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Lütkemann, Joachim: Ander Theil Apostolischer Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652.

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O wie ist vnser Hertz so gantz anders / als der keuschen Marien!2. Contraria in elatione pravitas. Jederman will daß man groß von jhm halte; jederman will vmb Frommigkeit vnnd Heyligkeit willen gerühmet seyn; jederman / wann er nur was sonders hat / will stracks auch was sonders seyn / wird stoltz vnd frech. Haben wir nur einen Pfenning mehr als ein anderer / kan niemand für Frechheit mit vns außkommen / da wollen wir jedermans Meister seyn. Wer ist der da hat Schönheit / Gewalt / Adel / Reichthumb / Kunst oder Geschickligkeit / der sich dessen nicht erhebe; vnnd so er darüber gelobet wird / sich nicht darüber kützele? Ja wir mögen auch wol dazu frech werden / vnd können nicht leyden / daß einer höher sey als wir; oder daß mehr von einem andern gehalten werde als von vns. Vnnd wann wir einen andern erhebt sehen vber jrrgent einem Ding / mögen wirs schwerlich leyden. Kein Knecht oder Magd ist so gering / hat sie nur einen newen Rock / oder bunte Borten / so will sie damit angesehen seyn. So thöricht seynd wir in vnserm Hochmuth. Was ist aber all das vnserige / was wir auch haben / gegen der Hochheit der Jungfrawen Mariae? Vnnd sihe / wie demüthig gehet sie herein?

So lerne nun von jhr / was du thun solt / wann du sihest daß3. Pravitatis Correctio. du vor andern begabet bist / oder du von andern deßwegen gelobet wirst.

Erstlich vnnd vor allen Dingen müssen wir vns hüten für2. Hochmuth / daß wir vns nicht erheben. Wir dörffen zwar das Gut / daß wir haben / nicht verläugnen. Das ist eine falsche Demuth. Maria bekennet GOttes Gnade an jhr; Also sollen auch wir nicht verläugnen / wann vns GOTT etwas sonderliches gegeben / sondern bekennen vnd sagen: Ja / ich kans nicht laugnen / das habe ich / damit hat mich GOtt begabet / GOtt hab ichs zu dancken. Das Brod läugnet nicht / daß es vns ernehren kan / sondern es gibt sich darfür auß / das Fewer läugnet nicht / daß es wärmen kan / sondern gibt sich dafür auß. Also wann wir gelehrt seyn / vnd

O wie ist vnser Hertz so gantz anders / als der keuschen Marien!2. Cõtraria in elatione pravitas. Jederman will daß man groß von jhm halte; jederman will vmb Frommigkeit vnnd Heyligkeit willen gerühmet seyn; jederman / wann er nur was sonders hat / will stracks auch was sonders seyn / wird stoltz vnd frech. Haben wir nur einen Pfenning mehr als ein anderer / kan niemand für Frechheit mit vns außkommen / da wollen wir jedermans Meister seyn. Wer ist der da hat Schönheit / Gewalt / Adel / Reichthumb / Kunst oder Geschickligkeit / der sich dessen nicht erhebe; vnnd so er darüber gelobet wird / sich nicht darüber kützele? Ja wir mögen auch wol dazu frech werden / vnd können nicht leyden / daß einer höher sey als wir; oder daß mehr von einem andern gehalten werde als von vns. Vnnd wann wir einen andern erhebt sehen vber jrrgent einem Ding / mögen wirs schwerlich leyden. Kein Knecht oder Magd ist so gering / hat sie nur einen newen Rock / oder bunte Borten / so will sie damit angesehen seyn. So thöricht seynd wir in vnserm Hochmuth. Was ist aber all das vnserige / was wir auch haben / gegen der Hochheit der Jungfrawen Mariae? Vnnd sihe / wie demüthig gehet sie herein?

So lerne nun von jhr / was du thun solt / wann du sihest daß3. Pravitatis Correctio. du vor andern begabet bist / oder du von andern deßwegen gelobet wirst.

Erstlich vnnd vor allen Dingen müssen wir vns hüten für2. Hochmuth / daß wir vns nicht erheben. Wir dörffen zwar das Gut / daß wir haben / nicht verläugnen. Das ist eine falsche Demuth. Maria bekennet GOttes Gnade an jhr; Also sollen auch wir nicht verläugnen / wann vns GOTT etwas sonderliches gegeben / sondern bekennen vnd sagen: Ja / ich kans nicht laugnen / das habe ich / damit hat mich GOtt begabet / GOtt hab ichs zu dancken. Das Brod läugnet nicht / daß es vns ernehren kan / sondern es gibt sich darfür auß / das Fewer läugnet nicht / daß es wärmen kan / sondern gibt sich dafür auß. Also wann wir gelehrt seyn / vnd

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[659/0675] O wie ist vnser Hertz so gantz anders / als der keuschen Marien! Jederman will daß man groß von jhm halte; jederman will vmb Frommigkeit vnnd Heyligkeit willen gerühmet seyn; jederman / wann er nur was sonders hat / will stracks auch was sonders seyn / wird stoltz vnd frech. Haben wir nur einen Pfenning mehr als ein anderer / kan niemand für Frechheit mit vns außkommen / da wollen wir jedermans Meister seyn. Wer ist der da hat Schönheit / Gewalt / Adel / Reichthumb / Kunst oder Geschickligkeit / der sich dessen nicht erhebe; vnnd so er darüber gelobet wird / sich nicht darüber kützele? Ja wir mögen auch wol dazu frech werden / vnd können nicht leyden / daß einer höher sey als wir; oder daß mehr von einem andern gehalten werde als von vns. Vnnd wann wir einen andern erhebt sehen vber jrrgent einem Ding / mögen wirs schwerlich leyden. Kein Knecht oder Magd ist so gering / hat sie nur einen newen Rock / oder bunte Borten / so will sie damit angesehen seyn. So thöricht seynd wir in vnserm Hochmuth. Was ist aber all das vnserige / was wir auch haben / gegen der Hochheit der Jungfrawen Mariae? Vnnd sihe / wie demüthig gehet sie herein? 2. Cõtraria in elatione pravitas. So lerne nun von jhr / was du thun solt / wann du sihest daß du vor andern begabet bist / oder du von andern deßwegen gelobet wirst. 3. Pravitatis Correctio. Erstlich vnnd vor allen Dingen müssen wir vns hüten für Hochmuth / daß wir vns nicht erheben. Wir dörffen zwar das Gut / daß wir haben / nicht verläugnen. Das ist eine falsche Demuth. Maria bekennet GOttes Gnade an jhr; Also sollen auch wir nicht verläugnen / wann vns GOTT etwas sonderliches gegeben / sondern bekennen vnd sagen: Ja / ich kans nicht laugnen / das habe ich / damit hat mich GOtt begabet / GOtt hab ichs zu dancken. Das Brod läugnet nicht / daß es vns ernehren kan / sondern es gibt sich darfür auß / das Fewer läugnet nicht / daß es wärmen kan / sondern gibt sich dafür auß. Also wann wir gelehrt seyn / vnd 2.

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Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Ander Theil Apostolischer Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652, S. 659. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_auffmunterung2_1652/675>, abgerufen am 25.08.2024.