war, und zwischen fieberischer Anstrengung, es dennoch zu verhindern. Danach gestaltete sich sein Benehmen gegen Apollonius als unverhehlter Trotz oder als kriechend lauernde Verstellung. Beherrschte ihn die erste Meinung, dann suchte er Vergessen Tag und Nacht. Zu seinem Unglück hatte der Gesell im nahen Schieferbruche Arbeit gefunden und war ganze Nächte lang' sein Gefährte. Die bedeutenden Leute wandten sich von ihm und rächten sich mit unverhohlener Ver¬ achtung für das Bedürfniß, das er ihnen geweckt und nicht mehr befriedigen konnte, und vergalten ihm nun die joviale Herablassung, die sie von ihm ertrugen, so lange er sie mit Champagner bezahlte. Er wich ihnen aus und folgte dem Gesellen an die Oerter, wo dieser heimisch war. Hier griff er die joviale Herablassung um eine Oktave tiefer. Nun ertönten die Branntwein¬ kneipen von seinen Spässen und diese nahmen immer mehr von der Natur der Umgebung an. Hatten sie doch in bessern Zeiten eine wie vordeutende Verwandt¬ schaft mit diesen gezeigt. Es kam die Zeit, wo er sich nicht mehr schämte, der Kamerad der Gemeinheit zu sein. Während Apollonius den Tag über für die An¬ gehörigen des Bruders hämmerte auf seinem gefähr¬ lichen Schiff, und die Nächte über Büchern und Briefen sitzt und den wohlverdienten Bissen sich abdarbt, um gut zu machen mit liebendem Eifer, was der Bruder verdorben, erzählt dieser in den Schenken, wie schlecht
war, und zwiſchen fieberiſcher Anſtrengung, es dennoch zu verhindern. Danach geſtaltete ſich ſein Benehmen gegen Apollonius als unverhehlter Trotz oder als kriechend lauernde Verſtellung. Beherrſchte ihn die erſte Meinung, dann ſuchte er Vergeſſen Tag und Nacht. Zu ſeinem Unglück hatte der Geſell im nahen Schieferbruche Arbeit gefunden und war ganze Nächte lang' ſein Gefährte. Die bedeutenden Leute wandten ſich von ihm und rächten ſich mit unverhohlener Ver¬ achtung für das Bedürfniß, das er ihnen geweckt und nicht mehr befriedigen konnte, und vergalten ihm nun die joviale Herablaſſung, die ſie von ihm ertrugen, ſo lange er ſie mit Champagner bezahlte. Er wich ihnen aus und folgte dem Geſellen an die Oerter, wo dieſer heimiſch war. Hier griff er die joviale Herablaſſung um eine Oktave tiefer. Nun ertönten die Branntwein¬ kneipen von ſeinen Späſſen und dieſe nahmen immer mehr von der Natur der Umgebung an. Hatten ſie doch in beſſern Zeiten eine wie vordeutende Verwandt¬ ſchaft mit dieſen gezeigt. Es kam die Zeit, wo er ſich nicht mehr ſchämte, der Kamerad der Gemeinheit zu ſein. Während Apollonius den Tag über für die An¬ gehörigen des Bruders hämmerte auf ſeinem gefähr¬ lichen Schiff, und die Nächte über Büchern und Briefen ſitzt und den wohlverdienten Biſſen ſich abdarbt, um gut zu machen mit liebendem Eifer, was der Bruder verdorben, erzählt dieſer in den Schenken, wie ſchlecht
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war, und zwiſchen fieberiſcher Anſtrengung, es dennoch
zu verhindern. Danach geſtaltete ſich ſein Benehmen
gegen Apollonius als unverhehlter Trotz oder als
kriechend lauernde Verſtellung. Beherrſchte ihn die
erſte Meinung, dann ſuchte er Vergeſſen Tag und
Nacht. Zu ſeinem Unglück hatte der Geſell im nahen
Schieferbruche Arbeit gefunden und war ganze Nächte
lang' ſein Gefährte. Die bedeutenden Leute wandten
ſich von ihm und rächten ſich mit unverhohlener Ver¬
achtung für das Bedürfniß, das er ihnen geweckt und
nicht mehr befriedigen konnte, und vergalten ihm nun
die joviale Herablaſſung, die ſie von ihm ertrugen, ſo
lange er ſie mit Champagner bezahlte. Er wich ihnen
aus und folgte dem Geſellen an die Oerter, wo dieſer
heimiſch war. Hier griff er die joviale Herablaſſung
um eine Oktave tiefer. Nun ertönten die Branntwein¬
kneipen von ſeinen Späſſen und dieſe nahmen immer
mehr von der Natur der Umgebung an. Hatten ſie
doch in beſſern Zeiten eine wie vordeutende Verwandt¬
ſchaft mit dieſen gezeigt. Es kam die Zeit, wo er ſich
nicht mehr ſchämte, der Kamerad der Gemeinheit zu
ſein. Während Apollonius den Tag über für die An¬
gehörigen des Bruders hämmerte auf ſeinem gefähr¬
lichen Schiff, und die Nächte über Büchern und Briefen
ſitzt und den wohlverdienten Biſſen ſich abdarbt, um
gut zu machen mit liebendem Eifer, was der Bruder
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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/148>, abgerufen am 24.11.2024.
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