2) Jn Ansehung des Kaufmanns selbst, als Verkäufers,2) des Ver- käufers, ist ihm anzurathen, daß er beständig im Gewölbe oder Laden sey. Jnsonderheit ist zum Vertriebe der Waaren im Einzelnen die Gegenwart des Kaufmanns nothwendig, da Frau und Kinder die Sachen nicht sowohl verwalten können; vorzüglich wenn Waaren auf Credit, als wobey viele Behutsamkeit anzu- wenden ist, (§. 93.) verkaufet werden sollen.
§. 179.
3) Jn Ansehung der Käufer hat ein Kaufmann mit vieler-3) der Käu- fer. ley Ueberlegung einen Unterschied unter denselben zu machen, und nach solchem folgende Maaßregeln zu nehmen. a) Sind es Personen, so keine Macht zu kaufen | haben (§. 140); so würde der Kaufmann thöricht thun, wenn er sich mit solchen in Handel einlassen wollte. b) Wenn ein Käufer kein Waa- renkenner ist, und eben deswegen mit dem Kaufmanne auf Treue und Glauben handelt; so ist dieser schuldig, jenem solche auch in der That wiederfahren zu lassen, mithin ihn nicht mit böser Waare; oder im ungewöhnlichen Preiße zu beladen; son- dern dahin zu sehen, damit er hernach keine böse Nachrede da- von habe, und der Käufer auch ein andermal wieder zu ihm zu kommen, veranlasset werden möge. Aber wie? wenn ein dergleichen Käufer nicht auf Treue und Glauben mit dem Kauf- manne handelt; darf denn alsdann dieser sich jenes Unwissen- heit zu Nutze machen, daß er solchem aufgeputzte oder aufge- schmierte alte verlegene Waaren, die ihre beste Kraft schon ver- loren haben, ingleichen Waaren, die aus der Mode gekommen sind, lange den Laden gehütet haben, mürb und unkräftig ge- worden sind, wie auch Waaren, die von anderer Beschaffen- heit scheinen, als sie an sich selbst sind, für gute, cur- rente, und tüchtige Waare verkaufe? Jn diesem Fal- le scheint eine der Grundregeln der Handlung: der Erfahr- ne zieht Vortheil von der Unwissenheit des Ungelehrigen, welche man den Satz der Jgnoranz nennen könnte; ingleichen das alte Sprüchwort: Wenn die Narren zu Markte gehen, so lösen die Kramer Geld, dem Kaufmanne gegen einen der- gleichen Käufer das Wort zu reden. Allein, wenn der Kauf- mann noch wol dazu seine schlechte Waare dem elenden Käufer anpreisen und herausstreichen wollte: so wäre unstreitig dieses sündlich und unzuläßig, wenigstens kömmt es nicht mit der rechten Art eines Kaufmanns überein, weil ein solches Verfah- ren einem Betrüger eher, als einem ehrlichen Manne anständig ist. c) Wenn der Käufer ein Kaufmann ist, welches inson- derheit und am meisten bey Großirern vorkömmt: so muß der Verkäufer in Betrachtung, daß die Kaufleute des Handkaufes theils die Waaren kennen, und beynahe den Preiß davon wis- sen, theils auch die Waare wieder zu verkaufen und etwas dar-
an
Verkaufe der Waaren.
§. 178.
2) Jn Anſehung des Kaufmanns ſelbſt, als Verkaͤufers,2) des Ver- kaͤufers, iſt ihm anzurathen, daß er beſtaͤndig im Gewoͤlbe oder Laden ſey. Jnſonderheit iſt zum Vertriebe der Waaren im Einzelnen die Gegenwart des Kaufmanns nothwendig, da Frau und Kinder die Sachen nicht ſowohl verwalten koͤnnen; vorzuͤglich wenn Waaren auf Credit, als wobey viele Behutſamkeit anzu- wenden iſt, (§. 93.) verkaufet werden ſollen.
§. 179.
