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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Die Muskelkräfte erzeugen Druck und Bewegung.

Gesetzt es seien diese Bedingungen erfüllt, so dass der Punkt A
in Fig. 124 das Ende einer auf die Ebene des Papieres senkrechten

[Abbildung] Fig. 124.
Achse bezeichnete, um welche sich die
beiden Knochen K' und K" in der Ebene
des Papieres drehen könnten, und BC
die Resultirende eines zwischen bei-
den Knochen ausgespannten Muskels
darstellte, so würden die Linien AB und
AC die Hebelarme und die Winkel ABC
und ACB die Ansatzwinkel sein. Die
Bewegung zwischen K' und K" kann
nun entweder geschehen, indem sich
beide Knochen gleichzeitig oder der
eine bewegliche sich dem andern fest-
stehenden nähert. Da das Resultat in
dem ersteren Fall sich zusammensetzt
aus den Einzelbewegungen des zwei-
ten, so wird es genügen die Prinzipien
zu geben, nach denen der zweite zu
beurtheilen ist. Wir nehmen an, es sei
K' vollkommen unbeweglich und zu-
dem soll die Linie BC nach irgend
einem Längenmaasse in so viel Theile
getheilt sein, als die Resultirende
Gewichtseinheiten zu heben vermag; nach diesen Voraussetzungen
genügt es die Linie BC mittelst des Parallelograms der Kräfte in
zwei andere zu zerlegen, von denen die eine B D in der Richtung
des Hebelarmes AC und die andere DC senkrecht auf AC gelegen
ist; theilt man diese beiden Linien BD und CD nach demselben Län-
genmaass, in welchem auch die Länge von BC ausgedrückt war, so
wird die Zahl der Maasseinheiten jeder Linie zugleich den Kraft-
antheil der Resultirenden BC angeben, in welches sie nach den be-
zeichneten Richtungen wirkt, mit andern Worten den Druck, mit
welcher sie in der Richtung von DC die Knochen K" und K' gegenein-
ander presst und die bewegende Kraft, welche in der Richtung von B D
den Knochen K' zieht. Da nun aber in dem rechtwinkligen Dreieck
[Formel 1] = dem Sinus des Ansatzwinkels B C D ist, so wird B D = R
sin. B C D sein, wenn wir mit R die Kraft der Resultirenden B C und
mit B D diejenige des bewegenden Zuges B D bezeichnen. -- Der
oben gefundene Werth von B D gilt aber nur so lange als die Kno-
chen die bezeichnete Stellung beibehalten; folgt in der That, durch
keinen weiteren Widerstand aufgehalten, der Knochen dem bewegen-
den Zuge, so wird ihn dieser nach der Kreislinie C E führen; neh-

Die Muskelkräfte erzeugen Druck und Bewegung.

Gesetzt es seien diese Bedingungen erfüllt, so dass der Punkt A
in Fig. 124 das Ende einer auf die Ebene des Papieres senkrechten

