Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

Bild:
<< vorherige Seite

Vertheilung der Ausgaben auf die Ausscheidungswege.
Nieren und Darmkanal. -- Der Mechanismus, welcher diesen Zusammen-
hang vermittelt, ist für Lungen, Haut und Darm genügend klar. Eine
vermehrte Umsetzung, welche zu einer reichlichen Bildung von CO2
führt, erhöht die Temperatur und die Nervenerregbarkeit; eine Anhäufung
von CO2 erregt aber die brustbewegenden Nervenmassen; damit beschleu-
nigt sich die Athmung und die Aushauchung der CO2, und nicht minder
vermehrt die erhöhte Wärme die Bildung des Wasserdunstes. Aus dem
Mastdarme müssen desgleichen ceteris paribus mit den Speisen auch die Aus-
scheidungen wachsen. -- Unklar ist dagegen die Beziehung zwischen der ab-
sondernden Thätigkeit der Niere und der Anhäufung von Salzen, Harnstoff,
Wasser u. s. w. im Blute, da, wie wir früher sahen, diese Stoffe im Blute
reichlich vorhanden sein können, ohne dass sich ihre Ausscheidung mehrt.

2. Wenn man übersehen will, welchen Gewichtstheil des Gesammt-
verlustes jedes einzelne Ausscheidungswerkzeug ausführt, so wird es am
gerathensten sein, sich die Aufgabe dahin zu stellen, dass man die An-
theile des Gesammtverlustes an Wasser, C, N, H, O und Salzen angiebt,
die durch Lunge und Haut, Niere und Darmkanal ausgeschieden werden.

a. Wasser. Der Verlust, welchen der thierische Körper in der
Form von Wasser erleidet, überwiegt den durch alle übrigen Excrete
zusammengenommen. Seine Vertheilung auf Haut und Lunge, Niere und
Darm kann sich sehr mannigfaltig gestalten. Annähernd am constante-
sten ist, wie schon früher gesagt wurde, die Wasserausgabe der Lunge
und gewöhnlich am niedrigsten die durch den Darmkanal, so dass
sie nur in den seltensten Fällen überhaupt von erheblicher Bedeutung
wird. Ungemein variabel ist dagegen die Wasserausscheidung durch
Niere und Haut, in der Art, dass diese beiden Organe vorzugsweise als
die Regulatoren des thierischen Wassergehaltes angesehen werden kön-
nen. In der That, nimmt der Wassergehalt des thierischen Körpers be-
deutend zu, so geben Schweissdrüsen und Nieren gleichzeitig reichlich
Wasser aus (Wasserkuren), während, wenn der Körper relativ trocken
wird, beide Organe in ihrer Thätigkeit zurücktreten; mehrt sich bei
mittlerem Wassergehalte des Organismus der Wasserverlust durch die
Haut, weil die Atmosphäre trocken und die Haut warm ist, so ver-
mindern die Nieren ihre abscheidenden Leistungen und umgekehrt,
wird die Verdunstung auf der Haut beeinträchtigt, so steigt der Verlust
aus den Nieren. Nimmt endlich der Wasserverlust aus den Nieren zu,
weil grössere Mengen wasserbindender Atome (Salze und Harnstoff) durch
diese fortgehen, so stellen die Schweissdrüsen ihre Absonderung ein und
die Capillaren der Cutis verlieren an Ausdehnung.

Beispiels halber stellen wir den Wasserverlust zusammen, den nach Barral
1 K. Mann in 24 Stunden erleidet (Mensch I. und II.). Hierbei ist das aus der
Lunge entleerte Wasserquantum folgendermaassen berechnet worden: Man nahm an,
es sei in der Ausathmungsluft 4 pCt. CO2 enthalten gewesen, hierdurch gewinnt man
das Volum der ersteren unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sie auf 37° C.

