckt / nennet er den dritten Himmel vnd das Paradiß. Es seynd mancherley Himmel / insonderheit werden dreyerley erzehlet / der sichtbare Himmel / der einmal mit krachen zergehen muß; der Kirchen-Himmel / in welchem Michael vnd seine Engel streiten mit dem Drachen; der Triumph-Himmel / darin GOtt nach seiner Herrligkeit sich seinen Außerwehlten / beydes Engeln vnd Menschen offenbaret. Der heisset der dritte / allerhöchster vnd fürtrefflichster Himmel. Der heisset auch das Paradiß / wie jhn auch Christus nennet / wenn er den armen SünderLuc. 23, 43. am Creutze mit dem himlischen Leben vertröstet. Denn wie vnsere erste Eltern in dem jrrdischen Paradiß überauß grosse Lust vnd Frewde hatten / also wird auch das himlische Leben ein Paradiß genennet / wegen der überschwenglichen Lust vnd Frewde / die darinnen gefunden wird. Wie es eigentlich mit der Entzückung zugangen / weiß Paulus selbst nicht. Denn er spricht zu zweyen mahlen: Ob er in dem Leibe oder ausser dem Leibe gewesen ist / weiß ich nicht / GOtt weiß es. Damit er andeutet / wie gar wunderlich es sey zugegangen / daß er selbst nicht sagen kan / wie jhm geschehen. In gemein kan eine Entzuckung geschehen auff dreyerley weise; entweder daß fürs erste die Seele vom Leibe gescheiden / vnd zu dem Ort der himlischen Seligkeit gezogen werde; oder daß zum andern / Leib vnd Seel zugleich dahin geführet werde; oder daß zum dritten die Seele in dem Leibe den Zustand der himlischen Seligkeit empfinde / ob sie schon dem Wesen nach an den Ort der Seligkeit nicht kompt. Diese dritte art scheinet / als habe sie hie keine statt / sintemal der Apostel nicht von einem blossen Gesicht / sondern einer warhafftigen Versetzung redet / vnd durch den dritten Himmel nicht allein den himlischen Zustand / sondern auch den Ort der Se- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0403" n="383"/> Der Mensch / der entzuckt ist / ist der Apostel Paulus selbst / wiewol er sich außdrücklich mit Namen nicht nennet / auß Demut.</p> <p>Den Ort / dahin er verzuckt / nennet er den dritten Himmel vnd das Paradiß. 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Denn er spricht zu zweyen mahlen: Ob er in dem Leibe oder ausser dem Leibe gewesen ist / weiß ich nicht / GOtt weiß es. Damit er andeutet / wie gar wunderlich es sey zugegangen / daß er selbst nicht sagen kan / wie jhm geschehen. In gemein kan eine Entzuckung geschehen auff dreyerley weise; entweder daß fürs erste die Seele vom Leibe gescheiden / vnd zu dem Ort der himlischen Seligkeit gezogen werde; oder daß zum andern / Leib vnd Seel zugleich dahin geführet werde; oder daß zum dritten die Seele in dem Leibe den Zustand der himlischen Seligkeit empfinde / ob sie schon dem Wesen nach an den Ort der Seligkeit nicht kompt. Diese dritte art scheinet / als habe sie hie keine statt / sintemal der Apostel nicht von einem blossen Gesicht / sondern einer warhafftigen Versetzung redet / vnd durch den dritten Himmel nicht allein den himlischen Zustand / sondern auch den Ort der Se- </p> </div> </body> </text> </TEI> [383/0403]
Der Mensch / der entzuckt ist / ist der Apostel Paulus selbst / wiewol er sich außdrücklich mit Namen nicht nennet / auß Demut.
Den Ort / dahin er verzuckt / nennet er den dritten Himmel vnd das Paradiß. Es seynd mancherley Himmel / insonderheit werden dreyerley erzehlet / der sichtbare Himmel / der einmal mit krachen zergehen muß; der Kirchen-Himmel / in welchem Michael vnd seine Engel streiten mit dem Drachen; der Triumph-Himmel / darin GOtt nach seiner Herrligkeit sich seinen Außerwehlten / beydes Engeln vnd Menschen offenbaret. Der heisset der dritte / allerhöchster vnd fürtrefflichster Himmel. Der heisset auch das Paradiß / wie jhn auch Christus nennet / wenn er den armen Sünder am Creutze mit dem himlischen Leben vertröstet. Denn wie vnsere erste Eltern in dem jrrdischen Paradiß überauß grosse Lust vnd Frewde hatten / also wird auch das himlische Leben ein Paradiß genennet / wegen der überschwenglichen Lust vnd Frewde / die darinnen gefunden wird.
Luc. 23, 43. Wie es eigentlich mit der Entzückung zugangen / weiß Paulus selbst nicht. Denn er spricht zu zweyen mahlen: Ob er in dem Leibe oder ausser dem Leibe gewesen ist / weiß ich nicht / GOtt weiß es. Damit er andeutet / wie gar wunderlich es sey zugegangen / daß er selbst nicht sagen kan / wie jhm geschehen. In gemein kan eine Entzuckung geschehen auff dreyerley weise; entweder daß fürs erste die Seele vom Leibe gescheiden / vnd zu dem Ort der himlischen Seligkeit gezogen werde; oder daß zum andern / Leib vnd Seel zugleich dahin geführet werde; oder daß zum dritten die Seele in dem Leibe den Zustand der himlischen Seligkeit empfinde / ob sie schon dem Wesen nach an den Ort der Seligkeit nicht kompt. Diese dritte art scheinet / als habe sie hie keine statt / sintemal der Apostel nicht von einem blossen Gesicht / sondern einer warhafftigen Versetzung redet / vnd durch den dritten Himmel nicht allein den himlischen Zustand / sondern auch den Ort der Se-
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Zitationshilfe: | Lütkemann, Joachim: Apostolische Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_auffmunterung_1652/403>, abgerufen am 16.02.2025. |