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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Leber; Blut derselben.
schieben will, so bleibt nur die Annahme übrig, dass, ganz günstige Fälle
ausgenommen, die Menge von Flüssigkeit, welche durch den Diffusions-
strom in die Gefässröhren gefördert wird, verschwindet gegen die, welche
der Blutstrom selbst in sie führt. Mit dieser letzten Annahme stimmt
auch die quantitative Zusammensetzung des Serums, welches 5 und 10
Stunden nach der Fütterung analysirt, gleiche Zusammensetzung bot
(Lehmann). Auffallender Weise gab dagegen diesem letztern Beobach-
ter das gesammte Pfortaderblut der Pferde 10 Stunden nach der Fütte-
rung 0,4 pCt. Extrakte und die ungeheure Quantität von 8,6 pCt. Wasser
mehr als 5 Stunden nach derselben. Diese Abweichung, welche bei glei-
cher Zusammensetzung des Serums nur bedingt sein konnte durch eine
Veränderung in der Menge oder in der Zusammensetzung der Blutkörper-
chen, verdient bestätigt zu werden. -- Im Blut der Lebervenen (Pferd)
fand Lehmann die gefärbten Körperchen kleiner, kugeliger und durch
Wasser weniger leicht zum Platzen zu bringen; im Verhältniss zu den
ungefärbten ist ihre Zahl geringer als in andern Blutarten, Milzblut
ausgenommen. Daraus schliesst man auf eine Neubildung von farblosen
Zellen in dem Leberblute, und, um dieses wahrscheinlich zu machen,
setzt man mit diesen Thatsachen in Verbindung die allerdings bemerkens-
werthen Beobachtungen von E. H. Weber *) und Kölliker an Embryo-
nen und aus dem Winterschlaf erwachten Fröschen, welche deutlicher auf
ein zu dieser Zeit stattfindendes Entstehen von Blutkörperchen in der
Leber hinweisen. Auch aus einer Versuchsreihe von Moleschott könnte
auf eine besondere Beziehung zwischen Leber und Blutkörperchen ge-
schlossen werden; er fand nemlich, dass Frösche, die noch längere Zeit
am Leben erhalten, nachdem sie ihrer Leber beraubt waren, im Verhält-
niss zu den farblosen viel weniger farbige Blutkörper besassen als ge-
sunde Thiere oder auch als solche, welche nach verhältnissmässig starken
Blutverlusten lange Zeit hungernd zugebracht hatten. Da uns aber nichts
bekannt ist über die absolute Zahl der Blutkörperchen vor und nach der
Leberausschneidung, so kann man aus der vorliegenden Beobachtung ent-
weder auf eine Zunahme der farblosen, oder auf eine Hinderung des
Uebergangs farbloser in farbige, oder auf eine Beschleunigung des Unter-
gangs der gefärbten Zellen schliessen. Ob aber einer dieser Hergänge
in direkter Beziehung zum Verlust der Leber steht, dürfte schwer an-
zugeben sein. -- Dem Plasma des Lebervenenbluts fehlt beim Pferd der
Faserstoff (Lehmann), dem des Hundes kommt er dagegen zu (Cl.
Bernard
). Unter allen Umständen führt das Lebervenenserum Trauben-
zucker, und zwar in demselben Maasse, in welchem er in dem Leber-
gewebe selbst beobachtet wird (Cl. Bernard). Eine von Lehmann
angestellte Vergleichung der prozentischen Zusammensetzung des zu ver-

*) Henle's und Pfeufer's Zeitschrift. IV. Bd. p. 112 und 160, -- Leipziger Berichte. Mathe-
matisch-physische Classe. 1850. p. 15.

Leber; Blut derselben.
schieben will, so bleibt nur die Annahme übrig, dass, ganz günstige Fälle
ausgenommen, die Menge von Flüssigkeit, welche durch den Diffusions-
strom in die Gefässröhren gefördert wird, verschwindet gegen die, welche
der Blutstrom selbst in sie führt. Mit dieser letzten Annahme stimmt
auch die quantitative Zusammensetzung des Serums, welches 5 und 10
Stunden nach der Fütterung analysirt, gleiche Zusammensetzung bot
(Lehmann). Auffallender Weise gab dagegen diesem letztern Beobach-
ter das gesammte Pfortaderblut der Pferde 10 Stunden nach der Fütte-
rung 0,4 pCt. Extrakte und die ungeheure Quantität von 8,6 pCt. Wasser
mehr als 5 Stunden nach derselben. Diese Abweichung, welche bei glei-
cher Zusammensetzung des Serums nur bedingt sein konnte durch eine
Veränderung in der Menge oder in der Zusammensetzung der Blutkörper-
chen, verdient bestätigt zu werden. — Im Blut der Lebervenen (Pferd)
fand Lehmann die gefärbten Körperchen kleiner, kugeliger und durch
Wasser weniger leicht zum Platzen zu bringen; im Verhältniss zu den
ungefärbten ist ihre Zahl geringer als in andern Blutarten, Milzblut
ausgenommen. Daraus schliesst man auf eine Neubildung von farblosen
Zellen in dem Leberblute, und, um dieses wahrscheinlich zu machen,
setzt man mit diesen Thatsachen in Verbindung die allerdings bemerkens-
werthen Beobachtungen von E. H. Weber *) und Kölliker an Embryo-
nen und aus dem Winterschlaf erwachten Fröschen, welche deutlicher auf
ein zu dieser Zeit stattfindendes Entstehen von Blutkörperchen in der
Leber hinweisen. Auch aus einer Versuchsreihe von Moleschott könnte
auf eine besondere Beziehung zwischen Leber und Blutkörperchen ge-
schlossen werden; er fand nemlich, dass Frösche, die noch längere Zeit
am Leben erhalten, nachdem sie ihrer Leber beraubt waren, im Verhält-
niss zu den farblosen viel weniger farbige Blutkörper besassen als ge-
sunde Thiere oder auch als solche, welche nach verhältnissmässig starken
Blutverlusten lange Zeit hungernd zugebracht hatten. Da uns aber nichts
bekannt ist über die absolute Zahl der Blutkörperchen vor und nach der
Leberausschneidung, so kann man aus der vorliegenden Beobachtung ent-
weder auf eine Zunahme der farblosen, oder auf eine Hinderung des
Uebergangs farbloser in farbige, oder auf eine Beschleunigung des Unter-
gangs der gefärbten Zellen schliessen. Ob aber einer dieser Hergänge
in direkter Beziehung zum Verlust der Leber steht, dürfte schwer an-
zugeben sein. — Dem Plasma des Lebervenenbluts fehlt beim Pferd der
Faserstoff (Lehmann), dem des Hundes kommt er dagegen zu (Cl.
Bernard
). Unter allen Umständen führt das Lebervenenserum Trauben-
zucker, und zwar in demselben Maasse, in welchem er in dem Leber-
gewebe selbst beobachtet wird (Cl. Bernard). Eine von Lehmann
angestellte Vergleichung der prozentischen Zusammensetzung des zu ver-

