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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Eierstock; Eibildung.
gezeigt haben, dass wenigstens analoge Bestandtheile das Ei sehr ver-
schiedener Thiere zusammensetzen. Die quantitive Zusammensetzung ist
in den verschiedenen Eiern dagegen durchaus ungleich.

Nach Gobley, Valenciennes und Fremy findet sich in den Eiern aller
Wirbelthiere Albumin, Margarin, Olein, phosphorhaltige Fette und die gewöhnlichen
Blutsalze. Dazu kommt bei den Vögeln ein eigenthümlicher eiweissartiger Körper,
das Vitellin, welches bei den Knochenfischen durch Ichtidin und bei den Knorpel-
fischen durch Ichthin vertreten wird. -- Um eine Vorstellung von der grossen Com-
plikation der Zusammensetzung des Hühnereies zu geben, zählen wir seine Bestand-
theile auf. -- Albumin, Vitellin (C 52,8, H 7,2, N 15,1, O 26,16), Margarin,
Olein, Cholestearin, Lecithin, Cerebrin, Zucker, NaCl, KCl, NH4Cl, KO SO3, 3 CaO PO5,
3 Mg O P O5, NaO CO2, Si O3, ein rother eisenhaltiger und ein gelber Farbstoff,
Wasser.

3. Eibildung und Ausstossung des Eies *). Ueber die Formfolge
des entstehenden Eies ist uns Einiges bekannt. Zuerst tritt es auf als
eine grosse, durchsichtige, kernhaltige Zelle, welche im Centrum eines
Haufens kleiner, mit trüblichem Inhalt gefüllter Zellen liegt (Steinlin).
Diese letztern Zellen gleichen schon ganz denen der spätern membrana
granulosa. In einer zweiten Formstufe umgiebt eine strukturlose Haut
die Zellenmasse; auf die äussere Fläche dieser ersten Hüllenanlage setzt
sich später das Bindegewebe an, auf die innere die membrana granu-
losa, indem sich die in sie eingeschlossenen Zellen mehren.

Die Bedingungen zur Bildung von Eiern können während des ganzen
Lebens, vielleicht mit einziger Ausnahme einiger Krankheiten, z. B. der
Bleichsucht, und des höheren Alters, vorhanden sein, denn es finden
sich selbst in den Eierstöcken der Embryonen schon Anlagen von Ei-
kapseln. Ihre vollkommene Ausbildung erlangen aber die Eier nur wäh-
rend eines bestimmten Lebensabschnittes der Frauen, der in unsern Ge-
genden mit dem 14. bis 15. Jahre beginnt und nach dem 40. schliesst.
Einzig während dieser Periode werden auch die Eier aus dem Ovarium
ausgestossen; dieses geschieht dadurch, dass in den Binnenraum der
Kapsel mehr und mehr Flüssigkeit eindringt, so dass diese endlich, nach-
dem sie das umgebende Gewebe verdrängt und sich über der Oberfläche
des Eierstockes erhoben hat, platzt. Die aus der Kapsel hervorstür-
zende Flüssigkeit spült dabei das locker angeheftete Eichen auf die freie
Fläche des Eierstocks. Dieser Hergang erfolgt bei Thieren, wie Bischoff
nachgewiesen, nur zur Zeit der Brunst und beim Menschen nur zur Zeit
der Menstruation; er bleibt beim Menschen wahrscheinlich jedesmal nur
auf ein oder mehrere Eier beschränkt. Dieser Ausstossungsakt erfährt
während der Dauer der Schwangerschaft eine Unterbrechung. -- Nachdem
das Säckchen das Ei ausgestossen, schrumpft es unter Faltenbildung zu-

*) Bischoff, Entwickelungsgeschichte der Säugethiere und des Menschen. Leipzig 1842. -- Der-
selbe
, Beweis der von der Begattung unabhängigen Losstossung der Eier. Giessen 1844. --
Leuckart, Zeugung in Wagner's Handwörterbuch. VI. Bd. -- Bischoff, Henle's und
Pfeufer's Zeitschrift. N. F. IV. Band. 129. -- Steinlin, Züricher Mittheilungen. 1849. --
Kölliker, Gewebelehre. 2. Aufl. 252.

