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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Absoluter Werth der Stromstärke; Gesetz der Zuckungen.
Zuckung von ihm zu erhalten in einen Strom bringen, der den Nerven, vorausgesetzt,
dass derselbe rasch in ihn eingeführt worden wäre, in die lebhafteste Erregung ver-
setzt haben würde.

Die Grösse der Verkürzung wechselt ferner bei gleicher Schwan-
kung des Stromes mit dem absoluten Werth der Stromstärken zwi-
schen denen die Schwankung vor sich geht; graphisch ausgedrückt
wird also die durch die Curve a b Fig. 87 dargestellte Schwankung

[Abbildung] Fig. 87.
eine grössere Wirkung ausüben
als die der Curve c d entsprechende.
Indem wir nämlich auch hier, nach
der uns schon geläufigen Bezeich-
nungsweise die Stromstärken und
Zeiten durch Y und X ausdrücken,
gewahren wir, dass die Differenzen
zwischen den Stromstärken, wel-
che zu Anfang und Ende der Zeit-
einheit bestanden, in beiden Fällen
gleich sind, dass dagegen die absoluten Werthe dieser Stromstärken
selbst in beiden Fällen verschieden waren. Dieses Wachsthum der
Muskelverkürzung mit dem Werthe der Stromsträrken gilt jedoch nur
so lange als der Strom überhaupt ein schwacher ist; ist die Dichtig-
keit des Stromes, welcher den Nerven durchfliesst nur einigermassen
bedeutend geworden, so erzielt er sogleich das Maximum der mögli-
chen Verkürzung d. h. es kann durch weitere Steigerung der Strom-
stärke keine noch weitergehende Verkürzung erzielt werden. --
Belege für diese Behauptung siehe bei Helmholtz. *)

In einem sehr merkwürdigen Verhältniss steht weiterhin die Er-
regung des Muskelnerven zu der Richtung des ihn durchkreisenden
Stromes; wir werden hier in der Kürze alle darauf bezügliche sichere
Thatsachen mittheilen, die unter dem Namen des Gesetzes der
Zuckungen
und der Veränderung der Erregbarkeit durch
den geschlossenen Strom
bekannt sind. --

Gesetz der Zuckungen. In den höhern Graden der Erregbarkeit erscheint
jedesmal eine Zuckung bei Schliessen oder Oeffnen eines den Nerven durchkreisen-
den Stromes gleichgiltig ob dieser in der Richtung vom Muskel zum Rückenmark --
aufsteigend **) -- oder in der Richtung vom Rückenmark zum Muskel -- abstei-
gend
-- den Nerven durchfloss; wenn dagegen die Erregbarkeit sich allmählig ab-
schwächt, erscheint beim Schliessen des absteigenden Stroms eine heftige, bei Er-
öffnen desselben dagegen nur eine sehr schwache oder gar keine Zuckung mehr;
gerade umgekehrt verhält sich der aufsteigende Strom; beim Schluss desselben tritt
entweder keine oder nur eine sehr schwache Zuckung auf, während sie bei Eröff-
nung desselben ausserordentlich stark wird. Diese von Ritter zuerst aufgestellte
Regel erleidet jedoch mannigfache Ausnahmen, so dass unter Umständen die Strö-

*) Messungen über den zeitlichen Verlauf u. s. w. Müllers Archiv 1850.
**) In gebräuchlicher Weise verstehen wir auch hier unter Stromesrichtung die des positiven
Stromes, welcher durch die flüssigen Theile der Kette in der Richtung von dem positiven
zum negativen Metall geht.

Absoluter Werth der Stromstärke; Gesetz der Zuckungen.
Zuckung von ihm zu erhalten in einen Strom bringen, der den Nerven, vorausgesetzt,
dass derselbe rasch in ihn eingeführt worden wäre, in die lebhafteste Erregung ver-
setzt haben würde.

Die Grösse der Verkürzung wechselt ferner bei gleicher Schwan-
kung des Stromes mit dem absoluten Werth der Stromstärken zwi-
schen denen die Schwankung vor sich geht; graphisch ausgedrückt
wird also die durch die Curve a b Fig. 87 dargestellte Schwankung

[Abbildung] Fig. 87.
eine grössere Wirkung ausüben
als die der Curve c d entsprechende.
Indem wir nämlich auch hier, nach
der uns schon geläufigen Bezeich-
nungsweise die Stromstärken und
Zeiten durch Y und X ausdrücken,
gewahren wir, dass die Differenzen
zwischen den Stromstärken, wel-
che zu Anfang und Ende der Zeit-
einheit bestanden, in beiden Fällen
gleich sind, dass dagegen die absoluten Werthe dieser Stromstärken
selbst in beiden Fällen verschieden waren. Dieses Wachsthum der
Muskelverkürzung mit dem Werthe der Stromsträrken gilt jedoch nur
so lange als der Strom überhaupt ein schwacher ist; ist die Dichtig-
keit des Stromes, welcher den Nerven durchfliesst nur einigermassen
bedeutend geworden, so erzielt er sogleich das Maximum der mögli-
chen Verkürzung d. h. es kann durch weitere Steigerung der Strom-
stärke keine noch weitergehende Verkürzung erzielt werden. —
Belege für diese Behauptung siehe bei Helmholtz. *)

