und die Arbeit könne nicht taugen, nicht haltbar wer¬ den. Der Schieferdecker muß besonnen arbeiten. Der Mann, der heut eine Reparatur unternimmt, muß sich auf die Berufstreue dessen, der Jahrzehnte, vielleicht ein Jahrhundert vor ihm hierstand, verlassen. Die Ungewissenhaftigkeit, die heute einen Dachhacken lieder¬ lich befestigt, kann den Braven, der nach fünfzig Jah¬ ren seine Leiter an den Hacken hängt und sie besteigt, in den Tod stürzen. Es war nicht einzusehn, daß eine Nachlässigkeit, ein Versehn in der Arbeit, wie er sie heute vollendete, eine so schwere Folge nach sich ziehen sollte, aber seine natürliche ängstliche Genauig¬ keit war noch von seinen übrigen Kräften in ihre krankhafte Spannung mit hineingezogen. Die Ah¬ nung, er hämmere in seiner Zerstreuung ein künftiges Unheil fertig, drohte als dunkle Wolke hinter dem Kampfe seines Gewissens mit den Bildern seines sünd¬ haften Traums.
Er war fertig. Blendend glänzte die neue Blech¬ zier in der Sonne um die dunkle Fläche des Schie¬ ferdachs. Auch der Ring, der Flaschenzug, das Fahr¬ zeug und die Leiter waren entfernt. Die Arbeiter, die die Leiter während des Losknüpfens und Herabsteigens gehalten, waren wieder gegangen. Apollonius hatte die fliegende Rüstung und die Stangen, worauf sie geruht, vom Dachgebälke abgelöst und stand allein auf dem schmalen Brette, das den Weg vom Balken¬
und die Arbeit könne nicht taugen, nicht haltbar wer¬ den. Der Schieferdecker muß beſonnen arbeiten. Der Mann, der heut eine Reparatur unternimmt, muß ſich auf die Berufstreue deſſen, der Jahrzehnte, vielleicht ein Jahrhundert vor ihm hierſtand, verlaſſen. Die Ungewiſſenhaftigkeit, die heute einen Dachhacken lieder¬ lich befeſtigt, kann den Braven, der nach fünfzig Jah¬ ren ſeine Leiter an den Hacken hängt und ſie beſteigt, in den Tod ſtürzen. Es war nicht einzuſehn, daß eine Nachläſſigkeit, ein Verſehn in der Arbeit, wie er ſie heute vollendete, eine ſo ſchwere Folge nach ſich ziehen ſollte, aber ſeine natürliche ängſtliche Genauig¬ keit war noch von ſeinen übrigen Kräften in ihre krankhafte Spannung mit hineingezogen. Die Ah¬ nung, er hämmere in ſeiner Zerſtreuung ein künftiges Unheil fertig, drohte als dunkle Wolke hinter dem Kampfe ſeines Gewiſſens mit den Bildern ſeines ſünd¬ haften Traums.
Er war fertig. Blendend glänzte die neue Blech¬ zier in der Sonne um die dunkle Fläche des Schie¬ ferdachs. Auch der Ring, der Flaſchenzug, das Fahr¬ zeug und die Leiter waren entfernt. Die Arbeiter, die die Leiter während des Losknüpfens und Herabſteigens gehalten, waren wieder gegangen. Apollonius hatte die fliegende Rüſtung und die Stangen, worauf ſie geruht, vom Dachgebälke abgelöſt und ſtand allein auf dem ſchmalen Brette, das den Weg vom Balken¬
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und die Arbeit könne nicht taugen, nicht haltbar wer¬
den. Der Schieferdecker muß beſonnen arbeiten. Der
Mann, der heut eine Reparatur unternimmt, muß ſich
auf die Berufstreue deſſen, der Jahrzehnte, vielleicht
ein Jahrhundert vor ihm hierſtand, verlaſſen. Die
Ungewiſſenhaftigkeit, die heute einen Dachhacken lieder¬
lich befeſtigt, kann den Braven, der nach fünfzig Jah¬
ren ſeine Leiter an den Hacken hängt und ſie beſteigt,
in den Tod ſtürzen. Es war nicht einzuſehn, daß
eine Nachläſſigkeit, ein Verſehn in der Arbeit, wie er
ſie heute vollendete, eine ſo ſchwere Folge nach ſich
ziehen ſollte, aber ſeine natürliche ängſtliche Genauig¬
keit war noch von ſeinen übrigen Kräften in ihre
krankhafte Spannung mit hineingezogen. Die Ah¬
nung, er hämmere in ſeiner Zerſtreuung ein künftiges
Unheil fertig, drohte als dunkle Wolke hinter dem
Kampfe ſeines Gewiſſens mit den Bildern ſeines ſünd¬
haften Traums.
Er war fertig. Blendend glänzte die neue Blech¬
zier in der Sonne um die dunkle Fläche des Schie¬
ferdachs. Auch der Ring, der Flaſchenzug, das Fahr¬
zeug und die Leiter waren entfernt. Die Arbeiter, die
die Leiter während des Losknüpfens und Herabſteigens
gehalten, waren wieder gegangen. Apollonius hatte
die fliegende Rüſtung und die Stangen, worauf ſie
geruht, vom Dachgebälke abgelöſt und ſtand allein
auf dem ſchmalen Brette, das den Weg vom Balken¬
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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/264>, abgerufen am 28.11.2024.
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