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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856.

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hinaus. Sie haben viel zu sprechen mit einander.
Fritz Nettenmair kann dem Gesellen sagen, wie sorgsam
er den Gedankenkeim, den jener ihm gegeben, bis zum
Zerschneiden des Seiles ausgebrütet hat, und der Ge¬
sell dem ehemaligen Herrn, daß er unter dem Seil¬
schnitt verunglückte, den dieser gemacht. Der Geistliche,
der Fritz Nettenmair die Grabrede hält -- denn Fritz
Nettenmair wird mit allen Ehren begraben, die seinem
Stande ziemen und für Geld zu haben sind -- weiß
nicht, welch fruchtbares Thema ihm entgeht.

Das letzte Wort der Grabrede war verklungen, die
letzte Scholle auf Fritz Nettenmair's Sarg gefallen,
die Leidtragenden waren heimgekehrt; es war Nacht
geworden und wieder Tag, und wieder Nacht geworden
und wieder und wieder Tag und Nacht; andere Dinge
hatten Fritz Nettenmair's Unglücksfall aus dem Munde
der Stadt verdrängt und noch andere diese. Auf sein
Grab war ein Stein gesetzt und darauf sein ehrlicher
Tod nochmals vom Bildhauer bescheinigt und der verge߬
lichen Nachwelt mit Meißelstreichen eingeschärft worden.
Man sollte meinen, die düstere Wolke über dem Haus
mit den grünen Fensterladen müßte sich in dem Wetter¬
schlag entladen haben, der den ältern Sohn vom
Thurmdache von Sankt Georg auf das Straßenpflaster
niedergeschmettert, und das Leben darin nun so heiter
sich gestalten, als sein äußerer Anblick verspricht. Ja,
man konnte es meinen, wenn man die junge Wittib

hinaus. Sie haben viel zu ſprechen mit einander.
Fritz Nettenmair kann dem Geſellen ſagen, wie ſorgſam
er den Gedankenkeim, den jener ihm gegeben, bis zum
Zerſchneiden des Seiles ausgebrütet hat, und der Ge¬
ſell dem ehemaligen Herrn, daß er unter dem Seil¬
ſchnitt verunglückte, den dieſer gemacht. Der Geiſtliche,
der Fritz Nettenmair die Grabrede hält — denn Fritz
Nettenmair wird mit allen Ehren begraben, die ſeinem
Stande ziemen und für Geld zu haben ſind — weiß
nicht, welch fruchtbares Thema ihm entgeht.

Das letzte Wort der Grabrede war verklungen, die
letzte Scholle auf Fritz Nettenmair's Sarg gefallen,
die Leidtragenden waren heimgekehrt; es war Nacht
geworden und wieder Tag, und wieder Nacht geworden
und wieder und wieder Tag und Nacht; andere Dinge
hatten Fritz Nettenmair's Unglücksfall aus dem Munde
der Stadt verdrängt und noch andere dieſe. Auf ſein
Grab war ein Stein geſetzt und darauf ſein ehrlicher
Tod nochmals vom Bildhauer beſcheinigt und der verge߬
lichen Nachwelt mit Meißelſtreichen eingeſchärft worden.
Man ſollte meinen, die düſtere Wolke über dem Haus
mit den grünen Fenſterladen müßte ſich in dem Wetter¬
ſchlag entladen haben, der den ältern Sohn vom
Thurmdache von Sankt Georg auf das Straßenpflaſter
niedergeſchmettert, und das Leben darin nun ſo heiter
ſich geſtalten, als ſein äußerer Anblick verſpricht. Ja,
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[265/0274] hinaus. Sie haben viel zu ſprechen mit einander. Fritz Nettenmair kann dem Geſellen ſagen, wie ſorgſam er den Gedankenkeim, den jener ihm gegeben, bis zum Zerſchneiden des Seiles ausgebrütet hat, und der Ge¬ ſell dem ehemaligen Herrn, daß er unter dem Seil¬ ſchnitt verunglückte, den dieſer gemacht. Der Geiſtliche, der Fritz Nettenmair die Grabrede hält — denn Fritz Nettenmair wird mit allen Ehren begraben, die ſeinem Stande ziemen und für Geld zu haben ſind — weiß nicht, welch fruchtbares Thema ihm entgeht. Das letzte Wort der Grabrede war verklungen, die letzte Scholle auf Fritz Nettenmair's Sarg gefallen, die Leidtragenden waren heimgekehrt; es war Nacht geworden und wieder Tag, und wieder Nacht geworden und wieder und wieder Tag und Nacht; andere Dinge hatten Fritz Nettenmair's Unglücksfall aus dem Munde der Stadt verdrängt und noch andere dieſe. Auf ſein Grab war ein Stein geſetzt und darauf ſein ehrlicher Tod nochmals vom Bildhauer beſcheinigt und der verge߬ lichen Nachwelt mit Meißelſtreichen eingeſchärft worden. Man ſollte meinen, die düſtere Wolke über dem Haus mit den grünen Fenſterladen müßte ſich in dem Wetter¬ ſchlag entladen haben, der den ältern Sohn vom Thurmdache von Sankt Georg auf das Straßenpflaſter niedergeſchmettert, und das Leben darin nun ſo heiter ſich geſtalten, als ſein äußerer Anblick verſpricht. Ja, man konnte es meinen, wenn man die junge Wittib

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Zitationshilfe: Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/274>, abgerufen am 27.11.2024.