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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Niere; Harn, Kreatinin, Harn-, Hippursäure.

Zur quantitativen Bestimmung des Harnstoffs dürften von nun an nur noch die Metho-
den von Liebig, Bunsen oder Heintz angewendet werden, da die ältern Ver-
fahrungsarten zu Verlusten führen. Die Zahlen von Bischoff, Scherer und
Becher, welche nach Liebig's Vorschrift analysirten, sind darum nicht vergleich-
bar mit den Lehmann'schen.

Kreatinin ist zwar ein constanter aber quantitativ noch nicht be-
stimmbarer Harnbestandtheil (Heintz, Pettenkofer, Liebig). Die
Anwesenheit des Kreatins behauptet Liebig gegen Heintz *).

Harnsäure. Sie soll durch phosphorsaures Natron des Harns gelöst
werden, indem bei ihrer Gegenwart aus 2NaO PO5, HO entstehe NaO2r
und NaO PO5, 2HO (Liebig) **). -- In normalen Zuständen ist immer nur
wenig von dieser Säure im Harn vorhanden; ihr Vorkommen ist nament-
lich von der Nahrung unabhängig, da sie bei reiner Fleisch- und Zucker-
kost erscheint (Lehmann). Die Menge der in 24 Stunden gelieferten
Harnsäure wechselt in etwas mit den Nahrungsmitteln, indem sie bei
anhaltendem Gebrauche von Pflanzenkost in etwas geringerm Maasse vor-
handen zu sein scheint. -- In den ersten Tagen nach der Geburt sind
die Harnkanälchen mit krystallinischer Harnsäure gefüllt (Virchow).
Nach Verminderung der Hautausdünstung und dadurch vermehrter Urin-
entleerung soll sich die Harnsäureausscheidung steigern (Marcet). Vor-
zugsweise steigert sich aber die Harnsäure in Krankheiten, Verdauungs-
störungen u. s. w. -- Becquerel fand die mittlere tägliche Harnsäure-
menge = 0,5 Gr. (beim weiblichen und männlichen Geschlecht gleich
viel), B. Jones ***) = 0,4 bis 0,6 Gr., Lehmann bei Fleischkost =
1,48 Gr., bei gemischter = 1,20 Gr., bei vegetabilischer = 1,02 Gr.,
bei Zuckernahrung = 0,74 Gr.

Nach Schweig wechselt die tägliche Harnsäuremenge mit den Mondphasen;
die Grenzen, innerhalb der nach seiner Angabe die Variationen fallen, sind enger, als
die der Fehler in seiner Methode. -- Die Niederschläge der Harnsäure aus dem ge-
lassenen Urin finden ihren Grund in der Abkühlung desselben; saures harnsaures Na-
tron ist in der höheren Temperatur löslicher.

Hippursäure. Sie ist auf dieselbe Weise wie Harnsäure im Urin
gelöst (Liebig). Ihre mittlere tägliche Menge übertrifft die der Harn-
säure nicht. Am reichlichsten erscheint sie nach dem Genuss von Ben-
zoe- und Zimmtsäure (Ure, Wöhler), welche sich auf dem Wege durch
den Körper mit dem irgendwo vorhandenen Glycin paaren (vergl. I. Bd.
p. 32), und umgekehrt soll sie nach mehrtägiger reiner Fleischkost voll-
kommen verschwinden (Ranke) +); nach Pflanzenkost wird sie reich-
licher abgesondert (Pettenkofer, Lehmann). Sie scheint sich somit
im Gegensatz zur Harnsäure zu finden. Quantitativ ist sie noch nicht
genauer bestimmt.

*) Poggendorf, Annalen. 74. Bd. 125.
**) Dessen Annalen. 50. Bd. 161.
***) Philosophical Transactions. 1849. p. 250.
+) H. Ranke, Physiolog.-chemische Untersuchungen etc. Erlangen 1851.
Niere; Harn, Kreatinin, Harn-, Hippursäure.

Zur quantitativen Bestimmung des Harnstoffs dürften von nun an nur noch die Metho-
den von Liebig, Bunsen oder Heintz angewendet werden, da die ältern Ver-
fahrungsarten zu Verlusten führen. Die Zahlen von Bischoff, Scherer und
Becher, welche nach Liebig’s Vorschrift analysirten, sind darum nicht vergleich-
bar mit den Lehmann’schen.

Kreatinin ist zwar ein constanter aber quantitativ noch nicht be-
stimmbarer Harnbestandtheil (Heintz, Pettenkofer, Liebig). Die
Anwesenheit des Kreatins behauptet Liebig gegen Heintz *).

Harnsäure. Sie soll durch phosphorsaures Natron des Harns gelöst
werden, indem bei ihrer Gegenwart aus 2NaO PO5, HO entstehe NaO2̅r
und NaO PO5, 2HO (Liebig) **). — In normalen Zuständen ist immer nur
wenig von dieser Säure im Harn vorhanden; ihr Vorkommen ist nament-
lich von der Nahrung unabhängig, da sie bei reiner Fleisch- und Zucker-
kost erscheint (Lehmann). Die Menge der in 24 Stunden gelieferten
Harnsäure wechselt in etwas mit den Nahrungsmitteln, indem sie bei
anhaltendem Gebrauche von Pflanzenkost in etwas geringerm Maasse vor-
handen zu sein scheint. — In den ersten Tagen nach der Geburt sind
die Harnkanälchen mit krystallinischer Harnsäure gefüllt (Virchow).
Nach Verminderung der Hautausdünstung und dadurch vermehrter Urin-
entleerung soll sich die Harnsäureausscheidung steigern (Marcet). Vor-
zugsweise steigert sich aber die Harnsäure in Krankheiten, Verdauungs-
störungen u. s. w. — Becquerel fand die mittlere tägliche Harnsäure-
menge = 0,5 Gr. (beim weiblichen und männlichen Geschlecht gleich
viel), B. Jones ***) = 0,4 bis 0,6 Gr., Lehmann bei Fleischkost =
1,48 Gr., bei gemischter = 1,20 Gr., bei vegetabilischer = 1,02 Gr.,
bei Zuckernahrung = 0,74 Gr.

