Lütkemann, Joachim: Apostolische Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652.erstreckt sich auff jederman / wer vns nur vorkompt / er sey Freund oder Feind / arm oder reich / groß oder klein; vnd ist allermeist geschäfftig bey den Sündern / dürfftigen vnd elenden Menschen / die vnserer Hülff zum meisten bedürffen. Welches ist aber die art? wie soll man lieben? Liebe deinen Nechsten wie dich selbst. Das beste Exempel der Liebe müssen wir suchen nicht in den Heiligen / als in Abraham / David / Petro / Paulo / sondern in vns selbst. Denn ein jeder fühlet / wie er sich liebe / für sein Leben sorge / vnd wie gern er jhm Speiß vnd Kleider gönne. Darnach seynd wir schuldig die Liebe deß Nechsten zu richten; vnd tragen also in vnserm eigenen Gewissen ein klares Buch / darin geschrieben stehet / alles was du deinem Nechsten thun sollst. Eben dahin weiset vns Matt. 7, 12.auch Christus: Alles / das jhr wollet / das euch die Leute thun sollen / das thut jhr jhnen / Matth. 7. Vnd im 22. C. 22, 39.spricht er eben / wie hie Paulus: Du solt deinen Nechsten lieben als dich selbst. Wenn diese beyde Formen von der Liebesart gegen einander gehalten werden / scheinets fast / als wann die letzte noch mehr fodere / als die vorige. Wenn gesagt wird: Was jhr wollet / das euch die Leute thun sollen / das thut jhr jhnen auch / das muß ein jeglicher bekennen / daß es billich sey. Aber daß ich den Nechsten also lieben soll / wie mich selbsten / deucht der Vernunfft gar zu hart geredet. Denn da werden alle Menschen gleich groß gemacht / vnd müß der Käyser einen armen Lazarum in seinem Hertzen so viel gelten lassen / als sich selbst. Dann wann GOtt den Käyser anredet mit solchen Worten: Dir Käyser / gebiete ich / daß du diesen armen Bettler liebest / wie dich selbst; damit hat er so viel gesaget: Dir habe ich Kron vnd Scepter / Land vnd Leute gegeben / das brauchestu zu deinen Diensten / nun ist das mein Will / daß du mit diesem vnd allen deinem vermögen dem armen Lazaro / vnd einem jeglichen Bettler / ja allen Menschen / die dir vorkommen / dienest vnd wolthust / wie dir selbst. erstreckt sich auff jederman / wer vns nur vorkompt / er sey Freund oder Feind / arm oder reich / groß oder klein; vnd ist allermeist geschäfftig bey den Sündern / dürfftigen vnd elenden Menschen / die vnserer Hülff zum meisten bedürffen. Welches ist aber die art? wie soll man lieben? Liebe deinen Nechsten wie dich selbst. Das beste Exempel der Liebe müssen wir suchen nicht in den Heiligen / als in Abraham / David / Petro / Paulo / sondern in vns selbst. Denn ein jeder fühlet / wie er sich liebe / für sein Leben sorge / vnd wie gern er jhm Speiß vnd Kleider gönne. Darnach seynd wir schuldig die Liebe deß Nechsten zu richten; vnd tragen also in vnserm eigenen Gewissen ein klares Buch / darin geschrieben stehet / alles was du deinem Nechsten thun sollst. Eben dahin weiset vns Matt. 7, 12.auch Christus: Alles / das jhr wollet / das euch die Leute thun sollen / das thut jhr jhnen / Matth. 7. Vnd im 22. C. 22, 39.spricht er eben / wie hie Paulus: Du solt deinen Nechsten lieben als dich selbst. Wenn diese beyde Formen von der Liebesart gegen einander gehalten werden / scheinets fast / als wann die letzte noch mehr fodere / als die vorige. Wenn gesagt wird: Was jhr wollet / das euch die Leute thun sollen / das thut jhr jhnen auch / das muß ein jeglicher bekennen / daß es billich sey. Aber daß ich den Nechsten also lieben soll / wie mich selbsten / deucht der Vernunfft gar zu hart geredet. Denn da werden alle Menschen gleich groß gemacht / vnd müß der Käyser einen armen Lazarum in seinem Hertzen so viel gelten lassen / als sich selbst. Dann wann GOtt den Käyser anredet mit solchen Worten: Dir Käyser / gebiete ich / daß du diesen armen Bettler liebest / wie dich selbst; damit hat er so viel gesaget: Dir habe ich Kron vnd Scepter / Land vnd Leute gegeben / das brauchestu zu deinen Diensten / nun ist das mein Will / daß du mit diesem vnd allen deinem vermögen dem armen Lazaro / vnd einem jeglichen Bettler / ja allen Menschen / die dir vorkommen / dienest vnd wolthust / wie dir selbst. