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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Niere; Harn, Ammoniak, Farbstoffe, Extrakte, Chlor.

Bei der zuckerigen Harnruhr bleibt sie auch nach tagelanger reiner Fleischnah-
rung im Harn (Lehmann).

Ammoniak. Der frische Harn entwickelt immer Ammoniak,
selbst bei Anwendung eines analytischen Verfahrens, welches die Harn-
stoffzersetzung vermeidet (Boussingault, Neubauer) *).

Farbstoffe**). In dem gewöhnlichen Harn scheinen mindestens
zwei gefärbte Körper gelöst zu sein, ein rother und ein brauner. Der
rothe, Urohaematin, trägt die Reaktionen des Blutroths, enthält wie
dieses Eisen (Harley) und ist stickstoffreich (Scherer); man wird ihn
darum für Blutroth ansprechen dürfen. -- Der braune ist seinen Reak-
tionen nach Gallenfarbstoff. -- In nicht gar zu seltenen Fällen bildet
sich beim Stehen oder beim Behandeln des Harns mit Salpetersäure noch
ein dritter blauer, krystallinischer Farbstoff (Prout, Martin, Vir-
chow
), der nach Fr. Simon und Mitscherlich Indigo ist, was
Hassal und Sicherer bestätigen. Durch welche Bedingungen sich die
Farbstoffe während des gesunden Lebens ändern, ist noch nicht fest-
gestellt.

In Ermangelung einer Abscheidungsmethode bedient sich J. Vogel ***) der fär-
benden Kraft des Urins, um die relativen Mengen von Farbstoff zu finden, welche in
zwei Harnen vorhanden sind. Da nach seinen Beobachtungen die dunkeln von den
hellen Harnen sich nicht durch eine besondere Art, sondern eine stärkere Conzen-
tration des Farbstoffs unterscheiden, so stellte er Normalfärbungen (Farbenskala) her
und zugleich die Verdünnung fest, welche die tieferen Farben erfahren müssen, um
in die helleren überzugehen.

Harze +) (Omychmyl) erinnern nach Scharling durch ihre pro-
zentige Zusammensetzung an die Körper der Salicylgruppe; wann und
wie ihre Menge im Harn steigt und fällt, ist noch unbekannt.

Extrakte. Farbstoff, Harnharze, die Spuren der flüchtigen Säuren
des Harns ++) (Staedeler) und wahrscheinlich noch einige andere Körper,
die man nicht von einander scheiden kann, bestimmt man gewöhnlich
zusammen und nennt dann dieses Gemenge Extrakte. Nach Lehmann
sollen die täglich entleerten Mengen zunehmen bei vegetabilischer Kost;
Scherer fand relativ zum Körpergewicht im Harn zweier Kinder (3 und
7 Jahre) weniger Extrakte, als bei Erwachsenen.

Chlor +++), an Kalium und Natrium gebunden. Die tägliche Menge
desselben wird bestimmt: a) Die Chlorentleerung besteht, so lange der
Organismus Clhaltig ist; da dieses aber immer der Fall, so wird auch
ein längeres Chlorfasten den Chlorgehalt des Harns wohl mindern, aber

*) Annales de chimie et physique. XXIX. 472. (1851). -- Pharmazeut. Centralbl. 1855. Nr. 17. u. 18.
**) Harley, Würzburger Berichte V. Bd. April. -- Virchow, ibid. II. Bd. 303. -- Simon,
Beiträge. L. Bd. 118. -- Hassal, Pharmazeut. Centralblatt. 1854. 255 und 768. -- Sicherer,
Liebig's
Annalen. 90. Bd. 131.
***) Archiv des Vereins für wissensch. Arbeiten. I. Bd. p. 96.
+) Liebig's Annalen. 42. Bd. 295.
++) I. Bd. p. 32.
+++) Bischoff, Der Harnstoff als Maass des Stoffwechsels. Giessen 1853. -- Derselbe, Liebig's
Annalen. 88. Bd. 109. -- Hegar, Scherer's Jahresbericht über physiolog. Chemie für 1852,
p. 121. -- Wundt, ibid. für 1853. p. 135,
Niere; Harn, Ammoniak, Farbstoffe, Extrakte, Chlor.

