Auf die dritte, oder vielmehr zweyte Art, weil das Gi- riren nichts anders, als ein wiederholtes Jndoßiren ist, (§. 383.) geschieht das Uebertragen eines Wechsels vermittelst einer absonderlichen Ceßion. Denn obwol ordentlicher Weise Wech- selbriefe vermittelst eines Jndossaments an andere pflegen über- lassen zu werden (§. 382.): so kann solches doch auch aus er- heblichen Ursachen vermittelst einer absonderlichen Ceßion ge- schehen. Jst nun dieses, so muß nicht allein in solcher Ceßion der Wechselbrief, welcher cediret wird, deutlich und insonder- heit, nicht aber etwann nur überhaupt die Summe einer Schuldpost, ausgedrucket seyn; sondern es muß auch der Ces- sionarius zur Verfallzeit den Wechselbrief nebst der Ceßion zu- gleich selbst in den Händen haben und produciren: widrigen Falls kann derselbe für keinen Jnhaber des Wechselbriefes pas- siren, sondern es würde ihm vielmehr derjenige, welcher sol- chen Wechsel selbst in den Händen hat, und sich darzu, ver- mittelst eines richtigen Jndossaments legitimiret, vorzuziehen seyn.
§. 385.
Wirkung der Wech- sel.
Es haben aber die Wechselbriefe das vorzügliche Recht, vor allen andern Schuldverschreibungen, daß, wenn der Aus- steller die Zahlung zur gehörigen Zeit nicht leistet, die Arreti- rung seiner Person, oder die Execution in sein Vermögen, auf die von dem Briefsinhaber geschehene Vorzeigung des Wech- sels, sofort und ohne alle processualische Weitläuftigkeit|erfolget. Nach einigen Wechselordnungen wird der Wechselschuldner zur Caution angehalten, und, wenn er die nicht leisten kann, als- dann erst mit der Haft beleget.
§. 386.
Wechsel- recht.
Dieses Recht, das die Wechselbriefe haben, wird das Wechselrecht genennet; daher die Redensart kömmt: Nach Wechselrechte.
(*)Wechselrecht ist ein Wort von vielerley Bedeutung. Den es zeiget an: 1) die besondere obrigkeitliche Verord- nung des Verfahrens in Wechselsachen an einem Orte, daher man solches Wort in dieser Bedeutung nicht anders, als mit dem Beysatze eines Orts, z. E. das leipziger Wechselrecht, gebraucht; wiewol man sich anstatt des Worts: Wech- selrecht, alsdann gewöhnlicher des Worts Wechselord- nung bedienet, siehe den 389 §. 2) Die Vorschrift, Regel, und Richtschnur des Verfahrens in Wechselsachen über- haupt, ohne Absicht auf einen Ort insbesondere; da es denn als ein besonderer Theil des Handlungsrechts ange- sehen werden kann (§. 14. der Einleit. zur Kaufmanns.): 3) die besondern Gerichte, so in Handelsstädten verordnet zu seyn pflegen, Wechselklagen zu entscheiden; und insge- mein die Handelsgerichte, oder auch wol besondere Wech- selgerichte sind, siehe den 563 §. 4) die besondere Weise des Verfahrens in Wechselsachen vor Gerichte, und welche
1 Th. 18 Cap. Von der Wechſelhandlung
§. 384.
3) Cedirens.
Auf die dritte, oder vielmehr zweyte Art, weil das Gi- riren nichts anders, als ein wiederholtes Jndoßiren iſt, (§. 383.) geſchieht das Uebertragen eines Wechſels vermittelſt einer abſonderlichen Ceßion. Denn obwol ordentlicher Weiſe Wech- ſelbriefe vermittelſt eines Jndoſſaments an andere pflegen uͤber- laſſen zu werden (§. 382.): ſo kann ſolches doch auch aus er- heblichen Urſachen vermittelſt einer abſonderlichen Ceßion ge- ſchehen. Jſt nun dieſes, ſo muß nicht allein in ſolcher Ceßion der Wechſelbrief, welcher cediret wird, deutlich und inſonder- heit, nicht aber etwann nur uͤberhaupt die Summe einer Schuldpoſt, ausgedrucket ſeyn; ſondern es muß auch der Ceſ- ſionarius zur Verfallzeit den Wechſelbrief nebſt der Ceßion zu- gleich ſelbſt in den Haͤnden haben und produciren: widrigen Falls kann derſelbe fuͤr keinen Jnhaber des Wechſelbriefes paſ- ſiren, ſondern es wuͤrde ihm vielmehr derjenige, welcher ſol- chen Wechſel ſelbſt in den Haͤnden hat, und ſich darzu, ver- mittelſt eines richtigen Jndoſſaments legitimiret, vorzuziehen ſeyn.
§. 385.
Wirkung der Wech- ſel.
Es haben aber die Wechſelbriefe das vorzuͤgliche Recht, vor allen andern Schuldverſchreibungen, daß, wenn der Aus- ſteller die Zahlung zur gehoͤrigen Zeit nicht leiſtet, die Arreti- rung ſeiner Perſon, oder die Execution in ſein Vermoͤgen, auf die von dem Briefsinhaber geſchehene Vorzeigung des Wech- ſels, ſofort und ohne alle proceſſualiſche Weitlaͤuftigkeit|erfolget. Nach einigen Wechſelordnungen wird der Wechſelſchuldner zur Caution angehalten, und, wenn er die nicht leiſten kann, als- dann erſt mit der Haft beleget.
