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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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fährt und dann, weil selbst unter der Voraussetzung, dass alle gleichzeitig vorhan-
denen Blutkörperchen mit einer wässrigen Flüssigkeit von derselben Zusammensetzung
durchtränkt wären, doch das Verhältniss dieser Flüssigkeit zu den Fetten und der
Hülle sehr veränderlich sein kann. Darum gilt auch die Ausflucht nicht, welche man
zur Festhaltung der Dumas-Prevost'schen Berechnung benutzt hat, die nemlich:
dass wenn das Serum gleich zusammengesetzt wäre, so müsste auch jedes Blutkör-
perchen gleiche Zusammensetzung tragen und demgemäss könnten, wenn die Rück-
standsprozente zweier Blutarten mit gleich zusammengesetztem Serum verschieden
ausfallen, die Unterschiede nur bedingt sein durch die ungleiche Zahl der Blutkör-
perchen. Dies vorausgesetzt, geben die Analysen allerdings keinen Aufschluss über
die absolute Quantität dieser letztern, wohl aber über das Verhältniss derselben
zwischen den beiden Blutarten, und somit sei die Berechnung auch von relativem
Werth. -- Diese erst noch zu beweisende Annahme wird aber ganz willkührlich,
wenn wie gewöhnlich gar auch noch Blutarten verglichen werden, deren Serum von
ungleicher Zusammensetzung ist. In diesem Fall kann unbezweifelbar die Auslegung
auf verschiedene Weise geschehen, auf die nemlich, dass bei gleicher Zusammen-
setzung die Zahl, oder bei gleicher Zahl die Zusammensetzung, oder dass Zahl und
Zusammensetzung der Scheiben in den beiden Blutarten abweiche.

Dem Vorschlag von Vierordt *) folgen wir, da er unausführbar ist, nicht in
seinen vielfältigen Verwicklungen, sondern begnügen uns, die theoretische Grundlage
desselben an einem Beispiel klar zu machen; der Einfachheit wegen denken wir uns
statt des Serums reines Wasser und statt der Blutkörperchen eine mit Wasser ge-
füllte Seifenblase in ihm schwimmend, von so zarter Constitution, dass sie ohne zu
zerreissen nicht aus dem umgebenden Wasser genommen werden könnte[.] Um zu
bestimmen, wie viel Wasser ausser- und innerhalb der Seifenblase gelegen wäre,
hätte man nach Vierordt so verfahren, dass man einen beliebigen Stoff in dem
äussern Wasser auflöste, der die Eigenthümlichkeit besässe, weder durch die Seifen-
haut hindurch in das innere Wasser zu dringen, noch auch durch diese Wasser an
sich zu ziehen. Gäbe es einen solchen Stoff, so würde dies Verfahren einfach zum
Ziele führen; denn hätte man z. B. 1 Gr. des Stoffs in die äussere Flüssigkeit ge-
worfen und nähme man, nachdem dieses Gramm gelöst und gleichmässig vertheilt
wäre, einen gewissen Antheil, z. B. 20 Gr. aus der Flüssigkeit heraus und fände
bei der Untersuchung derselben 0,25 Gr. des Satzes darin, so müsste die ganze
Menge der Flüssigkeit 79 Gr. betragen haben. -- Nun ist aber sogleich ersichtlich,
dass es aus bekannten Gründen der Diffusion einen solchen Stoff nicht geben kann,
vorausgesetzt, dass er nicht mit der umgebenden Flüssigkeit gleich zusammengesetzt
wäre. Ein solcher Stoff müsste nemlich die widersinnige Eigenschaft tragen, zu dem
Wasser der Blase keine, zu dem der flüssigen Umgebung aber Verwandtschaft zu
zeigen. Vierordt, der in der That auch keinen kennt, schlug zuerst vor, einen
Zusatz von gleicher Zusammensetzung zur äussern Flüssigkeit, in unserm Fall also
von Serum zu machen. Wie man aber daraus die Menge des ursprünglichen die
Blutscheiben umgebenden finden könne, bleibt vollkommen räthselhaft. --

Wem es anliegt eine vollkommene Einsicht in die Unzulänglichkeit der bis dahin
gebrauchten Methoden zu gewinnen, den verweisen wir auf die gediegene Diskussion
unseres Gegenstandes, welchen P. du Bois **) vom ganz allgemeinen Standpunkt
angestellt hat.

Wir fühlen uns ausserdem noch veranlasst zu bemerken, dass wir auf die Arbeiten
von Becquerel und Rodier keine Rücksicht genommen haben, den Grund dafür findet
man auf Seite 4 ihrer neuen Untersuchung, übersetzt von Eisenmann Erlangen 1847.

*) Archiv für physiolog. Heilkunde. XI. 24 u. 547.
**) Henle u. Pfeuffers Zeitschrift. N. Folge IV. Bd.

