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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Handelsjungen.
Capital erfordernde Handlungen in Diensten bringen wollten,
in welchen zwar ein solcher Knabe mit der Zeit als Buchhalter,
Factor und dergleichen seinen Unterhalt finden möchte, zu einer
solchen Handlung selbst aber schwerlich gelangen würde. Hin-
wiederum müssen sie ihre Gedanken (6) auf seine Familie rich-
ten, daß der Knabe nämlich zu einer solchen Handlung gebracht
werde, von welcher er schon einen Vorschmack in seiner Aeltern
oder seines Vormunds Hause gefasset habe, und welche er künf-
tig so viel leichter angreifen und unternehmen könne. Des-
gleichen müssen sie (7) an die Statuten des Ortes gedenken,
wo der Knabe dienen soll, ob nämlich nach vollendeten Lehr-
und Dienstjahren die Zunft oder Gilde samt dem Bürgerrechte
zu gewinnen, schwer und kostbar; was die daselbst ausgedien-
ten und ausgelernten Jungen vor andern, wie auch der Bür-
ger und Kaufleute Kinder vor Fremden voraus haben. Jnson-
derheit sind sie schuldig, (8) die Gattung der Handlung welche
der Knabe erlernen soll,
zu erwägen, nämlich ob solche im
Flore stehe, oder nach und nach in Abnehmen komme; ob et-
wann schon derjenigen, so dieselbige treiben, mehr sind, als sie
sich ehrlich davon ernähren können; ob sie noch einigen Profit
abwerfe; ob viele Verdrüßlichkeiten, Reisen, Strapazen, See-
und andere Gefahr dabey zu besorgen, ob sie Ehre bringe, und
ob die, welche darinnen stehen, künftiger Ehrenstellen fähig
seyn oder nicht: wobey man sich nach dem Vermögen, Ver-
stande, und der Geburt des Knabens zu richten hat, so, daß,
wenn alles dieses sich nicht so hoch erstrecket, man ihn lieber
eine gemeine bürgerliche und alle Tage gangbare Handlung er-
lernen lasse, als daß man hoch mit ihm hinaus, und ihn zu
Handlungen bringen wollte, die sich über seinen Verstand, sein
Vermögen etc. erstrecken. Endlich haben Aeltern und Vormünde
noch (9) auf den künftigen Handelspatron zu sehen, und zwar
a) auf dessen Person, immaßen es unter Kaufleuten nicht an
solchen fehlet, die entweder ihren Dienstboten so übel und un-
vernünftig begegnen, daß ein jeder billig Bedenken trägt,
ihm sein Kind anzuvertrauen; oder die den Jhrigen nicht mit
guten Beyspielen vorgehen: b) auf dessen Handlung selbsten,
ob darinnen was rechtschaffenes zu lernen sey, oder nicht; und
c) auf dessen Haushaltung oder Hausstand, ob nämlich die
Hausfrau wisse, was dem Gesinde gebühret; ob Friede und
Einigkeit zwischen Mann und Weib, und auch dem Gesinde
sey etc. Was ein Kaufmann bey Annehmung eines Dienst- und
Lehrjungens zu beobachten habe, findet man oben im 510 §.

§. 537.Verabre-
dungen zwi-
schen den
Aeltern oder
Vormunde
und dem
Handels-
patrone.

Wenn nun der Knabe Lust hat, die Aeltern oder Vormün-
der einen Handelspatron erwählet, und dieser den Knaben selb-
sten gesehen hat: so pflegen alsdenn zwischen dem Handelspatro-
ne und den Aeltern, oder dem Vormunde des vorgeschlagenen Jun-
gens, die nothwendigen Verabredungen (1) wegen der Anzahl der
Dienstjahre, (2) wegen der zu bestellenden Caution, auch wol

(3) wegen
K. S. (S)

