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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Aufspannung der Muskeln am Skelet.
scheint kaum bemerkenswerth. Als wichtig ist nur hervorzuheben,
dass die Skelethebel, weil sie mit Gelenken versehen sind, die in je-
der beliebigen Stellung durch die Druckkräfte umliegender Muskelbän-
der fixirt werden können, ihre Länge zu verändern im Stande sind.
Daraus folgt, dass das Verhältniss zweier zugehörigen Hebelarme, an
deren einem eine zu hebende Last, und am andern eine Muskelkraft
wirkt, manigfach veränderlich ist, so dass dieselbe Muskelkraft je
nach Umständen eine geschwinde oder eine kräftige Bewegung hervor-
ruft. Als bekanntes Beispiel diene hierfür die Last, die man bei ge-
strecktem oder gebeugtem Arm zu heben vermag. --

5. Aufspannung der Muskeln am Skelet in der Verlängerung und
Verkürzung.

a. Während der Ruhe finden sich die Muskeln zwischen ihren
Ansatzpunkten immer in einem gewissen Grade elastischer Spannung;
aus dieser Behauptung erläutert Ed. Weber mit Recht die Thatsache,
dass auch die Enden des in der Ruhe durchschnittenen Muskels, ge-
gen ihre Ansatzpunkte hin zurückfahren. Vermöge dieser Einrichtung
wird nicht allein der Muskel, wenn eine ihn bisher verkürzende Erre-
gung nachlässt wieder auf seine ursprüngliche Länge ausgedehnt,
sondern es beginnt auch mit der eintretenden Verkürzung sogleich
der Muskelzug seine Wirksamkeit auf den Knochen zu äussern. Durch
diese beiden Umstände werden die in der Richtung der Muskel-
röhren wirksamen Zugkräfte am vollkommensten für den Knochen nutz-
bar gemacht. -- Da nun aber um alle und namentlich um die Berüh-
rungsgelenke Muskeln sitzen, welche nach gradezu entgegenge-
setzten Richtungen wirken, so muss die gesteigerte elastische Span-
nung, in welche die Muskeln der einen Seite treten, wenn sich die der
anderen zusammenziehen, der Verkürzung dieser letztern einen Wi-
derstand bieten. Wegen der Eigenthämlichkeit der Elastizitätscoeffi-
cienten der feuchten thierischen Stoffe, insbesondere der hier in Be-
tracht kommenden Muskel- und Sehnensubstanz bei geringen propor-
tionalen Ausdehnungen derselben sehr niedrig zu sein, wird jedoch
dieser Widerstand sich als nicht erheblich herausstellen, vorausge-
setzt, dass selbst bei einem Maximum der spannenden Gelenkdrehung
die proportionale Verlängerung des Muskels keine beträchtliche ist.
Diese Bedingung ist erfüllt dadurch, dass fast durchweg ein be-
deutender Längenunterschied zwischen den beiden Hebelarmen be-
steht, an welchen je ein Muskel diesseits und jenseits eines Gelenkes
zieht, so dass namentlich immer das eine Ende des Muskels nahe und
ein anderes entfernt von dem zugehörigen Gelenke sich anheftet. Dass
hierdurch für die Ausdehnung die bezeichnete Folge eintritt ergibt die An-
schauung ohne besondern Beweis. Setzen wir z. B. Fig. 125 zwei Anhef-
tungsweisen eines und desselben Muskels voraus, vermöge deren das
eine Mal der eine seiner Gelenkarme O M beträchtlich an Länge den an-

Aufspannung der Muskeln am Skelet.
scheint kaum bemerkenswerth. Als wichtig ist nur hervorzuheben,
dass die Skelethebel, weil sie mit Gelenken versehen sind, die in je-
der beliebigen Stellung durch die Druckkräfte umliegender Muskelbän-
der fixirt werden können, ihre Länge zu verändern im Stande sind.
Daraus folgt, dass das Verhältniss zweier zugehörigen Hebelarme, an
deren einem eine zu hebende Last, und am andern eine Muskelkraft
wirkt, manigfach veränderlich ist, so dass dieselbe Muskelkraft je
nach Umständen eine geschwinde oder eine kräftige Bewegung hervor-
ruft. Als bekanntes Beispiel diene hierfür die Last, die man bei ge-
strecktem oder gebeugtem Arm zu heben vermag. —

