stand das todte Kind vor ihm wie ein Warnungs¬ zeichen: nicht weiter auf dem Wege, den du einge¬ schlagen hast! Da lag das Kind, das sein Kind war, todt. Sonst scheuchte er's von sich; jetzt blieb es und fürchtete sich nicht mehr. Und fragte ihn, ob er's noch hassen kann, ob er's noch mit dem Namen nennen kann, mit dem er's im Hasse genannt. Gestern sah er's nicht, wie er über seine Angst hin den Schlag führte; der Vater des Kindes nach der Mutter des Kindes und über den sterbenden Leib des Kindes hin. Gestern sah er's nicht, wie er darüber gebeugt stand; jetzt sieht er's, wohin er die entsetzten Augen wendet, um dem Anblick zu entfliehn. Da steht das Kind vor ihm, ein Ankläger und ein Zeuge. Es zeugt für die Mutter. Sie wußte es sterbend, und am Sterbebett ihres Kindes thut die Verworfenste nicht, was er ihr zugetraut. Es klagt ihn an. Er hat eine Mutter am Sterbebette ihres Kindes geschlagen. Das kann kein Mann, und wär' das Weib schuldig. Und sie war's nicht; das zeugt das Kind. Jetzt weiß er, was das bleiche, stumme Antlitz der Mutter rief: "Du tödtest das Kind; schlag nicht!" Und er hat doch geschlagen. Er hat das Kind getödtet. Das trifft ihn wie ein Wetterstrahl, daß er zusammen sinkt vor dem Bette des Kindes, über das hin er die Mutter geschlagen; vor dem Bette, in dem sein Kind starb, weil er seines Kindes Mutter schlug.
ſtand das todte Kind vor ihm wie ein Warnungs¬ zeichen: nicht weiter auf dem Wege, den du einge¬ ſchlagen haſt! Da lag das Kind, das ſein Kind war, todt. Sonſt ſcheuchte er's von ſich; jetzt blieb es und fürchtete ſich nicht mehr. Und fragte ihn, ob er's noch haſſen kann, ob er's noch mit dem Namen nennen kann, mit dem er's im Haſſe genannt. Geſtern ſah er's nicht, wie er über ſeine Angſt hin den Schlag führte; der Vater des Kindes nach der Mutter des Kindes und über den ſterbenden Leib des Kindes hin. Geſtern ſah er's nicht, wie er darüber gebeugt ſtand; jetzt ſieht er's, wohin er die entſetzten Augen wendet, um dem Anblick zu entfliehn. Da ſteht das Kind vor ihm, ein Ankläger und ein Zeuge. Es zeugt für die Mutter. Sie wußte es ſterbend, und am Sterbebett ihres Kindes thut die Verworfenſte nicht, was er ihr zugetraut. Es klagt ihn an. Er hat eine Mutter am Sterbebette ihres Kindes geſchlagen. Das kann kein Mann, und wär' das Weib ſchuldig. Und ſie war's nicht; das zeugt das Kind. Jetzt weiß er, was das bleiche, ſtumme Antlitz der Mutter rief: „Du tödteſt das Kind; ſchlag nicht!“ Und er hat doch geſchlagen. Er hat das Kind getödtet. Das trifft ihn wie ein Wetterſtrahl, daß er zuſammen ſinkt vor dem Bette des Kindes, über das hin er die Mutter geſchlagen; vor dem Bette, in dem ſein Kind ſtarb, weil er ſeines Kindes Mutter ſchlug.
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ſtand das todte Kind vor ihm wie ein Warnungs¬
zeichen: nicht weiter auf dem Wege, den du einge¬
ſchlagen haſt! Da lag das Kind, das ſein Kind war,
todt. Sonſt ſcheuchte er's von ſich; jetzt blieb es und
fürchtete ſich nicht mehr. Und fragte ihn, ob er's noch
haſſen kann, ob er's noch mit dem Namen nennen
kann, mit dem er's im Haſſe genannt. Geſtern ſah
er's nicht, wie er über ſeine Angſt hin den Schlag
führte; der Vater des Kindes nach der Mutter des
Kindes und über den ſterbenden Leib des Kindes hin.
Geſtern ſah er's nicht, wie er darüber gebeugt ſtand;
jetzt ſieht er's, wohin er die entſetzten Augen wendet,
um dem Anblick zu entfliehn. Da ſteht das Kind vor
ihm, ein Ankläger und ein Zeuge. Es zeugt für die
Mutter. Sie wußte es ſterbend, und am Sterbebett
ihres Kindes thut die Verworfenſte nicht, was er ihr
zugetraut. Es klagt ihn an. Er hat eine Mutter
am Sterbebette ihres Kindes geſchlagen. Das kann
kein Mann, und wär' das Weib ſchuldig. Und ſie
war's nicht; das zeugt das Kind. Jetzt weiß er, was
das bleiche, ſtumme Antlitz der Mutter rief: „Du tödteſt
das Kind; ſchlag nicht!“ Und er hat doch geſchlagen.
Er hat das Kind getödtet. Das trifft ihn wie ein
Wetterſtrahl, daß er zuſammen ſinkt vor dem Bette des
Kindes, über das hin er die Mutter geſchlagen; vor
dem Bette, in dem ſein Kind ſtarb, weil er ſeines
Kindes Mutter ſchlug.
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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/179>, abgerufen am 12.12.2024.
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