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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856.

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Apollonius an ihm gehandelt, weil er brav sei und
der Bruder schlecht. Er erzählt es so oft, daß er selbst
es glaubt. Und bedauert die Gläubiger, die sich von
dem Scheinheiligen bürgen ließen, der sie alle betrügen
wird, und erzählt ersonnene Geschichten, die sein Be¬
dauern glaubhaft machen sollen. Läg' es an ihm,
Apollonius hämmerte vergebens, und wachte ver¬
gebens bei seinen Büchern und Briefen. Aber es
glaubt ihm Niemand. Er untergräbt nur, was
er selbst noch von Achtung besitzt. Apollonius
Vorstellungen setzt er Hohn entgegen. Dennoch hofft
Apollonius, er wird seine Treue noch erkennen und
sich bessern. Seine Hoffnung zeugt besser von seinem
eigenen Herzen als von seiner Einsicht in das Gemüth
des Bruders. Kommt diesem der Gedanke seiner Ver¬
dorbenheit, dann hat er einen Grund mehr, den
Federchensucher zu hassen, und die arme Frau muß es
entgelten, kehrt er zu einer Zeit heim, wo sich Apollonius
schon wieder zum Ausgeh'n rüstet.


Dächer, die mit Metall oder Ziegeln eingedeckt sind,
machen in der Regel erst nach einer Reihe von Jahren
eine Reparatur nöthig; bei Schieferdächern ist es
anders. Durch die Rüstungen und das Besteigen der
Dachfläche während des Eindeckens entsteh'n unver¬

Apollonius an ihm gehandelt, weil er brav ſei und
der Bruder ſchlecht. Er erzählt es ſo oft, daß er ſelbſt
es glaubt. Und bedauert die Gläubiger, die ſich von
dem Scheinheiligen bürgen ließen, der ſie alle betrügen
wird, und erzählt erſonnene Geſchichten, die ſein Be¬
dauern glaubhaft machen ſollen. Läg' es an ihm,
Apollonius hämmerte vergebens, und wachte ver¬
gebens bei ſeinen Büchern und Briefen. Aber es
glaubt ihm Niemand. Er untergräbt nur, was
er ſelbſt noch von Achtung beſitzt. Apollonius
Vorſtellungen ſetzt er Hohn entgegen. Dennoch hofft
Apollonius, er wird ſeine Treue noch erkennen und
ſich beſſern. Seine Hoffnung zeugt beſſer von ſeinem
eigenen Herzen als von ſeiner Einſicht in das Gemüth
des Bruders. Kommt dieſem der Gedanke ſeiner Ver¬
dorbenheit, dann hat er einen Grund mehr, den
Federchenſucher zu haſſen, und die arme Frau muß es
entgelten, kehrt er zu einer Zeit heim, wo ſich Apollonius
ſchon wieder zum Ausgeh'n rüſtet.


Dächer, die mit Metall oder Ziegeln eingedeckt ſind,
machen in der Regel erſt nach einer Reihe von Jahren
eine Reparatur nöthig; bei Schieferdächern iſt es
anders. Durch die Rüſtungen und das Beſteigen der
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[140/0149] Apollonius an ihm gehandelt, weil er brav ſei und der Bruder ſchlecht. Er erzählt es ſo oft, daß er ſelbſt es glaubt. Und bedauert die Gläubiger, die ſich von dem Scheinheiligen bürgen ließen, der ſie alle betrügen wird, und erzählt erſonnene Geſchichten, die ſein Be¬ dauern glaubhaft machen ſollen. Läg' es an ihm, Apollonius hämmerte vergebens, und wachte ver¬ gebens bei ſeinen Büchern und Briefen. Aber es glaubt ihm Niemand. Er untergräbt nur, was er ſelbſt noch von Achtung beſitzt. Apollonius Vorſtellungen ſetzt er Hohn entgegen. Dennoch hofft Apollonius, er wird ſeine Treue noch erkennen und ſich beſſern. Seine Hoffnung zeugt beſſer von ſeinem eigenen Herzen als von ſeiner Einſicht in das Gemüth des Bruders. Kommt dieſem der Gedanke ſeiner Ver¬ dorbenheit, dann hat er einen Grund mehr, den Federchenſucher zu haſſen, und die arme Frau muß es entgelten, kehrt er zu einer Zeit heim, wo ſich Apollonius ſchon wieder zum Ausgeh'n rüſtet. Dächer, die mit Metall oder Ziegeln eingedeckt ſind, machen in der Regel erſt nach einer Reihe von Jahren eine Reparatur nöthig; bei Schieferdächern iſt es anders. Durch die Rüſtungen und das Beſteigen der Dachfläche während des Eindeckens entſteh'n unver¬

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Zitationshilfe: Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/149>, abgerufen am 24.11.2024.