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Ludwig, Otto: Der Erbförster. Band 1: Dramatische Werke. Leipzig, 1853.

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Der Erbförster.
ist ja noch immer der alte liebe Baum, unter dem wir
sitzen, nur daß er blüht.
Marie.
Dann daß ich den Vater verlassen soll! -- und die
Mutter. Das Alte seh' ich vergeh'n, das Neue seh' ich
nicht kommen; das Alte muß ich lassen und das Neue
kann ich nicht erreichen --
Robert.
Mußt Du denn den Vater lassen? Bleiben wir
nicht Alle beisammen? Hat nicht deshalb mein Vater
das Gut Düsterwalde gekauft?
Försterin.
Das ist die Angst, die man im Frühjahr hat, man
weiß nicht woher? und nicht warum? Und im Frühjahr
weiß man doch, daß es nur immer noch schöner werden
muß und fürchtet sich doch. Man fürchtet sich eben vor
dem Glück. Nun sollen sich meine liebsten Wünsche er-
füllen und -- geht mir's denn anders? Kann ich mir
nicht ordentlich wünschen, es wär' ein Braten verbrannt,
oder es zerbräch' etwa von den feinen Tellern einer?
Glück ist wie Sonne. Ein wenig Schatten muß sein,
wenn's dem Menschen wohl werden soll. Ich will nur
nachseh'n, ob's in der Küche nicht ein wenig dergleichen
Schatten gesetzt hat.
(ab links).
Marie
(nachdem sie und Robert einige Augenblicke schweigend gegenüber gestanden).
Fehlt Dir was, Robert?
Der Erbförſter.
iſt ja noch immer der alte liebe Baum, unter dem wir
ſitzen, nur daß er blüht.
Marie.
Dann daß ich den Vater verlaſſen ſoll! — und die
Mutter. Das Alte ſeh’ ich vergeh’n, das Neue ſeh’ ich
nicht kommen; das Alte muß ich laſſen und das Neue
kann ich nicht erreichen —
Robert.
Mußt Du denn den Vater laſſen? Bleiben wir
nicht Alle beiſammen? Hat nicht deshalb mein Vater
das Gut Düſterwalde gekauft?
Förſterin.
Das iſt die Angſt, die man im Frühjahr hat, man
weiß nicht woher? und nicht warum? Und im Frühjahr
weiß man doch, daß es nur immer noch ſchöner werden
muß und fürchtet ſich doch. Man fürchtet ſich eben vor
dem Glück. Nun ſollen ſich meine liebſten Wünſche er-
füllen und — geht mir’s denn anders? Kann ich mir
nicht ordentlich wünſchen, es wär’ ein Braten verbrannt,
oder es zerbräch’ etwa von den feinen Tellern einer?
Glück iſt wie Sonne. Ein wenig Schatten muß ſein,
wenn’s dem Menſchen wohl werden ſoll. Ich will nur
nachſeh’n, ob’s in der Küche nicht ein wenig dergleichen
Schatten geſetzt hat.
(ab links).
Marie
(nachdem ſie und Robert einige Augenblicke ſchweigend gegenüber geſtanden).
Fehlt Dir was, Robert?
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[16/0030] Der Erbförſter. iſt ja noch immer der alte liebe Baum, unter dem wir ſitzen, nur daß er blüht. Marie. Dann daß ich den Vater verlaſſen ſoll! — und die Mutter. Das Alte ſeh’ ich vergeh’n, das Neue ſeh’ ich nicht kommen; das Alte muß ich laſſen und das Neue kann ich nicht erreichen — Robert. Mußt Du denn den Vater laſſen? Bleiben wir nicht Alle beiſammen? Hat nicht deshalb mein Vater das Gut Düſterwalde gekauft? Förſterin. Das iſt die Angſt, die man im Frühjahr hat, man weiß nicht woher? und nicht warum? Und im Frühjahr weiß man doch, daß es nur immer noch ſchöner werden muß und fürchtet ſich doch. Man fürchtet ſich eben vor dem Glück. Nun ſollen ſich meine liebſten Wünſche er- füllen und — geht mir’s denn anders? Kann ich mir nicht ordentlich wünſchen, es wär’ ein Braten verbrannt, oder es zerbräch’ etwa von den feinen Tellern einer? Glück iſt wie Sonne. Ein wenig Schatten muß ſein, wenn’s dem Menſchen wohl werden ſoll. Ich will nur nachſeh’n, ob’s in der Küche nicht ein wenig dergleichen Schatten geſetzt hat. (ab links). Marie (nachdem ſie und Robert einige Augenblicke ſchweigend gegenüber geſtanden). Fehlt Dir was, Robert?

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Zitationshilfe: Ludwig, Otto: Der Erbförster. Band 1: Dramatische Werke. Leipzig, 1853, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_erbfoerster_1853/30>, abgerufen am 27.11.2024.