nah an zweihundert Jahre. Als er sie auf seinem Fahrzeuge umfuhr, fand er die Metallplatten der völ¬ ligen Auflösung nah. Das hatte man gefürchtet. Blei¬ deckung auf hohen Gebäuden kommt ungleich theurer, als Deckung mit Schiefer, wenn man diesen in der Nähe hat. Den Schieferbedarf nimmt der Decker in seinem Fahrzeuge mit hinauf, das kann er mit den ungleich schwereren Bleiplatten nicht. Die ganze De¬ ckung mit Schiefer besorgt der Arbeiter von seinem Fahrzeuge aus; Bleideckung macht feste Gerüste nöthig. Apollonius that den Vorschlag, auch das Thurmdach mit Schiefer einzudecken. Der Blechschmied, ein Be¬ deutender, wandte zwar ein, die Alten hätten die Sache so gut verstanden, als die Leute in Köln, -- das sollte ein Stich auf Apollonius sein. Und der Bruder war damit einverstanden: hätten die Alten gemeint, Schiefer thu' es so gut als Blei, sie hätten gleich Schiefer genommen. Damals waren eben noch keine Schiefer¬ gruben in nächster Nähe vorhanden; der Schiefer hätte weit her geholt und daher die Schieferdeckung theurer kommen müssen, als die mit Blei. Das Kirchendach war damals mit Ziegeln und erst später, da die Schie¬ fergruben in der Nähe schon im Gang, mit Schiefer gedeckt worden. Das wußten der Blechschmied und Fritz Nettenmair nicht oder wollten es nicht wissen. Den Letztern drückte das wachsende Anseh'n des Bru¬
nah an zweihundert Jahre. Als er ſie auf ſeinem Fahrzeuge umfuhr, fand er die Metallplatten der völ¬ ligen Auflöſung nah. Das hatte man gefürchtet. Blei¬ deckung auf hohen Gebäuden kommt ungleich theurer, als Deckung mit Schiefer, wenn man dieſen in der Nähe hat. Den Schieferbedarf nimmt der Decker in ſeinem Fahrzeuge mit hinauf, das kann er mit den ungleich ſchwereren Bleiplatten nicht. Die ganze De¬ ckung mit Schiefer beſorgt der Arbeiter von ſeinem Fahrzeuge aus; Bleideckung macht feſte Gerüſte nöthig. Apollonius that den Vorſchlag, auch das Thurmdach mit Schiefer einzudecken. Der Blechſchmied, ein Be¬ deutender, wandte zwar ein, die Alten hätten die Sache ſo gut verſtanden, als die Leute in Köln, — das ſollte ein Stich auf Apollonius ſein. Und der Bruder war damit einverſtanden: hätten die Alten gemeint, Schiefer thu' es ſo gut als Blei, ſie hätten gleich Schiefer genommen. Damals waren eben noch keine Schiefer¬ gruben in nächſter Nähe vorhanden; der Schiefer hätte weit her geholt und daher die Schieferdeckung theurer kommen müſſen, als die mit Blei. Das Kirchendach war damals mit Ziegeln und erſt ſpäter, da die Schie¬ fergruben in der Nähe ſchon im Gang, mit Schiefer gedeckt worden. Das wußten der Blechſchmied und Fritz Nettenmair nicht oder wollten es nicht wiſſen. Den Letztern drückte das wachſende Anſeh'n des Bru¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0083"n="74"/>
nah an zweihundert Jahre. Als er ſie auf ſeinem<lb/>
Fahrzeuge umfuhr, fand er die Metallplatten der völ¬<lb/>
ligen Auflöſung nah. Das hatte man gefürchtet. Blei¬<lb/>
deckung auf hohen Gebäuden kommt ungleich theurer,<lb/>
als Deckung mit Schiefer, wenn man dieſen in der<lb/>
Nähe hat. Den Schieferbedarf nimmt der Decker in<lb/>ſeinem Fahrzeuge mit hinauf, das kann er mit den<lb/>
ungleich ſchwereren Bleiplatten nicht. Die ganze De¬<lb/>
ckung mit Schiefer beſorgt der Arbeiter von ſeinem<lb/>
Fahrzeuge aus; Bleideckung macht feſte Gerüſte nöthig.<lb/>
Apollonius that den Vorſchlag, auch das Thurmdach<lb/>
mit Schiefer einzudecken. Der Blechſchmied, ein Be¬<lb/>
deutender, wandte zwar ein, die Alten hätten die Sache<lb/>ſo gut verſtanden, als die Leute in Köln, — das ſollte<lb/>
ein Stich auf Apollonius ſein. Und der Bruder war<lb/>
damit einverſtanden: hätten die Alten gemeint, Schiefer<lb/>
thu' es ſo gut als Blei, ſie hätten gleich Schiefer<lb/>
genommen. Damals waren eben noch keine Schiefer¬<lb/>
gruben in nächſter Nähe vorhanden; der Schiefer hätte<lb/>
weit her geholt und daher die Schieferdeckung theurer<lb/>
kommen müſſen, als die mit Blei. Das Kirchendach<lb/>
war damals mit Ziegeln und erſt ſpäter, da die Schie¬<lb/>
fergruben in der Nähe ſchon im Gang, mit Schiefer<lb/>
gedeckt worden. Das wußten der Blechſchmied und<lb/>
Fritz Nettenmair nicht oder wollten es nicht wiſſen.<lb/>
Den Letztern drückte das wachſende Anſeh'n des Bru¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[74/0083]
nah an zweihundert Jahre. Als er ſie auf ſeinem
Fahrzeuge umfuhr, fand er die Metallplatten der völ¬
ligen Auflöſung nah. Das hatte man gefürchtet. Blei¬
deckung auf hohen Gebäuden kommt ungleich theurer,
als Deckung mit Schiefer, wenn man dieſen in der
Nähe hat. Den Schieferbedarf nimmt der Decker in
ſeinem Fahrzeuge mit hinauf, das kann er mit den
ungleich ſchwereren Bleiplatten nicht. Die ganze De¬
ckung mit Schiefer beſorgt der Arbeiter von ſeinem
Fahrzeuge aus; Bleideckung macht feſte Gerüſte nöthig.
Apollonius that den Vorſchlag, auch das Thurmdach
mit Schiefer einzudecken. Der Blechſchmied, ein Be¬
deutender, wandte zwar ein, die Alten hätten die Sache
ſo gut verſtanden, als die Leute in Köln, — das ſollte
ein Stich auf Apollonius ſein. Und der Bruder war
damit einverſtanden: hätten die Alten gemeint, Schiefer
thu' es ſo gut als Blei, ſie hätten gleich Schiefer
genommen. Damals waren eben noch keine Schiefer¬
gruben in nächſter Nähe vorhanden; der Schiefer hätte
weit her geholt und daher die Schieferdeckung theurer
kommen müſſen, als die mit Blei. Das Kirchendach
war damals mit Ziegeln und erſt ſpäter, da die Schie¬
fergruben in der Nähe ſchon im Gang, mit Schiefer
gedeckt worden. Das wußten der Blechſchmied und
Fritz Nettenmair nicht oder wollten es nicht wiſſen.
Den Letztern drückte das wachſende Anſeh'n des Bru¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/83>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.