entweder (1) nur abgeladen, und sodann an den Ort ihrer Be- stimmung weiter verführet zu werden pflegen; oder (2) in wel- cher Kaufmannswaaren aus gewissen fremden Ländern in Men- ge zum Verkaufe ankommen; oder endlich (3) in welcher Kauf- mannswaaren von den Schiffern und Fuhrleuten auf einige Zeit zum Verkaufe ausgesetzet werden müssen, ehe sie weiter an den Ort ihrer Bestimmung verführet werden dürfen.
§. 583.
Unterschied zwischen Niederlags- stadt, Sta- pel, und Stapelstadt:
Solchemnach wird das Wort Stapelstadt in dreyerley Bedeutung genommen. Um nun diese gehörig zu unterscheiden, ist es wohlgethan, wenn man die Stapelstadt in der ersten Bedeutung nur Niederlagsstadt; in der zweyten Bedeutung nur Stapel; und in der dritten Bedeutung schlechthin und vorzugsweise die Stapelstadt nennet. Wir wollen von allen drey Bedeutungen genauere Beschreibungen geben.
§. 584.
1) Nieder- lagsstadt.
Eine (1) Stapelstadt in der ersten Bedeutung, oder ei- gentlich eine Niederlagsstadt, heißt diejenige Stadt, in wel- cher nur eine Niederlage ist, um die Güter und Waaren da- selbst umzuladen, die anderswohin sollen verführet werden: oder, welches manchem deutlicher seyn dürfte, eine Stadt, in welcher Kaufmannswaaren ankommen, und daselbst abgeladen werden, nicht in der Absicht, daß sie verkaufet werden, son- dern daß sie von da, ohne erst ausgepackt zu werden, entwe- der zu Wasser, oder zu Lande nach dem Orte ihrer Bestimmung hingehen sollen, indem man sie nur auf andere Schiffe oder Wagen ladet. Eine dergleichen Niederlags- oder Stapelstadt ist z. E. Smyrna in der Levante, als woselbst die Franzofen, Engländer, Holländer und andere Nationen ihre Waaren, die nach Persien und den andern Ländern des türkischen Reichs be- stimmet sind, abladen, und auf Kameele laden; ingleichen Ba- tavia, welches die Niederlagsstadt der berühmten ostindischen Compagnie in Holland für die Handlung von Ostindien ist.
§. 585.
2) Stapel.
Eine (2) Stapelstadt in der zweyten Bedeutung, oder eigentlich nur schlechthin einen Stapel, nennet man eine große Handelsstadt, in welcher aus gewissen fremden Ländern Kauf- mannswaaren in großer Menge zusammen gebracht, und ver- kaufet werden. Denn der Stapel ist in solcher Bedeutung nicht der Ort, wo eine Sache wächst, oder gemacht wird, sondern wo sie in Menge zu finden ist. Jn diesem Ver- stande wird Amsterdam von allen Waaren, die aus Ostindien, Spanien, dem mittelländischen Meere, und dem balthischen Meere gebracht werden; Fließingen von allen westindischen Waaren; Middelburg von den französischen Weinen; Dordrecht vom Rheinweine und englischen Tüchern; Veere in Seeland von schottländischen Waaren; Wien von den ungarischen Ochsen, als der Generalstapel betrachtet.
§. 586.
3 Th. 2 Cap. Von Handels- Stapel-
entweder (1) nur abgeladen, und ſodann an den Ort ihrer Be- ſtimmung weiter verfuͤhret zu werden pflegen; oder (2) in wel- cher Kaufmannswaaren aus gewiſſen fremden Laͤndern in Men- ge zum Verkaufe ankommen; oder endlich (3) in welcher Kauf- mannswaaren von den Schiffern und Fuhrleuten auf einige Zeit zum Verkaufe ausgeſetzet werden muͤſſen, ehe ſie weiter an den Ort ihrer Beſtimmung verfuͤhret werden duͤrfen.
§. 583.
Unterſchied zwiſchen Niederlags- ſtadt, Sta- pel, und Stapelſtadt:
Solchemnach wird das Wort Stapelſtadt in dreyerley Bedeutung genommen. Um nun dieſe gehoͤrig zu unterſcheiden, iſt es wohlgethan, wenn man die Stapelſtadt in der erſten Bedeutung nur Niederlagsſtadt; in der zweyten Bedeutung nur Stapel; und in der dritten Bedeutung ſchlechthin und vorzugsweiſe die Stapelſtadt nennet. Wir wollen von allen drey Bedeutungen genauere Beſchreibungen geben.
§. 584.
1) Nieder- lagsſtadt.
Eine (1) Stapelſtadt in der erſten Bedeutung, oder ei- gentlich eine Niederlagsſtadt, heißt diejenige Stadt, in wel- cher nur eine Niederlage iſt, um die Guͤter und Waaren da- ſelbſt umzuladen, die anderswohin ſollen verfuͤhret werden: oder, welches manchem deutlicher ſeyn duͤrfte, eine Stadt, in welcher Kaufmannswaaren ankommen, und daſelbſt abgeladen werden, nicht in der Abſicht, daß ſie verkaufet werden, ſon- dern daß ſie von da, ohne erſt ausgepackt zu werden, entwe- der zu Waſſer, oder zu Lande nach dem Orte ihrer Beſtimmung hingehen ſollen, indem man ſie nur auf andere Schiffe oder Wagen ladet. Eine dergleichen Niederlags- oder Stapelſtadt iſt z. E. Smyrna in der Levante, als woſelbſt die Franzofen, Englaͤnder, Hollaͤnder und andere Nationen ihre Waaren, die nach Perſien und den andern Laͤndern des tuͤrkiſchen Reichs be- ſtimmet ſind, abladen, und auf Kameele laden; ingleichen Ba- tavia, welches die Niederlagsſtadt der beruͤhmten oſtindiſchen Compagnie in Holland fuͤr die Handlung von Oſtindien iſt.
