hatten; so konnte es nicht anders seyn, als daß dadurch ihre Handlung nach der Levante sehr befördert ward. Wie aber endlich von den Venetianern 1380 bey Chiozza die Seemacht der Genueser ruiniret wurde: so fiel der Genueser Handel nach der Levante durch diese große Niederlage und den Verlust vieler ih- rer ehemaligen Conqueten im Archipelagus auf einmal. Und ob sie wol im Jahre 1645 bey Gelegenheit des von den Türken mit den Venetianern geführten candianischen Krieges ihrem Han- del nach der Levante wieder aufzuhelfen, oder gar sich der ganzen Handlung der Venetianer zu bemächtigen suchten, und nichts vergaßen, um eben solche Capitulationen mit der ottomanni- schen Pforte, wie vorher 1599 die Engländer, und 1612 die Hol- länder geschlossen hatten, zu erhalten; so konnten sie doch da- mals nicht zum Zwecke kommen: worauf sie im Jahre 1664 ein gleiches, und mit besserm Erfolge, versuchten, indem sie 1665 die Freyheit erhielten, unter eigenen Flaggen nach der Levante zu handeln. Hierauf bestellten die Genueser 2 Consuls, einen zu Constantinopel, und den andern zu Smyrna; und die levan- tische Compagnie, die sich in Genua zusammen begab, schickte seit der Zeit 7 bis 8 Jahre lang ihre Schiffe ganz ordentlich dahin. Sie machten auch einen großen Vortheil durch die Geldsorten oder Stücken von Sols, als welche damals die Türken eines Theils zu ihrer ordentlichen Münze gebrauchten, andern Theils dem türkischen und griechischen Frauenzimmer zur Zierrath an ihrem Kopfschmucke und Kleidungen dienten. Weil aber vornehmlich die Genueser sehr schlechte, ja ganz falsche 5 Solsstücken nach der Levante in großer Menge schickten: so wurden darüber diese Münzsorten von dem Sultan in seinem ganzen Reiche verrufen. Darüber fiel dann der Credit der Ge- nueser, und ihr Handel nach der Levante nahm sehr ab, also, daß sie nunmehro nur noch einen Consul zu Smyrna halten, und bis- weilen Schiffe dahin schicken, wohin sie denn ihre Manufacturen verführen, und dagegen rohe Seide und allerhand Specereyen und Apothekerwaaren zurück bringen, daß also diese levantische Handlung der Genueser nicht viel zu bedeuten hat. Jndessen ist doch die genuesische Handlung, überhaupt betrachtet, im- mer noch eine der wichtigsten in Europa, und nächst der Hand- lung der Venetianer die stärkste in ganz Jtalien, wie man aus ihrer beyden vornehmsten Handelsstädte, Genua und Novi, Beschreibungen ersehen kann, die wir nunmehro mittheilen wollen.
§. 39.
Genua, der Sitz der Republik, ist zugleich der HauptsitzGenuesische Handels- städte: 1) Genua. der genuesischen Handlung, indem hier nicht nur die Wechsel- handlung sehr stark getrieben wird, so, daß die reichsten Wechsler von Europa daselbst zu seyn pflegen; sondern auch die Waarenhandlung in vollkommenem Flore steht. Unter denen dahin handelnden fremden Nationen verdienen vor- nehmlich die Engländer, Holländer und Franzosen genennet zu werden, wozu noch kömmt, daß die Fremden die ganze Hand-
lung
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italieniſchen Handlung.
hatten; ſo konnte es nicht anders ſeyn, als daß dadurch ihre Handlung nach der Levante ſehr befoͤrdert ward. Wie aber endlich von den Venetianern 1380 bey Chiozza die Seemacht der Genueſer ruiniret wurde: ſo fiel der Genueſer Handel nach der Levante durch dieſe große Niederlage und den Verluſt vieler ih- rer ehemaligen Conqueten im Archipelagus auf einmal. Und ob ſie wol im Jahre 1645 bey Gelegenheit des von den Tuͤrken mit den Venetianern gefuͤhrten candianiſchen Krieges ihrem Han- del nach der Levante wieder aufzuhelfen, oder gar ſich der ganzen Handlung der Venetianer zu bemaͤchtigen ſuchten, und nichts vergaßen, um eben ſolche Capitulationen mit der ottomanni- ſchen Pforte, wie vorher 1599 die Englaͤnder, und 1612 die Hol- laͤnder geſchloſſen hatten, zu erhalten; ſo konnten ſie doch da- mals nicht zum Zwecke kommen: worauf ſie im Jahre 1664 ein gleiches, und mit beſſerm Erfolge, verſuchten, indem ſie 1665 die Freyheit erhielten, unter eigenen Flaggen nach der Levante zu handeln. Hierauf beſtellten die Genueſer 2 Conſuls, einen zu Conſtantinopel, und den andern zu Smyrna; und die levan- tiſche Compagnie, die ſich in Genua zuſammen begab, ſchickte ſeit der Zeit 7 bis 8 Jahre lang ihre Schiffe ganz ordentlich dahin. Sie machten auch einen großen Vortheil durch die Geldſorten oder Stuͤcken von Sols, als welche damals die Tuͤrken eines Theils zu ihrer ordentlichen Muͤnze gebrauchten, andern Theils dem tuͤrkiſchen und griechiſchen Frauenzimmer zur Zierrath an ihrem Kopfſchmucke und Kleidungen dienten. Weil aber vornehmlich die Genueſer ſehr ſchlechte, ja ganz falſche 5 Solsſtuͤcken nach der Levante in großer Menge ſchickten: ſo wurden daruͤber dieſe Muͤnzſorten von dem Sultan in ſeinem ganzen Reiche verrufen. Daruͤber fiel dann der Credit der Ge- nueſer, und ihr Handel nach der Levante nahm ſehr ab, alſo, daß ſie nunmehro nur noch einen Conſul zu Smyrna halten, und bis- weilen Schiffe dahin ſchicken, wohin ſie denn ihre Manufacturen verfuͤhren, und dagegen rohe Seide und allerhand Specereyen und Apothekerwaaren zuruͤck bringen, daß alſo dieſe levantiſche Handlung der Genueſer nicht viel zu bedeuten hat. Jndeſſen iſt doch die genueſiſche Handlung, uͤberhaupt betrachtet, im- mer noch eine der wichtigſten in Europa, und naͤchſt der Hand- lung der Venetianer die ſtaͤrkſte in ganz Jtalien, wie man aus ihrer beyden vornehmſten Handelsſtaͤdte, Genua und Novi, Beſchreibungen erſehen kann, die wir nunmehro mittheilen wollen.
