Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Wirbelgelenke; lig. intervertebrale.
fibrös-knorpeligen aufrecht gestellten Röhren; E. H. Weber. In den
Räumen zwischen den einzelnen Röhren finden sich als Ausfüllungs-
mittel Fettmassen, die in Bindegewebe gehüllt sind. Im innersten Rohr,
also im Centrum des Intervertebralbandes liegt ebenfalls ein aus Fett
und Bindgewebe bestehender Inhalt, der Kern, eingeschlossen.
Die Ansicht eines Durchschnittes senkrecht auf die Achse der Cylin-
der gewährt Fig. 98. Der Kern ist aber in dem innersten Rohre nicht
[Abbildung] Fig. 98.
blos locker eingelagert, sondern
er findet sich in ihm in einem be-
trächtlich comprimirten Zustand, so
dass er von der umgebenden Hülle
befreit, einen grösseren Raum, als
in der normalen Lage einnimmt.
Diese Spannung des Kerns, der
wahrscheinlich von endosmoti-
schen Wirkungen herrührt, übt einen Druck auf seine Umgebungen,
der wohl nach allen Richtungen hin mit gleicher Stärke geschieht,
weil der Kern flüssige und halbflüssige Substanzen enthält.

Nächst dieser erhalten die lig. intervertrebralia eine weitere Spannung
bei der aufrechten Stellung durch die Schwere der überliegenden Theile;
dieselbe wird ungleich stark auf die hintere und vordere Seite des Inter-
vertebralknorpels wirken, weil der gespannte nucleus als ein Hypomoch-
lion angesehen werden muss, um welches sich die seitlichen Theile
drehen, wenn ein einseitiger Druck auf sie fällt. H. Meyer glaubt be-
haupten zu dürfen unter Annahme eines gegen den Horizont senkrech-
ten Druckes der auf die vordere Hälfte der oberen Fläche der Wirbel-
körper fällt, dass die grösste Spannung in der Brustwirbelsäule an der
hinteren Wand und in der Lendenwirbelsäule an der vorderen Wand
gelegen sei, während in dem Uebergang einer zur andern Krümmung
sie allseitig gleichstark bestehe. Ausser diesen allgemeingiltigen
Verhältnissen zeigen die einzelnen Intervertebralbänder bekanntlich
noch Verschiedenheiten rücksichtlich ihrer Dimensionen, die von Ed.
Weber
genauer bestimmt sind. Nach Ed. Weber wächst der
Diameter der Querschnitte, die er annähernd als Kreise betrachtet
von dem obersten Halsknorpel bis zum vorletzten Lendenknorpel
von 14,7 bis 29,5 M. M. Die aus diesen Bestimmungen fliessende
Berechnung des Flächeninhalts darf nur annähernd als richtig be-
trachtet werden, weil in der That die Querschnitte keine Kreise,
sondern am Hals und Lendenwirbelsäule eine elliptisch, an der Rük-
kenwirbelsäule eine herzförmig begrenzte Fläche darstellen. --
Die Höhe der Knorpel nimmt in dem von Weber gemessenen Fall
vom obersten bis zum untersten Intervertebralknorpel mit mancher-
lei Sprüngen von 2,7 bis 10,9 M. M. zu. -- Aus diesen Thatsachen
scheint der Schluss erlaubt, dass die Intervertebralknorpel der Hals-

24*

Wirbelgelenke; lig. intervertebrale.
fibrös-knorpeligen aufrecht gestellten Röhren; E. H. Weber. In den
Räumen zwischen den einzelnen Röhren finden sich als Ausfüllungs-
mittel Fettmassen, die in Bindegewebe gehüllt sind. Im innersten Rohr,
also im Centrum des Intervertebralbandes liegt ebenfalls ein aus Fett
und Bindgewebe bestehender Inhalt, der Kern, eingeschlossen.
Die Ansicht eines Durchschnittes senkrecht auf die Achse der Cylin-
der gewährt Fig. 98. Der Kern ist aber in dem innersten Rohre nicht
[Abbildung] Fig. 98.
blos locker eingelagert, sondern
er findet sich in ihm in einem be-
trächtlich comprimirten Zustand, so
dass er von der umgebenden Hülle
befreit, einen grösseren Raum, als
in der normalen Lage einnimmt.
Diese Spannung des Kerns, der
wahrscheinlich von endosmoti-
schen Wirkungen herrührt, übt einen Druck auf seine Umgebungen,
der wohl nach allen Richtungen hin mit gleicher Stärke geschieht,
weil der Kern flüssige und halbflüssige Substanzen enthält.