§. 386.
Wechſel- recht.
Dieſes Recht, das die Wechſelbriefe haben, wird das Wechſelrecht genennet; daher die Redensart koͤmmt: Nach Wechſelrechte.
(*)Wechſelrecht iſt ein Wort von vielerley Bedeutung. Den es zeiget an: 1) die beſondere obrigkeitliche Verord- nung des Verfahrens in Wechſelſachen an einem Orte, daher man ſolches Wort in dieſer Bedeutung nicht anders, als mit dem Beyſatze eines Orts, z. E. das leipziger Wechſelrecht, gebraucht; wiewol man ſich anſtatt des Worts: Wech- ſelrecht, alsdann gewoͤhnlicher des Worts Wechſelord- nung bedienet, ſiehe den 389 §. 2) Die Vorſchrift, Regel, und Richtſchnur des Verfahrens in Wechſelſachen uͤber- haupt, ohne Abſicht auf einen Ort insbeſondere; da es denn als ein beſonderer Theil des Handlungsrechts ange- ſehen werden kann (§. 14. der Einleit. zur Kaufmannſ.): 3) die beſondern Gerichte, ſo in Handelsſtaͤdten verordnet zu ſeyn pflegen, Wechſelklagen zu entſcheiden; und insge- mein die Handelsgerichte, oder auch wol beſondere Wech- ſelgerichte ſind, ſiehe den 563 §. 4) die beſondere Weiſe des Verfahrens in Wechſelſachen vor Gerichte, und welche
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1 Th. 18 Cap. Von der Wechſelhandlung
§. 384.
Auf die dritte, oder vielmehr zweyte Art, weil das Gi-
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383.) geſchieht das Uebertragen eines Wechſels vermittelſt einer
abſonderlichen Ceßion. Denn obwol ordentlicher Weiſe Wech-
ſelbriefe vermittelſt eines Jndoſſaments an andere pflegen uͤber-
laſſen zu werden (§. 382.): ſo kann ſolches doch auch aus er-
heblichen Urſachen vermittelſt einer abſonderlichen Ceßion ge-
ſchehen. Jſt nun dieſes, ſo muß nicht allein in ſolcher Ceßion
der Wechſelbrief, welcher cediret wird, deutlich und inſonder-
heit, nicht aber etwann nur uͤberhaupt die Summe einer
Schuldpoſt, ausgedrucket ſeyn; ſondern es muß auch der Ceſ-
ſionarius zur Verfallzeit den Wechſelbrief nebſt der Ceßion zu-
gleich ſelbſt in den Haͤnden haben und produciren: widrigen
Falls kann derſelbe fuͤr keinen Jnhaber des Wechſelbriefes paſ-
ſiren, ſondern es wuͤrde ihm vielmehr derjenige, welcher ſol-
chen Wechſel ſelbſt in den Haͤnden hat, und ſich darzu, ver-
mittelſt eines richtigen Jndoſſaments legitimiret, vorzuziehen
ſeyn.
§. 385.
Es haben aber die Wechſelbriefe das vorzuͤgliche Recht,
vor allen andern Schuldverſchreibungen, daß, wenn der Aus-
ſteller die Zahlung zur gehoͤrigen Zeit nicht leiſtet, die Arreti-
rung ſeiner Perſon, oder die Execution in ſein Vermoͤgen, auf
die von dem Briefsinhaber geſchehene Vorzeigung des Wech-
ſels, ſofort und ohne alle proceſſualiſche Weitlaͤuftigkeit|erfolget.
Nach einigen Wechſelordnungen wird der Wechſelſchuldner zur
Caution angehalten, und, wenn er die nicht leiſten kann, als-
dann erſt mit der Haft beleget.
§. 386.
Dieſes Recht, das die Wechſelbriefe haben, wird das
Wechſelrecht genennet; daher die Redensart koͤmmt: Nach
Wechſelrechte.
⁽*⁾ Wechſelrecht iſt ein Wort von vielerley Bedeutung.
Den es zeiget an: 1) die beſondere obrigkeitliche Verord-
nung des Verfahrens in Wechſelſachen an einem Orte, daher
man ſolches Wort in dieſer Bedeutung nicht anders, als mit
dem Beyſatze eines Orts, z. E. das leipziger Wechſelrecht,
gebraucht; wiewol man ſich anſtatt des Worts: Wech-
ſelrecht, alsdann gewoͤhnlicher des Worts Wechſelord-
nung bedienet, ſiehe den 389 §. 2) Die Vorſchrift, Regel,
und Richtſchnur des Verfahrens in Wechſelſachen uͤber-
haupt, ohne Abſicht auf einen Ort insbeſondere; da es
denn als ein beſonderer Theil des Handlungsrechts ange-
ſehen werden kann (§. 14. der Einleit. zur Kaufmannſ.):
3) die beſondern Gerichte, ſo in Handelsſtaͤdten verordnet
zu ſeyn pflegen, Wechſelklagen zu entſcheiden; und insge-
mein die Handelsgerichte, oder auch wol beſondere Wech-
ſelgerichte ſind, ſiehe den 563 §. 4) die beſondere Weiſe des
Verfahrens in Wechſelſachen vor Gerichte, und welche
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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/792>, abgerufen am 24.11.2024.
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