Nach Schweig wechselt die tägliche Harnsäuremenge mit den Mondphasen;
die Grenzen, innerhalb der nach seiner Angabe die Variationen fallen, sind enger, als
die der Fehler in seiner Methode. — Die Niederschläge der Harnsäure aus dem ge-
lassenen Urin finden ihren Grund in der Abkühlung desselben; saures harnsaures Na-
tron ist in der höheren Temperatur löslicher.

Hippursäure. Sie ist auf dieselbe Weise wie Harnsäure im Urin
gelöst (Liebig). Ihre mittlere tägliche Menge übertrifft die der Harn-
säure nicht. Am reichlichsten erscheint sie nach dem Genuss von Ben-
zoe- und Zimmtsäure (Ure, Wöhler), welche sich auf dem Wege durch
den Körper mit dem irgendwo vorhandenen Glycin paaren (vergl. I. Bd.
p. 32), und umgekehrt soll sie nach mehrtägiger reiner Fleischkost voll-
kommen verschwinden (Ranke) †); nach Pflanzenkost wird sie reich-
licher abgesondert (Pettenkofer, Lehmann). Sie scheint sich somit
im Gegensatz zur Harnsäure zu finden. Quantitativ ist sie noch nicht
genauer bestimmt.

*) Poggendorf, Annalen. 74. Bd. 125.
**) Dessen Annalen. 50. Bd. 161.
***) Philosophical Transactions. 1849. p. 250.
†) H. Ranke, Physiolog.-chemische Untersuchungen etc. Erlangen 1851.
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[262/0278] Niere; Harn, Kreatinin, Harn-, Hippursäure. Zur quantitativen Bestimmung des Harnstoffs dürften von nun an nur noch die Metho- den von Liebig, Bunsen oder Heintz angewendet werden, da die ältern Ver- fahrungsarten zu Verlusten führen. Die Zahlen von Bischoff, Scherer und Becher, welche nach Liebig’s Vorschrift analysirten, sind darum nicht vergleich- bar mit den Lehmann’schen. Kreatinin ist zwar ein constanter aber quantitativ noch nicht be- stimmbarer Harnbestandtheil (Heintz, Pettenkofer, Liebig). Die Anwesenheit des Kreatins behauptet Liebig gegen Heintz *). Harnsäure. Sie soll durch phosphorsaures Natron des Harns gelöst werden, indem bei ihrer Gegenwart aus 2NaO PO5, HO entstehe NaO2̅r und NaO PO5, 2HO (Liebig) **). — In normalen Zuständen ist immer nur wenig von dieser Säure im Harn vorhanden; ihr Vorkommen ist nament- lich von der Nahrung unabhängig, da sie bei reiner Fleisch- und Zucker- kost erscheint (Lehmann). Die Menge der in 24 Stunden gelieferten Harnsäure wechselt in etwas mit den Nahrungsmitteln, indem sie bei anhaltendem Gebrauche von Pflanzenkost in etwas geringerm Maasse vor- handen zu sein scheint. — In den ersten Tagen nach der Geburt sind die Harnkanälchen mit krystallinischer Harnsäure gefüllt (Virchow). Nach Verminderung der Hautausdünstung und dadurch vermehrter Urin- entleerung soll sich die Harnsäureausscheidung steigern (Marcet). Vor- zugsweise steigert sich aber die Harnsäure in Krankheiten, Verdauungs- störungen u. s. w. — Becquerel fand die mittlere tägliche Harnsäure- menge = 0,5 Gr. (beim weiblichen und männlichen Geschlecht gleich viel), B. Jones ***) = 0,4 bis 0,6 Gr., Lehmann bei Fleischkost = 1,48 Gr., bei gemischter = 1,20 Gr., bei vegetabilischer = 1,02 Gr., bei Zuckernahrung = 0,74 Gr. Nach Schweig wechselt die tägliche Harnsäuremenge mit den Mondphasen; die Grenzen, innerhalb der nach seiner Angabe die Variationen fallen, sind enger, als die der Fehler in seiner Methode. — Die Niederschläge der Harnsäure aus dem ge- lassenen Urin finden ihren Grund in der Abkühlung desselben; saures harnsaures Na- tron ist in der höheren Temperatur löslicher. Hippursäure. Sie ist auf dieselbe Weise wie Harnsäure im Urin gelöst (Liebig). Ihre mittlere tägliche Menge übertrifft die der Harn- säure nicht. Am reichlichsten erscheint sie nach dem Genuss von Ben- zoe- und Zimmtsäure (Ure, Wöhler), welche sich auf dem Wege durch den Körper mit dem irgendwo vorhandenen Glycin paaren (vergl. I. Bd. p. 32), und umgekehrt soll sie nach mehrtägiger reiner Fleischkost voll- kommen verschwinden (Ranke) †); nach Pflanzenkost wird sie reich- licher abgesondert (Pettenkofer, Lehmann). Sie scheint sich somit im Gegensatz zur Harnsäure zu finden. Quantitativ ist sie noch nicht genauer bestimmt. *) Poggendorf, Annalen. 74. Bd. 125. **) Dessen Annalen. 50. Bd. 161. ***) Philosophical Transactions. 1849. p. 250. †) H. Ranke, Physiolog.-chemische Untersuchungen etc. Erlangen 1851.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/278>, abgerufen am 22.11.2024.