§. 39.
Genua, der Sitz der Republik, iſt zugleich der HauptſitzGenueſiſche Handels- ſtaͤdte: 1) Genua. der genueſiſchen Handlung, indem hier nicht nur die Wechſel- handlung ſehr ſtark getrieben wird, ſo, daß die reichſten Wechsler von Europa daſelbſt zu ſeyn pflegen; ſondern auch die Waarenhandlung in vollkommenem Flore ſteht. Unter denen dahin handelnden fremden Nationen verdienen vor- nehmlich die Englaͤnder, Hollaͤnder und Franzoſen genennet zu werden, wozu noch koͤmmt, daß die Fremden die ganze Hand-
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italieniſchen Handlung.
hatten; ſo konnte es nicht anders ſeyn, als daß dadurch ihre
Handlung nach der Levante ſehr befoͤrdert ward. Wie aber
endlich von den Venetianern 1380 bey Chiozza die Seemacht der
Genueſer ruiniret wurde: ſo fiel der Genueſer Handel nach der
Levante durch dieſe große Niederlage und den Verluſt vieler ih-
rer ehemaligen Conqueten im Archipelagus auf einmal. Und
ob ſie wol im Jahre 1645 bey Gelegenheit des von den Tuͤrken
mit den Venetianern gefuͤhrten candianiſchen Krieges ihrem Han-
del nach der Levante wieder aufzuhelfen, oder gar ſich der ganzen
Handlung der Venetianer zu bemaͤchtigen ſuchten, und nichts
vergaßen, um eben ſolche Capitulationen mit der ottomanni-
ſchen Pforte, wie vorher 1599 die Englaͤnder, und 1612 die Hol-
laͤnder geſchloſſen hatten, zu erhalten; ſo konnten ſie doch da-
mals nicht zum Zwecke kommen: worauf ſie im Jahre 1664 ein
gleiches, und mit beſſerm Erfolge, verſuchten, indem ſie 1665
die Freyheit erhielten, unter eigenen Flaggen nach der Levante
zu handeln. Hierauf beſtellten die Genueſer 2 Conſuls, einen
zu Conſtantinopel, und den andern zu Smyrna; und die levan-
tiſche Compagnie, die ſich in Genua zuſammen begab, ſchickte
ſeit der Zeit 7 bis 8 Jahre lang ihre Schiffe ganz ordentlich
dahin. Sie machten auch einen großen Vortheil durch die
Geldſorten oder Stuͤcken von Sols, als welche damals die
Tuͤrken eines Theils zu ihrer ordentlichen Muͤnze gebrauchten,
andern Theils dem tuͤrkiſchen und griechiſchen Frauenzimmer zur
Zierrath an ihrem Kopfſchmucke und Kleidungen dienten. Weil
aber vornehmlich die Genueſer ſehr ſchlechte, ja ganz falſche 5
Solsſtuͤcken nach der Levante in großer Menge ſchickten: ſo
wurden daruͤber dieſe Muͤnzſorten von dem Sultan in ſeinem
ganzen Reiche verrufen. Daruͤber fiel dann der Credit der Ge-
nueſer, und ihr Handel nach der Levante nahm ſehr ab, alſo,
daß ſie nunmehro nur noch einen Conſul zu Smyrna halten, und bis-
weilen Schiffe dahin ſchicken, wohin ſie denn ihre Manufacturen
verfuͤhren, und dagegen rohe Seide und allerhand Specereyen
und Apothekerwaaren zuruͤck bringen, daß alſo dieſe levantiſche
Handlung der Genueſer nicht viel zu bedeuten hat. Jndeſſen
iſt doch die genueſiſche Handlung, uͤberhaupt betrachtet, im-
mer noch eine der wichtigſten in Europa, und naͤchſt der Hand-
lung der Venetianer die ſtaͤrkſte in ganz Jtalien, wie man aus
ihrer beyden vornehmſten Handelsſtaͤdte, Genua und Novi,
Beſchreibungen erſehen kann, die wir nunmehro mittheilen
wollen.
§. 39.
Genua, der Sitz der Republik, iſt zugleich der Hauptſitz
der genueſiſchen Handlung, indem hier nicht nur die Wechſel-
handlung ſehr ſtark getrieben wird, ſo, daß die reichſten
Wechsler von Europa daſelbſt zu ſeyn pflegen; ſondern auch
die Waarenhandlung in vollkommenem Flore ſteht. Unter
denen dahin handelnden fremden Nationen verdienen vor-
nehmlich die Englaͤnder, Hollaͤnder und Franzoſen genennet zu
werden, wozu noch koͤmmt, daß die Fremden die ganze Hand-
lung
Genueſiſche
Handels-
ſtaͤdte:
1) Genua.
(B b) 2
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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/991>, abgerufen am 21.11.2024.
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