verfolgt hat, zeigt, dass die Körperchen des Säugethierblutes bei Fröschen und ebenso die Pigmentmoleküle bei Säugethieren ganz denselben Weg ein- schlagen, welchen die Fette gehen. Diese Erscheinung verlangt unab- weislich die Annahme von bleibenden Oeffnungen in den Epithelialcylin- dern oder mindestens einen weichen, leicht durchbrechbaren Verschluss.
3. Zusammensetzung des Chylus. Die Flüssigkeit, welche aus dem Darme in die Chylusanfänge eindringt, muss in ihrer chemischen An- ordnung verschieden ausfallen mit der Zusammensetzung des flüssigen Darminhaltes und des Blutes und mit dem relativen Uebergewichte der Kräfte, welche die Anfänge der Chylusgefässe füllen. Die einmal in die Gefässe eingegangene Flüssigkeit muss veränderlich sein mit der Zahl der Drüsen, die sie durchströmt hat; der Inhalt des ductus thoracicus endlich wird variiren mit der Zusammensetzung der einzelnen Chylus- und Lympharten, aus deren Vermischung er entsteht, und der relativen Menge, mit der sich jeder einzelne an der Bildung des Gesammtinhaltes betheiligt.
Die Beziehung zwischen dem Darminhalte und dem primitiven Chy- lus ist einmal dadurch gegeben, dass alle im ersteren aufgelösten Stoffe zugleich mit den Fetten, entsprechend dem Bau der Wände, welche die Anfänge der Chylusröhren umkleiden, in die letzteren eintreten. Dem- nächst greift der Darminhalt dadurch bestimmend in die Zusammen- setzung des primitiven Chylus ein, dass durch die Gegenwart einzelner seiner Bestandtheile (Säure, Galle u. s. w.) das Eindringen anderer (Fette, Eiweiss) möglich gemacht wird. -- Die Zusammensetzung des Blutes kommt für die des primitiven Chylus in Betracht, einmal, weil der letztere schon innerhalb der Schleimhaut in diffusive Beziehung zum ersteren tritt, und ausserdem, weil mit dem Blute nothwendiger Weise auch der Darminhalt selbst veränderlich sein muss, insofern die chemische Anordnung und die Menge der Drüsensäfte davon abhängen, und insofern hierdurch der Grad der Umwandlung bestimmt wird, welche der Darm- inhalt vor seinem Eintritte in die Chylusgefässe erleidet in Folge der zwischen ihm und dem Blute bestehenden Diffusion. -- Mit dem rela- tiven Werthe der Kräfte, der Diffusion und Filtration, welche die Chy- lusanfänge füllen, wechselt die Zusammensetzung ihres Inhaltes, weil die eine von ihnen (Filtration) gleichmässig alle in den Flüssigkeiten des Darmes aufgelösten Stoffe überfüllt, während die Diffusion den einen Be- standtheil langsamer als den anderen und das Fett gar nicht in Bewe- gung setzt. Nun kann es aber gar keiner Frage unterworfen sein, dass die beiden Prozesse nicht überall und nicht zu allen Zeiten in demsel- ben Verhältnisse ihrer Intensität stehen, da mit der Contraktion der Darmmuskeln und der Spannung der Blutgefässcapillaren die Filtration und mit der Zusammensetzung des Darminhaltes, insbesondere mit sei- nem Gehalte an Labsaft, Galle, Bauchspeichel, die Diffusion veränderli-
Zusammensetzung des Chylus.
verfolgt hat, zeigt, dass die Körperchen des Säugethierblutes bei Fröschen und ebenso die Pigmentmoleküle bei Säugethieren ganz denselben Weg ein- schlagen, welchen die Fette gehen. Diese Erscheinung verlangt unab- weislich die Annahme von bleibenden Oeffnungen in den Epithelialcylin- dern oder mindestens einen weichen, leicht durchbrechbaren Verschluss.
3. Zusammensetzung des Chylus. Die Flüssigkeit, welche aus dem Darme in die Chylusanfänge eindringt, muss in ihrer chemischen An- ordnung verschieden ausfallen mit der Zusammensetzung des flüssigen Darminhaltes und des Blutes und mit dem relativen Uebergewichte der Kräfte, welche die Anfänge der Chylusgefässe füllen. Die einmal in die Gefässe eingegangene Flüssigkeit muss veränderlich sein mit der Zahl der Drüsen, die sie durchströmt hat; der Inhalt des ductus thoracicus endlich wird variiren mit der Zusammensetzung der einzelnen Chylus- und Lympharten, aus deren Vermischung er entsteht, und der relativen Menge, mit der sich jeder einzelne an der Bildung des Gesammtinhaltes betheiligt.
