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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856.

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leicht, als wär' nun Alles gut. Im Halbschlummer
hört er in der Stube leises Gehn, leises Reden, leises
Weinen und dazwischen ist es wieder still. Das leise
Schluchzen, das zum lauten wird und sich wiederum
bewältigt, als sei ein Schlafender in der Nähe, den es
nicht wecken will, und wieder ausbricht, daß es den
Schläfer nicht wecken kann, und wieder leise wird,
weil es wie über sich selbst erschrickt, daß es laut ist,
wo alle Menschen leise sind; wer kennt es nicht? wer
erräth es nicht, wenn er es nicht kennt? Fritz Netten¬
mair weiß es im Halbschlaf: in der Stube liegt ein
Todter. Sie haben ihn gebracht. "In's Unabänder¬
liche muß der Mensch sich ergeben." Zum erstenmal
seit vielen Monden schläft er wieder ruhig. Und wa¬
rum sollt' er nicht? Aus dem leisen Weinen wird ein
lustiger Rutscher. "Da ist er ja! Nun wird's famos!"
klingt's aus der Ferne vom rothen Adler herein in
seinen Schlaf. Das Leisegehn und Leisereden aber
war wirklich und dauerte fort. Und eine Leiche war
in der Stube, eine schöne Kinderleiche. Während Fritz
Nettenmair von Leitern und Fahrzeugen träumte,
hatte des kleinen Aennchen's Seele sich zu einem
bessern Vater gerettet. Der Leib lag starr in dem
kleinen Bettchen. Der Zwist der Aeltern hatte das Kind
krank gemacht; Schmerz über die wilde That des Vaters
an der Mutter hatte ihm das kleine Herz gebrochen.


leicht, als wär' nun Alles gut. Im Halbſchlummer
hört er in der Stube leiſes Gehn, leiſes Reden, leiſes
Weinen und dazwiſchen iſt es wieder ſtill. Das leiſe
Schluchzen, das zum lauten wird und ſich wiederum
bewältigt, als ſei ein Schlafender in der Nähe, den es
nicht wecken will, und wieder ausbricht, daß es den
Schläfer nicht wecken kann, und wieder leiſe wird,
weil es wie über ſich ſelbſt erſchrickt, daß es laut iſt,
wo alle Menſchen leiſe ſind; wer kennt es nicht? wer
erräth es nicht, wenn er es nicht kennt? Fritz Netten¬
mair weiß es im Halbſchlaf: in der Stube liegt ein
Todter. Sie haben ihn gebracht. „In's Unabänder¬
liche muß der Menſch ſich ergeben.“ Zum erſtenmal
ſeit vielen Monden ſchläft er wieder ruhig. Und wa¬
rum ſollt' er nicht? Aus dem leiſen Weinen wird ein
luſtiger Rutſcher. „Da iſt er ja! Nun wird's famos!“
klingt's aus der Ferne vom rothen Adler herein in
ſeinen Schlaf. Das Leiſegehn und Leiſereden aber
war wirklich und dauerte fort. Und eine Leiche war
in der Stube, eine ſchöne Kinderleiche. Während Fritz
Nettenmair von Leitern und Fahrzeugen träumte,
hatte des kleinen Aennchen's Seele ſich zu einem
beſſern Vater gerettet. Der Leib lag ſtarr in dem
kleinen Bettchen. Der Zwiſt der Aeltern hatte das Kind
krank gemacht; Schmerz über die wilde That des Vaters
an der Mutter hatte ihm das kleine Herz gebrochen.


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[166/0175] leicht, als wär' nun Alles gut. Im Halbſchlummer hört er in der Stube leiſes Gehn, leiſes Reden, leiſes Weinen und dazwiſchen iſt es wieder ſtill. Das leiſe Schluchzen, das zum lauten wird und ſich wiederum bewältigt, als ſei ein Schlafender in der Nähe, den es nicht wecken will, und wieder ausbricht, daß es den Schläfer nicht wecken kann, und wieder leiſe wird, weil es wie über ſich ſelbſt erſchrickt, daß es laut iſt, wo alle Menſchen leiſe ſind; wer kennt es nicht? wer erräth es nicht, wenn er es nicht kennt? Fritz Netten¬ mair weiß es im Halbſchlaf: in der Stube liegt ein Todter. Sie haben ihn gebracht. „In's Unabänder¬ liche muß der Menſch ſich ergeben.“ Zum erſtenmal ſeit vielen Monden ſchläft er wieder ruhig. Und wa¬ rum ſollt' er nicht? Aus dem leiſen Weinen wird ein luſtiger Rutſcher. „Da iſt er ja! Nun wird's famos!“ klingt's aus der Ferne vom rothen Adler herein in ſeinen Schlaf. Das Leiſegehn und Leiſereden aber war wirklich und dauerte fort. Und eine Leiche war in der Stube, eine ſchöne Kinderleiche. Während Fritz Nettenmair von Leitern und Fahrzeugen träumte, hatte des kleinen Aennchen's Seele ſich zu einem beſſern Vater gerettet. Der Leib lag ſtarr in dem kleinen Bettchen. Der Zwiſt der Aeltern hatte das Kind krank gemacht; Schmerz über die wilde That des Vaters an der Mutter hatte ihm das kleine Herz gebrochen.

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Zitationshilfe: Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/175>, abgerufen am 12.12.2024.