Blutanalyse.
fährt und dann, weil selbst unter der Voraussetzung, dass alle gleichzeitig vorhan-
denen Blutkörperchen mit einer wässrigen Flüssigkeit von derselben Zusammensetzung
durchtränkt wären, doch das Verhältniss dieser Flüssigkeit zu den Fetten und der
Hülle sehr veränderlich sein kann. Darum gilt auch die Ausflucht nicht, welche man
zur Festhaltung der Dumas-Prevost’schen Berechnung benutzt hat, die nemlich:
dass wenn das Serum gleich zusammengesetzt wäre, so müsste auch jedes Blutkör-
perchen gleiche Zusammensetzung tragen und demgemäss könnten, wenn die Rück-
standsprozente zweier Blutarten mit gleich zusammengesetztem Serum verschieden
ausfallen, die Unterschiede nur bedingt sein durch die ungleiche Zahl der Blutkör-
perchen. Dies vorausgesetzt, geben die Analysen allerdings keinen Aufschluss über
die absolute Quantität dieser letztern, wohl aber über das Verhältniss derselben
zwischen den beiden Blutarten, und somit sei die Berechnung auch von relativem
Werth. — Diese erst noch zu beweisende Annahme wird aber ganz willkührlich,
wenn wie gewöhnlich gar auch noch Blutarten verglichen werden, deren Serum von
ungleicher Zusammensetzung ist. In diesem Fall kann unbezweifelbar die Auslegung
auf verschiedene Weise geschehen, auf die nemlich, dass bei gleicher Zusammen-
setzung die Zahl, oder bei gleicher Zahl die Zusammensetzung, oder dass Zahl und
Zusammensetzung der Scheiben in den beiden Blutarten abweiche.

Dem Vorschlag von Vierordt *) folgen wir, da er unausführbar ist, nicht in
seinen vielfältigen Verwicklungen, sondern begnügen uns, die theoretische Grundlage
desselben an einem Beispiel klar zu machen; der Einfachheit wegen denken wir uns
statt des Serums reines Wasser und statt der Blutkörperchen eine mit Wasser ge-
füllte Seifenblase in ihm schwimmend, von so zarter Constitution, dass sie ohne zu
zerreissen nicht aus dem umgebenden Wasser genommen werden könnte[.] Um zu
bestimmen, wie viel Wasser ausser- und innerhalb der Seifenblase gelegen wäre,
hätte man nach Vierordt so verfahren, dass man einen beliebigen Stoff in dem
äussern Wasser auflöste, der die Eigenthümlichkeit besässe, weder durch die Seifen-
haut hindurch in das innere Wasser zu dringen, noch auch durch diese Wasser an
sich zu ziehen. Gäbe es einen solchen Stoff, so würde dies Verfahren einfach zum
Ziele führen; denn hätte man z. B. 1 Gr. des Stoffs in die äussere Flüssigkeit ge-
worfen und nähme man, nachdem dieses Gramm gelöst und gleichmässig vertheilt
wäre, einen gewissen Antheil, z. B. 20 Gr. aus der Flüssigkeit heraus und fände
bei der Untersuchung derselben 0,25 Gr. des Satzes darin, so müsste die ganze
Menge der Flüssigkeit 79 Gr. betragen haben. — Nun ist aber sogleich ersichtlich,
dass es aus bekannten Gründen der Diffusion einen solchen Stoff nicht geben kann,
vorausgesetzt, dass er nicht mit der umgebenden Flüssigkeit gleich zusammengesetzt
wäre. Ein solcher Stoff müsste nemlich die widersinnige Eigenschaft tragen, zu dem
Wasser der Blase keine, zu dem der flüssigen Umgebung aber Verwandtschaft zu
zeigen. Vierordt, der in der That auch keinen kennt, schlug zuerst vor, einen
Zusatz von gleicher Zusammensetzung zur äussern Flüssigkeit, in unserm Fall also
von Serum zu machen. Wie man aber daraus die Menge des ursprünglichen die
Blutscheiben umgebenden finden könne, bleibt vollkommen räthselhaft. —

Wem es anliegt eine vollkommene Einsicht in die Unzulänglichkeit der bis dahin
gebrauchten Methoden zu gewinnen, den verweisen wir auf die gediegene Diskussion
unseres Gegenstandes, welchen P. du Bois **) vom ganz allgemeinen Standpunkt
angestellt hat.

Wir fühlen uns ausserdem noch veranlasst zu bemerken, dass wir auf die Arbeiten
von Becquerel und Rodier keine Rücksicht genommen haben, den Grund dafür findet
man auf Seite 4 ihrer neuen Untersuchung, übersetzt von Eisenmann Erlangen 1847.