Bei der zuckerigen Harnruhr bleibt sie auch nach tagelanger reiner Fleischnah-
rung im Harn (Lehmann).

Ammoniak. Der frische Harn entwickelt immer Ammoniak,
selbst bei Anwendung eines analytischen Verfahrens, welches die Harn-
stoffzersetzung vermeidet (Boussingault, Neubauer) *).

Farbstoffe**). In dem gewöhnlichen Harn scheinen mindestens
zwei gefärbte Körper gelöst zu sein, ein rother und ein brauner. Der
rothe, Urohaematin, trägt die Reaktionen des Blutroths, enthält wie
dieses Eisen (Harley) und ist stickstoffreich (Scherer); man wird ihn
darum für Blutroth ansprechen dürfen. — Der braune ist seinen Reak-
tionen nach Gallenfarbstoff. — In nicht gar zu seltenen Fällen bildet
sich beim Stehen oder beim Behandeln des Harns mit Salpetersäure noch
ein dritter blauer, krystallinischer Farbstoff (Prout, Martin, Vir-
chow
), der nach Fr. Simon und Mitscherlich Indigo ist, was
Hassal und Sicherer bestätigen. Durch welche Bedingungen sich die
Farbstoffe während des gesunden Lebens ändern, ist noch nicht fest-
gestellt.

In Ermangelung einer Abscheidungsmethode bedient sich J. Vogel ***) der fär-
benden Kraft des Urins, um die relativen Mengen von Farbstoff zu finden, welche in
zwei Harnen vorhanden sind. Da nach seinen Beobachtungen die dunkeln von den
hellen Harnen sich nicht durch eine besondere Art, sondern eine stärkere Conzen-
tration des Farbstoffs unterscheiden, so stellte er Normalfärbungen (Farbenskala) her
und zugleich die Verdünnung fest, welche die tieferen Farben erfahren müssen, um
in die helleren überzugehen.

Harze †) (Omychmyl) erinnern nach Scharling durch ihre pro-
zentige Zusammensetzung an die Körper der Salicylgruppe; wann und
wie ihre Menge im Harn steigt und fällt, ist noch unbekannt.

Extrakte. Farbstoff, Harnharze, die Spuren der flüchtigen Säuren
des Harns ††) (Staedeler) und wahrscheinlich noch einige andere Körper,
die man nicht von einander scheiden kann, bestimmt man gewöhnlich
zusammen und nennt dann dieses Gemenge Extrakte. Nach Lehmann
sollen die täglich entleerten Mengen zunehmen bei vegetabilischer Kost;
Scherer fand relativ zum Körpergewicht im Harn zweier Kinder (3 und
7 Jahre) weniger Extrakte, als bei Erwachsenen.

Chlor †††), an Kalium und Natrium gebunden. Die tägliche Menge
desselben wird bestimmt: a) Die Chlorentleerung besteht, so lange der
Organismus Clhaltig ist; da dieses aber immer der Fall, so wird auch
ein längeres Chlorfasten den Chlorgehalt des Harns wohl mindern, aber

