Lütkemann, Joachim: Ander Theil Apostolischer Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652.Zweyerley wird hie gesaget von denen / die im Geist wandeln: Erstlich sie werden die Lüste deß Fleisches nicht vollnbringen. Dann der Geist streitet wieder Fleisch / vnnd läßt jhm den Willen nicht. Daß ein Christ keine Lüste deß Fleisches fühlen werde / ist nicht gesagt; hats doch der heylige Mann Paulus fühlen müssen. Daß aber wirdt gleichwol gesagt: Sie werden die Lüste deß Fleisches nicht vollnbringen. Das Fleisch wird vns zu allem bösen rathen vnd treiben; aber der Geist merckts / daß es nicht vollnbracht wird. Zum andern wird gesagt / daß die so vom Geist sich regieren lassen / nicht vnterm Gesetze seyn. Das Gesetze verdammet sie nit; dann sie seind vom Fluch deß Gesetzes erlöset / vnd seynd gerecht worden durch die Gnade JEsu Christi; das Gesetz treibt vnnd zwinget sie nicht: Eben darumb / weil sie regieret werden / durch den Geist Christi. Das Gesetz richtet hie wenig auß. Wo ich mich selbst recht kenne / finde ich in mir solche Natur / wann das Fleisch hitzig wird / daß es sich nicht wehren lässet / wann ich schon gedencke ans Gesetz / Fluch vnnd Verdamnuß. Weil ich aber durch den Glauben den heyligen Geist empfangen habe / der erinnert mich / wie einen gnädigen GOtt ich habe / vnd daß ich doch die Liebe vnd Gnade meines GOttes nicht geringschätzig achte. Daher gewinnet das Hertz Lust vnd Lieb GOtt gehorsamb zu seyn / vnd sich für Sünde zu hüten. Also stehen wir recht in der Freyheit / davon auch Paulus1. Tim. 1, 9. spricht in der ersten an Timotheum am 1. Den Gerechten ist kein Gesetz gegeben. Vnd Christus beym Johanne am achten.Ioh. 8, 36. So euch der Sohn frey machet / so seyd jhr recht frey. Durch Christum seynd wir GOttes Kinder / vnd empfangen das Erbe von GOtt wie die Kinder / die jhres Vatters Erben seyn / darumb daß sie Kinder seyn. Doch seynd wir vnserm Vatter Ge- Zweyerley wird hie gesaget von denen / die im Geist wandeln: Erstlich sie werden die Lüste deß Fleisches nicht vollnbringen. Dann der Geist streitet wieder Fleisch / vnnd läßt jhm den Willen nicht. Daß ein Christ keine Lüste deß Fleisches fühlen werde / ist nicht gesagt; hats doch der heylige Mann Paulus fühlen müssen. Daß aber wirdt gleichwol gesagt: Sie werden die Lüste deß Fleisches nicht vollnbringen. Das Fleisch wird vns zu allem bösen rathen vnd treiben; aber der Geist merckts / daß es nicht vollnbracht wird. Zum andern wird gesagt / daß die so vom Geist sich regieren lassen / nicht vnterm Gesetze seyn. Das Gesetze verdammet sie nit; dann sie seind vom Fluch deß Gesetzes erlöset / vnd seynd gerecht worden durch die Gnade JEsu Christi; das Gesetz treibt vnnd zwinget sie nicht: Eben darumb / weil sie regieret werden / durch den Geist Christi. Das Gesetz richtet hie wenig auß. Wo ich mich selbst recht kenne / finde ich in mir solche Natur / wann das Fleisch hitzig wird / daß es sich nicht wehren lässet / wann ich schon gedencke ans Gesetz / Fluch vnnd Verdamnuß. Weil ich aber durch den Glauben den heyligen Geist empfangen habe / der erinnert mich / wie einen gnädigen GOtt ich habe / vnd daß ich doch die Liebe vnd Gnade meines GOttes nicht geringschätzig achte. Daher gewinnet das Hertz Lust vnd Lieb GOtt gehorsamb zu seyn / vnd sich für Sünde zu hüten. Also stehen wir recht in der Freyheit / davon auch Paulus1. Tim. 1, 9. spricht in der ersten an Timotheum am 1. Den Gerechten ist kein Gesetz gegeben. Vnd Christus beym Johanne am achten.Ioh. 8, 36. So euch der Sohn frey machet / so seyd jhr recht frey. Durch Christum seynd wir GOttes Kinder / vnd empfangen das Erbe von GOtt wie die Kinder / die jhres Vatters Erben seyn / darumb daß sie Kinder seyn. Doch seynd wir vnserm Vatter Ge- <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0307" n="291"/> <p>Zweyerley wird hie gesaget von denen / die im Geist wandeln: Erstlich sie werden die Lüste deß Fleisches nicht vollnbringen. Dann der Geist streitet wieder Fleisch / vnnd läßt jhm den Willen nicht. Daß ein Christ keine Lüste deß Fleisches fühlen werde / ist nicht gesagt; hats doch der heylige Mann Paulus fühlen müssen. Daß aber wirdt gleichwol gesagt: Sie werden die Lüste deß Fleisches nicht vollnbringen. Das Fleisch wird vns zu allem bösen rathen vnd treiben; aber der Geist merckts / daß es nicht vollnbracht wird.