*) Archiv für physiolog. Heilkunde. XI. 24 u. 547.
**) Henle u. Pfeuffers Zeitschrift. N. Folge IV. Bd.
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[16/0032] Blutanalyse. fährt und dann, weil selbst unter der Voraussetzung, dass alle gleichzeitig vorhan- denen Blutkörperchen mit einer wässrigen Flüssigkeit von derselben Zusammensetzung durchtränkt wären, doch das Verhältniss dieser Flüssigkeit zu den Fetten und der Hülle sehr veränderlich sein kann. Darum gilt auch die Ausflucht nicht, welche man zur Festhaltung der Dumas-Prevost’schen Berechnung benutzt hat, die nemlich: dass wenn das Serum gleich zusammengesetzt wäre, so müsste auch jedes Blutkör- perchen gleiche Zusammensetzung tragen und demgemäss könnten, wenn die Rück- standsprozente zweier Blutarten mit gleich zusammengesetztem Serum verschieden ausfallen, die Unterschiede nur bedingt sein durch die ungleiche Zahl der Blutkör- perchen. Dies vorausgesetzt, geben die Analysen allerdings keinen Aufschluss über die absolute Quantität dieser letztern, wohl aber über das Verhältniss derselben zwischen den beiden Blutarten, und somit sei die Berechnung auch von relativem Werth. — Diese erst noch zu beweisende Annahme wird aber ganz willkührlich, wenn wie gewöhnlich gar auch noch Blutarten verglichen werden, deren Serum von ungleicher Zusammensetzung ist. In diesem Fall kann unbezweifelbar die Auslegung auf verschiedene Weise geschehen, auf die nemlich, dass bei gleicher Zusammen- setzung die Zahl, oder bei gleicher Zahl die Zusammensetzung, oder dass Zahl und Zusammensetzung der Scheiben in den beiden Blutarten abweiche. Dem Vorschlag von Vierordt *) folgen wir, da er unausführbar ist, nicht in seinen vielfältigen Verwicklungen, sondern begnügen uns, die theoretische Grundlage desselben an einem Beispiel klar zu machen; der Einfachheit wegen denken wir uns statt des Serums reines Wasser und statt der Blutkörperchen eine mit Wasser ge- füllte Seifenblase in ihm schwimmend, von so zarter Constitution, dass sie ohne zu zerreissen nicht aus dem umgebenden Wasser genommen werden könnte. Um zu bestimmen, wie viel Wasser ausser- und innerhalb der Seifenblase gelegen wäre, hätte man nach Vierordt so verfahren, dass man einen beliebigen Stoff in dem äussern Wasser auflöste, der die Eigenthümlichkeit besässe, weder durch die Seifen- haut hindurch in das innere Wasser zu dringen, noch auch durch diese Wasser an sich zu ziehen. Gäbe es einen solchen Stoff, so würde dies Verfahren einfach zum Ziele führen; denn hätte man z. B. 1 Gr. des Stoffs in die äussere Flüssigkeit ge- worfen und nähme man, nachdem dieses Gramm gelöst und gleichmässig vertheilt wäre, einen gewissen Antheil, z. B. 20 Gr. aus der Flüssigkeit heraus und fände bei der Untersuchung derselben 0,25 Gr. des Satzes darin, so müsste die ganze Menge der Flüssigkeit 79 Gr. betragen haben. — Nun ist aber sogleich ersichtlich, dass es aus bekannten Gründen der Diffusion einen solchen Stoff nicht geben kann, vorausgesetzt, dass er nicht mit der umgebenden Flüssigkeit gleich zusammengesetzt wäre. Ein solcher Stoff müsste nemlich die widersinnige Eigenschaft tragen, zu dem Wasser der Blase keine, zu dem der flüssigen Umgebung aber Verwandtschaft zu zeigen. Vierordt, der in der That auch keinen kennt, schlug zuerst vor, einen Zusatz von gleicher Zusammensetzung zur äussern Flüssigkeit, in unserm Fall also von Serum zu machen. Wie man aber daraus die Menge des ursprünglichen die Blutscheiben umgebenden finden könne, bleibt vollkommen räthselhaft. — Wem es anliegt eine vollkommene Einsicht in die Unzulänglichkeit der bis dahin gebrauchten Methoden zu gewinnen, den verweisen wir auf die gediegene Diskussion unseres Gegenstandes, welchen P. du Bois **) vom ganz allgemeinen Standpunkt angestellt hat. Wir fühlen uns ausserdem noch veranlasst zu bemerken, dass wir auf die Arbeiten von Becquerel und Rodier keine Rücksicht genommen haben, den Grund dafür findet man auf Seite 4 ihrer neuen Untersuchung, übersetzt von Eisenmann Erlangen 1847. *) Archiv für physiolog. Heilkunde. XI. 24 u. 547. **) Henle u. Pfeuffers Zeitschrift. N. Folge IV. Bd.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/32>, abgerufen am 24.11.2024.