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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856.

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nicht. Dann hat er mich gezwungen, zu lügen. Dann
hat er mir gedroht, was er dir thun wollte. Er wollte
machen, daß du stürzen müßtest. Es wär' nur Scherz,
aber, sagt' ich's dir, dann wollt' er's im Ernste thun.
Seitdem hab' ich keine Nacht geschlafen; die ganzen
Nächte hab' ich aufgesessen im Bett und bin voll To¬
desangst gewesen. Ich hab' dich in Gefahr gesehn
und durft' es dir nicht sagen und durfte dich nicht ret¬
ten. Und er hat die Seile zerschnitten mit der Axt in
der Nacht, eh' du nach Brambach gingst. Der Va¬
lentin hat mir's gesagt, der Nachbar hat ihn in den
Schuppen schleichen sehn. Ich hab' dich todt gemeint
und wollte auch sterben. Denn ich wär' Schuld gewe¬
sen an deinem Tod und stürbe tausendmal um dich.
Und nun lebst du noch und ich kann's nicht begreifen.
Und es ist Alles noch wie es war; die Bäume da,
der Schuppen, der Himmel, und du bist doch nicht
todt. Und ich wollte auch sterben, weil du todt warst.
Und nun lebst du noch, und ich weiß nicht, ist's wahr
oder träume ich's nur. Ist's denn wahr? Sag' du
mir's doch: ist's wahr? Dir glaub' ich Alles, was du
sagst. Und sagst du, ich soll sterben, so will ich's,
wenn du's nur weißt. Aber er kann kommen. Viel¬
leicht hat er gelauscht, daß ich dir's sagte, was er will.
Schick' den Valentin in die Gerichte, daß sie ihn fort¬
führen und er dir nichts mehr thun kann!"

nicht. Dann hat er mich gezwungen, zu lügen. Dann
hat er mir gedroht, was er dir thun wollte. Er wollte
machen, daß du ſtürzen müßteſt. Es wär' nur Scherz,
aber, ſagt' ich's dir, dann wollt' er's im Ernſte thun.
Seitdem hab' ich keine Nacht geſchlafen; die ganzen
Nächte hab' ich aufgeſeſſen im Bett und bin voll To¬
desangſt geweſen. Ich hab' dich in Gefahr geſehn
und durft' es dir nicht ſagen und durfte dich nicht ret¬
ten. Und er hat die Seile zerſchnitten mit der Axt in
der Nacht, eh' du nach Brambach gingſt. Der Va¬
lentin hat mir's geſagt, der Nachbar hat ihn in den
Schuppen ſchleichen ſehn. Ich hab' dich todt gemeint
und wollte auch ſterben. Denn ich wär' Schuld gewe¬
ſen an deinem Tod und ſtürbe tauſendmal um dich.
Und nun lebſt du noch und ich kann's nicht begreifen.
Und es iſt Alles noch wie es war; die Bäume da,
der Schuppen, der Himmel, und du biſt doch nicht
todt. Und ich wollte auch ſterben, weil du todt warſt.
Und nun lebſt du noch, und ich weiß nicht, iſt's wahr
oder träume ich's nur. Iſt's denn wahr? Sag' du
mir's doch: iſt's wahr? Dir glaub' ich Alles, was du
ſagſt. Und ſagſt du, ich ſoll ſterben, ſo will ich's,
wenn du's nur weißt. Aber er kann kommen. Viel¬
leicht hat er gelauſcht, daß ich dir's ſagte, was er will.
Schick' den Valentin in die Gerichte, daß ſie ihn fort¬
führen und er dir nichts mehr thun kann!“

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[235/0244] nicht. Dann hat er mich gezwungen, zu lügen. Dann hat er mir gedroht, was er dir thun wollte. Er wollte machen, daß du ſtürzen müßteſt. Es wär' nur Scherz, aber, ſagt' ich's dir, dann wollt' er's im Ernſte thun. Seitdem hab' ich keine Nacht geſchlafen; die ganzen Nächte hab' ich aufgeſeſſen im Bett und bin voll To¬ desangſt geweſen. Ich hab' dich in Gefahr geſehn und durft' es dir nicht ſagen und durfte dich nicht ret¬ ten. Und er hat die Seile zerſchnitten mit der Axt in der Nacht, eh' du nach Brambach gingſt. Der Va¬ lentin hat mir's geſagt, der Nachbar hat ihn in den Schuppen ſchleichen ſehn. Ich hab' dich todt gemeint und wollte auch ſterben. Denn ich wär' Schuld gewe¬ ſen an deinem Tod und ſtürbe tauſendmal um dich. Und nun lebſt du noch und ich kann's nicht begreifen. Und es iſt Alles noch wie es war; die Bäume da, der Schuppen, der Himmel, und du biſt doch nicht todt. Und ich wollte auch ſterben, weil du todt warſt. Und nun lebſt du noch, und ich weiß nicht, iſt's wahr oder träume ich's nur. Iſt's denn wahr? Sag' du mir's doch: iſt's wahr? Dir glaub' ich Alles, was du ſagſt. Und ſagſt du, ich ſoll ſterben, ſo will ich's, wenn du's nur weißt. Aber er kann kommen. Viel¬ leicht hat er gelauſcht, daß ich dir's ſagte, was er will. Schick' den Valentin in die Gerichte, daß ſie ihn fort¬ führen und er dir nichts mehr thun kann!“

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Zitationshilfe: Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/244>, abgerufen am 29.11.2024.