29*

Vertheilung der Ausgaben auf die Ausscheidungswege.
Nieren und Darmkanal. — Der Mechanismus, welcher diesen Zusammen-
hang vermittelt, ist für Lungen, Haut und Darm genügend klar. Eine
vermehrte Umsetzung, welche zu einer reichlichen Bildung von CO2
führt, erhöht die Temperatur und die Nervenerregbarkeit; eine Anhäufung
von CO2 erregt aber die brustbewegenden Nervenmassen; damit beschleu-
nigt sich die Athmung und die Aushauchung der CO2, und nicht minder
vermehrt die erhöhte Wärme die Bildung des Wasserdunstes. Aus dem
Mastdarme müssen desgleichen ceteris paribus mit den Speisen auch die Aus-
scheidungen wachsen. — Unklar ist dagegen die Beziehung zwischen der ab-
sondernden Thätigkeit der Niere und der Anhäufung von Salzen, Harnstoff,
Wasser u. s. w. im Blute, da, wie wir früher sahen, diese Stoffe im Blute
reichlich vorhanden sein können, ohne dass sich ihre Ausscheidung mehrt.

2. Wenn man übersehen will, welchen Gewichtstheil des Gesammt-
verlustes jedes einzelne Ausscheidungswerkzeug ausführt, so wird es am
gerathensten sein, sich die Aufgabe dahin zu stellen, dass man die An-
theile des Gesammtverlustes an Wasser, C, N, H, O und Salzen angiebt,
die durch Lunge und Haut, Niere und Darmkanal ausgeschieden werden.

a. Wasser. Der Verlust, welchen der thierische Körper in der
Form von Wasser erleidet, überwiegt den durch alle übrigen Excrete
zusammengenommen. Seine Vertheilung auf Haut und Lunge, Niere und
Darm kann sich sehr mannigfaltig gestalten. Annähernd am constante-
sten ist, wie schon früher gesagt wurde, die Wasserausgabe der Lunge
und gewöhnlich am niedrigsten die durch den Darmkanal, so dass
sie nur in den seltensten Fällen überhaupt von erheblicher Bedeutung
wird. Ungemein variabel ist dagegen die Wasserausscheidung durch
Niere und Haut, in der Art, dass diese beiden Organe vorzugsweise als
die Regulatoren des thierischen Wassergehaltes angesehen werden kön-
nen. In der That, nimmt der Wassergehalt des thierischen Körpers be-
deutend zu, so geben Schweissdrüsen und Nieren gleichzeitig reichlich
Wasser aus (Wasserkuren), während, wenn der Körper relativ trocken
wird, beide Organe in ihrer Thätigkeit zurücktreten; mehrt sich bei
mittlerem Wassergehalte des Organismus der Wasserverlust durch die
Haut, weil die Atmosphäre trocken und die Haut warm ist, so ver-
mindern die Nieren ihre abscheidenden Leistungen und umgekehrt,
wird die Verdunstung auf der Haut beeinträchtigt, so steigt der Verlust
aus den Nieren. Nimmt endlich der Wasserverlust aus den Nieren zu,
weil grössere Mengen wasserbindender Atome (Salze und Harnstoff) durch
diese fortgehen, so stellen die Schweissdrüsen ihre Absonderung ein und
die Capillaren der Cutis verlieren an Ausdehnung.

Beispiels halber stellen wir den Wasserverlust zusammen, den nach Barral
1 K. Mann in 24 Stunden erleidet (Mensch I. und II.). Hierbei ist das aus der
Lunge entleerte Wasserquantum folgendermaassen berechnet worden: Man nahm an,
es sei in der Ausathmungsluft 4 pCt. CO2 enthalten gewesen, hierdurch gewinnt man
das Volum der ersteren unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sie auf 37° C.

