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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Endosmotisches Aequivalent.
Die hervorragenden Erscheinungen, die unter diesen Umständen die
Diffusion darbietet sind a) die beiden durch die Scheidewand getrenn-
ten Flüssigkeiten gleichen ihre Verschiedenheiten vollkommen aus, so
dass gerade wie wenn die Scheidewand fehlte, der Diffusionsprozess
nicht eher beendigt ist, als bis die Flüssigkeiten beiderseits vollkom-
men einander gleich sind. -- b) Die Volumina der durch den Diffusions-
strom auf die beiden Seiten der Scheidewand beförderten Flüssigkei-
ten sind einander meist nicht gleich, oder mit andern Worten, die Dif-
fusionsströme überwiegen an Stärke in der einen Richtung, diejenigen
in der andern. -- c) Die Geschwindigkeit, mit der zwei Flüssig-
keiten durch die Scheidewand hindurch sich ausgleichen, ist eine an-
dere als ohne Gegenwart derselben. -- Die zuerst erwähnte Eigen-
schaft bedarf keiner besonderen Betrachtung, um so mehr aber die
unter b und c erwähnten Eigenthümlichkeiten.

Um ein Maas für den ungleichen Werth der verschieden gerich-
teten Ströme zu erlangen (b) bedient man sich nach dem Vorgang
von Jolly, der Verhältnisszahl zwischen den Gewichten der nach der
einen und der andern Seite übergegangenen Flüssigkeitsbestandtheile:
diese Verhältnisszahl führt den Namen des endosmotischen Aequi-
valents
.

Methode zur Bestimmung des endosmotischen Aequivalents. Der Apparat mit
dessen Hülfe diese Bestimmung vorgenommen wird, ist dargestellt durch zwei
gläserne Gefässe, von denen das eine durch eine Membran, für eine Druckhöhe von
mehreren Zoll wasserdicht verschlossen ist. Dieses letztere Gefäss, welches an der

[Abbildung] Fig. 7.
Stelle des Glasbodens eine Membran trägt,
wird auf irgend welche Art in den Raum der
andern jedoch so aufgehängt, dass es in diesem
senkreckt auf und niedergelassen werden kann.
Dieser Apparat muss zugleich noch so aufge-
stellt werden können, dass die in seinem Innern
vorhandenen Flüssigkeiten vor Verdunstung
bewahrt werden. Diese Bedingungen erfüllt die
in Fig. 7 gezeichnete Vorrichtung. -- A stellt
das mit der Membran umbundene Gefäss vor;
es ist mittelst eines Fadens an die Rolle R ge-
heftet, welche sich mit den Zapfen in den La-
gern L dreht. Diese Lager stehen auf dem
blechernen Deckel des äusseren Gefässes, wel-
ches mittelst der Rinne mm auf das Glas gekit-
tet ist; auf der oberen Fläche dieses Dekels
findet sich noch eine zweite breitere Rinne o o
angebracht, in welche die Glocke G einpasst.
Wenn diese Rinne mit Wasser gefüllt wird,
nachdem die Glocke aufgesetzt war, so sind
die in A und B enthaltenen Flüssigkeiten ab-
gesperrt. In das Innere beider Gefässe füllt
man Flüssigkeit von bekanntem Gewicht und
bekannter quantitativ und qualitativer Zusam-
mensetzung; man überlässt sie darauf gegen-

Endosmotisches Aequivalent.
Die hervorragenden Erscheinungen, die unter diesen Umständen die
Diffusion darbietet sind a) die beiden durch die Scheidewand getrenn-
ten Flüssigkeiten gleichen ihre Verschiedenheiten vollkommen aus, so
dass gerade wie wenn die Scheidewand fehlte, der Diffusionsprozess
nicht eher beendigt ist, als bis die Flüssigkeiten beiderseits vollkom-
men einander gleich sind. — b) Die Volumina der durch den Diffusions-
strom auf die beiden Seiten der Scheidewand beförderten Flüssigkei-
ten sind einander meist nicht gleich, oder mit andern Worten, die Dif-
fusionsströme überwiegen an Stärke in der einen Richtung, diejenigen
in der andern. — c) Die Geschwindigkeit, mit der zwei Flüssig-
keiten durch die Scheidewand hindurch sich ausgleichen, ist eine an-
dere als ohne Gegenwart derselben. — Die zuerst erwähnte Eigen-
schaft bedarf keiner besonderen Betrachtung, um so mehr aber die
unter b und c erwähnten Eigenthümlichkeiten.

Um ein Maas für den ungleichen Werth der verschieden gerich-
teten Ströme zu erlangen (b) bedient man sich nach dem Vorgang
von Jolly, der Verhältnisszahl zwischen den Gewichten der nach der
einen und der andern Seite übergegangenen Flüssigkeitsbestandtheile:
diese Verhältnisszahl führt den Namen des endosmotischen Aequi-
valents
.