Handelsjungen.
Capital erfordernde Handlungen in Dienſten bringen wollten,
in welchen zwar ein ſolcher Knabe mit der Zeit als Buchhalter,
Factor und dergleichen ſeinen Unterhalt finden moͤchte, zu einer
ſolchen Handlung ſelbſt aber ſchwerlich gelangen wuͤrde. Hin-
wiederum muͤſſen ſie ihre Gedanken (6) auf ſeine Familie rich-
ten, daß der Knabe naͤmlich zu einer ſolchen Handlung gebracht
werde, von welcher er ſchon einen Vorſchmack in ſeiner Aeltern
oder ſeines Vormunds Hauſe gefaſſet habe, und welche er kuͤnf-
tig ſo viel leichter angreifen und unternehmen koͤnne. Des-
gleichen muͤſſen ſie (7) an die Statuten des Ortes gedenken,
wo der Knabe dienen ſoll, ob naͤmlich nach vollendeten Lehr-
und Dienſtjahren die Zunft oder Gilde ſamt dem Buͤrgerrechte
zu gewinnen, ſchwer und koſtbar; was die daſelbſt ausgedien-
ten und ausgelernten Jungen vor andern, wie auch der Buͤr-
ger und Kaufleute Kinder vor Fremden voraus haben. Jnſon-
derheit ſind ſie ſchuldig, (8) die Gattung der Handlung welche
der Knabe erlernen ſoll,
zu erwaͤgen, naͤmlich ob ſolche im
Flore ſtehe, oder nach und nach in Abnehmen komme; ob et-
wann ſchon derjenigen, ſo dieſelbige treiben, mehr ſind, als ſie
ſich ehrlich davon ernaͤhren koͤnnen; ob ſie noch einigen Profit
abwerfe; ob viele Verdruͤßlichkeiten, Reiſen, Strapazen, See-
und andere Gefahr dabey zu beſorgen, ob ſie Ehre bringe, und
ob die, welche darinnen ſtehen, kuͤnftiger Ehrenſtellen faͤhig
ſeyn oder nicht: wobey man ſich nach dem Vermoͤgen, Ver-
ſtande, und der Geburt des Knabens zu richten hat, ſo, daß,
wenn alles dieſes ſich nicht ſo hoch erſtrecket, man ihn lieber
eine gemeine buͤrgerliche und alle Tage gangbare Handlung er-
lernen laſſe, als daß man hoch mit ihm hinaus, und ihn zu
Handlungen bringen wollte, die ſich uͤber ſeinen Verſtand, ſein
Vermoͤgen ꝛc. erſtrecken. Endlich haben Aeltern und Vormuͤnde
noch (9) auf den kuͤnftigen Handelspatron zu ſehen, und zwar
a) auf deſſen Perſon, immaßen es unter Kaufleuten nicht an
ſolchen fehlet, die entweder ihren Dienſtboten ſo uͤbel und un-
vernuͤnftig begegnen, daß ein jeder billig Bedenken traͤgt,
ihm ſein Kind anzuvertrauen; oder die den Jhrigen nicht mit
guten Beyſpielen vorgehen: b) auf deſſen Handlung ſelbſten,
ob darinnen was rechtſchaffenes zu lernen ſey, oder nicht; und
c) auf deſſen Haushaltung oder Hausſtand, ob naͤmlich die
Hausfrau wiſſe, was dem Geſinde gebuͤhret; ob Friede und
Einigkeit zwiſchen Mann und Weib, und auch dem Geſinde
ſey ꝛc. Was ein Kaufmann bey Annehmung eines Dienſt- und
Lehrjungens zu beobachten habe, findet man oben im 510 §.

§. 537.Verabre-
dungen zwi-
ſchen den
Aeltern oder
Vormunde
und dem
Handels-
patrone.

