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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Ungleichmässiger Strom in dehnbaren Röhren.
aber abhängen von der Grösse der Spannung, der Ausdehnung der Wandung und
dem Werth ihres Elastizitätscoeffizienten.

Die Grösse der Spannung in der Flüssigkeit ist, wie wir wissen, zu bemessen
nach den Triebkräften, welche die Flüssigkeit in Bewegung setzen, ihrer Reibung,
ihrem Anstoss gegen die Röhrenwand u. s. w. -- Die Ausdehnung der Röhrenflächen
kommt aber in Betracht, weil hierdurch die Summe der Drücke, oder anders aus-
gedrückt, das Gewicht bestimmt wird, welches die Röhrenwand nach Länge und
Quere zieht; denn es ist dieses Gewicht gleich dem Produkt der Spannung in der
Flächenausdehnung, auf welche der Druck wirkt. -- Dass schliesslich die Ausdehn-
barkeit in Betracht gezogen werden muss, versteht sich von selbst. Insbesondere ist
aber auch noch Rücksicht zu nehmen auf die Veränderlichkeit derselben mit der
wachsenden Spannung (siehe Bd. 1. p. 46.) und auf die Ungleichheit der Ausdehn-
barkeit nach verschiedenen Richtungen (der Länge und dem Umfang des Rohrs), wie
sie sich in ungleich angeordneten, festen Massen immer vorfindet. --

Von dem Augenblick an, in welchem der Strom in dem ausdehnbaren Rohr zu
seinem Beharrungszustand, d. h. zu der Spannung und Geschwindigkeit gelangt ist,
welche ihm während seiner Dauer gleichmässig eigen sein soll, wird er sich nun
verhalten wie in einem festen Rohr von gleichen Dimensionen und gleichem Reibungs-
coeffizienten. -- Der Unterschied zwischen einem Strom und der ausdehnbaren und
nicht ausdehnbaren Röhre bezieht sich also wesentlich auf die den Strom sich an-
passende Ausdehnung des Rohrs. Dieses schliesst die Folge in sich, dass das Aus-
strömen aus dem Röhrenende nicht in dem Momente erfolgt, in dem das Einströmen
in den Röhrenanfang geschah, und ebenso, dass nicht in dem Augenblick das Aus-
strömen aus dem Röhrenende aufhört, in dem das Einströmen in den Röhrenanfang
unterbrochen wird. Man sieht den letzten für uns bemerkenswerthen Erfolg sogleich
ein, wenn man erwägt, dass der Strom aus der Röhre auch nach geschlossener Ein-
flussmündung erst dann aufhören kann, wenn sich dasselbe wieder umsoviel ver-
kürzt und verengert hat, als es durch den von der Einflussmündung her erregten
Strom erweitert und verlängert worden war.

b. Ungleichmässiger Strom in ausdehnbaren Röhren. Ein Strom
in leicht dehnbaren Röhren kann aus vielerlei Gründen und auf mannigfache Art un-
gleichförmig werden. Indem wir uns vom physiologischen Bedürfniss leiten lassen,
beschränken wir uns auf die Betrachtung der Fälle, in denen eine rhytmisch wieder-
kehrende Steigerung oder Minderung der an der Ein- oder Ausflussmündung des
Rohrs wirkenden Kräfte, die Geschwindigkeit, Spannung und den Querschnitt des
Stroms nach einer regelmässigen, wiederkehrenden Zeitfolge ändern. Unsere etwas
verwickelte Betrachtung zergliedern wir in der Art, dass wir die Erscheinungen,
welche an der Wandung beobachtet werden, gesondert schildern von denen, welche
der Flüssigkeit eigen sind. Hierbei behandeln wir jedesmal gesondert die Vorgänge,
welche in zeitlicher Reihenfolge in ein und demselben Wandumfang oder Stromquer-
schnitts auftreten und darauf diejenige, welche gleichzeitig an verschiedenen Orten
des Stromrohrs sich geltend machen.

a. Die Voraussetzungen, die wir zuerst als erfüllt annehmen, bestehen darin,
dass in die Einflussmündung eines am Ausflussende stets offenen Rohrs eine mit der
wachsenden Zeit veränderliche Flüssigkeitsmenge einströme. Insbesondere soll die
einströmende Menge mit der Zeit so veränderlich gedacht werden, dass während
der beliebigen Zeiteinheiten, in welche die ganze Stromdauer zerfällt werden kann,
die in das Rohr gelangende Flüssigkeitsmenge mit dem Beginn einer jeden Zeiteinheit
Null ist, von da bis zur Hälfte der Zeiteinheit zu einem Maximum anwächst, und
dann in der zweiten Hälfte der Zeiteinheit wieder bis zu Null abnimmt. Die Kraft,
welche während dieser Zeit jeder in das Rohr geworfenen Masseneinheit zukommt,

Ungleichmässiger Strom in dehnbaren Röhren.
aber abhängen von der Grösse der Spannung, der Ausdehnung der Wandung und
dem Werth ihres Elastizitätscoeffizienten.