5. Aufspannung der Muskeln am Skelet in der Verlängerung und
Verkürzung.

a. Während der Ruhe finden sich die Muskeln zwischen ihren
Ansatzpunkten immer in einem gewissen Grade elastischer Spannung;
aus dieser Behauptung erläutert Ed. Weber mit Recht die Thatsache,
dass auch die Enden des in der Ruhe durchschnittenen Muskels, ge-
gen ihre Ansatzpunkte hin zurückfahren. Vermöge dieser Einrichtung
wird nicht allein der Muskel, wenn eine ihn bisher verkürzende Erre-
gung nachlässt wieder auf seine ursprüngliche Länge ausgedehnt,
sondern es beginnt auch mit der eintretenden Verkürzung sogleich
der Muskelzug seine Wirksamkeit auf den Knochen zu äussern. Durch
diese beiden Umstände werden die in der Richtung der Muskel-
röhren wirksamen Zugkräfte am vollkommensten für den Knochen nutz-
bar gemacht. — Da nun aber um alle und namentlich um die Berüh-
rungsgelenke Muskeln sitzen, welche nach gradezu entgegenge-
setzten Richtungen wirken, so muss die gesteigerte elastische Span-
nung, in welche die Muskeln der einen Seite treten, wenn sich die der
anderen zusammenziehen, der Verkürzung dieser letztern einen Wi-
derstand bieten. Wegen der Eigenthämlichkeit der Elastizitätscoeffi-
cienten der feuchten thierischen Stoffe, insbesondere der hier in Be-
tracht kommenden Muskel- und Sehnensubstanz bei geringen propor-
tionalen Ausdehnungen derselben sehr niedrig zu sein, wird jedoch
dieser Widerstand sich als nicht erheblich herausstellen, vorausge-
setzt, dass selbst bei einem Maximum der spannenden Gelenkdrehung
die proportionale Verlängerung des Muskels keine beträchtliche ist.
Diese Bedingung ist erfüllt dadurch, dass fast durchweg ein be-
deutender Längenunterschied zwischen den beiden Hebelarmen be-
steht, an welchen je ein Muskel diesseits und jenseits eines Gelenkes
zieht, so dass namentlich immer das eine Ende des Muskels nahe und
ein anderes entfernt von dem zugehörigen Gelenke sich anheftet. Dass
hierdurch für die Ausdehnung die bezeichnete Folge eintritt ergibt die An-
schauung ohne besondern Beweis. Setzen wir z. B. Fig. 125 zwei Anhef-
tungsweisen eines und desselben Muskels voraus, vermöge deren das
eine Mal der eine seiner Gelenkarme O M beträchtlich an Länge den an-

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[395/0409] Aufspannung der Muskeln am Skelet. scheint kaum bemerkenswerth. Als wichtig ist nur hervorzuheben, dass die Skelethebel, weil sie mit Gelenken versehen sind, die in je- der beliebigen Stellung durch die Druckkräfte umliegender Muskelbän- der fixirt werden können, ihre Länge zu verändern im Stande sind. Daraus folgt, dass das Verhältniss zweier zugehörigen Hebelarme, an deren einem eine zu hebende Last, und am andern eine Muskelkraft wirkt, manigfach veränderlich ist, so dass dieselbe Muskelkraft je nach Umständen eine geschwinde oder eine kräftige Bewegung hervor- ruft. Als bekanntes Beispiel diene hierfür die Last, die man bei ge- strecktem oder gebeugtem Arm zu heben vermag. — 5. Aufspannung der Muskeln am Skelet in der Verlängerung und Verkürzung. a. Während der Ruhe finden sich die Muskeln zwischen ihren Ansatzpunkten immer in einem gewissen Grade elastischer Spannung; aus dieser Behauptung erläutert Ed. Weber mit Recht die Thatsache, dass auch die Enden des in der Ruhe durchschnittenen Muskels, ge- gen ihre Ansatzpunkte hin zurückfahren. Vermöge dieser Einrichtung wird nicht allein der Muskel, wenn eine ihn bisher verkürzende Erre- gung nachlässt wieder auf seine ursprüngliche Länge ausgedehnt, sondern es beginnt auch mit der eintretenden Verkürzung sogleich der Muskelzug seine Wirksamkeit auf den Knochen zu äussern. Durch diese beiden Umstände werden die in der Richtung der Muskel- röhren wirksamen Zugkräfte am vollkommensten für den Knochen nutz- bar gemacht. — Da nun aber um alle und namentlich um die Berüh- rungsgelenke Muskeln sitzen, welche nach gradezu entgegenge- setzten Richtungen wirken, so muss die gesteigerte elastische Span- nung, in welche die Muskeln der einen Seite treten, wenn sich die der anderen zusammenziehen, der Verkürzung dieser letztern einen Wi- derstand bieten. Wegen der Eigenthämlichkeit der Elastizitätscoeffi- cienten der feuchten thierischen Stoffe, insbesondere der hier in Be- tracht kommenden Muskel- und Sehnensubstanz bei geringen propor- tionalen Ausdehnungen derselben sehr niedrig zu sein, wird jedoch dieser Widerstand sich als nicht erheblich herausstellen, vorausge- setzt, dass selbst bei einem Maximum der spannenden Gelenkdrehung die proportionale Verlängerung des Muskels keine beträchtliche ist. Diese Bedingung ist erfüllt dadurch, dass fast durchweg ein be- deutender Längenunterschied zwischen den beiden Hebelarmen be- steht, an welchen je ein Muskel diesseits und jenseits eines Gelenkes zieht, so dass namentlich immer das eine Ende des Muskels nahe und ein anderes entfernt von dem zugehörigen Gelenke sich anheftet. Dass hierdurch für die Ausdehnung die bezeichnete Folge eintritt ergibt die An- schauung ohne besondern Beweis. Setzen wir z. B. Fig. 125 zwei Anhef- tungsweisen eines und desselben Muskels voraus, vermöge deren das eine Mal der eine seiner Gelenkarme O M beträchtlich an Länge den an-

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/409>, abgerufen am 25.11.2024.