Wenn nun der Knabe Luſt hat, die Aeltern oder Vormuͤn-
der einen Handelspatron erwaͤhlet, und dieſer den Knaben ſelb-
ſten geſehen hat: ſo pflegen alsdenn zwiſchen dem Handelspatro-
ne und den Aeltern, oder dem Vormunde des vorgeſchlagenen Jun-
gens, die nothwendigen Verabredungen (1) wegen der Anzahl der
Dienſtjahre, (2) wegen der zu beſtellenden Caution, auch wol

(3) wegen
K. S. (S)
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[273/0877] Handelsjungen. Capital erfordernde Handlungen in Dienſten bringen wollten, in welchen zwar ein ſolcher Knabe mit der Zeit als Buchhalter, Factor und dergleichen ſeinen Unterhalt finden moͤchte, zu einer ſolchen Handlung ſelbſt aber ſchwerlich gelangen wuͤrde. Hin- wiederum muͤſſen ſie ihre Gedanken (6) auf ſeine Familie rich- ten, daß der Knabe naͤmlich zu einer ſolchen Handlung gebracht werde, von welcher er ſchon einen Vorſchmack in ſeiner Aeltern oder ſeines Vormunds Hauſe gefaſſet habe, und welche er kuͤnf- tig ſo viel leichter angreifen und unternehmen koͤnne. Des- gleichen muͤſſen ſie (7) an die Statuten des Ortes gedenken, wo der Knabe dienen ſoll, ob naͤmlich nach vollendeten Lehr- und Dienſtjahren die Zunft oder Gilde ſamt dem Buͤrgerrechte zu gewinnen, ſchwer und koſtbar; was die daſelbſt ausgedien- ten und ausgelernten Jungen vor andern, wie auch der Buͤr- ger und Kaufleute Kinder vor Fremden voraus haben. Jnſon- derheit ſind ſie ſchuldig, (8) die Gattung der Handlung welche der Knabe erlernen ſoll, zu erwaͤgen, naͤmlich ob ſolche im Flore ſtehe, oder nach und nach in Abnehmen komme; ob et- wann ſchon derjenigen, ſo dieſelbige treiben, mehr ſind, als ſie ſich ehrlich davon ernaͤhren koͤnnen; ob ſie noch einigen Profit abwerfe; ob viele Verdruͤßlichkeiten, Reiſen, Strapazen, See- und andere Gefahr dabey zu beſorgen, ob ſie Ehre bringe, und ob die, welche darinnen ſtehen, kuͤnftiger Ehrenſtellen faͤhig ſeyn oder nicht: wobey man ſich nach dem Vermoͤgen, Ver- ſtande, und der Geburt des Knabens zu richten hat, ſo, daß, wenn alles dieſes ſich nicht ſo hoch erſtrecket, man ihn lieber eine gemeine buͤrgerliche und alle Tage gangbare Handlung er- lernen laſſe, als daß man hoch mit ihm hinaus, und ihn zu Handlungen bringen wollte, die ſich uͤber ſeinen Verſtand, ſein Vermoͤgen ꝛc. erſtrecken. Endlich haben Aeltern und Vormuͤnde noch (9) auf den kuͤnftigen Handelspatron zu ſehen, und zwar a) auf deſſen Perſon, immaßen es unter Kaufleuten nicht an ſolchen fehlet, die entweder ihren Dienſtboten ſo uͤbel und un- vernuͤnftig begegnen, daß ein jeder billig Bedenken traͤgt, ihm ſein Kind anzuvertrauen; oder die den Jhrigen nicht mit guten Beyſpielen vorgehen: b) auf deſſen Handlung ſelbſten, ob darinnen was rechtſchaffenes zu lernen ſey, oder nicht; und c) auf deſſen Haushaltung oder Hausſtand, ob naͤmlich die Hausfrau wiſſe, was dem Geſinde gebuͤhret; ob Friede und Einigkeit zwiſchen Mann und Weib, und auch dem Geſinde ſey ꝛc. Was ein Kaufmann bey Annehmung eines Dienſt- und Lehrjungens zu beobachten habe, findet man oben im 510 §. §. 537. Wenn nun der Knabe Luſt hat, die Aeltern oder Vormuͤn- der einen Handelspatron erwaͤhlet, und dieſer den Knaben ſelb- ſten geſehen hat: ſo pflegen alsdenn zwiſchen dem Handelspatro- ne und den Aeltern, oder dem Vormunde des vorgeſchlagenen Jun- gens, die nothwendigen Verabredungen (1) wegen der Anzahl der Dienſtjahre, (2) wegen der zu beſtellenden Caution, auch wol (3) wegen K. S. (S)

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/877>, abgerufen am 23.11.2024.