Die Grösse der Spannung in der Flüssigkeit ist, wie wir wissen, zu bemessen
nach den Triebkräften, welche die Flüssigkeit in Bewegung setzen, ihrer Reibung,
ihrem Anstoss gegen die Röhrenwand u. s. w. — Die Ausdehnung der Röhrenflächen
kommt aber in Betracht, weil hierdurch die Summe der Drücke, oder anders aus-
gedrückt, das Gewicht bestimmt wird, welches die Röhrenwand nach Länge und
Quere zieht; denn es ist dieses Gewicht gleich dem Produkt der Spannung in der
Flächenausdehnung, auf welche der Druck wirkt. — Dass schliesslich die Ausdehn-
barkeit in Betracht gezogen werden muss, versteht sich von selbst. Insbesondere ist
aber auch noch Rücksicht zu nehmen auf die Veränderlichkeit derselben mit der
wachsenden Spannung (siehe Bd. 1. p. 46.) und auf die Ungleichheit der Ausdehn-
barkeit nach verschiedenen Richtungen (der Länge und dem Umfang des Rohrs), wie
sie sich in ungleich angeordneten, festen Massen immer vorfindet. —

Von dem Augenblick an, in welchem der Strom in dem ausdehnbaren Rohr zu
seinem Beharrungszustand, d. h. zu der Spannung und Geschwindigkeit gelangt ist,
welche ihm während seiner Dauer gleichmässig eigen sein soll, wird er sich nun
verhalten wie in einem festen Rohr von gleichen Dimensionen und gleichem Reibungs-
coeffizienten. — Der Unterschied zwischen einem Strom und der ausdehnbaren und
nicht ausdehnbaren Röhre bezieht sich also wesentlich auf die den Strom sich an-
passende Ausdehnung des Rohrs. Dieses schliesst die Folge in sich, dass das Aus-
strömen aus dem Röhrenende nicht in dem Momente erfolgt, in dem das Einströmen
in den Röhrenanfang geschah, und ebenso, dass nicht in dem Augenblick das Aus-
strömen aus dem Röhrenende aufhört, in dem das Einströmen in den Röhrenanfang
unterbrochen wird. Man sieht den letzten für uns bemerkenswerthen Erfolg sogleich
ein, wenn man erwägt, dass der Strom aus der Röhre auch nach geschlossener Ein-
flussmündung erst dann aufhören kann, wenn sich dasselbe wieder umsoviel ver-
kürzt und verengert hat, als es durch den von der Einflussmündung her erregten
Strom erweitert und verlängert worden war.

b. Ungleichmässiger Strom in ausdehnbaren Röhren. Ein Strom
in leicht dehnbaren Röhren kann aus vielerlei Gründen und auf mannigfache Art un-
gleichförmig werden. Indem wir uns vom physiologischen Bedürfniss leiten lassen,
beschränken wir uns auf die Betrachtung der Fälle, in denen eine rhytmisch wieder-
kehrende Steigerung oder Minderung der an der Ein- oder Ausflussmündung des
Rohrs wirkenden Kräfte, die Geschwindigkeit, Spannung und den Querschnitt des
Stroms nach einer regelmässigen, wiederkehrenden Zeitfolge ändern. Unsere etwas
verwickelte Betrachtung zergliedern wir in der Art, dass wir die Erscheinungen,
welche an der Wandung beobachtet werden, gesondert schildern von denen, welche
der Flüssigkeit eigen sind. Hierbei behandeln wir jedesmal gesondert die Vorgänge,
welche in zeitlicher Reihenfolge in ein und demselben Wandumfang oder Stromquer-
schnitts auftreten und darauf diejenige, welche gleichzeitig an verschiedenen Orten
des Stromrohrs sich geltend machen.

α. Die Voraussetzungen, die wir zuerst als erfüllt annehmen, bestehen darin,
dass in die Einflussmündung eines am Ausflussende stets offenen Rohrs eine mit der
wachsenden Zeit veränderliche Flüssigkeitsmenge einströme. Insbesondere soll die
einströmende Menge mit der Zeit so veränderlich gedacht werden, dass während
der beliebigen Zeiteinheiten, in welche die ganze Stromdauer zerfällt werden kann,
die in das Rohr gelangende Flüssigkeitsmenge mit dem Beginn einer jeden Zeiteinheit
Null ist, von da bis zur Hälfte der Zeiteinheit zu einem Maximum anwächst, und
dann in der zweiten Hälfte der Zeiteinheit wieder bis zu Null abnimmt. Die Kraft,
welche während dieser Zeit jeder in das Rohr geworfenen Masseneinheit zukommt,

