niederern Grade antrifft, als der vorhergehende. -- Um eine Vorstellung davon zu erhalten, wie sich der Mitteldruck von einem Herzschlage zum andern in einer vollendeten Respirationsbewegung ändert, ist es noth- wendig, die Curve M M aus der unmittelbar gewonnenen dadurch zu con- struiren, dass man aus den während einer Herzzusammenziehung beste- henden Spannungen das Mittel nimmt, diese mittleren Werthe auf die halbe Zeit zwischen Anfang und Ende der Herzbewegung aufträgt und darauf die Punkte durch eine Linie verbindet.
Diese Veränderung in dem Werthe der mittleren Spannungen ist nun nachweisslich von zwei Umständen abhängig, einmal von den Herzkräften und dann von dem Spannungszuwachse, welchen das Blut in der Brust- höhle durch die Bewegungen der Brustwandungen erhält. Der Beweiss für die Behauptung, dass den Bewegungen der Brustwandung ein Antheil an den Veränderungen der mittleren Spannung zugeschrieben werden müsse, liegt schon darin, dass eine Proportionalität besteht zwischen den Spannungsveränderungen des Inhalts der Brust und der Arterien; denn erfahrungsgemäss steigt die arterielle Spannungscurve gerade so lange an, als die Exspirationsbewegung anhält, und dann erhebt sich oder sinkt dieselbe um so beträchtlicher, je umfänglicher die Aus- oder Einathmung geschieht. -- Den Zuwachs, welchen die mittlere Spannung des Bluts während der Dauer einer Ausathmung erfährt, kann man sich aber nicht allein abhängig denken von dem Druck der zusammenfallenden Brust. Dieses vorausgesetzt, müsste offenbar die Spannung, welche während der Exspiration zwischen Brust und der äussern Fläche der Gefässwand be- steht, gleich sein dem Zuwachs der Spannung in den Binnenräumen der Gefässe. Dieses ist aber nicht der Fall; denn eine Messung dieser Span- nung in dem verschlossenen Brustkasten ergab, dass diese immer geringer als der Spannungszuwachs in den Arterien war (C. Ludwig). -- Die Veränderung in der Zahl der Herzschläge kann bedingt sein entweder von einem erregenden Einfluss, welchen der zusammenfallende Brustraum auf das ausgedehnte Herz übt, oder von reflektirten Erregungen des n. vagus. Die Annahme, dass der zuletzt erwähnte Nerv hierbei im Spiel sei, wird durch die Thatsachen des folgenden Satzes bestätigt.
b. Jeder einzelne Akt einer Athembewegung besitzt die Dauer meh- rerer Herzschläge, die Zahl der letzteren ist eine beschleunigte. Diesen
[Abbildung]
Fig. 49.
Fall kann man künstlich erzeugen, wenn man die n. vagi durchschneidet. Die Erscheinungen, welche in Fig. 49. dargestellt sind, unterschei- den sich von den vorhergehenden dadurch, dass sich die Dauer und die Intensität der einzelnen Herzschläge in der Ausathmung von denen in der Einathmung nicht unterscheiden; der Spannungszuwachs ist somit nur abhängig
Ludwig, Physiologie. II. 8
Einfluss der Athembewegung beim Hunde.
niederern Grade antrifft, als der vorhergehende. — Um eine Vorstellung davon zu erhalten, wie sich der Mitteldruck von einem Herzschlage zum andern in einer vollendeten Respirationsbewegung ändert, ist es noth- wendig, die Curve M M aus der unmittelbar gewonnenen dadurch zu con- struiren, dass man aus den während einer Herzzusammenziehung beste- henden Spannungen das Mittel nimmt, diese mittleren Werthe auf die halbe Zeit zwischen Anfang und Ende der Herzbewegung aufträgt und darauf die Punkte durch eine Linie verbindet.
Diese Veränderung in dem Werthe der mittleren Spannungen ist nun nachweisslich von zwei Umständen abhängig, einmal von den Herzkräften und dann von dem Spannungszuwachse, welchen das Blut in der Brust- höhle durch die Bewegungen der Brustwandungen erhält. Der Beweiss für die Behauptung, dass den Bewegungen der Brustwandung ein Antheil an den Veränderungen der mittleren Spannung zugeschrieben werden müsse, liegt schon darin, dass eine Proportionalität besteht zwischen den Spannungsveränderungen des Inhalts der Brust und der Arterien; denn erfahrungsgemäss steigt die arterielle Spannungscurve gerade so lange an, als die Exspirationsbewegung anhält, und dann erhebt sich oder sinkt dieselbe um so beträchtlicher, je umfänglicher die Aus- oder Einathmung geschieht. — Den Zuwachs, welchen die mittlere Spannung des Bluts während der Dauer einer Ausathmung erfährt, kann man sich aber nicht allein abhängig denken von dem Druck der zusammenfallenden Brust. Dieses vorausgesetzt, müsste offenbar die Spannung, welche während der Exspiration zwischen Brust und der äussern Fläche der Gefässwand be- steht, gleich sein dem Zuwachs der Spannung in den Binnenräumen der Gefässe. Dieses ist aber nicht der Fall; denn eine Messung dieser Span- nung in dem verschlossenen Brustkasten ergab, dass diese immer geringer als der Spannungszuwachs in den Arterien war (C. Ludwig). — Die Veränderung in der Zahl der Herzschläge kann bedingt sein entweder von einem erregenden Einfluss, welchen der zusammenfallende Brustraum auf das ausgedehnte Herz übt, oder von reflektirten Erregungen des n. vagus. Die Annahme, dass der zuletzt erwähnte Nerv hierbei im Spiel sei, wird durch die Thatsachen des folgenden Satzes bestätigt.