Methode zur Bestimmung des endosmotischen Aequivalents. Der Apparat mit
dessen Hülfe diese Bestimmung vorgenommen wird, ist dargestellt durch zwei
gläserne Gefässe, von denen das eine durch eine Membran, für eine Druckhöhe von
mehreren Zoll wasserdicht verschlossen ist. Dieses letztere Gefäss, welches an der

[Abbildung] Fig. 7.
Stelle des Glasbodens eine Membran trägt,
wird auf irgend welche Art in den Raum der
andern jedoch so aufgehängt, dass es in diesem
senkreckt auf und niedergelassen werden kann.
Dieser Apparat muss zugleich noch so aufge-
stellt werden können, dass die in seinem Innern
vorhandenen Flüssigkeiten vor Verdunstung
bewahrt werden. Diese Bedingungen erfüllt die
in Fig. 7 gezeichnete Vorrichtung. — A stellt
das mit der Membran umbundene Gefäss vor;
es ist mittelst eines Fadens an die Rolle R ge-
heftet, welche sich mit den Zapfen in den La-
gern L dreht. Diese Lager stehen auf dem
blechernen Deckel des äusseren Gefässes, wel-
ches mittelst der Rinne mm auf das Glas gekit-
tet ist; auf der oberen Fläche dieses Dekels
findet sich noch eine zweite breitere Rinne o o
angebracht, in welche die Glocke G einpasst.
Wenn diese Rinne mit Wasser gefüllt wird,
nachdem die Glocke aufgesetzt war, so sind
die in A und B enthaltenen Flüssigkeiten ab-
gesperrt. In das Innere beider Gefässe füllt
man Flüssigkeit von bekanntem Gewicht und
bekannter quantitativ und qualitativer Zusam-
mensetzung; man überlässt sie darauf gegen-

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[64/0078] Endosmotisches Aequivalent. Die hervorragenden Erscheinungen, die unter diesen Umständen die Diffusion darbietet sind a) die beiden durch die Scheidewand getrenn- ten Flüssigkeiten gleichen ihre Verschiedenheiten vollkommen aus, so dass gerade wie wenn die Scheidewand fehlte, der Diffusionsprozess nicht eher beendigt ist, als bis die Flüssigkeiten beiderseits vollkom- men einander gleich sind. — b) Die Volumina der durch den Diffusions- strom auf die beiden Seiten der Scheidewand beförderten Flüssigkei- ten sind einander meist nicht gleich, oder mit andern Worten, die Dif- fusionsströme überwiegen an Stärke in der einen Richtung, diejenigen in der andern. — c) Die Geschwindigkeit, mit der zwei Flüssig- keiten durch die Scheidewand hindurch sich ausgleichen, ist eine an- dere als ohne Gegenwart derselben. — Die zuerst erwähnte Eigen- schaft bedarf keiner besonderen Betrachtung, um so mehr aber die unter b und c erwähnten Eigenthümlichkeiten. Um ein Maas für den ungleichen Werth der verschieden gerich- teten Ströme zu erlangen (b) bedient man sich nach dem Vorgang von Jolly, der Verhältnisszahl zwischen den Gewichten der nach der einen und der andern Seite übergegangenen Flüssigkeitsbestandtheile: diese Verhältnisszahl führt den Namen des endosmotischen Aequi- valents. Methode zur Bestimmung des endosmotischen Aequivalents. Der Apparat mit dessen Hülfe diese Bestimmung vorgenommen wird, ist dargestellt durch zwei gläserne Gefässe, von denen das eine durch eine Membran, für eine Druckhöhe von mehreren Zoll wasserdicht verschlossen ist. Dieses letztere Gefäss, welches an der [Abbildung Fig. 7.] Stelle des Glasbodens eine Membran trägt, wird auf irgend welche Art in den Raum der andern jedoch so aufgehängt, dass es in diesem senkreckt auf und niedergelassen werden kann. Dieser Apparat muss zugleich noch so aufge- stellt werden können, dass die in seinem Innern vorhandenen Flüssigkeiten vor Verdunstung bewahrt werden. Diese Bedingungen erfüllt die in Fig. 7 gezeichnete Vorrichtung. — A stellt das mit der Membran umbundene Gefäss vor; es ist mittelst eines Fadens an die Rolle R ge- heftet, welche sich mit den Zapfen in den La- gern L dreht. Diese Lager stehen auf dem blechernen Deckel des äusseren Gefässes, wel- ches mittelst der Rinne mm auf das Glas gekit- tet ist; auf der oberen Fläche dieses Dekels findet sich noch eine zweite breitere Rinne o o angebracht, in welche die Glocke G einpasst. Wenn diese Rinne mit Wasser gefüllt wird, nachdem die Glocke aufgesetzt war, so sind die in A und B enthaltenen Flüssigkeiten ab- gesperrt. In das Innere beider Gefässe füllt man Flüssigkeit von bekanntem Gewicht und bekannter quantitativ und qualitativer Zusam- mensetzung; man überlässt sie darauf gegen-

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/78>, abgerufen am 23.11.2024.