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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856.

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auf ihm. Er rückte den Gedanken daran in eine un¬
bestimmte Zukunft hinaus, dann fühlte er seinen Zu¬
stand erträglich. Er, der sonst ein unklares Verhält¬
niß nicht ertragen konnte! Darin aber war er sich
noch völlig gleich, daß er in seiner Vorstellung eine mög¬
liche Schuld nur immer als die seine empfand. Sie
blieb ihm unter allen Umständen heilig und rein.

Dem alten Herrn war in seinem äußern Ehrbegriff
ein Zusammenleben wie Apollonius' und Christianen's
ohne kirchliche Weihe ein schweres Aergerniß. Apol¬
lonius konnte ohne Schande nur unter dem Namen
ihres Gatten der jungen, schönen Wittib und ihrer
Kinder Schützer und Erhalter sein. Nach seiner Weise
sprach er ein Machtwort. Er bestimmte die Zeit. Das
unumgängliche Trauerhalbjahr war um; und in acht
Tagen sollte die Verlobung, drei Wochen später die
Hochzeit sein.

Das Leben in dem Hause mit den grünen Laden
begann wieder schwül und schwüler zu werden; die
neuen Wolken, die unsichtbar darum heraufgezo¬
gen, drohten einen herbern Schlag, als in dem die
alten sich entladen. Die junge Wittib durfte nun eine
Braut scheinen. Sie that, wonach man sie neckend ge¬
fragt hatte; sie vervollständigte ihre Einrichtung. Halbe
Nächte saß sie schneidend und nähend über weißes
Linnen und buntes Bettzeug gebückt. Es fielen Thrä¬
nen darauf, aber die Freude behielt immer weniger

auf ihm. Er rückte den Gedanken daran in eine un¬
beſtimmte Zukunft hinaus, dann fühlte er ſeinen Zu¬
ſtand erträglich. Er, der ſonſt ein unklares Verhält¬
niß nicht ertragen konnte! Darin aber war er ſich
noch völlig gleich, daß er in ſeiner Vorſtellung eine mög¬
liche Schuld nur immer als die ſeine empfand. Sie
blieb ihm unter allen Umſtänden heilig und rein.

Dem alten Herrn war in ſeinem äußern Ehrbegriff
ein Zuſammenleben wie Apollonius' und Chriſtianen's
ohne kirchliche Weihe ein ſchweres Aergerniß. Apol¬
lonius konnte ohne Schande nur unter dem Namen
ihres Gatten der jungen, ſchönen Wittib und ihrer
Kinder Schützer und Erhalter ſein. Nach ſeiner Weiſe
ſprach er ein Machtwort. Er beſtimmte die Zeit. Das
unumgängliche Trauerhalbjahr war um; und in acht
Tagen ſollte die Verlobung, drei Wochen ſpäter die
Hochzeit ſein.

Das Leben in dem Hauſe mit den grünen Laden
begann wieder ſchwül und ſchwüler zu werden; die
neuen Wolken, die unſichtbar darum heraufgezo¬
gen, drohten einen herbern Schlag, als in dem die
alten ſich entladen. Die junge Wittib durfte nun eine
Braut ſcheinen. Sie that, wonach man ſie neckend ge¬
fragt hatte; ſie vervollſtändigte ihre Einrichtung. Halbe
Nächte ſaß ſie ſchneidend und nähend über weißes
Linnen und buntes Bettzeug gebückt. Es fielen Thrä¬
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[280/0289] auf ihm. Er rückte den Gedanken daran in eine un¬ beſtimmte Zukunft hinaus, dann fühlte er ſeinen Zu¬ ſtand erträglich. Er, der ſonſt ein unklares Verhält¬ niß nicht ertragen konnte! Darin aber war er ſich noch völlig gleich, daß er in ſeiner Vorſtellung eine mög¬ liche Schuld nur immer als die ſeine empfand. Sie blieb ihm unter allen Umſtänden heilig und rein. Dem alten Herrn war in ſeinem äußern Ehrbegriff ein Zuſammenleben wie Apollonius' und Chriſtianen's ohne kirchliche Weihe ein ſchweres Aergerniß. Apol¬ lonius konnte ohne Schande nur unter dem Namen ihres Gatten der jungen, ſchönen Wittib und ihrer Kinder Schützer und Erhalter ſein. Nach ſeiner Weiſe ſprach er ein Machtwort. Er beſtimmte die Zeit. Das unumgängliche Trauerhalbjahr war um; und in acht Tagen ſollte die Verlobung, drei Wochen ſpäter die Hochzeit ſein. Das Leben in dem Hauſe mit den grünen Laden begann wieder ſchwül und ſchwüler zu werden; die neuen Wolken, die unſichtbar darum heraufgezo¬ gen, drohten einen herbern Schlag, als in dem die alten ſich entladen. Die junge Wittib durfte nun eine Braut ſcheinen. Sie that, wonach man ſie neckend ge¬ fragt hatte; ſie vervollſtändigte ihre Einrichtung. Halbe Nächte ſaß ſie ſchneidend und nähend über weißes Linnen und buntes Bettzeug gebückt. Es fielen Thrä¬ nen darauf, aber die Freude behielt immer weniger

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Zitationshilfe: Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/289>, abgerufen am 25.11.2024.