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0304" n="284"/> erstreckt sich auff jederman / wer vns nur vorkompt / er sey Freund oder Feind / arm oder reich / groß oder klein; vnd ist allermeist geschäfftig bey den Sündern / dürfftigen vnd elenden Menschen / die vnserer Hülff zum meisten bedürffen. Welches ist aber die art? wie soll man lieben? Liebe deinen Nechsten wie dich selbst. Das beste Exempel der Liebe müssen wir suchen nicht in den Heiligen / als in Abraham / David / Petro / Paulo / sondern in vns selbst. Denn ein jeder fühlet / wie er sich liebe / für sein Leben sorge / vnd wie gern er jhm Speiß vnd Kleider gönne. Darnach seynd wir schuldig die Liebe deß Nechsten zu richten; vnd tragen also in vnserm eigenen Gewissen ein klares Buch / darin geschrieben stehet / alles was du deinem Nechsten thun sollst. Eben dahin weiset vns <note place="left">Matt. 7, 12.</note>auch Christus: Alles / das jhr wollet / das euch die Leute thun sollen / das thut jhr jhnen / Matth. 7. Vnd im 22. <note place="left">C. 22, 39.</note>spricht er eben / wie hie Paulus: Du solt deinen Nechsten lieben als dich selbst. Wenn diese beyde Formen von der Liebesart gegen einander gehalten werden / scheinets fast / als wann die letzte noch mehr fodere / als die vorige. Wenn gesagt wird: Was jhr wollet / das euch die Leute thun sollen / das thut jhr jhnen auch / das muß ein jeglicher bekennen / daß es billich sey. Aber daß ich den Nechsten also lieben soll / wie mich selbsten / deucht der Vernunfft gar zu hart geredet. Denn da werden alle Menschen gleich groß gemacht / vnd müß der Käyser einen armen Lazarum in seinem Hertzen so viel gelten lassen / als sich selbst. Dann wann GOtt den Käyser anredet mit solchen Worten: Dir Käyser / gebiete ich / daß du diesen armen Bettler liebest / wie dich selbst; damit hat er so viel gesaget: Dir habe ich Kron vnd Scepter / Land vnd Leute gegeben / das brauchestu zu deinen Diensten / nun ist das mein Will / daß du mit diesem vnd allen deinem vermögen dem armen Lazaro / vnd einem jeglichen Bettler / ja allen Menschen / die dir vorkommen / dienest vnd wolthust / wie dir selbst. </p> </div> </body> </text> </TEI> [284/0304]
erstreckt sich auff jederman / wer vns nur vorkompt / er sey Freund oder Feind / arm oder reich / groß oder klein; vnd ist allermeist geschäfftig bey den Sündern / dürfftigen vnd elenden Menschen / die vnserer Hülff zum meisten bedürffen. Welches ist aber die art? wie soll man lieben? Liebe deinen Nechsten wie dich selbst. Das beste Exempel der Liebe müssen wir suchen nicht in den Heiligen / als in Abraham / David / Petro / Paulo / sondern in vns selbst. Denn ein jeder fühlet / wie er sich liebe / für sein Leben sorge / vnd wie gern er jhm Speiß vnd Kleider gönne. Darnach seynd wir schuldig die Liebe deß Nechsten zu richten; vnd tragen also in vnserm eigenen Gewissen ein klares Buch / darin geschrieben stehet / alles was du deinem Nechsten thun sollst. Eben dahin weiset vns auch Christus: Alles / das jhr wollet / das euch die Leute thun sollen / das thut jhr jhnen / Matth. 7. Vnd im 22. spricht er eben / wie hie Paulus: Du solt deinen Nechsten lieben als dich selbst. Wenn diese beyde Formen von der Liebesart gegen einander gehalten werden / scheinets fast / als wann die letzte noch mehr fodere / als die vorige. Wenn gesagt wird: Was jhr wollet / das euch die Leute thun sollen / das thut jhr jhnen auch / das muß ein jeglicher bekennen / daß es billich sey. Aber daß ich den Nechsten also lieben soll / wie mich selbsten / deucht der Vernunfft gar zu hart geredet. Denn da werden alle Menschen gleich groß gemacht / vnd müß der Käyser einen armen Lazarum in seinem Hertzen so viel gelten lassen / als sich selbst. Dann wann GOtt den Käyser anredet mit solchen Worten: Dir Käyser / gebiete ich / daß du diesen armen Bettler liebest / wie dich selbst; damit hat er so viel gesaget: Dir habe ich Kron vnd Scepter / Land vnd Leute gegeben / das brauchestu zu deinen Diensten / nun ist das mein Will / daß du mit diesem vnd allen deinem vermögen dem armen Lazaro / vnd einem jeglichen Bettler / ja allen Menschen / die dir vorkommen / dienest vnd wolthust / wie dir selbst.
Matt. 7, 12.
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Zitationshilfe: | Lütkemann, Joachim: Apostolische Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_auffmunterung_1652/304>, abgerufen am 16.02.2025. |