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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Orts- und formverändernde Bewegungen.
[Abbildung] Fig. 31.
ses ist (Fig. 31) dadurch erreicht worden,
dass die Sehne des Muskels U nicht an
ihren ersten Berührungspunkt A' mit dem
Auge an letzteres sich anheftet, sondern
noch ein Stück z. B. bis A" über das Auge
greift. Bei dieser Art von Verbindung zwi-
schen Auge und Sehne wird nämlich der An-
griffspunkt des Muskels so lange an der
Tangente bleiben, bis der Muskel sich so weit
verkürzt resp. das Auge so weit gedreht hat,
dass der Punkt A" nach A' gerückt ist.

2. Ortsverändernde Bewegungen *).

Ihre Möglichkeit ergibt die Beobachtung, dass der Bulbus mit-
telst eines Fingerdruckes und namentlich nach den Seiten hin ver-
schiebbar ist; ob sie aber in der That durch die Wirkung der Augen-
muskeln im Menschen vorkommt, ist noch zu erweisen. Die Bedin-
gungen, unter denen dieses geschehen würde, bestehen in gleichzei-
tiger Zusammenziehung zweier Antagonisten z. B. der mm. rectus su-
perior und inferior, der beiden mm. obliqui, so dass die drehenden Wir-
kungen derselben aufgehoben und nur die durch den Drehpunkt des
Auges und der Ansatzpunkte der Muskeln fallenden zur Aeusserung
kämen. Die mm. obliqui würden ihrem Ansatz gemäss den Dreh-
punkt nach vorn, die mm. recti dagegen ihn nach hinten ziehen.

3. Formverändernde Wirkungen der Augenmuskeln **).

Wenn ein Muskel einem Punkt des Auges eine Bewegung mitzu-
theilen strebt, während ein anderer Theil desselben festgeheftet ist,
so wird statt einer Bewegung eine Zerrung oder Pressung und vor-
ausgesetzt, dass eine hinreichende Verschiebbarkeit der Theilchen vor-
handen ist, eine Formveränderung des Auges erzeugt werden. Diese
wird abhängig sein: a) von der Stärke und Richtung des Muskel-
zuges und den gleichen Verhältnissen des bewegungshemmenden Ein-
flusses, in der Art, dass z. B. je nach den Orten des Widerstandes
ein und derselbe Muskelzug die mannigfachsten Formveränderungen
erzeugen kann; b) nach der Natur des gedrückten oder gezerrten
Körpers und namentlich je nachdem sich in ihm ein Druck gleich-
mässig oder ungleichmässig fortpflanzt und je nachdem er an einigen
Stellen widerstandsfähiger ist, als an andern. Da nun das Auge eine
mit Flüssigkeit gefüllte Kugel darstellt, in welcher sich der Druck
nach allen Seiten hin gleichmässig mittheilt, da ferner die Cornea und
die Umgrenzung des Auges aus ganz verschieden nachgiebigen
Stücken besteht, so könnte man zu dem Schluss gelangen, dass jede

*) Rüte, Ophthalmologie p. 14.
**) Müller, Lehrb. d. Physiologie II Bd. 333. -- Brücke in den Berliner Berichten über Fort-
schritte d. Physik. I. Bd. 203.

Orts- und formverändernde Bewegungen.
[Abbildung] Fig. 31.
ses ist (Fig. 31) dadurch erreicht worden,
dass die Sehne des Muskels U nicht an
ihren ersten Berührungspunkt A′ mit dem
Auge an letzteres sich anheftet, sondern
noch ein Stück z. B. bis A″ über das Auge
greift. Bei dieser Art von Verbindung zwi-
schen Auge und Sehne wird nämlich der An-
griffspunkt des Muskels so lange an der
Tangente bleiben, bis der Muskel sich so weit
verkürzt resp. das Auge so weit gedreht hat,
dass der Punkt A″ nach A′ gerückt ist.

2. Ortsverändernde Bewegungen *).

Ihre Möglichkeit ergibt die Beobachtung, dass der Bulbus mit-
telst eines Fingerdruckes und namentlich nach den Seiten hin ver-
schiebbar ist; ob sie aber in der That durch die Wirkung der Augen-
muskeln im Menschen vorkommt, ist noch zu erweisen. Die Bedin-
gungen, unter denen dieses geschehen würde, bestehen in gleichzei-
tiger Zusammenziehung zweier Antagonisten z. B. der mm. rectus su-
perior und inferior, der beiden mm. obliqui, so dass die drehenden Wir-
kungen derselben aufgehoben und nur die durch den Drehpunkt des
Auges und der Ansatzpunkte der Muskeln fallenden zur Aeusserung
kämen. Die mm. obliqui würden ihrem Ansatz gemäss den Dreh-
punkt nach vorn, die mm. recti dagegen ihn nach hinten ziehen.