[Abbildung] Fig. 124.
Achse bezeichnete, um welche sich die
beiden Knochen K′ und K″ in der Ebene
des Papieres drehen könnten, und BC
die Resultirende eines zwischen bei-
den Knochen ausgespannten Muskels
darstellte, so würden die Linien AB und
AC die Hebelarme und die Winkel ABC
und ACB die Ansatzwinkel sein. Die
Bewegung zwischen K′ und K″ kann
nun entweder geschehen, indem sich
beide Knochen gleichzeitig oder der
eine bewegliche sich dem andern fest-
stehenden nähert. Da das Resultat in
dem ersteren Fall sich zusammensetzt
aus den Einzelbewegungen des zwei-
ten, so wird es genügen die Prinzipien
zu geben, nach denen der zweite zu
beurtheilen ist. Wir nehmen an, es sei
K′ vollkommen unbeweglich und zu-
dem soll die Linie BC nach irgend
einem Längenmaasse in so viel Theile
getheilt sein, als die Resultirende
Gewichtseinheiten zu heben vermag; nach diesen Voraussetzungen
genügt es die Linie BC mittelst des Parallelograms der Kräfte in
zwei andere zu zerlegen, von denen die eine B D in der Richtung
des Hebelarmes AC und die andere DC senkrecht auf AC gelegen
ist; theilt man diese beiden Linien BD und CD nach demselben Län-
genmaass, in welchem auch die Länge von BC ausgedrückt war, so
wird die Zahl der Maasseinheiten jeder Linie zugleich den Kraft-
antheil der Resultirenden BC angeben, in welches sie nach den be-
zeichneten Richtungen wirkt, mit andern Worten den Druck, mit
welcher sie in der Richtung von DC die Knochen K″ und K′ gegenein-
ander presst und die bewegende Kraft, welche in der Richtung von B D
den Knochen K′ zieht. Da nun aber in dem rechtwinkligen Dreieck
[Formel 1] = dem Sinus des Ansatzwinkels B C D ist, so wird B D = R
sin. B C D sein, wenn wir mit R die Kraft der Resultirenden B C und
mit B D diejenige des bewegenden Zuges B D bezeichnen. — Der
oben gefundene Werth von B D gilt aber nur so lange als die Kno-
chen die bezeichnete Stellung beibehalten; folgt in der That, durch
keinen weiteren Widerstand aufgehalten, der Knochen dem bewegen-
den Zuge, so wird ihn dieser nach der Kreislinie C E führen; neh-

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[393/0407] Die Muskelkräfte erzeugen Druck und Bewegung. Gesetzt es seien diese Bedingungen erfüllt, so dass der Punkt A in Fig. 124 das Ende einer auf die Ebene des Papieres senkrechten [Abbildung Fig. 124.] Achse bezeichnete, um welche sich die beiden Knochen K′ und K″ in der Ebene des Papieres drehen könnten, und BC die Resultirende eines zwischen bei- den Knochen ausgespannten Muskels darstellte, so würden die Linien AB und AC die Hebelarme und die Winkel ABC und ACB die Ansatzwinkel sein. Die Bewegung zwischen K′ und K″ kann nun entweder geschehen, indem sich beide Knochen gleichzeitig oder der eine bewegliche sich dem andern fest- stehenden nähert. Da das Resultat in dem ersteren Fall sich zusammensetzt aus den Einzelbewegungen des zwei- ten, so wird es genügen die Prinzipien zu geben, nach denen der zweite zu beurtheilen ist. Wir nehmen an, es sei K′ vollkommen unbeweglich und zu- dem soll die Linie BC nach irgend einem Längenmaasse in so viel Theile getheilt sein, als die Resultirende Gewichtseinheiten zu heben vermag; nach diesen Voraussetzungen genügt es die Linie BC mittelst des Parallelograms der Kräfte in zwei andere zu zerlegen, von denen die eine B D in der Richtung des Hebelarmes AC und die andere DC senkrecht auf AC gelegen ist; theilt man diese beiden Linien BD und CD nach demselben Län- genmaass, in welchem auch die Länge von BC ausgedrückt war, so wird die Zahl der Maasseinheiten jeder Linie zugleich den Kraft- antheil der Resultirenden BC angeben, in welches sie nach den be- zeichneten Richtungen wirkt, mit andern Worten den Druck, mit welcher sie in der Richtung von DC die Knochen K″ und K′ gegenein- ander presst und die bewegende Kraft, welche in der Richtung von B D den Knochen K′ zieht. Da nun aber in dem rechtwinkligen Dreieck [FORMEL] = dem Sinus des Ansatzwinkels B C D ist, so wird B D = R sin. B C D sein, wenn wir mit R die Kraft der Resultirenden B C und mit B D diejenige des bewegenden Zuges B D bezeichnen. — Der oben gefundene Werth von B D gilt aber nur so lange als die Kno- chen die bezeichnete Stellung beibehalten; folgt in der That, durch keinen weiteren Widerstand aufgehalten, der Knochen dem bewegen- den Zuge, so wird ihn dieser nach der Kreislinie C E führen; neh-

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/407>, abgerufen am 25.11.2024.