In einem sehr merkwürdigen Verhältniss steht weiterhin die Er-
regung des Muskelnerven zu der Richtung des ihn durchkreisenden
Stromes; wir werden hier in der Kürze alle darauf bezügliche sichere
Thatsachen mittheilen, die unter dem Namen des Gesetzes der
Zuckungen
und der Veränderung der Erregbarkeit durch
den geschlossenen Strom
bekannt sind. —

Gesetz der Zuckungen. In den höhern Graden der Erregbarkeit erscheint
jedesmal eine Zuckung bei Schliessen oder Oeffnen eines den Nerven durchkreisen-
den Stromes gleichgiltig ob dieser in der Richtung vom Muskel zum Rückenmark —
aufsteigend **) — oder in der Richtung vom Rückenmark zum Muskel — abstei-
gend
— den Nerven durchfloss; wenn dagegen die Erregbarkeit sich allmählig ab-
schwächt, erscheint beim Schliessen des absteigenden Stroms eine heftige, bei Er-
öffnen desselben dagegen nur eine sehr schwache oder gar keine Zuckung mehr;
gerade umgekehrt verhält sich der aufsteigende Strom; beim Schluss desselben tritt
entweder keine oder nur eine sehr schwache Zuckung auf, während sie bei Eröff-
nung desselben ausserordentlich stark wird. Diese von Ritter zuerst aufgestellte
Regel erleidet jedoch mannigfache Ausnahmen, so dass unter Umständen die Strö-

*) Messungen über den zeitlichen Verlauf u. s. w. Müllers Archiv 1850.
**) In gebräuchlicher Weise verstehen wir auch hier unter Stromesrichtung die des positiven
Stromes, welcher durch die flüssigen Theile der Kette in der Richtung von dem positiven
zum negativen Metall geht.
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[327/0341] Absoluter Werth der Stromstärke; Gesetz der Zuckungen. Zuckung von ihm zu erhalten in einen Strom bringen, der den Nerven, vorausgesetzt, dass derselbe rasch in ihn eingeführt worden wäre, in die lebhafteste Erregung ver- setzt haben würde. Die Grösse der Verkürzung wechselt ferner bei gleicher Schwan- kung des Stromes mit dem absoluten Werth der Stromstärken zwi- schen denen die Schwankung vor sich geht; graphisch ausgedrückt wird also die durch die Curve a b Fig. 87 dargestellte Schwankung [Abbildung Fig. 87.] eine grössere Wirkung ausüben als die der Curve c d entsprechende. Indem wir nämlich auch hier, nach der uns schon geläufigen Bezeich- nungsweise die Stromstärken und Zeiten durch Y und X ausdrücken, gewahren wir, dass die Differenzen zwischen den Stromstärken, wel- che zu Anfang und Ende der Zeit- einheit bestanden, in beiden Fällen gleich sind, dass dagegen die absoluten Werthe dieser Stromstärken selbst in beiden Fällen verschieden waren. Dieses Wachsthum der Muskelverkürzung mit dem Werthe der Stromsträrken gilt jedoch nur so lange als der Strom überhaupt ein schwacher ist; ist die Dichtig- keit des Stromes, welcher den Nerven durchfliesst nur einigermassen bedeutend geworden, so erzielt er sogleich das Maximum der mögli- chen Verkürzung d. h. es kann durch weitere Steigerung der Strom- stärke keine noch weitergehende Verkürzung erzielt werden. — Belege für diese Behauptung siehe bei Helmholtz. *) In einem sehr merkwürdigen Verhältniss steht weiterhin die Er- regung des Muskelnerven zu der Richtung des ihn durchkreisenden Stromes; wir werden hier in der Kürze alle darauf bezügliche sichere Thatsachen mittheilen, die unter dem Namen des Gesetzes der Zuckungen und der Veränderung der Erregbarkeit durch den geschlossenen Strom bekannt sind. — Gesetz der Zuckungen. In den höhern Graden der Erregbarkeit erscheint jedesmal eine Zuckung bei Schliessen oder Oeffnen eines den Nerven durchkreisen- den Stromes gleichgiltig ob dieser in der Richtung vom Muskel zum Rückenmark — aufsteigend **) — oder in der Richtung vom Rückenmark zum Muskel — abstei- gend — den Nerven durchfloss; wenn dagegen die Erregbarkeit sich allmählig ab- schwächt, erscheint beim Schliessen des absteigenden Stroms eine heftige, bei Er- öffnen desselben dagegen nur eine sehr schwache oder gar keine Zuckung mehr; gerade umgekehrt verhält sich der aufsteigende Strom; beim Schluss desselben tritt entweder keine oder nur eine sehr schwache Zuckung auf, während sie bei Eröff- nung desselben ausserordentlich stark wird. Diese von Ritter zuerst aufgestellte Regel erleidet jedoch mannigfache Ausnahmen, so dass unter Umständen die Strö- *) Messungen über den zeitlichen Verlauf u. s. w. Müllers Archiv 1850. **) In gebräuchlicher Weise verstehen wir auch hier unter Stromesrichtung die des positiven Stromes, welcher durch die flüssigen Theile der Kette in der Richtung von dem positiven zum negativen Metall geht.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/341>, abgerufen am 22.11.2024.