§. 585.
2) Stapel.
Eine (2) Stapelſtadt in der zweyten Bedeutung, oder eigentlich nur ſchlechthin einen Stapel, nennet man eine große Handelsſtadt, in welcher aus gewiſſen fremden Laͤndern Kauf- mannswaaren in großer Menge zuſammen gebracht, und ver- kaufet werden. Denn der Stapel iſt in ſolcher Bedeutung nicht der Ort, wo eine Sache waͤchſt, oder gemacht wird, ſondern wo ſie in Menge zu finden iſt. Jn dieſem Ver- ſtande wird Amſterdam von allen Waaren, die aus Oſtindien, Spanien, dem mittellaͤndiſchen Meere, und dem balthiſchen Meere gebracht werden; Fließingen von allen weſtindiſchen Waaren; Middelburg von den franzoͤſiſchen Weinen; Dordrecht vom Rheinweine und engliſchen Tuͤchern; Veere in Seeland von ſchottlaͤndiſchen Waaren; Wien von den ungariſchen Ochſen, als der Generalſtapel betrachtet.
§. 586.
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3 Th. 2 Cap. Von Handels- Stapel-
entweder (1) nur abgeladen, und ſodann an den Ort ihrer Be-
ſtimmung weiter verfuͤhret zu werden pflegen; oder (2) in wel-
cher Kaufmannswaaren aus gewiſſen fremden Laͤndern in Men-
ge zum Verkaufe ankommen; oder endlich (3) in welcher Kauf-
mannswaaren von den Schiffern und Fuhrleuten auf einige
Zeit zum Verkaufe ausgeſetzet werden muͤſſen, ehe ſie weiter an
den Ort ihrer Beſtimmung verfuͤhret werden duͤrfen.
§. 583.
Solchemnach wird das Wort Stapelſtadt in dreyerley
Bedeutung genommen. Um nun dieſe gehoͤrig zu unterſcheiden,
iſt es wohlgethan, wenn man die Stapelſtadt in der erſten
Bedeutung nur Niederlagsſtadt; in der zweyten Bedeutung
nur Stapel; und in der dritten Bedeutung ſchlechthin und
vorzugsweiſe die Stapelſtadt nennet. Wir wollen von allen
drey Bedeutungen genauere Beſchreibungen geben.
§. 584.
Eine (1) Stapelſtadt in der erſten Bedeutung, oder ei-
gentlich eine Niederlagsſtadt, heißt diejenige Stadt, in wel-
cher nur eine Niederlage iſt, um die Guͤter und Waaren da-
ſelbſt umzuladen, die anderswohin ſollen verfuͤhret werden:
oder, welches manchem deutlicher ſeyn duͤrfte, eine Stadt, in
welcher Kaufmannswaaren ankommen, und daſelbſt abgeladen
werden, nicht in der Abſicht, daß ſie verkaufet werden, ſon-
dern daß ſie von da, ohne erſt ausgepackt zu werden, entwe-
der zu Waſſer, oder zu Lande nach dem Orte ihrer Beſtimmung
hingehen ſollen, indem man ſie nur auf andere Schiffe oder
Wagen ladet. Eine dergleichen Niederlags- oder Stapelſtadt
iſt z. E. Smyrna in der Levante, als woſelbſt die Franzofen,
Englaͤnder, Hollaͤnder und andere Nationen ihre Waaren, die
nach Perſien und den andern Laͤndern des tuͤrkiſchen Reichs be-
ſtimmet ſind, abladen, und auf Kameele laden; ingleichen Ba-
tavia, welches die Niederlagsſtadt der beruͤhmten oſtindiſchen
Compagnie in Holland fuͤr die Handlung von Oſtindien iſt.
§. 585.
Eine (2) Stapelſtadt in der zweyten Bedeutung, oder
eigentlich nur ſchlechthin einen Stapel, nennet man eine große
Handelsſtadt, in welcher aus gewiſſen fremden Laͤndern Kauf-
mannswaaren in großer Menge zuſammen gebracht, und ver-
kaufet werden. Denn der Stapel iſt in ſolcher Bedeutung
nicht der Ort, wo eine Sache waͤchſt, oder gemacht wird,
ſondern wo ſie in Menge zu finden iſt. Jn dieſem Ver-
ſtande wird Amſterdam von allen Waaren, die aus Oſtindien,
Spanien, dem mittellaͤndiſchen Meere, und dem balthiſchen Meere
gebracht werden; Fließingen von allen weſtindiſchen Waaren;
Middelburg von den franzoͤſiſchen Weinen; Dordrecht vom
Rheinweine und engliſchen Tuͤchern; Veere in Seeland von
ſchottlaͤndiſchen Waaren; Wien von den ungariſchen Ochſen,
als der Generalſtapel betrachtet.
§. 586.
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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/900>, abgerufen am 23.11.2024.
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