</p> <p>Zum andern wird gesagt / daß die so vom Geist sich regieren lassen / nicht vnterm Gesetze seyn. Das Gesetze verdammet sie nit; dann sie seind vom Fluch deß Gesetzes erlöset / vnd seynd gerecht worden durch die Gnade JEsu Christi; das Gesetz treibt vnnd zwinget sie nicht: Eben darumb / weil sie regieret werden / durch den Geist Christi. Das Gesetz richtet hie wenig auß. Wo ich mich selbst recht kenne / finde ich in mir solche Natur / wann das Fleisch hitzig wird / daß es sich nicht wehren lässet / wann ich schon gedencke ans Gesetz / Fluch vnnd Verdamnuß. Weil ich aber durch den Glauben den heyligen Geist empfangen habe / der erinnert mich / wie einen gnädigen GOtt ich habe / vnd daß ich doch die Liebe vnd Gnade meines GOttes nicht geringschätzig achte. Daher gewinnet das Hertz Lust vnd Lieb GOtt gehorsamb zu seyn / vnd sich für Sünde zu hüten.</p> <p>Also stehen wir recht in der Freyheit / davon auch Paulus<note place="right">1. Tim. 1, 9.</note> spricht in der ersten an Timotheum am 1. Den Gerechten ist kein Gesetz gegeben. Vnd Christus beym Johanne am achten.<note place="right">Ioh. 8, 36.</note> So euch der Sohn frey machet / so seyd jhr recht frey. Durch Christum seynd wir GOttes Kinder / vnd empfangen das Erbe von GOtt wie die Kinder / die jhres Vatters Erben seyn / darumb daß sie Kinder seyn. Doch seynd wir vnserm Vatter Ge- </p> </div> </body> </text> </TEI> [291/0307]
Zweyerley wird hie gesaget von denen / die im Geist wandeln: Erstlich sie werden die Lüste deß Fleisches nicht vollnbringen. Dann der Geist streitet wieder Fleisch / vnnd läßt jhm den Willen nicht. Daß ein Christ keine Lüste deß Fleisches fühlen werde / ist nicht gesagt; hats doch der heylige Mann Paulus fühlen müssen. Daß aber wirdt gleichwol gesagt: Sie werden die Lüste deß Fleisches nicht vollnbringen. Das Fleisch wird vns zu allem bösen rathen vnd treiben; aber der Geist merckts / daß es nicht vollnbracht wird.
Zum andern wird gesagt / daß die so vom Geist sich regieren lassen / nicht vnterm Gesetze seyn. Das Gesetze verdammet sie nit; dann sie seind vom Fluch deß Gesetzes erlöset / vnd seynd gerecht worden durch die Gnade JEsu Christi; das Gesetz treibt vnnd zwinget sie nicht: Eben darumb / weil sie regieret werden / durch den Geist Christi. Das Gesetz richtet hie wenig auß. Wo ich mich selbst recht kenne / finde ich in mir solche Natur / wann das Fleisch hitzig wird / daß es sich nicht wehren lässet / wann ich schon gedencke ans Gesetz / Fluch vnnd Verdamnuß. Weil ich aber durch den Glauben den heyligen Geist empfangen habe / der erinnert mich / wie einen gnädigen GOtt ich habe / vnd daß ich doch die Liebe vnd Gnade meines GOttes nicht geringschätzig achte. Daher gewinnet das Hertz Lust vnd Lieb GOtt gehorsamb zu seyn / vnd sich für Sünde zu hüten.
Also stehen wir recht in der Freyheit / davon auch Paulus spricht in der ersten an Timotheum am 1. Den Gerechten ist kein Gesetz gegeben. Vnd Christus beym Johanne am achten. So euch der Sohn frey machet / so seyd jhr recht frey. Durch Christum seynd wir GOttes Kinder / vnd empfangen das Erbe von GOtt wie die Kinder / die jhres Vatters Erben seyn / darumb daß sie Kinder seyn. Doch seynd wir vnserm Vatter Ge-
1. Tim. 1, 9.
Ioh. 8, 36.
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Zitationshilfe: | Lütkemann, Joachim: Ander Theil Apostolischer Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_auffmunterung2_1652/307>, abgerufen am 17.02.2025. |