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[48/0064] Ungleichmässiger Strom in dehnbaren Röhren. aber abhängen von der Grösse der Spannung, der Ausdehnung der Wandung und dem Werth ihres Elastizitätscoeffizienten. Die Grösse der Spannung in der Flüssigkeit ist, wie wir wissen, zu bemessen nach den Triebkräften, welche die Flüssigkeit in Bewegung setzen, ihrer Reibung, ihrem Anstoss gegen die Röhrenwand u. s. w. — Die Ausdehnung der Röhrenflächen kommt aber in Betracht, weil hierdurch die Summe der Drücke, oder anders aus- gedrückt, das Gewicht bestimmt wird, welches die Röhrenwand nach Länge und Quere zieht; denn es ist dieses Gewicht gleich dem Produkt der Spannung in der Flächenausdehnung, auf welche der Druck wirkt. — Dass schliesslich die Ausdehn- barkeit in Betracht gezogen werden muss, versteht sich von selbst. Insbesondere ist aber auch noch Rücksicht zu nehmen auf die Veränderlichkeit derselben mit der wachsenden Spannung (siehe Bd. 1. p. 46.) und auf die Ungleichheit der Ausdehn- barkeit nach verschiedenen Richtungen (der Länge und dem Umfang des Rohrs), wie sie sich in ungleich angeordneten, festen Massen immer vorfindet. — Von dem Augenblick an, in welchem der Strom in dem ausdehnbaren Rohr zu seinem Beharrungszustand, d. h. zu der Spannung und Geschwindigkeit gelangt ist, welche ihm während seiner Dauer gleichmässig eigen sein soll, wird er sich nun verhalten wie in einem festen Rohr von gleichen Dimensionen und gleichem Reibungs- coeffizienten. — Der Unterschied zwischen einem Strom und der ausdehnbaren und nicht ausdehnbaren Röhre bezieht sich also wesentlich auf die den Strom sich an- passende Ausdehnung des Rohrs. Dieses schliesst die Folge in sich, dass das Aus- strömen aus dem Röhrenende nicht in dem Momente erfolgt, in dem das Einströmen in den Röhrenanfang geschah, und ebenso, dass nicht in dem Augenblick das Aus- strömen aus dem Röhrenende aufhört, in dem das Einströmen in den Röhrenanfang unterbrochen wird. Man sieht den letzten für uns bemerkenswerthen Erfolg sogleich ein, wenn man erwägt, dass der Strom aus der Röhre auch nach geschlossener Ein- flussmündung erst dann aufhören kann, wenn sich dasselbe wieder umsoviel ver- kürzt und verengert hat, als es durch den von der Einflussmündung her erregten Strom erweitert und verlängert worden war. b. Ungleichmässiger Strom in ausdehnbaren Röhren. Ein Strom in leicht dehnbaren Röhren kann aus vielerlei Gründen und auf mannigfache Art un- gleichförmig werden. Indem wir uns vom physiologischen Bedürfniss leiten lassen, beschränken wir uns auf die Betrachtung der Fälle, in denen eine rhytmisch wieder- kehrende Steigerung oder Minderung der an der Ein- oder Ausflussmündung des Rohrs wirkenden Kräfte, die Geschwindigkeit, Spannung und den Querschnitt des Stroms nach einer regelmässigen, wiederkehrenden Zeitfolge ändern. Unsere etwas verwickelte Betrachtung zergliedern wir in der Art, dass wir die Erscheinungen, welche an der Wandung beobachtet werden, gesondert schildern von denen, welche der Flüssigkeit eigen sind. Hierbei behandeln wir jedesmal gesondert die Vorgänge, welche in zeitlicher Reihenfolge in ein und demselben Wandumfang oder Stromquer- schnitts auftreten und darauf diejenige, welche gleichzeitig an verschiedenen Orten des Stromrohrs sich geltend machen. α. Die Voraussetzungen, die wir zuerst als erfüllt annehmen, bestehen darin, dass in die Einflussmündung eines am Ausflussende stets offenen Rohrs eine mit der wachsenden Zeit veränderliche Flüssigkeitsmenge einströme. Insbesondere soll die einströmende Menge mit der Zeit so veränderlich gedacht werden, dass während der beliebigen Zeiteinheiten, in welche die ganze Stromdauer zerfällt werden kann, die in das Rohr gelangende Flüssigkeitsmenge mit dem Beginn einer jeden Zeiteinheit Null ist, von da bis zur Hälfte der Zeiteinheit zu einem Maximum anwächst, und dann in der zweiten Hälfte der Zeiteinheit wieder bis zu Null abnimmt. Die Kraft, welche während dieser Zeit jeder in das Rohr geworfenen Masseneinheit zukommt,

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/64>, abgerufen am 27.11.2024.