Eierstock; Eibildung.
gezeigt haben, dass wenigstens analoge Bestandtheile das Ei sehr ver-
schiedener Thiere zusammensetzen. Die quantitive Zusammensetzung ist
in den verschiedenen Eiern dagegen durchaus ungleich.

Nach Gobley, Valenciennes und Fremy findet sich in den Eiern aller
Wirbelthiere Albumin, Margarin, Olein, phosphorhaltige Fette und die gewöhnlichen
Blutsalze. Dazu kommt bei den Vögeln ein eigenthümlicher eiweissartiger Körper,
das Vitellin, welches bei den Knochenfischen durch Ichtidin und bei den Knorpel-
fischen durch Ichthin vertreten wird. — Um eine Vorstellung von der grossen Com-
plikation der Zusammensetzung des Hühnereies zu geben, zählen wir seine Bestand-
theile auf. — Albumin, Vitellin (C 52,8, H 7,2, N 15,1, O 26,16), Margarin,
Olein, Cholestearin, Lecithin, Cerebrin, Zucker, NaCl, KCl, NH4Cl, KO SO3, 3 CaO PO5,
3 Mg O P O5, NaO CO2, Si O3, ein rother eisenhaltiger und ein gelber Farbstoff,
Wasser.

3. Eibildung und Ausstossung des Eies *). Ueber die Formfolge
des entstehenden Eies ist uns Einiges bekannt. Zuerst tritt es auf als
eine grosse, durchsichtige, kernhaltige Zelle, welche im Centrum eines
Haufens kleiner, mit trüblichem Inhalt gefüllter Zellen liegt (Steinlin).
Diese letztern Zellen gleichen schon ganz denen der spätern membrana
granulosa. In einer zweiten Formstufe umgiebt eine strukturlose Haut
die Zellenmasse; auf die äussere Fläche dieser ersten Hüllenanlage setzt
sich später das Bindegewebe an, auf die innere die membrana granu-
losa, indem sich die in sie eingeschlossenen Zellen mehren.

Die Bedingungen zur Bildung von Eiern können während des ganzen
Lebens, vielleicht mit einziger Ausnahme einiger Krankheiten, z. B. der
Bleichsucht, und des höheren Alters, vorhanden sein, denn es finden
sich selbst in den Eierstöcken der Embryonen schon Anlagen von Ei-
kapseln. Ihre vollkommene Ausbildung erlangen aber die Eier nur wäh-
rend eines bestimmten Lebensabschnittes der Frauen, der in unsern Ge-
genden mit dem 14. bis 15. Jahre beginnt und nach dem 40. schliesst.
Einzig während dieser Periode werden auch die Eier aus dem Ovarium
ausgestossen; dieses geschieht dadurch, dass in den Binnenraum der
Kapsel mehr und mehr Flüssigkeit eindringt, so dass diese endlich, nach-
dem sie das umgebende Gewebe verdrängt und sich über der Oberfläche
des Eierstockes erhoben hat, platzt. Die aus der Kapsel hervorstür-
zende Flüssigkeit spült dabei das locker angeheftete Eichen auf die freie
Fläche des Eierstocks. Dieser Hergang erfolgt bei Thieren, wie Bischoff
nachgewiesen, nur zur Zeit der Brunst und beim Menschen nur zur Zeit
der Menstruation; er bleibt beim Menschen wahrscheinlich jedesmal nur
auf ein oder mehrere Eier beschränkt. Dieser Ausstossungsakt erfährt
während der Dauer der Schwangerschaft eine Unterbrechung. — Nachdem
das Säckchen das Ei ausgestossen, schrumpft es unter Faltenbildung zu-

