Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856.Das Gärtchen liegt zwischen dem Wohnhause und Ludwig, Zwischen Himmel und Erde. 1
Das Gärtchen liegt zwiſchen dem Wohnhauſe und Ludwig, Zwiſchen Himmel und Erde. 1
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Das Gärtchen liegt zwiſchen dem Wohnhauſe und
dem Schieferſchuppen; wer von dem einen zum andern
geht, muß daran vorbei. Vom Wohnhaus zum Schup¬
pen gehend hat man's zur linken Seite; zur rechten
ſieht matt dann ein Stück Hofraum mit Holzremiſe
und Stallung, vom Nachbarhauſe durch einen Latten¬
zaun getrennt. Das Wohnhaus öffnet jeden Morgen
zweimal ſechs grünangeſtrichene Fenſterladen nach einer
der lebhafteſten Straßen der Stadt, der Schuppen ein
großes graues Thor nach einer Nebengaſſe; die Roſen
an den baumartig hochgezogenen Büſchen des Gärt¬
chens können in das Gäßchen hinausſchauen, das den
Vermittler macht zwiſchen den beiden größern Schwe¬
ſtern. Jenſeits des Gäßchens ſteht ein hohes Haus,
das vornehm abgeſchloſſen, das enge keines Blickes
würdigt. Es hat nur für das Treiben der Hauptſtraße
offene Augen und ſieht man die geſchloſſenen nach dem
Gäßchen zu genauer an, ſo findet man bald die Urſache
ihres ewigen Schlafes; ſie ſind nur Scheinwerk, nur
auf die äußere Wand gemalt.
Ludwig, Zwiſchen Himmel und Erde. 1
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Zitationshilfe: | Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/10>, abgerufen am 16.07.2024. |