und umgekehrt, befindet sich der Nerv in der negativen Phase wenn Nerven- und erregender Strom im entgegengesetzten Sinne laufen (also der erstere geschwächt wird). Der electrotonische Zuwachs tritt momentan mit dem Schluss der erregenden Säule ein, besteht so lange sie geschlossen bleibt, und verschwindet momentan mit ihrer Oeffnung.
Der Verdacht, der sich hier erheben könnte, als ob die beobachtete Nadel- abweichung keine Folge der veränderten elektrischen Eigenschaften des Nerven sei, sondern eine unmittelbare des erregenden Stromes, wird einfach vernichtet, wenn man erfährt, dass der electrotonische Zuwachs ausbleibt, so wie zwischen das erregte und das abgeleitete Stück ein befeuchteter Faden so fest um den Nerven geschnürt wird, dass beide Theile nicht mehr durch Nerveninhalt sondern nur durch die Scheide und den nassen, also E leitenden Faden zusammenhängen. Ebenso sicher bleibt der elektrotonische Zuwachs, wie überhaupt alle elektrische Wirkung aus, wenn ein nicht mehr erregbares Nervenstück in gleicher Weise auf die Bäusche gelegt und gleichzeitig von erregenden Strömen durchkreisst wird. -- Der erregende Strom könnte in der That auf zweierlei Art direkt auf die Nadel wirken; einmal durch die Luft, was man verhütet, wenn man die Säule selbst entfernt von der Nadel aufstellt, und die von ihr zum Nerven gehenden umsponnenen Drähte umeinanderwickelt; oder durch Stromesschleifen, die sich von den an die Nerven angelegten erregenden Polen über die Enden des galvanisirten Nervenstücks hinaus erstrecken. Diese Schleifen werden vermieden oder auf einen sehr engen Raum beschränkt, wenn die Pole des erregenden Stromes aus feinen Drähten bestehen, und der Zwischenraum zwischen beiden nicht zu gross genommen wird. In diesem Fall kann man die Drähte des erregenden Stromes bis auf 2 M. M. den ableitenden Bäuschen nähern, ohne ein Uebergehen der Ströme aus dem erregenden in den Multiplikatorkreis zu gewahren.
Paradoxe Zuckung. Das Eintreten und Verschwinden des elektrotonischen Zustandes lässt sich nach du Bois auch durch den stromprüfenden Froschschenkel darlegen. Man ordnet den Versuch nach dem Schema an das die Fig. 16 gibt. Den Nerven eines stromprüfenden, sehr lebenskräftigen Froschschenkels N legt man in innige Berührung mit einem noch möglichst erregbaren Nervenstück M, an dieses schlägt man bei S eine ganz lockere Schleife, so dass der Nerv in keiner Weise ge- drückt wird, und an sein Ende legt man ihn auf zwei sehr nahe stehende und sehr feine Drähte, welche mit der Säule K in Verbindung stehen. Der Schluss oder die Oeffnung der Säule geschieht durch die Herstellung oder Unterbrechung der Leitung in einem der Drähte, indem man zwei einander zugekehrte Enden desselben in ein Quecksilbernäpfchen Q taucht.
[Abbildung]
Fig. 16.
In dem Momente wo die Schliessung oder Oeffnung der Kette erfolgt, tritt eine Zuckung in den Schenkeln ein. Dass auch hier kein unmittelbares Uebertreten der Elektricität aus der Kette K in den Nerven N stattfinde, wird dadurch bewiessen, dass die Zuk- kung beim Schliessen und Oeffnen der Kette aus- bleibt, wenn die Schlinge K des wohldurchfeuchte- ten Fadens S so fest zuge-
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Parodoxe Zuckung.
und umgekehrt, befindet sich der Nerv in der negativen Phase wenn Nerven- und erregender Strom im entgegengesetzten Sinne laufen (also der erstere geschwächt wird). Der electrotonische Zuwachs tritt momentan mit dem Schluss der erregenden Säule ein, besteht so lange sie geschlossen bleibt, und verschwindet momentan mit ihrer Oeffnung.
Der Verdacht, der sich hier erheben könnte, als ob die beobachtete Nadel- abweichung keine Folge der veränderten elektrischen Eigenschaften des Nerven sei, sondern eine unmittelbare des erregenden Stromes, wird einfach vernichtet, wenn man erfährt, dass der electrotonische Zuwachs ausbleibt, so wie zwischen das erregte und das abgeleitete Stück ein befeuchteter Faden so fest um den Nerven geschnürt wird, dass beide Theile nicht mehr durch Nerveninhalt sondern nur durch die Scheide und den nassen, also E leitenden Faden zusammenhängen. Ebenso sicher bleibt der elektrotonische Zuwachs, wie überhaupt alle elektrische Wirkung aus, wenn ein nicht mehr erregbares Nervenstück in gleicher Weise auf die Bäusche gelegt und gleichzeitig von erregenden Strömen durchkreisst wird. — Der erregende Strom könnte in der That auf zweierlei Art direkt auf die Nadel wirken; einmal durch die Luft, was man verhütet, wenn man die Säule selbst entfernt von der Nadel aufstellt, und die von ihr zum Nerven gehenden umsponnenen Drähte umeinanderwickelt; oder durch Stromesschleifen, die sich von den an die Nerven angelegten erregenden Polen über die Enden des galvanisirten Nervenstücks hinaus erstrecken. Diese Schleifen werden vermieden oder auf einen sehr engen Raum beschränkt, wenn die Pole des erregenden Stromes aus feinen Drähten bestehen, und der Zwischenraum zwischen beiden nicht zu gross genommen wird. In diesem Fall kann man die Drähte des erregenden Stromes bis auf 2 M. M. den ableitenden Bäuschen nähern, ohne ein Uebergehen der Ströme aus dem erregenden in den Multiplikatorkreis zu gewahren.
