auch Uebergangsstufen zwischen den kugeligen und den cylindrischen Zel- len finden. Die kugeligen Zellen sollen sich durch Theilungen fortpflan- zen können *).
Flimmerhaare.
Auf einzelnen Standorten tragen die Pflaster- und Cylinderzellen gegen ihre freie, von Flüssigkeit oder Luft begrenzte Fläche feine weiche, haarförmige Anhänge, die Wimper- oder Flimmerhaare.
Diese Haare sind unter gewissen Umständen, und namentlich wäh- rend ihres Aufenthaltes im lebenden Körper in einer Bewegung, bei der ihre Spitze ungefähr ein Viertel von der Peripherie eines Kreises zurücklegt, welcher mit der ganzen Länge als Radius beschrieben wird. Genauer betrachtet, verhält sich nun diese Bewegung so, dass ein Haar, welches so eben senkrecht gegen den Boden, auf dem es eingepflanzt ist, stand, plötzlich zusammenknickt und sich dabei mit seiner Spitze gegen den Boden biegt, kaum hier angelangt, wieder aufsteht, um von Neuem die ebenvollendete Bahn umgekehrt zu durchlaufen. Diese Bewegungen fol- gen sehr rasch aufeinander, so dass namentlich an den Wendepunkten keine Zeiten des Stillstandes zu beobachten sind, und nicht minder wer- den die Bewegungen rasch vollendet, indem nach den Messungen von Valentin und Krause ein Haar zu einem Auf- und Niedergang 0,2 bis 0,8 Sec. nöthig hat. -- Die Kraft, mit welcher die Schwingung ge- schieht, ist nicht nach beiden Richtungen gleich, sondern nach der einen bedeutender als nach der andern. Dieses erkennt man aus der einsei- tigen Strömung, welche das flimmernde Haar in einer sie bedeckenden Flüssigkeit zu erzeugen vermag, eine Strömung, welche statt einer ein- seitigen offenbar ebenfalls eine pendelnde sein müsste, wenn die Stösse, welche ihr von dem Haar nach den verschiedenen Richtungen hin mit- getheilt würden, an Kraft einander gleich kämen. -- Die Richtung der Schwingung ist zwar nicht auf den Zellen verschiedenen, wohl aber auf denen desselben Standortes gleich, sodass alle Haare der Bronchial-, der Tubenschleimhaut u. s. w. immer nach derselben Seite hin zusammen- fallen und somit auch aufstehen.
Von den Haaren auf den Epithelien der Muschelkiemen behauptet Valentin je- doch das Gegentheil, sie sollen unter Umständen plötzlich ihre Schwingungsrichtung ändern.
Die Beschleunigung der Bewegung ist nach den Beobachtungen von Purkinje, Valentin, Sharpey und Virchow**) abhängig 1) von der chemischen und mechanischen Unversehrtheit des einzelnen Wimper- haars; ist diese erhalten, so kann die Zelle von ihrem natürlichen Stand- ort entfernt, oder gar bis zur Zerstörung der benachbarten Haare ver- stümmelt sein, ohne dass die Bewegung erlischt. -- Wird dagegen das
*)Kölliker, Handbuch der Gewebelehre. 1852. p. 343.
**)Valentin, Lehrbuch der Physiologie. III. a. 19 u. b. 611. -- Virchow's Archiv. VI. Bd.
Flimmerhaare.
auch Uebergangsstufen zwischen den kugeligen und den cylindrischen Zel- len finden. Die kugeligen Zellen sollen sich durch Theilungen fortpflan- zen können *).
Flimmerhaare.
Auf einzelnen Standorten tragen die Pflaster- und Cylinderzellen gegen ihre freie, von Flüssigkeit oder Luft begrenzte Fläche feine weiche, haarförmige Anhänge, die Wimper- oder Flimmerhaare.
Diese Haare sind unter gewissen Umständen, und namentlich wäh- rend ihres Aufenthaltes im lebenden Körper in einer Bewegung, bei der ihre Spitze ungefähr ein Viertel von der Peripherie eines Kreises zurücklegt, welcher mit der ganzen Länge als Radius beschrieben wird. Genauer betrachtet, verhält sich nun diese Bewegung so, dass ein Haar, welches so eben senkrecht gegen den Boden, auf dem es eingepflanzt ist, stand, plötzlich zusammenknickt und sich dabei mit seiner Spitze gegen den Boden biegt, kaum hier angelangt, wieder aufsteht, um von Neuem die ebenvollendete Bahn umgekehrt zu durchlaufen. Diese Bewegungen fol- gen sehr rasch aufeinander, so dass namentlich an den Wendepunkten keine Zeiten des Stillstandes zu beobachten sind, und nicht minder wer- den die Bewegungen rasch vollendet, indem nach den Messungen von Valentin und Krause ein Haar zu einem Auf- und Niedergang 0,2 bis 0,8 Sec. nöthig hat. — Die Kraft, mit welcher die Schwingung ge- schieht, ist nicht nach beiden Richtungen gleich, sondern nach der einen bedeutender als nach der andern. Dieses erkennt man aus der einsei- tigen Strömung, welche das flimmernde Haar in einer sie bedeckenden Flüssigkeit zu erzeugen vermag, eine Strömung, welche statt einer ein- seitigen offenbar ebenfalls eine pendelnde sein müsste, wenn die Stösse, welche ihr von dem Haar nach den verschiedenen Richtungen hin mit- getheilt würden, an Kraft einander gleich kämen. — Die Richtung der Schwingung ist zwar nicht auf den Zellen verschiedenen, wohl aber auf denen desselben Standortes gleich, sodass alle Haare der Bronchial-, der Tubenschleimhaut u. s. w. immer nach derselben Seite hin zusammen- fallen und somit auch aufstehen.