*) Annales de chimie et physique. XXIX. 472. (1851). — Pharmazeut. Centralbl. 1855. Nr. 17. u. 18.
**) Harley, Würzburger Berichte V. Bd. April. — Virchow, ibid. II. Bd. 303. — Simon,
Beiträge. L. Bd. 118. — Hassal, Pharmazeut. Centralblatt. 1854. 255 und 768. — Sicherer,
Liebig’s
Annalen. 90. Bd. 131.
***) Archiv des Vereins für wissensch. Arbeiten. I. Bd. p. 96.
†) Liebig’s Annalen. 42. Bd. 295.
††) I. Bd. p. 32.
†††) Bischoff, Der Harnstoff als Maass des Stoffwechsels. Giessen 1853. — Derselbe, Liebig’s
Annalen. 88. Bd. 109. — Hegar, Scherer’s Jahresbericht über physiolog. Chemie für 1852,
p. 121. — Wundt, ibid. für 1853. p. 135,
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[263/0279] Niere; Harn, Ammoniak, Farbstoffe, Extrakte, Chlor. Bei der zuckerigen Harnruhr bleibt sie auch nach tagelanger reiner Fleischnah- rung im Harn (Lehmann). Ammoniak. Der frische Harn entwickelt immer Ammoniak, selbst bei Anwendung eines analytischen Verfahrens, welches die Harn- stoffzersetzung vermeidet (Boussingault, Neubauer) *). Farbstoffe **). In dem gewöhnlichen Harn scheinen mindestens zwei gefärbte Körper gelöst zu sein, ein rother und ein brauner. Der rothe, Urohaematin, trägt die Reaktionen des Blutroths, enthält wie dieses Eisen (Harley) und ist stickstoffreich (Scherer); man wird ihn darum für Blutroth ansprechen dürfen. — Der braune ist seinen Reak- tionen nach Gallenfarbstoff. — In nicht gar zu seltenen Fällen bildet sich beim Stehen oder beim Behandeln des Harns mit Salpetersäure noch ein dritter blauer, krystallinischer Farbstoff (Prout, Martin, Vir- chow), der nach Fr. Simon und Mitscherlich Indigo ist, was Hassal und Sicherer bestätigen. Durch welche Bedingungen sich die Farbstoffe während des gesunden Lebens ändern, ist noch nicht fest- gestellt. In Ermangelung einer Abscheidungsmethode bedient sich J. Vogel ***) der fär- benden Kraft des Urins, um die relativen Mengen von Farbstoff zu finden, welche in zwei Harnen vorhanden sind. Da nach seinen Beobachtungen die dunkeln von den hellen Harnen sich nicht durch eine besondere Art, sondern eine stärkere Conzen- tration des Farbstoffs unterscheiden, so stellte er Normalfärbungen (Farbenskala) her und zugleich die Verdünnung fest, welche die tieferen Farben erfahren müssen, um in die helleren überzugehen. Harze †) (Omychmyl) erinnern nach Scharling durch ihre pro- zentige Zusammensetzung an die Körper der Salicylgruppe; wann und wie ihre Menge im Harn steigt und fällt, ist noch unbekannt. Extrakte. Farbstoff, Harnharze, die Spuren der flüchtigen Säuren des Harns ††) (Staedeler) und wahrscheinlich noch einige andere Körper, die man nicht von einander scheiden kann, bestimmt man gewöhnlich zusammen und nennt dann dieses Gemenge Extrakte. Nach Lehmann sollen die täglich entleerten Mengen zunehmen bei vegetabilischer Kost; Scherer fand relativ zum Körpergewicht im Harn zweier Kinder (3 und 7 Jahre) weniger Extrakte, als bei Erwachsenen. Chlor †††), an Kalium und Natrium gebunden. Die tägliche Menge desselben wird bestimmt: a) Die Chlorentleerung besteht, so lange der Organismus Clhaltig ist; da dieses aber immer der Fall, so wird auch ein längeres Chlorfasten den Chlorgehalt des Harns wohl mindern, aber *) Annales de chimie et physique. XXIX. 472. (1851). — Pharmazeut. Centralbl. 1855. Nr. 17. u. 18. **) Harley, Würzburger Berichte V. Bd. April. — Virchow, ibid. II. Bd. 303. — Simon, Beiträge. L. Bd. 118. — Hassal, Pharmazeut. Centralblatt. 1854. 255 und 768. — Sicherer, Liebig’s Annalen. 90. Bd. 131. ***) Archiv des Vereins für wissensch. Arbeiten. I. Bd. p. 96. †) Liebig’s Annalen. 42. Bd. 295. ††) I. Bd. p. 32. †††) Bischoff, Der Harnstoff als Maass des Stoffwechsels. Giessen 1853. — Derselbe, Liebig’s Annalen. 88. Bd. 109. — Hegar, Scherer’s Jahresbericht über physiolog. Chemie für 1852, p. 121. — Wundt, ibid. für 1853. p. 135,

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/279>, abgerufen am 22.11.2024.