*) Bischoff, Entwickelungsgeschichte der Säugethiere und des Menschen. Leipzig 1842. — Der-
selbe
, Beweis der von der Begattung unabhängigen Losstossung der Eier. Giessen 1844. —
Leuckart, Zeugung in Wagner’s Handwörterbuch. VI. Bd. — Bischoff, Henle’s und
Pfeufer’s Zeitschrift. N. F. IV. Band. 129. — Steinlin, Züricher Mittheilungen. 1849. —
Kölliker, Gewebelehre. 2. Aufl. 252.
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[285/0301] Eierstock; Eibildung. gezeigt haben, dass wenigstens analoge Bestandtheile das Ei sehr ver- schiedener Thiere zusammensetzen. Die quantitive Zusammensetzung ist in den verschiedenen Eiern dagegen durchaus ungleich. Nach Gobley, Valenciennes und Fremy findet sich in den Eiern aller Wirbelthiere Albumin, Margarin, Olein, phosphorhaltige Fette und die gewöhnlichen Blutsalze. Dazu kommt bei den Vögeln ein eigenthümlicher eiweissartiger Körper, das Vitellin, welches bei den Knochenfischen durch Ichtidin und bei den Knorpel- fischen durch Ichthin vertreten wird. — Um eine Vorstellung von der grossen Com- plikation der Zusammensetzung des Hühnereies zu geben, zählen wir seine Bestand- theile auf. — Albumin, Vitellin (C 52,8, H 7,2, N 15,1, O 26,16), Margarin, Olein, Cholestearin, Lecithin, Cerebrin, Zucker, NaCl, KCl, NH4Cl, KO SO3, 3 CaO PO5, 3 Mg O P O5, NaO CO2, Si O3, ein rother eisenhaltiger und ein gelber Farbstoff, Wasser. 3. Eibildung und Ausstossung des Eies *). Ueber die Formfolge des entstehenden Eies ist uns Einiges bekannt. Zuerst tritt es auf als eine grosse, durchsichtige, kernhaltige Zelle, welche im Centrum eines Haufens kleiner, mit trüblichem Inhalt gefüllter Zellen liegt (Steinlin). Diese letztern Zellen gleichen schon ganz denen der spätern membrana granulosa. In einer zweiten Formstufe umgiebt eine strukturlose Haut die Zellenmasse; auf die äussere Fläche dieser ersten Hüllenanlage setzt sich später das Bindegewebe an, auf die innere die membrana granu- losa, indem sich die in sie eingeschlossenen Zellen mehren. Die Bedingungen zur Bildung von Eiern können während des ganzen Lebens, vielleicht mit einziger Ausnahme einiger Krankheiten, z. B. der Bleichsucht, und des höheren Alters, vorhanden sein, denn es finden sich selbst in den Eierstöcken der Embryonen schon Anlagen von Ei- kapseln. Ihre vollkommene Ausbildung erlangen aber die Eier nur wäh- rend eines bestimmten Lebensabschnittes der Frauen, der in unsern Ge- genden mit dem 14. bis 15. Jahre beginnt und nach dem 40. schliesst. Einzig während dieser Periode werden auch die Eier aus dem Ovarium ausgestossen; dieses geschieht dadurch, dass in den Binnenraum der Kapsel mehr und mehr Flüssigkeit eindringt, so dass diese endlich, nach- dem sie das umgebende Gewebe verdrängt und sich über der Oberfläche des Eierstockes erhoben hat, platzt. Die aus der Kapsel hervorstür- zende Flüssigkeit spült dabei das locker angeheftete Eichen auf die freie Fläche des Eierstocks. Dieser Hergang erfolgt bei Thieren, wie Bischoff nachgewiesen, nur zur Zeit der Brunst und beim Menschen nur zur Zeit der Menstruation; er bleibt beim Menschen wahrscheinlich jedesmal nur auf ein oder mehrere Eier beschränkt. Dieser Ausstossungsakt erfährt während der Dauer der Schwangerschaft eine Unterbrechung. — Nachdem das Säckchen das Ei ausgestossen, schrumpft es unter Faltenbildung zu- *) Bischoff, Entwickelungsgeschichte der Säugethiere und des Menschen. Leipzig 1842. — Der- selbe, Beweis der von der Begattung unabhängigen Losstossung der Eier. Giessen 1844. — Leuckart, Zeugung in Wagner’s Handwörterbuch. VI. Bd. — Bischoff, Henle’s und Pfeufer’s Zeitschrift. N. F. IV. Band. 129. — Steinlin, Züricher Mittheilungen. 1849. — Kölliker, Gewebelehre. 2. Aufl. 252.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/301>, abgerufen am 22.11.2024.