29*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0467" n="451"/><fw place="top" type="header">Vertheilung der Ausgaben auf die Ausscheidungswege.</fw><lb/>
Nieren und Darmkanal. &#x2014; Der Mechanismus, welcher diesen Zusammen-<lb/>
hang vermittelt, ist für Lungen, Haut und Darm genügend klar. Eine<lb/>
vermehrte Umsetzung, welche zu einer reichlichen Bildung von CO<hi rendition="#sub">2</hi><lb/>
führt, erhöht die Temperatur und die Nervenerregbarkeit; eine Anhäufung<lb/>
von CO<hi rendition="#sub">2</hi> erregt aber die brustbewegenden Nervenmassen; damit beschleu-<lb/>
nigt sich die Athmung und die Aushauchung der CO<hi rendition="#sub">2</hi>, und nicht minder<lb/>
vermehrt die erhöhte Wärme die Bildung des Wasserdunstes. Aus dem<lb/>
Mastdarme müssen desgleichen ceteris paribus mit den Speisen auch die Aus-<lb/>
scheidungen wachsen. &#x2014; Unklar ist dagegen die Beziehung zwischen der ab-<lb/>
sondernden Thätigkeit der Niere und der Anhäufung von Salzen, Harnstoff,<lb/>
Wasser u. s. w. im Blute, da, wie wir früher sahen, diese Stoffe im Blute<lb/>
reichlich vorhanden sein können, ohne dass sich ihre Ausscheidung mehrt.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#b">2.</hi> Wenn man übersehen will, welchen Gewichtstheil des Gesammt-<lb/>
verlustes jedes einzelne Ausscheidungswerkzeug ausführt, so wird es am<lb/>
gerathensten sein, sich die Aufgabe dahin zu stellen, dass man die An-<lb/>
theile des Gesammtverlustes an Wasser, C, N, H, O und Salzen angiebt,<lb/>
die durch Lunge und Haut, Niere und Darmkanal ausgeschieden werden.</p><lb/>
            <p>a. <hi rendition="#g">Wasser</hi>. Der Verlust, welchen der thierische Körper in der<lb/>
Form von Wasser erleidet, überwiegt den durch alle übrigen Excrete<lb/>
zusammengenommen. Seine Vertheilung auf Haut und Lunge, Niere und<lb/>
Darm kann sich sehr mannigfaltig gestalten. Annähernd am constante-<lb/>
sten ist, wie schon früher gesagt wurde, die Wasserausgabe der Lunge<lb/>
und gewöhnlich am niedrigsten die durch den Darmkanal, so dass<lb/>
sie nur in den seltensten Fällen überhaupt von erheblicher Bedeutung<lb/>
wird. Ungemein variabel ist dagegen die Wasserausscheidung durch<lb/>
Niere und Haut, in der Art, dass diese beiden Organe vorzugsweise als<lb/>
die Regulatoren des thierischen Wassergehaltes angesehen werden kön-<lb/>
nen. In der That, nimmt der Wassergehalt des thierischen Körpers be-<lb/>
deutend zu, so geben Schweissdrüsen und Nieren gleichzeitig reichlich<lb/>
Wasser aus (Wasserkuren), während, wenn der Körper relativ trocken<lb/>
wird, beide Organe in ihrer Thätigkeit zurücktreten; mehrt sich bei<lb/>
mittlerem Wassergehalte des Organismus der Wasserverlust durch die<lb/>
Haut, weil die Atmosphäre trocken und die Haut warm ist, so ver-<lb/>
mindern die Nieren ihre abscheidenden Leistungen und umgekehrt,<lb/>
wird die Verdunstung auf der Haut beeinträchtigt, so steigt der Verlust<lb/>
aus den Nieren. Nimmt endlich der Wasserverlust aus den Nieren zu,<lb/>
weil grössere Mengen wasserbindender Atome (Salze und Harnstoff) durch<lb/>
diese fortgehen, so stellen die Schweissdrüsen ihre Absonderung ein und<lb/>
die Capillaren der Cutis verlieren an Ausdehnung.</p><lb/>
            <p>Beispiels halber stellen wir den Wasserverlust zusammen, den nach <hi rendition="#g">Barral</hi><lb/>
1 K. Mann in 24 Stunden erleidet (Mensch I. und II.). Hierbei ist das aus der<lb/>
Lunge entleerte Wasserquantum folgendermaassen berechnet worden: Man nahm an,<lb/>