*) Henle’s und Pfeufer’s Zeitschrift. IV. Bd. p. 112 und 160, — Leipziger Berichte. Mathe-
matisch-physische Classe. 1850. p. 15.
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[220/0236] Leber; Blut derselben. schieben will, so bleibt nur die Annahme übrig, dass, ganz günstige Fälle ausgenommen, die Menge von Flüssigkeit, welche durch den Diffusions- strom in die Gefässröhren gefördert wird, verschwindet gegen die, welche der Blutstrom selbst in sie führt. Mit dieser letzten Annahme stimmt auch die quantitative Zusammensetzung des Serums, welches 5 und 10 Stunden nach der Fütterung analysirt, gleiche Zusammensetzung bot (Lehmann). Auffallender Weise gab dagegen diesem letztern Beobach- ter das gesammte Pfortaderblut der Pferde 10 Stunden nach der Fütte- rung 0,4 pCt. Extrakte und die ungeheure Quantität von 8,6 pCt. Wasser mehr als 5 Stunden nach derselben. Diese Abweichung, welche bei glei- cher Zusammensetzung des Serums nur bedingt sein konnte durch eine Veränderung in der Menge oder in der Zusammensetzung der Blutkörper- chen, verdient bestätigt zu werden. — Im Blut der Lebervenen (Pferd) fand Lehmann die gefärbten Körperchen kleiner, kugeliger und durch Wasser weniger leicht zum Platzen zu bringen; im Verhältniss zu den ungefärbten ist ihre Zahl geringer als in andern Blutarten, Milzblut ausgenommen. Daraus schliesst man auf eine Neubildung von farblosen Zellen in dem Leberblute, und, um dieses wahrscheinlich zu machen, setzt man mit diesen Thatsachen in Verbindung die allerdings bemerkens- werthen Beobachtungen von E. H. Weber *) und Kölliker an Embryo- nen und aus dem Winterschlaf erwachten Fröschen, welche deutlicher auf ein zu dieser Zeit stattfindendes Entstehen von Blutkörperchen in der Leber hinweisen. Auch aus einer Versuchsreihe von Moleschott könnte auf eine besondere Beziehung zwischen Leber und Blutkörperchen ge- schlossen werden; er fand nemlich, dass Frösche, die noch längere Zeit am Leben erhalten, nachdem sie ihrer Leber beraubt waren, im Verhält- niss zu den farblosen viel weniger farbige Blutkörper besassen als ge- sunde Thiere oder auch als solche, welche nach verhältnissmässig starken Blutverlusten lange Zeit hungernd zugebracht hatten. Da uns aber nichts bekannt ist über die absolute Zahl der Blutkörperchen vor und nach der Leberausschneidung, so kann man aus der vorliegenden Beobachtung ent- weder auf eine Zunahme der farblosen, oder auf eine Hinderung des Uebergangs farbloser in farbige, oder auf eine Beschleunigung des Unter- gangs der gefärbten Zellen schliessen. Ob aber einer dieser Hergänge in direkter Beziehung zum Verlust der Leber steht, dürfte schwer an- zugeben sein. — Dem Plasma des Lebervenenbluts fehlt beim Pferd der Faserstoff (Lehmann), dem des Hundes kommt er dagegen zu (Cl. Bernard). Unter allen Umständen führt das Lebervenenserum Trauben- zucker, und zwar in demselben Maasse, in welchem er in dem Leber- gewebe selbst beobachtet wird (Cl. Bernard). Eine von Lehmann angestellte Vergleichung der prozentischen Zusammensetzung des zu ver- *) Henle’s und Pfeufer’s Zeitschrift. IV. Bd. p. 112 und 160, — Leipziger Berichte. Mathe- matisch-physische Classe. 1850. p. 15.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/236>, abgerufen am 27.11.2024.