grünen Reiche, in dem von Nun kein Warum mehr laut werden durfte und neben dem Gesetze der Natur nur noch ein einziges waltete, sein Wille, vergaß oder schien er zu vergessen, daß er früher einen mächtigern Zepter geführt.
Mehr aber als von dem Geschäfte und dem wun¬ derlichen alten Herrn schrieb der Bruder in seinen fol¬ genden Briefen von den Festlichkeiten der Schützenge¬ sellschaft der Vaterstadt und einem Bürgervereine, der zusammengetreten war, sein Ergötzen von dem der niedriger stehenden Schichten der Bevölkerung abzuson¬ dern. Aus all' den Beschreibungen von Vogel- und Scheibenschießen, Conzerten und Bällen, als deren Mittelpunkt er und seine junge Frau dastanden, lachte die höchste Befriedigung der Eitelkeit des Briefstellers. Nur in einer Nachschrift war in dem letzten Briefe des ernsteren Umstandes leicht Erwähnung gethan, die Stadt wolle eine Reparatur des Thurm- und Kirchen¬ daches zu Sankt Georg vornehmen lassen und habe ihn mit der Ausführung derselben betraut. Der im blauen Rocke dringe in ihn, unsern Helden aufzufor¬ dern, in die Vaterstadt und das Geschäft zurückzukeh¬ ren. Der Bruder war der Meinung, unser Held werde die ihm liebgewordenen Verhältnisse in Köln nicht um einer so geringfügigen Ursache willen verlas¬ sen mögen. Die Reparatur werde mit den vorhandenen Arbeitskräften in kurzer Zeit zu vollenden sein. Der
grünen Reiche, in dem von Nun kein Warum mehr laut werden durfte und neben dem Geſetze der Natur nur noch ein einziges waltete, ſein Wille, vergaß oder ſchien er zu vergeſſen, daß er früher einen mächtigern Zepter geführt.
Mehr aber als von dem Geſchäfte und dem wun¬ derlichen alten Herrn ſchrieb der Bruder in ſeinen fol¬ genden Briefen von den Feſtlichkeiten der Schützenge¬ ſellſchaft der Vaterſtadt und einem Bürgervereine, der zuſammengetreten war, ſein Ergötzen von dem der niedriger ſtehenden Schichten der Bevölkerung abzuſon¬ dern. Aus all' den Beſchreibungen von Vogel- und Scheibenſchießen, Conzerten und Bällen, als deren Mittelpunkt er und ſeine junge Frau daſtanden, lachte die höchſte Befriedigung der Eitelkeit des Briefſtellers. Nur in einer Nachſchrift war in dem letzten Briefe des ernſteren Umſtandes leicht Erwähnung gethan, die Stadt wolle eine Reparatur des Thurm- und Kirchen¬ daches zu Sankt Georg vornehmen laſſen und habe ihn mit der Ausführung derſelben betraut. Der im blauen Rocke dringe in ihn, unſern Helden aufzufor¬ dern, in die Vaterſtadt und das Geſchäft zurückzukeh¬ ren. Der Bruder war der Meinung, unſer Held werde die ihm liebgewordenen Verhältniſſe in Köln nicht um einer ſo geringfügigen Urſache willen verlaſ¬ ſen mögen. Die Reparatur werde mit den vorhandenen Arbeitskräften in kurzer Zeit zu vollenden ſein. Der
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0040"n="31"/>
grünen Reiche, in dem von Nun kein Warum mehr laut<lb/>
werden durfte und neben dem Geſetze der Natur nur<lb/>
noch ein einziges waltete, ſein Wille, vergaß oder ſchien<lb/>
er zu vergeſſen, daß er früher einen mächtigern Zepter<lb/>
geführt.</p><lb/><p>Mehr aber als von dem Geſchäfte und dem wun¬<lb/>
derlichen alten Herrn ſchrieb der Bruder in ſeinen fol¬<lb/>
genden Briefen von den Feſtlichkeiten der Schützenge¬<lb/>ſellſchaft der Vaterſtadt und einem Bürgervereine, der<lb/>
zuſammengetreten war, ſein Ergötzen von dem der<lb/>
niedriger ſtehenden Schichten der Bevölkerung abzuſon¬<lb/>
dern. Aus all' den Beſchreibungen von Vogel- und<lb/>
Scheibenſchießen, Conzerten und Bällen, als deren<lb/>
Mittelpunkt er und ſeine junge Frau daſtanden, lachte<lb/>
die höchſte Befriedigung der Eitelkeit des Briefſtellers.<lb/>
Nur in einer Nachſchrift war in dem letzten Briefe des<lb/>
ernſteren Umſtandes leicht Erwähnung gethan, die<lb/>
Stadt wolle eine Reparatur des Thurm- und Kirchen¬<lb/>
daches zu Sankt Georg vornehmen laſſen und habe<lb/>
ihn mit der Ausführung derſelben betraut. Der im<lb/>
blauen Rocke dringe in ihn, unſern Helden aufzufor¬<lb/>
dern, in die Vaterſtadt und das Geſchäft zurückzukeh¬<lb/>
ren. Der Bruder war der Meinung, unſer Held<lb/>
werde die ihm liebgewordenen Verhältniſſe in Köln<lb/>
nicht um einer ſo geringfügigen Urſache willen verlaſ¬<lb/>ſen mögen. Die Reparatur werde mit den vorhandenen<lb/>
Arbeitskräften in kurzer Zeit zu vollenden ſein. Der<lb/></p></div></body></text></TEI>
[31/0040]
grünen Reiche, in dem von Nun kein Warum mehr laut
werden durfte und neben dem Geſetze der Natur nur
noch ein einziges waltete, ſein Wille, vergaß oder ſchien
er zu vergeſſen, daß er früher einen mächtigern Zepter
geführt.
Mehr aber als von dem Geſchäfte und dem wun¬
derlichen alten Herrn ſchrieb der Bruder in ſeinen fol¬
genden Briefen von den Feſtlichkeiten der Schützenge¬
ſellſchaft der Vaterſtadt und einem Bürgervereine, der
zuſammengetreten war, ſein Ergötzen von dem der
niedriger ſtehenden Schichten der Bevölkerung abzuſon¬
dern. Aus all' den Beſchreibungen von Vogel- und
Scheibenſchießen, Conzerten und Bällen, als deren
Mittelpunkt er und ſeine junge Frau daſtanden, lachte
die höchſte Befriedigung der Eitelkeit des Briefſtellers.
Nur in einer Nachſchrift war in dem letzten Briefe des
ernſteren Umſtandes leicht Erwähnung gethan, die
Stadt wolle eine Reparatur des Thurm- und Kirchen¬
daches zu Sankt Georg vornehmen laſſen und habe
ihn mit der Ausführung derſelben betraut. Der im
blauen Rocke dringe in ihn, unſern Helden aufzufor¬
dern, in die Vaterſtadt und das Geſchäft zurückzukeh¬
ren. Der Bruder war der Meinung, unſer Held
werde die ihm liebgewordenen Verhältniſſe in Köln
nicht um einer ſo geringfügigen Urſache willen verlaſ¬
ſen mögen. Die Reparatur werde mit den vorhandenen
Arbeitskräften in kurzer Zeit zu vollenden ſein. Der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/40>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.