es sei in der Ausathmungsluft 4 pCt. CO<hi rendition="#sub">2</hi> enthalten gewesen, hierdurch gewinnt man<lb/>
das Volum der ersteren unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sie auf 37° C.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#b">29*</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[451/0467] Vertheilung der Ausgaben auf die Ausscheidungswege. Nieren und Darmkanal. — Der Mechanismus, welcher diesen Zusammen- hang vermittelt, ist für Lungen, Haut und Darm genügend klar. Eine vermehrte Umsetzung, welche zu einer reichlichen Bildung von CO2 führt, erhöht die Temperatur und die Nervenerregbarkeit; eine Anhäufung von CO2 erregt aber die brustbewegenden Nervenmassen; damit beschleu- nigt sich die Athmung und die Aushauchung der CO2, und nicht minder vermehrt die erhöhte Wärme die Bildung des Wasserdunstes. Aus dem Mastdarme müssen desgleichen ceteris paribus mit den Speisen auch die Aus- scheidungen wachsen. — Unklar ist dagegen die Beziehung zwischen der ab- sondernden Thätigkeit der Niere und der Anhäufung von Salzen, Harnstoff, Wasser u. s. w. im Blute, da, wie wir früher sahen, diese Stoffe im Blute reichlich vorhanden sein können, ohne dass sich ihre Ausscheidung mehrt. 2. Wenn man übersehen will, welchen Gewichtstheil des Gesammt- verlustes jedes einzelne Ausscheidungswerkzeug ausführt, so wird es am gerathensten sein, sich die Aufgabe dahin zu stellen, dass man die An- theile des Gesammtverlustes an Wasser, C, N, H, O und Salzen angiebt, die durch Lunge und Haut, Niere und Darmkanal ausgeschieden werden. a. Wasser. Der Verlust, welchen der thierische Körper in der Form von Wasser erleidet, überwiegt den durch alle übrigen Excrete zusammengenommen. Seine Vertheilung auf Haut und Lunge, Niere und Darm kann sich sehr mannigfaltig gestalten. Annähernd am constante- sten ist, wie schon früher gesagt wurde, die Wasserausgabe der Lunge und gewöhnlich am niedrigsten die durch den Darmkanal, so dass sie nur in den seltensten Fällen überhaupt von erheblicher Bedeutung wird. Ungemein variabel ist dagegen die Wasserausscheidung durch Niere und Haut, in der Art, dass diese beiden Organe vorzugsweise als die Regulatoren des thierischen Wassergehaltes angesehen werden kön- nen. In der That, nimmt der Wassergehalt des thierischen Körpers be- deutend zu, so geben Schweissdrüsen und Nieren gleichzeitig reichlich Wasser aus (Wasserkuren), während, wenn der Körper relativ trocken wird, beide Organe in ihrer Thätigkeit zurücktreten; mehrt sich bei mittlerem Wassergehalte des Organismus der Wasserverlust durch die Haut, weil die Atmosphäre trocken und die Haut warm ist, so ver- mindern die Nieren ihre abscheidenden Leistungen und umgekehrt, wird die Verdunstung auf der Haut beeinträchtigt, so steigt der Verlust aus den Nieren. Nimmt endlich der Wasserverlust aus den Nieren zu, weil grössere Mengen wasserbindender Atome (Salze und Harnstoff) durch diese fortgehen, so stellen die Schweissdrüsen ihre Absonderung ein und die Capillaren der Cutis verlieren an Ausdehnung. Beispiels halber stellen wir den Wasserverlust zusammen, den nach Barral 1 K. Mann in 24 Stunden erleidet (Mensch I. und II.). Hierbei ist das aus der Lunge entleerte Wasserquantum folgendermaassen berechnet worden: Man nahm an, es sei in der Ausathmungsluft 4 pCt. CO2 enthalten gewesen, hierdurch gewinnt man das Volum der ersteren unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sie auf 37° C. 29*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/467
Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/467>, abgerufen am 25.11.2024.