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Ludwig, Otto: Der Erbförster. Band 1: Dramatische Werke. Leipzig, 1853.

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Der Erbförster.
Wilhelm.
Die Staatsdiener wären, die könnten nicht abgesetzt
werden, wenn's ihnen nicht zu erweisen stünd', daß sie's
verdient hätten. Aber Du wärst keiner; Dein Herr wär'
nicht der Staat, sondern der, dem der Forst gehörte, der
Gutsbesitzer.
Förster (verbissen).
Also wenn ich ein Staatsdiener wär', dann dürfte
mir der Stein nicht unrecht thun. Und weil ich keiner
bin, so darf er mich zum Schurken machen? -- Du hast
ihn nicht verstanden, Wilhelm.
Wilhelm.
Er hat mir's dreimal vorgesagt.
Förster.
Weil Du ihm die Sache nicht vorgestellt hast, wie
sie ist. Daß Dein Urgroßvater schon Düsterwalder Förster
war, und Dein Großvater nach ihm, und daß sie mich
schon vierzig Jahr den Erbförster heißen im ganzen Thal.
Wilhelm.
Das, sagt' er, gereichte Herren und Dienern zur
Ehre, aber vor Gericht darauf zu gründen wär' nichts.
Förster.
Aber er weiß nicht, daß der Stein mich absetzen will,
weil ich für sein Bestes war, daß der Forst gegen Mitter-
nacht und Abend offen liegt. So ein Advokat weiß nicht,
daß so ein Wald wie ein Gewölbe ist, wo immer eins
Der Erbförſter.
Wilhelm.
Die Staatsdiener wären, die könnten nicht abgeſetzt
werden, wenn’s ihnen nicht zu erweiſen ſtünd’, daß ſie’s
verdient hätten. Aber Du wärſt keiner; Dein Herr wär’
nicht der Staat, ſondern der, dem der Forſt gehörte, der
Gutsbeſitzer.
Förſter (verbiſſen).
Alſo wenn ich ein Staatsdiener wär’, dann dürfte
mir der Stein nicht unrecht thun. Und weil ich keiner
bin, ſo darf er mich zum Schurken machen? — Du haſt
ihn nicht verſtanden, Wilhelm.
Wilhelm.
Er hat mir’s dreimal vorgeſagt.
Förſter.
Weil Du ihm die Sache nicht vorgeſtellt haſt, wie
ſie iſt. Daß Dein Urgroßvater ſchon Düſterwalder Förſter
war, und Dein Großvater nach ihm, und daß ſie mich
ſchon vierzig Jahr den Erbförſter heißen im ganzen Thal.
Wilhelm.
Das, ſagt’ er, gereichte Herren und Dienern zur
Ehre, aber vor Gericht darauf zu gründen wär’ nichts.
Förſter.
Aber er weiß nicht, daß der Stein mich abſetzen will,
weil ich für ſein Beſtes war, daß der Forſt gegen Mitter-
nacht und Abend offen liegt. So ein Advokat weiß nicht,
daß ſo ein Wald wie ein Gewölbe iſt, wo immer eins
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[122/0136] Der Erbförſter. Wilhelm. Die Staatsdiener wären, die könnten nicht abgeſetzt werden, wenn’s ihnen nicht zu erweiſen ſtünd’, daß ſie’s verdient hätten. Aber Du wärſt keiner; Dein Herr wär’ nicht der Staat, ſondern der, dem der Forſt gehörte, der Gutsbeſitzer. Förſter (verbiſſen). Alſo wenn ich ein Staatsdiener wär’, dann dürfte mir der Stein nicht unrecht thun. Und weil ich keiner bin, ſo darf er mich zum Schurken machen? — Du haſt ihn nicht verſtanden, Wilhelm. Wilhelm. Er hat mir’s dreimal vorgeſagt. Förſter. Weil Du ihm die Sache nicht vorgeſtellt haſt, wie ſie iſt. Daß Dein Urgroßvater ſchon Düſterwalder Förſter war, und Dein Großvater nach ihm, und daß ſie mich ſchon vierzig Jahr den Erbförſter heißen im ganzen Thal. Wilhelm. Das, ſagt’ er, gereichte Herren und Dienern zur Ehre, aber vor Gericht darauf zu gründen wär’ nichts. Förſter. Aber er weiß nicht, daß der Stein mich abſetzen will, weil ich für ſein Beſtes war, daß der Forſt gegen Mitter- nacht und Abend offen liegt. So ein Advokat weiß nicht, daß ſo ein Wald wie ein Gewölbe iſt, wo immer eins

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Zitationshilfe: Ludwig, Otto: Der Erbförster. Band 1: Dramatische Werke. Leipzig, 1853, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_erbfoerster_1853/136>, abgerufen am 12.12.2024.