wortet ihm Apollonius. "Dein Aennchen hat mir's gesagt," entgegnet er und lacht, indem er an das Kind denkt. "Onkel, sagte das närrische Kind, die Mutter ist nicht mehr so bös auf dich; geh' nur zu ihr und sprich: ich will's nicht mehr thun; dann ist sie gut und gibt dir Zucker. So hat sie mich auf den Gedan¬ ken gebracht. Es ist wunderbar, wie's manchmal ist, als redete ein Engel aus den Kindern. Dein Aenn¬ chen kann uns allen ein Engel gewesen sein." Fritz Nettenmair lachte so ungeheuer über das Kind, daß sich Apollonius Lachen wieder an dem seinen anzündete. Aber er wußte, es war ein Teufel, der aus dem Kinde geredet; ihm war das Kind ein Teufel gewesen und konnt' es noch mehr werden. Und doch mußte er noch über das Kind lachen, über das joviale Kind mit seinem "verfluchten" Einfall. So sehr mußte er lachen, daß es gar nicht auffiel, wie zerstückt und krampfhaft klang, was er entgegnete. "Morgen meinetwegen, oder heut' Nachmittag noch; jetzt hab ich unmöglich Zeit. Jetzt begleit' ich dich nach Sankt Georg. Ich hab' einen nöthigen Gang. Morgen! Ueber das "ver¬ wünschte" Kind!" Apollonius hatte keine Ahnung, wie ernst das lachende "verwünscht" gemeint war. Er sagte, selbst noch über das Kind lachend: "Gut. So fragen wir morgen. Und dann wird Alles anders werden. Ich freue mich wie das Kind, und du dich gewiß auch, Fritz. Es soll ein ganz ander Leben
wortet ihm Apollonius. „Dein Aennchen hat mir's geſagt,“ entgegnet er und lacht, indem er an das Kind denkt. „Onkel, ſagte das närriſche Kind, die Mutter iſt nicht mehr ſo bös auf dich; geh' nur zu ihr und ſprich: ich will's nicht mehr thun; dann iſt ſie gut und gibt dir Zucker. So hat ſie mich auf den Gedan¬ ken gebracht. Es iſt wunderbar, wie's manchmal iſt, als redete ein Engel aus den Kindern. Dein Aenn¬ chen kann uns allen ein Engel geweſen ſein.“ Fritz Nettenmair lachte ſo ungeheuer über das Kind, daß ſich Apollonius Lachen wieder an dem ſeinen anzündete. Aber er wußte, es war ein Teufel, der aus dem Kinde geredet; ihm war das Kind ein Teufel geweſen und konnt' es noch mehr werden. Und doch mußte er noch über das Kind lachen, über das joviale Kind mit ſeinem „verfluchten“ Einfall. So ſehr mußte er lachen, daß es gar nicht auffiel, wie zerſtückt und krampfhaft klang, was er entgegnete. „Morgen meinetwegen, oder heut' Nachmittag noch; jetzt hab ich unmöglich Zeit. Jetzt begleit' ich dich nach Sankt Georg. Ich hab' einen nöthigen Gang. Morgen! Ueber das „ver¬ wünſchte“ Kind!“ Apollonius hatte keine Ahnung, wie ernſt das lachende „verwünſcht“ gemeint war. Er ſagte, ſelbſt noch über das Kind lachend: „Gut. So fragen wir morgen. Und dann wird Alles anders werden. Ich freue mich wie das Kind, und du dich gewiß auch, Fritz. Es ſoll ein ganz ander Leben
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wortet ihm Apollonius. „Dein Aennchen hat mir's
geſagt,“ entgegnet er und lacht, indem er an das Kind
denkt. „Onkel, ſagte das närriſche Kind, die Mutter
iſt nicht mehr ſo bös auf dich; geh' nur zu ihr und
ſprich: ich will's nicht mehr thun; dann iſt ſie gut
und gibt dir Zucker. So hat ſie mich auf den Gedan¬
ken gebracht. Es iſt wunderbar, wie's manchmal iſt,
als redete ein Engel aus den Kindern. Dein Aenn¬
chen kann uns allen ein Engel geweſen ſein.“ Fritz
Nettenmair lachte ſo ungeheuer über das Kind, daß
ſich Apollonius Lachen wieder an dem ſeinen anzündete.
Aber er wußte, es war ein Teufel, der aus dem Kinde
geredet; ihm war das Kind ein Teufel geweſen und
konnt' es noch mehr werden. Und doch mußte er noch
über das Kind lachen, über das joviale Kind mit
ſeinem „verfluchten“ Einfall. So ſehr mußte er lachen,
daß es gar nicht auffiel, wie zerſtückt und krampfhaft
klang, was er entgegnete. „Morgen meinetwegen, oder
heut' Nachmittag noch; jetzt hab ich unmöglich Zeit.
Jetzt begleit' ich dich nach Sankt Georg. Ich hab'
einen nöthigen Gang. Morgen! Ueber das „ver¬
wünſchte“ Kind!“ Apollonius hatte keine Ahnung, wie
ernſt das lachende „verwünſcht“ gemeint war. Er
ſagte, ſelbſt noch über das Kind lachend: „Gut. So
fragen wir morgen. Und dann wird Alles anders
werden. Ich freue mich wie das Kind, und du dich
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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/112>, abgerufen am 25.11.2024.
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