Die Beziehung zwischen dem Darminhalte und dem primitiven Chy- lus ist einmal dadurch gegeben, dass alle im ersteren aufgelösten Stoffe zugleich mit den Fetten, entsprechend dem Bau der Wände, welche die Anfänge der Chylusröhren umkleiden, in die letzteren eintreten. Dem- nächst greift der Darminhalt dadurch bestimmend in die Zusammen- setzung des primitiven Chylus ein, dass durch die Gegenwart einzelner seiner Bestandtheile (Säure, Galle u. s. w.) das Eindringen anderer (Fette, Eiweiss) möglich gemacht wird. — Die Zusammensetzung des Blutes kommt für die des primitiven Chylus in Betracht, einmal, weil der letztere schon innerhalb der Schleimhaut in diffusive Beziehung zum ersteren tritt, und ausserdem, weil mit dem Blute nothwendiger Weise auch der Darminhalt selbst veränderlich sein muss, insofern die chemische Anordnung und die Menge der Drüsensäfte davon abhängen, und insofern hierdurch der Grad der Umwandlung bestimmt wird, welche der Darm- inhalt vor seinem Eintritte in die Chylusgefässe erleidet in Folge der zwischen ihm und dem Blute bestehenden Diffusion. — Mit dem rela- tiven Werthe der Kräfte, der Diffusion und Filtration, welche die Chy- lusanfänge füllen, wechselt die Zusammensetzung ihres Inhaltes, weil die eine von ihnen (Filtration) gleichmässig alle in den Flüssigkeiten des Darmes aufgelösten Stoffe überfüllt, während die Diffusion den einen Be- standtheil langsamer als den anderen und das Fett gar nicht in Bewe- gung setzt. Nun kann es aber gar keiner Frage unterworfen sein, dass die beiden Prozesse nicht überall und nicht zu allen Zeiten in demsel- ben Verhältnisse ihrer Intensität stehen, da mit der Contraktion der Darmmuskeln und der Spannung der Blutgefässcapillaren die Filtration und mit der Zusammensetzung des Darminhaltes, insbesondere mit sei- nem Gehalte an Labsaft, Galle, Bauchspeichel, die Diffusion veränderli-
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[422/0438]
Zusammensetzung des Chylus.
verfolgt hat, zeigt, dass die Körperchen des Säugethierblutes bei Fröschen
und ebenso die Pigmentmoleküle bei Säugethieren ganz denselben Weg ein-
schlagen, welchen die Fette gehen. Diese Erscheinung verlangt unab-
weislich die Annahme von bleibenden Oeffnungen in den Epithelialcylin-
dern oder mindestens einen weichen, leicht durchbrechbaren Verschluss.
3. Zusammensetzung des Chylus. Die Flüssigkeit, welche aus dem
Darme in die Chylusanfänge eindringt, muss in ihrer chemischen An-
ordnung verschieden ausfallen mit der Zusammensetzung des flüssigen
Darminhaltes und des Blutes und mit dem relativen Uebergewichte der
Kräfte, welche die Anfänge der Chylusgefässe füllen. Die einmal in die
Gefässe eingegangene Flüssigkeit muss veränderlich sein mit der Zahl
der Drüsen, die sie durchströmt hat; der Inhalt des ductus thoracicus
endlich wird variiren mit der Zusammensetzung der einzelnen Chylus-
und Lympharten, aus deren Vermischung er entsteht, und der relativen
Menge, mit der sich jeder einzelne an der Bildung des Gesammtinhaltes
betheiligt.
Die Beziehung zwischen dem Darminhalte und dem primitiven Chy-
lus ist einmal dadurch gegeben, dass alle im ersteren aufgelösten Stoffe
zugleich mit den Fetten, entsprechend dem Bau der Wände, welche die
Anfänge der Chylusröhren umkleiden, in die letzteren eintreten. Dem-
nächst greift der Darminhalt dadurch bestimmend in die Zusammen-
setzung des primitiven Chylus ein, dass durch die Gegenwart einzelner
seiner Bestandtheile (Säure, Galle u. s. w.) das Eindringen anderer
(Fette, Eiweiss) möglich gemacht wird. — Die Zusammensetzung des
Blutes kommt für die des primitiven Chylus in Betracht, einmal, weil
der letztere schon innerhalb der Schleimhaut in diffusive Beziehung zum
ersteren tritt, und ausserdem, weil mit dem Blute nothwendiger Weise
auch der Darminhalt selbst veränderlich sein muss, insofern die chemische
Anordnung und die Menge der Drüsensäfte davon abhängen, und insofern
hierdurch der Grad der Umwandlung bestimmt wird, welche der Darm-
inhalt vor seinem Eintritte in die Chylusgefässe erleidet in Folge der
zwischen ihm und dem Blute bestehenden Diffusion. — Mit dem rela-
tiven Werthe der Kräfte, der Diffusion und Filtration, welche die Chy-
lusanfänge füllen, wechselt die Zusammensetzung ihres Inhaltes, weil die
eine von ihnen (Filtration) gleichmässig alle in den Flüssigkeiten des
Darmes aufgelösten Stoffe überfüllt, während die Diffusion den einen Be-
standtheil langsamer als den anderen und das Fett gar nicht in Bewe-
gung setzt. Nun kann es aber gar keiner Frage unterworfen sein, dass
die beiden Prozesse nicht überall und nicht zu allen Zeiten in demsel-
ben Verhältnisse ihrer Intensität stehen, da mit der Contraktion der
Darmmuskeln und der Spannung der Blutgefässcapillaren die Filtration
und mit der Zusammensetzung des Darminhaltes, insbesondere mit sei-
nem Gehalte an Labsaft, Galle, Bauchspeichel, die Diffusion veränderli-
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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/438>, abgerufen am 22.11.2024.
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