Paradoxe Zuckung. Das Eintreten und Verschwinden des elektrotonischen Zustandes lässt sich nach du Bois auch durch den stromprüfenden Froschschenkel darlegen. Man ordnet den Versuch nach dem Schema an das die Fig. 16 gibt. Den Nerven eines stromprüfenden, sehr lebenskräftigen Froschschenkels N legt man in innige Berührung mit einem noch möglichst erregbaren Nervenstück M, an dieses schlägt man bei S eine ganz lockere Schleife, so dass der Nerv in keiner Weise ge- drückt wird, und an sein Ende legt man ihn auf zwei sehr nahe stehende und sehr feine Drähte, welche mit der Säule K in Verbindung stehen. Der Schluss oder die Oeffnung der Säule geschieht durch die Herstellung oder Unterbrechung der Leitung in einem der Drähte, indem man zwei einander zugekehrte Enden desselben in ein Quecksilbernäpfchen Q taucht.
[Abbildung]
Fig. 16.
In dem Momente wo die Schliessung oder Oeffnung der Kette erfolgt, tritt eine Zuckung in den Schenkeln ein. Dass auch hier kein unmittelbares Uebertreten der Elektricität aus der Kette K in den Nerven N stattfinde, wird dadurch bewiessen, dass die Zuk- kung beim Schliessen und Oeffnen der Kette aus- bleibt, wenn die Schlinge K des wohldurchfeuchte- ten Fadens S so fest zuge-
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Parodoxe Zuckung.
und umgekehrt, befindet sich der Nerv in der negativen Phase wenn
Nerven- und erregender Strom im entgegengesetzten Sinne laufen
(also der erstere geschwächt wird). Der electrotonische Zuwachs
tritt momentan mit dem Schluss der erregenden Säule ein, besteht so
lange sie geschlossen bleibt, und verschwindet momentan mit ihrer
Oeffnung.
Der Verdacht, der sich hier erheben könnte, als ob die beobachtete Nadel-
abweichung keine Folge der veränderten elektrischen Eigenschaften des Nerven
sei, sondern eine unmittelbare des erregenden Stromes, wird einfach vernichtet,
wenn man erfährt, dass der electrotonische Zuwachs ausbleibt, so wie zwischen das
erregte und das abgeleitete Stück ein befeuchteter Faden so fest um den Nerven
geschnürt wird, dass beide Theile nicht mehr durch Nerveninhalt sondern nur durch
die Scheide und den nassen, also E leitenden Faden zusammenhängen. Ebenso sicher
bleibt der elektrotonische Zuwachs, wie überhaupt alle elektrische Wirkung aus, wenn
ein nicht mehr erregbares Nervenstück in gleicher Weise auf die Bäusche gelegt und
gleichzeitig von erregenden Strömen durchkreisst wird. — Der erregende Strom könnte
in der That auf zweierlei Art direkt auf die Nadel wirken; einmal durch die Luft,
was man verhütet, wenn man die Säule selbst entfernt von der Nadel aufstellt,
und die von ihr zum Nerven gehenden umsponnenen Drähte umeinanderwickelt;
oder durch Stromesschleifen, die sich von den an die Nerven angelegten erregenden
Polen über die Enden des galvanisirten Nervenstücks hinaus erstrecken. Diese
Schleifen werden vermieden oder auf einen sehr engen Raum beschränkt, wenn die
Pole des erregenden Stromes aus feinen Drähten bestehen, und der Zwischenraum
zwischen beiden nicht zu gross genommen wird. In diesem Fall kann man die Drähte
des erregenden Stromes bis auf 2 M. M. den ableitenden Bäuschen nähern, ohne ein
Uebergehen der Ströme aus dem erregenden in den Multiplikatorkreis zu gewahren.
Paradoxe Zuckung. Das Eintreten und Verschwinden des elektrotonischen
Zustandes lässt sich nach du Bois auch durch den stromprüfenden Froschschenkel
darlegen. Man ordnet den Versuch nach dem Schema an das die Fig. 16 gibt. Den
Nerven eines stromprüfenden, sehr lebenskräftigen Froschschenkels N legt man in
innige Berührung mit einem noch möglichst erregbaren Nervenstück M, an dieses
schlägt man bei S eine ganz lockere Schleife, so dass der Nerv in keiner Weise ge-
drückt wird, und an sein Ende legt man ihn auf zwei sehr nahe stehende und sehr
feine Drähte, welche mit der Säule K in Verbindung stehen. Der Schluss oder die
Oeffnung der Säule geschieht durch die Herstellung oder Unterbrechung der Leitung
in einem der Drähte, indem man zwei einander zugekehrte Enden desselben in ein
Quecksilbernäpfchen Q taucht.
[Abbildung Fig. 16.]
In dem Momente wo die
Schliessung oder Oeffnung
der Kette erfolgt, tritt eine
Zuckung in den Schenkeln
ein. Dass auch hier kein
unmittelbares Uebertreten
der Elektricität aus der
Kette K in den Nerven N
stattfinde, wird dadurch
bewiessen, dass die Zuk-
kung beim Schliessen und
Oeffnen der Kette aus-
bleibt, wenn die Schlinge
K des wohldurchfeuchte-
ten Fadens S so fest zuge-
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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/97>, abgerufen am 23.07.2024.
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