Apollonius an ihm gehandelt, weil er brav sei und der Bruder schlecht. Er erzählt es so oft, daß er selbst es glaubt. Und bedauert die Gläubiger, die sich von dem Scheinheiligen bürgen ließen, der sie alle betrügen wird, und erzählt ersonnene Geschichten, die sein Be¬ dauern glaubhaft machen sollen. Läg' es an ihm, Apollonius hämmerte vergebens, und wachte ver¬ gebens bei seinen Büchern und Briefen. Aber es glaubt ihm Niemand. Er untergräbt nur, was er selbst noch von Achtung besitzt. Apollonius Vorstellungen setzt er Hohn entgegen. Dennoch hofft Apollonius, er wird seine Treue noch erkennen und sich bessern. Seine Hoffnung zeugt besser von seinem eigenen Herzen als von seiner Einsicht in das Gemüth des Bruders. Kommt diesem der Gedanke seiner Ver¬ dorbenheit, dann hat er einen Grund mehr, den Federchensucher zu hassen, und die arme Frau muß es entgelten, kehrt er zu einer Zeit heim, wo sich Apollonius schon wieder zum Ausgeh'n rüstet.
Dächer, die mit Metall oder Ziegeln eingedeckt sind, machen in der Regel erst nach einer Reihe von Jahren eine Reparatur nöthig; bei Schieferdächern ist es anders. Durch die Rüstungen und das Besteigen der Dachfläche während des Eindeckens entsteh'n unver¬
Apollonius an ihm gehandelt, weil er brav ſei und der Bruder ſchlecht. Er erzählt es ſo oft, daß er ſelbſt es glaubt. Und bedauert die Gläubiger, die ſich von dem Scheinheiligen bürgen ließen, der ſie alle betrügen wird, und erzählt erſonnene Geſchichten, die ſein Be¬ dauern glaubhaft machen ſollen. Läg' es an ihm, Apollonius hämmerte vergebens, und wachte ver¬ gebens bei ſeinen Büchern und Briefen. Aber es glaubt ihm Niemand. Er untergräbt nur, was er ſelbſt noch von Achtung beſitzt. Apollonius Vorſtellungen ſetzt er Hohn entgegen. Dennoch hofft Apollonius, er wird ſeine Treue noch erkennen und ſich beſſern. Seine Hoffnung zeugt beſſer von ſeinem eigenen Herzen als von ſeiner Einſicht in das Gemüth des Bruders. Kommt dieſem der Gedanke ſeiner Ver¬ dorbenheit, dann hat er einen Grund mehr, den Federchenſucher zu haſſen, und die arme Frau muß es entgelten, kehrt er zu einer Zeit heim, wo ſich Apollonius ſchon wieder zum Ausgeh'n rüſtet.
Dächer, die mit Metall oder Ziegeln eingedeckt ſind, machen in der Regel erſt nach einer Reihe von Jahren eine Reparatur nöthig; bei Schieferdächern iſt es anders. Durch die Rüſtungen und das Beſteigen der Dachfläche während des Eindeckens entſteh'n unver¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0149"n="140"/>
Apollonius an ihm gehandelt, weil er brav ſei und<lb/>
der Bruder ſchlecht. Er erzählt es ſo oft, daß er ſelbſt<lb/>
es glaubt. Und bedauert die Gläubiger, die ſich von<lb/>
dem Scheinheiligen bürgen ließen, der ſie alle betrügen<lb/>
wird, und erzählt erſonnene Geſchichten, die ſein Be¬<lb/>
dauern glaubhaft machen ſollen. Läg' es an ihm,<lb/>
Apollonius hämmerte vergebens, und wachte ver¬<lb/>
gebens bei ſeinen Büchern und Briefen. Aber es<lb/>
glaubt ihm Niemand. Er untergräbt nur, was<lb/>
er ſelbſt noch von Achtung beſitzt. Apollonius<lb/>
Vorſtellungen ſetzt er Hohn entgegen. Dennoch hofft<lb/>
Apollonius, er wird ſeine Treue noch erkennen und<lb/>ſich beſſern. Seine Hoffnung zeugt beſſer von ſeinem<lb/>
eigenen Herzen als von ſeiner Einſicht in das Gemüth<lb/>
des Bruders. Kommt dieſem der Gedanke ſeiner Ver¬<lb/>
dorbenheit, dann hat er einen Grund mehr, den<lb/>
Federchenſucher zu haſſen, und die arme Frau muß es<lb/>
entgelten, kehrt er zu einer Zeit heim, wo ſich Apollonius<lb/>ſchon wieder zum Ausgeh'n rüſtet.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Dächer, die mit Metall oder Ziegeln eingedeckt ſind,<lb/>
machen in der Regel erſt nach einer Reihe von Jahren<lb/>
eine Reparatur nöthig; bei Schieferdächern iſt es<lb/>
anders. Durch die Rüſtungen und das Beſteigen der<lb/>
Dachfläche während des Eindeckens entſteh'n unver¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[140/0149]
Apollonius an ihm gehandelt, weil er brav ſei und
der Bruder ſchlecht. Er erzählt es ſo oft, daß er ſelbſt
es glaubt. Und bedauert die Gläubiger, die ſich von
dem Scheinheiligen bürgen ließen, der ſie alle betrügen
wird, und erzählt erſonnene Geſchichten, die ſein Be¬
dauern glaubhaft machen ſollen. Läg' es an ihm,
Apollonius hämmerte vergebens, und wachte ver¬
gebens bei ſeinen Büchern und Briefen. Aber es
glaubt ihm Niemand. Er untergräbt nur, was
er ſelbſt noch von Achtung beſitzt. Apollonius
Vorſtellungen ſetzt er Hohn entgegen. Dennoch hofft
Apollonius, er wird ſeine Treue noch erkennen und
ſich beſſern. Seine Hoffnung zeugt beſſer von ſeinem
eigenen Herzen als von ſeiner Einſicht in das Gemüth
des Bruders. Kommt dieſem der Gedanke ſeiner Ver¬
dorbenheit, dann hat er einen Grund mehr, den
Federchenſucher zu haſſen, und die arme Frau muß es
entgelten, kehrt er zu einer Zeit heim, wo ſich Apollonius
ſchon wieder zum Ausgeh'n rüſtet.
Dächer, die mit Metall oder Ziegeln eingedeckt ſind,
machen in der Regel erſt nach einer Reihe von Jahren
eine Reparatur nöthig; bei Schieferdächern iſt es
anders. Durch die Rüſtungen und das Beſteigen der
Dachfläche während des Eindeckens entſteh'n unver¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/149>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.