Nächst dieser erhalten die lig. intervertrebralia eine weitere Spannung
bei der aufrechten Stellung durch die Schwere der überliegenden Theile;
dieselbe wird ungleich stark auf die hintere und vordere Seite des Inter-
vertebralknorpels wirken, weil der gespannte nucleus als ein Hypomoch-
lion angesehen werden muss, um welches sich die seitlichen Theile
drehen, wenn ein einseitiger Druck auf sie fällt. H. Meyer glaubt be-
haupten zu dürfen unter Annahme eines gegen den Horizont senkrech-
ten Druckes der auf die vordere Hälfte der oberen Fläche der Wirbel-
körper fällt, dass die grösste Spannung in der Brustwirbelsäule an der
hinteren Wand und in der Lendenwirbelsäule an der vorderen Wand
gelegen sei, während in dem Uebergang einer zur andern Krümmung
sie allseitig gleichstark bestehe. Ausser diesen allgemeingiltigen
Verhältnissen zeigen die einzelnen Intervertebralbänder bekanntlich
noch Verschiedenheiten rücksichtlich ihrer Dimensionen, die von Ed.
Weber
genauer bestimmt sind. Nach Ed. Weber wächst der
Diameter der Querschnitte, die er annähernd als Kreise betrachtet
von dem obersten Halsknorpel bis zum vorletzten Lendenknorpel
von 14,7 bis 29,5 M. M. Die aus diesen Bestimmungen fliessende
Berechnung des Flächeninhalts darf nur annähernd als richtig be-
trachtet werden, weil in der That die Querschnitte keine Kreise,
sondern am Hals und Lendenwirbelsäule eine elliptisch, an der Rük-
kenwirbelsäule eine herzförmig begrenzte Fläche darstellen. —
Die Höhe der Knorpel nimmt in dem von Weber gemessenen Fall
vom obersten bis zum untersten Intervertebralknorpel mit mancher-
lei Sprüngen von 2,7 bis 10,9 M. M. zu. — Aus diesen Thatsachen
scheint der Schluss erlaubt, dass die Intervertebralknorpel der Hals-

