gung. Apollonius ging gehorsam. Der alte Herr folgte ihm und kam einigemal auf das Zimmer der Brüder, um mit milderem Grimme den Einpackenden an mancherlei zu erinnern, was er nicht vergessen solle.
Und vom Georgenthurme tönte eben der letzte von vier Glockenschlägen, als sich die Thüre des Hauses mit den grünen Fensterladen aufthat und unser junger Wanderer heraustrat, von dem Bruder begleitet. An derselben Stelle, von der er jetzt auf die unter ihm liegende Stadt herabsah, hatte der Bruder Abschied von ihm genommen und er ihm lange, lange nachge¬ seh'n. Vielleicht gewinn' ich dir sie doch, hatte der Bruder gesagt, und dann schreib' ich dir's sogleich. Und ist's mit der nichts, so ist sie nicht die Einzige auf der Welt. Du bist ein Kerl, ich kann dir's wohl sagen, so hübsch wie einer und legst du nur dein blö¬ des Wesen ab, so kann dir's bei Keiner fehlen. Es ist einmal so, die Mädel können nicht um uns werben und ich möchte die nicht einmal, die sich mir von selbst an den Hals würfe. Und was soll ein rasches Mädel mit einem Träumer anfangen? Der Vetter in Köln soll ein paar schöne Töchter haben. Und nun leb' wohl. Deinen Brief besorg' ich noch heut'.
Damit war der Bruder von ihm geschieden.
Ja, sagte Apollonius bei sich, als er ihm nach¬ sah. Er hat recht. Nicht wegen der Töchter vom Vetter oder sonst einer andern, und wär' sie noch so
gung. Apollonius ging gehorſam. Der alte Herr folgte ihm und kam einigemal auf das Zimmer der Brüder, um mit milderem Grimme den Einpackenden an mancherlei zu erinnern, was er nicht vergeſſen ſolle.
Und vom Georgenthurme tönte eben der letzte von vier Glockenſchlägen, als ſich die Thüre des Hauſes mit den grünen Fenſterladen aufthat und unſer junger Wanderer heraustrat, von dem Bruder begleitet. An derſelben Stelle, von der er jetzt auf die unter ihm liegende Stadt herabſah, hatte der Bruder Abſchied von ihm genommen und er ihm lange, lange nachge¬ ſeh'n. Vielleicht gewinn' ich dir ſie doch, hatte der Bruder geſagt, und dann ſchreib' ich dir's ſogleich. Und iſt's mit der nichts, ſo iſt ſie nicht die Einzige auf der Welt. Du biſt ein Kerl, ich kann dir's wohl ſagen, ſo hübſch wie einer und legſt du nur dein blö¬ des Weſen ab, ſo kann dir's bei Keiner fehlen. Es iſt einmal ſo, die Mädel können nicht um uns werben und ich möchte die nicht einmal, die ſich mir von ſelbſt an den Hals würfe. Und was ſoll ein raſches Mädel mit einem Träumer anfangen? Der Vetter in Köln ſoll ein paar ſchöne Töchter haben. Und nun leb' wohl. Deinen Brief beſorg' ich noch heut'.
Damit war der Bruder von ihm geſchieden.
Ja, ſagte Apollonius bei ſich, als er ihm nach¬ ſah. Er hat recht. Nicht wegen der Töchter vom Vetter oder ſonſt einer andern, und wär' ſie noch ſo
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gung. Apollonius ging gehorſam. Der alte Herr
folgte ihm und kam einigemal auf das Zimmer der
Brüder, um mit milderem Grimme den Einpackenden
an mancherlei zu erinnern, was er nicht vergeſſen ſolle.
Und vom Georgenthurme tönte eben der letzte von
vier Glockenſchlägen, als ſich die Thüre des Hauſes
mit den grünen Fenſterladen aufthat und unſer junger
Wanderer heraustrat, von dem Bruder begleitet. An
derſelben Stelle, von der er jetzt auf die unter ihm
liegende Stadt herabſah, hatte der Bruder Abſchied
von ihm genommen und er ihm lange, lange nachge¬
ſeh'n. Vielleicht gewinn' ich dir ſie doch, hatte der
Bruder geſagt, und dann ſchreib' ich dir's ſogleich.
Und iſt's mit der nichts, ſo iſt ſie nicht die Einzige
auf der Welt. Du biſt ein Kerl, ich kann dir's wohl
ſagen, ſo hübſch wie einer und legſt du nur dein blö¬
des Weſen ab, ſo kann dir's bei Keiner fehlen. Es
iſt einmal ſo, die Mädel können nicht um uns werben
und ich möchte die nicht einmal, die ſich mir von ſelbſt
an den Hals würfe. Und was ſoll ein raſches Mädel
mit einem Träumer anfangen? Der Vetter in Köln
ſoll ein paar ſchöne Töchter haben. Und nun leb'
wohl. Deinen Brief beſorg' ich noch heut'.
Damit war der Bruder von ihm geſchieden.
Ja, ſagte Apollonius bei ſich, als er ihm nach¬
ſah. Er hat recht. Nicht wegen der Töchter vom
Vetter oder ſonſt einer andern, und wär' ſie noch ſo
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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/33>, abgerufen am 23.11.2024.
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