β. Jeder einzelne Akt einer Athembewegung besitzt die Dauer meh- rerer Herzschläge, die Zahl der letzteren ist eine beschleunigte. Diesen
[Abbildung]
Fig. 49.
Fall kann man künstlich erzeugen, wenn man die n. vagi durchschneidet. Die Erscheinungen, welche in Fig. 49. dargestellt sind, unterschei- den sich von den vorhergehenden dadurch, dass sich die Dauer und die Intensität der einzelnen Herzschläge in der Ausathmung von denen in der Einathmung nicht unterscheiden; der Spannungszuwachs ist somit nur abhängig
Ludwig, Physiologie. II. 8
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Einfluss der Athembewegung beim Hunde.
niederern Grade antrifft, als der vorhergehende. — Um eine Vorstellung
davon zu erhalten, wie sich der Mitteldruck von einem Herzschlage zum
andern in einer vollendeten Respirationsbewegung ändert, ist es noth-
wendig, die Curve M M aus der unmittelbar gewonnenen dadurch zu con-
struiren, dass man aus den während einer Herzzusammenziehung beste-
henden Spannungen das Mittel nimmt, diese mittleren Werthe auf die
halbe Zeit zwischen Anfang und Ende der Herzbewegung aufträgt und
darauf die Punkte durch eine Linie verbindet.
Diese Veränderung in dem Werthe der mittleren Spannungen ist nun
nachweisslich von zwei Umständen abhängig, einmal von den Herzkräften
und dann von dem Spannungszuwachse, welchen das Blut in der Brust-
höhle durch die Bewegungen der Brustwandungen erhält. Der Beweiss
für die Behauptung, dass den Bewegungen der Brustwandung ein Antheil
an den Veränderungen der mittleren Spannung zugeschrieben werden
müsse, liegt schon darin, dass eine Proportionalität besteht zwischen den
Spannungsveränderungen des Inhalts der Brust und der Arterien; denn
erfahrungsgemäss steigt die arterielle Spannungscurve gerade so lange
an, als die Exspirationsbewegung anhält, und dann erhebt sich oder sinkt
dieselbe um so beträchtlicher, je umfänglicher die Aus- oder Einathmung
geschieht. — Den Zuwachs, welchen die mittlere Spannung des Bluts
während der Dauer einer Ausathmung erfährt, kann man sich aber nicht
allein abhängig denken von dem Druck der zusammenfallenden Brust.
Dieses vorausgesetzt, müsste offenbar die Spannung, welche während der
Exspiration zwischen Brust und der äussern Fläche der Gefässwand be-
steht, gleich sein dem Zuwachs der Spannung in den Binnenräumen der
Gefässe. Dieses ist aber nicht der Fall; denn eine Messung dieser Span-
nung in dem verschlossenen Brustkasten ergab, dass diese immer geringer
als der Spannungszuwachs in den Arterien war (C. Ludwig). — Die
Veränderung in der Zahl der Herzschläge kann bedingt sein entweder von
einem erregenden Einfluss, welchen der zusammenfallende Brustraum auf
das ausgedehnte Herz übt, oder von reflektirten Erregungen des n. vagus.
Die Annahme, dass der zuletzt erwähnte Nerv hierbei im Spiel sei, wird
durch die Thatsachen des folgenden Satzes bestätigt.
β. Jeder einzelne Akt einer Athembewegung besitzt die Dauer meh-
rerer Herzschläge, die Zahl der letzteren ist eine beschleunigte. Diesen
[Abbildung Fig. 49.]
Fall kann man künstlich erzeugen, wenn man
die n. vagi durchschneidet. Die Erscheinungen,
welche in Fig. 49. dargestellt sind, unterschei-
den sich von den vorhergehenden dadurch,
dass sich die Dauer und die Intensität der
einzelnen Herzschläge in der Ausathmung von
denen in der Einathmung nicht unterscheiden;
der Spannungszuwachs ist somit nur abhängig
Ludwig, Physiologie. II. 8
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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/129>, abgerufen am 16.02.2025.
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