24*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0385" n="371"/><fw place="top" type="header">Wirbelgelenke; lig. intervertebrale.</fw><lb/>
fibrös-knorpeligen aufrecht gestellten Röhren; E. H. <hi rendition="#g">Weber</hi>. In den<lb/>
Räumen zwischen den einzelnen Röhren finden sich als Ausfüllungs-<lb/>
mittel Fettmassen, die in Bindegewebe gehüllt sind. Im innersten Rohr,<lb/>
also im Centrum des Intervertebralbandes liegt ebenfalls ein aus Fett<lb/>
und Bindgewebe bestehender Inhalt, der Kern, eingeschlossen.<lb/>
Die Ansicht eines Durchschnittes senkrecht auf die Achse der Cylin-<lb/>
der gewährt Fig. 98. Der Kern ist aber in dem innersten Rohre nicht<lb/><figure><head>Fig. 98.</head></figure><lb/>
blos locker eingelagert, sondern<lb/>
er findet sich in ihm in einem be-<lb/>
trächtlich comprimirten Zustand, so<lb/>
dass er von der umgebenden Hülle<lb/>
befreit, einen grösseren Raum, als<lb/>
in der normalen Lage einnimmt.<lb/>
Diese Spannung des Kerns, der<lb/>
wahrscheinlich von endosmoti-<lb/>
schen Wirkungen herrührt, übt einen Druck auf seine Umgebungen,<lb/>
der wohl nach allen Richtungen hin mit gleicher Stärke geschieht,<lb/>
weil der Kern flüssige und halbflüssige Substanzen enthält.</p><lb/>
            <p>Nächst dieser erhalten die lig. intervertrebralia eine weitere Spannung<lb/>
bei der aufrechten Stellung durch die Schwere der überliegenden Theile;<lb/>
dieselbe wird ungleich stark auf die hintere und vordere Seite des Inter-<lb/>
vertebralknorpels wirken, weil der gespannte nucleus als ein Hypomoch-<lb/>
lion angesehen werden muss, um welches sich die seitlichen Theile<lb/>
drehen, wenn ein einseitiger Druck auf sie fällt. H. <hi rendition="#g">Meyer</hi> glaubt be-<lb/>
haupten zu dürfen unter Annahme eines gegen den Horizont senkrech-<lb/>
ten Druckes der auf die vordere Hälfte der oberen Fläche der Wirbel-<lb/>
körper fällt, dass die grösste Spannung in der Brustwirbelsäule an der<lb/>
hinteren Wand und in der Lendenwirbelsäule an der vorderen Wand<lb/>
gelegen sei, während in dem Uebergang einer zur andern Krümmung<lb/>
sie allseitig gleichstark bestehe. Ausser diesen allgemeingiltigen<lb/>
Verhältnissen zeigen die einzelnen Intervertebralbänder bekanntlich<lb/>
noch Verschiedenheiten rücksichtlich ihrer Dimensionen, die von <hi rendition="#g">Ed.<lb/>
Weber</hi> genauer bestimmt sind. Nach <hi rendition="#g">Ed. Weber</hi> wächst der<lb/>
Diameter der Querschnitte, die er annähernd als Kreise betrachtet<lb/>
von dem obersten Halsknorpel bis zum vorletzten Lendenknorpel<lb/>
von 14,7 bis 29,5 M. M. Die aus diesen Bestimmungen fliessende<lb/>
Berechnung des Flächeninhalts darf nur annähernd als richtig be-<lb/>
trachtet werden, weil in der That die Querschnitte keine Kreise,<lb/>
sondern am Hals und Lendenwirbelsäule eine elliptisch, an der Rük-<lb/>
kenwirbelsäule eine herzförmig begrenzte Fläche darstellen. &#x2014;<lb/>
Die Höhe der Knorpel nimmt in dem von <hi rendition="#g">Weber</hi> gemessenen Fall<lb/>
vom obersten bis zum untersten Intervertebralknorpel mit mancher-<lb/>
lei Sprüngen von 2,7 bis 10,9 M. M. zu. &#x2014; Aus diesen Thatsachen<lb/>
scheint der Schluss erlaubt, dass die Intervertebralknorpel der Hals-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">24*</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[371/0385] Wirbelgelenke; lig. intervertebrale. fibrös-knorpeligen aufrecht gestellten Röhren; E. H. Weber. In den Räumen zwischen den einzelnen Röhren finden sich als Ausfüllungs- mittel Fettmassen, die in Bindegewebe gehüllt sind. Im innersten Rohr, also im Centrum des Intervertebralbandes liegt ebenfalls ein aus Fett und Bindgewebe bestehender Inhalt, der Kern, eingeschlossen. Die Ansicht eines Durchschnittes senkrecht auf die Achse der Cylin- der gewährt Fig. 98. Der Kern ist aber in dem innersten Rohre nicht [Abbildung Fig. 98.] blos locker eingelagert, sondern er findet sich in ihm in einem be- trächtlich comprimirten Zustand, so dass er von der umgebenden Hülle befreit, einen grösseren Raum, als in der normalen Lage einnimmt. Diese Spannung des Kerns, der wahrscheinlich von endosmoti- schen Wirkungen herrührt, übt einen Druck auf seine Umgebungen, der wohl nach allen Richtungen hin mit gleicher Stärke geschieht, weil der Kern flüssige und halbflüssige Substanzen enthält. Nächst dieser erhalten die lig. intervertrebralia eine weitere Spannung bei der aufrechten Stellung durch die Schwere der überliegenden Theile; dieselbe wird ungleich stark auf die hintere und vordere Seite des Inter- vertebralknorpels wirken, weil der gespannte nucleus als ein Hypomoch- lion angesehen werden muss, um welches sich die seitlichen Theile drehen, wenn ein einseitiger Druck auf sie fällt. H. Meyer glaubt be- haupten zu dürfen unter Annahme eines gegen den Horizont senkrech- ten Druckes der auf die vordere Hälfte der oberen Fläche der Wirbel- körper fällt, dass die grösste Spannung in der Brustwirbelsäule an der hinteren Wand und in der Lendenwirbelsäule an der vorderen Wand gelegen sei, während in dem Uebergang einer zur andern Krümmung sie allseitig gleichstark bestehe. Ausser diesen allgemeingiltigen Verhältnissen zeigen die einzelnen Intervertebralbänder bekanntlich noch Verschiedenheiten rücksichtlich ihrer Dimensionen, die von Ed. Weber genauer bestimmt sind. Nach Ed. Weber wächst der Diameter der Querschnitte, die er annähernd als Kreise betrachtet von dem obersten Halsknorpel bis zum vorletzten Lendenknorpel von 14,7 bis 29,5 M. M. Die aus diesen Bestimmungen fliessende Berechnung des Flächeninhalts darf nur annähernd als richtig be- trachtet werden, weil in der That die Querschnitte keine Kreise, sondern am Hals und Lendenwirbelsäule eine elliptisch, an der Rük- kenwirbelsäule eine herzförmig begrenzte Fläche darstellen. — Die Höhe der Knorpel nimmt in dem von Weber gemessenen Fall vom obersten bis zum untersten Intervertebralknorpel mit mancher- lei Sprüngen von 2,7 bis 10,9 M. M. zu. — Aus diesen Thatsachen scheint der Schluss erlaubt, dass die Intervertebralknorpel der Hals- 24*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/385
Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/385>, abgerufen am 23.07.2024.