3. Formverändernde Wirkungen der Augenmuskeln **).

Wenn ein Muskel einem Punkt des Auges eine Bewegung mitzu-
theilen strebt, während ein anderer Theil desselben festgeheftet ist,
so wird statt einer Bewegung eine Zerrung oder Pressung und vor-
ausgesetzt, dass eine hinreichende Verschiebbarkeit der Theilchen vor-
handen ist, eine Formveränderung des Auges erzeugt werden. Diese
wird abhängig sein: a) von der Stärke und Richtung des Muskel-
zuges und den gleichen Verhältnissen des bewegungshemmenden Ein-
flusses, in der Art, dass z. B. je nach den Orten des Widerstandes
ein und derselbe Muskelzug die mannigfachsten Formveränderungen
erzeugen kann; b) nach der Natur des gedrückten oder gezerrten
Körpers und namentlich je nachdem sich in ihm ein Druck gleich-
mässig oder ungleichmässig fortpflanzt und je nachdem er an einigen
Stellen widerstandsfähiger ist, als an andern. Da nun das Auge eine
mit Flüssigkeit gefüllte Kugel darstellt, in welcher sich der Druck
nach allen Seiten hin gleichmässig mittheilt, da ferner die Cornea und
die Umgrenzung des Auges aus ganz verschieden nachgiebigen
Stücken besteht, so könnte man zu dem Schluss gelangen, dass jede

*) Rüte, Ophthalmologie p. 14.
**) Müller, Lehrb. d. Physiologie II Bd. 333. — Brücke in den Berliner Berichten über Fort-
schritte d. Physik. I. Bd. 203.
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[190/0204] Orts- und formverändernde Bewegungen. [Abbildung Fig. 31.] ses ist (Fig. 31) dadurch erreicht worden, dass die Sehne des Muskels U nicht an ihren ersten Berührungspunkt A′ mit dem Auge an letzteres sich anheftet, sondern noch ein Stück z. B. bis A″ über das Auge greift. Bei dieser Art von Verbindung zwi- schen Auge und Sehne wird nämlich der An- griffspunkt des Muskels so lange an der Tangente bleiben, bis der Muskel sich so weit verkürzt resp. das Auge so weit gedreht hat, dass der Punkt A″ nach A′ gerückt ist. 2. Ortsverändernde Bewegungen *). Ihre Möglichkeit ergibt die Beobachtung, dass der Bulbus mit- telst eines Fingerdruckes und namentlich nach den Seiten hin ver- schiebbar ist; ob sie aber in der That durch die Wirkung der Augen- muskeln im Menschen vorkommt, ist noch zu erweisen. Die Bedin- gungen, unter denen dieses geschehen würde, bestehen in gleichzei- tiger Zusammenziehung zweier Antagonisten z. B. der mm. rectus su- perior und inferior, der beiden mm. obliqui, so dass die drehenden Wir- kungen derselben aufgehoben und nur die durch den Drehpunkt des Auges und der Ansatzpunkte der Muskeln fallenden zur Aeusserung kämen. Die mm. obliqui würden ihrem Ansatz gemäss den Dreh- punkt nach vorn, die mm. recti dagegen ihn nach hinten ziehen. 3. Formverändernde Wirkungen der Augenmuskeln **). Wenn ein Muskel einem Punkt des Auges eine Bewegung mitzu- theilen strebt, während ein anderer Theil desselben festgeheftet ist, so wird statt einer Bewegung eine Zerrung oder Pressung und vor- ausgesetzt, dass eine hinreichende Verschiebbarkeit der Theilchen vor- handen ist, eine Formveränderung des Auges erzeugt werden. Diese wird abhängig sein: a) von der Stärke und Richtung des Muskel- zuges und den gleichen Verhältnissen des bewegungshemmenden Ein- flusses, in der Art, dass z. B. je nach den Orten des Widerstandes ein und derselbe Muskelzug die mannigfachsten Formveränderungen erzeugen kann; b) nach der Natur des gedrückten oder gezerrten Körpers und namentlich je nachdem sich in ihm ein Druck gleich- mässig oder ungleichmässig fortpflanzt und je nachdem er an einigen Stellen widerstandsfähiger ist, als an andern. Da nun das Auge eine mit Flüssigkeit gefüllte Kugel darstellt, in welcher sich der Druck nach allen Seiten hin gleichmässig mittheilt, da ferner die Cornea und die Umgrenzung des Auges aus ganz verschieden nachgiebigen Stücken besteht, so könnte man zu dem Schluss gelangen, dass jede *) Rüte, Ophthalmologie p. 14. **) Müller, Lehrb. d. Physiologie II Bd. 333. — Brücke in den Berliner Berichten über Fort- schritte d. Physik. I. Bd. 203.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/204>, abgerufen am 23.11.2024.