Von den Haaren auf den Epithelien der Muschelkiemen behauptet Valentin je- doch das Gegentheil, sie sollen unter Umständen plötzlich ihre Schwingungsrichtung ändern.
Die Beschleunigung der Bewegung ist nach den Beobachtungen von Purkinje, Valentin, Sharpey und Virchow**) abhängig 1) von der chemischen und mechanischen Unversehrtheit des einzelnen Wimper- haars; ist diese erhalten, so kann die Zelle von ihrem natürlichen Stand- ort entfernt, oder gar bis zur Zerstörung der benachbarten Haare ver- stümmelt sein, ohne dass die Bewegung erlischt. — Wird dagegen das
*)Kölliker, Handbuch der Gewebelehre. 1852. p. 343.
**)Valentin, Lehrbuch der Physiologie. III. a. 19 u. b. 611. — Virchow’s Archiv. VI. Bd.
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Flimmerhaare.
auch Uebergangsstufen zwischen den kugeligen und den cylindrischen Zel-
len finden. Die kugeligen Zellen sollen sich durch Theilungen fortpflan-
zen können *).
Flimmerhaare.
Auf einzelnen Standorten tragen die Pflaster- und Cylinderzellen
gegen ihre freie, von Flüssigkeit oder Luft begrenzte Fläche feine weiche,
haarförmige Anhänge, die Wimper- oder Flimmerhaare.
Diese Haare sind unter gewissen Umständen, und namentlich wäh-
rend ihres Aufenthaltes im lebenden Körper in einer Bewegung, bei der ihre
Spitze ungefähr ein Viertel von der Peripherie eines Kreises zurücklegt,
welcher mit der ganzen Länge als Radius beschrieben wird. Genauer
betrachtet, verhält sich nun diese Bewegung so, dass ein Haar, welches
so eben senkrecht gegen den Boden, auf dem es eingepflanzt ist, stand,
plötzlich zusammenknickt und sich dabei mit seiner Spitze gegen den
Boden biegt, kaum hier angelangt, wieder aufsteht, um von Neuem die
ebenvollendete Bahn umgekehrt zu durchlaufen. Diese Bewegungen fol-
gen sehr rasch aufeinander, so dass namentlich an den Wendepunkten
keine Zeiten des Stillstandes zu beobachten sind, und nicht minder wer-
den die Bewegungen rasch vollendet, indem nach den Messungen von
Valentin und Krause ein Haar zu einem Auf- und Niedergang 0,2
bis 0,8 Sec. nöthig hat. — Die Kraft, mit welcher die Schwingung ge-
schieht, ist nicht nach beiden Richtungen gleich, sondern nach der einen
bedeutender als nach der andern. Dieses erkennt man aus der einsei-
tigen Strömung, welche das flimmernde Haar in einer sie bedeckenden
Flüssigkeit zu erzeugen vermag, eine Strömung, welche statt einer ein-
seitigen offenbar ebenfalls eine pendelnde sein müsste, wenn die Stösse,
welche ihr von dem Haar nach den verschiedenen Richtungen hin mit-
getheilt würden, an Kraft einander gleich kämen. — Die Richtung der
Schwingung ist zwar nicht auf den Zellen verschiedenen, wohl aber auf
denen desselben Standortes gleich, sodass alle Haare der Bronchial-, der
Tubenschleimhaut u. s. w. immer nach derselben Seite hin zusammen-
fallen und somit auch aufstehen.
Von den Haaren auf den Epithelien der Muschelkiemen behauptet Valentin je-
doch das Gegentheil, sie sollen unter Umständen plötzlich ihre Schwingungsrichtung
ändern.
Die Beschleunigung der Bewegung ist nach den Beobachtungen von
Purkinje, Valentin, Sharpey und Virchow **) abhängig 1) von
der chemischen und mechanischen Unversehrtheit des einzelnen Wimper-
haars; ist diese erhalten, so kann die Zelle von ihrem natürlichen Stand-
ort entfernt, oder gar bis zur Zerstörung der benachbarten Haare ver-
stümmelt sein, ohne dass die Bewegung erlischt. — Wird dagegen das
*) Kölliker, Handbuch der Gewebelehre. 1852. p. 343.
**) Valentin, Lehrbuch der Physiologie. III. a. 19 u. b. 611. — Virchow’s Archiv. VI. Bd.
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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/188>, abgerufen am 16.02.2025.
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