3) Jn Anſehung der Kaͤufer hat ein Kaufmann mit vieler-3) der Kaͤu- fer. ley Ueberlegung einen Unterſchied unter denſelben zu machen, und nach ſolchem folgende Maaßregeln zu nehmen. a) Sind es Perſonen, ſo keine Macht zu kaufen | haben (§. 140); ſo wuͤrde der Kaufmann thoͤricht thun, wenn er ſich mit ſolchen in Handel einlaſſen wollte. b) Wenn ein Kaͤufer kein Waa- renkenner iſt, und eben deswegen mit dem Kaufmanne auf Treue und Glauben handelt; ſo iſt dieſer ſchuldig, jenem ſolche auch in der That wiederfahren zu laſſen, mithin ihn nicht mit boͤſer Waare; oder im ungewoͤhnlichen Preiße zu beladen; ſon- dern dahin zu ſehen, damit er hernach keine boͤſe Nachrede da- von habe, und der Kaͤufer auch ein andermal wieder zu ihm zu kommen, veranlaſſet werden moͤge. Aber wie? wenn ein dergleichen Kaͤufer nicht auf Treue und Glauben mit dem Kauf- manne handelt; darf denn alsdann dieſer ſich jenes Unwiſſen- heit zu Nutze machen, daß er ſolchem aufgeputzte oder aufge- ſchmierte alte verlegene Waaren, die ihre beſte Kraft ſchon ver- loren haben, ingleichen Waaren, die aus der Mode gekommen ſind, lange den Laden gehuͤtet haben, muͤrb und unkraͤftig ge- worden ſind, wie auch Waaren, die von anderer Beſchaffen- heit ſcheinen, als ſie an ſich ſelbſt ſind, fuͤr gute, cur- rente, und tuͤchtige Waare verkaufe? Jn dieſem Fal- le ſcheint eine der Grundregeln der Handlung: der Erfahr- ne zieht Vortheil von der Unwiſſenheit des Ungelehrigen, welche man den Satz der Jgnoranz nennen koͤnnte; ingleichen das alte Spruͤchwort: Wenn die Narren zu Markte gehen, ſo loͤſen die Kramer Geld, dem Kaufmanne gegen einen der- gleichen Kaͤufer das Wort zu reden. Allein, wenn der Kauf- mann noch wol dazu ſeine ſchlechte Waare dem elenden Kaͤufer anpreiſen und herausſtreichen wollte: ſo waͤre unſtreitig dieſes ſuͤndlich und unzulaͤßig, wenigſtens koͤmmt es nicht mit der rechten Art eines Kaufmanns uͤberein, weil ein ſolches Verfah- ren einem Betruͤger eher, als einem ehrlichen Manne anſtaͤndig iſt. c) Wenn der Kaͤufer ein Kaufmann iſt, welches inſon- derheit und am meiſten bey Großirern vorkoͤmmt: ſo muß der Verkaͤufer in Betrachtung, daß die Kaufleute des Handkaufes theils die Waaren kennen, und beynahe den Preiß davon wiſ- ſen, theils auch die Waare wieder zu verkaufen und etwas dar-
an
<TEI><text><body><divn="1"><floatingText><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0715"n="111"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Verkaufe der Waaren.</hi></fw><lb/><divn="4"><head>§. 178.</head><lb/><p>2) Jn Anſehung des Kaufmanns ſelbſt, als <hirendition="#fr">Verkaͤufers,</hi><noteplace="right">2) des Ver-<lb/>
kaͤufers,</note><lb/>
iſt ihm anzurathen, daß er beſtaͤndig im Gewoͤlbe oder Laden<lb/>ſey. Jnſonderheit iſt zum Vertriebe der Waaren im Einzelnen<lb/>
die Gegenwart des Kaufmanns nothwendig, da Frau und<lb/>
Kinder die Sachen nicht ſowohl verwalten koͤnnen; vorzuͤglich<lb/>
wenn Waaren auf Credit, als wobey viele Behutſamkeit anzu-<lb/>
wenden iſt, (§. 93.) verkaufet werden ſollen.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 179.</head><lb/><p>3) Jn Anſehung der <hirendition="#fr">Kaͤufer</hi> hat ein Kaufmann mit vieler-<noteplace="right">3) der Kaͤu-<lb/>
fer.</note><lb/>
ley Ueberlegung einen Unterſchied unter denſelben zu machen,<lb/>
und nach ſolchem folgende Maaßregeln zu nehmen. <hirendition="#aq">a</hi>) Sind<lb/>
es Perſonen, ſo <hirendition="#fr">keine Macht zu kaufen</hi> | haben (§. 140); ſo<lb/>
wuͤrde der Kaufmann thoͤricht thun, wenn er ſich mit ſolchen<lb/>
in Handel einlaſſen wollte. <hirendition="#aq">b</hi>) Wenn ein Kaͤufer <hirendition="#fr">kein Waa-<lb/>
renkenner</hi> iſt, und eben deswegen mit dem Kaufmanne auf<lb/>
Treue und Glauben handelt; ſo iſt dieſer ſchuldig, jenem ſolche<lb/>
auch in der That wiederfahren zu laſſen, mithin ihn nicht mit<lb/>
boͤſer Waare; oder im ungewoͤhnlichen Preiße zu beladen; ſon-<lb/>
dern dahin zu ſehen, damit er hernach keine boͤſe Nachrede da-<lb/>
von habe, und der Kaͤufer auch ein andermal wieder zu ihm<lb/>
zu kommen, veranlaſſet werden moͤge. Aber wie? wenn ein<lb/>
dergleichen Kaͤufer nicht auf Treue und Glauben mit dem Kauf-<lb/>
manne handelt; darf denn alsdann dieſer ſich jenes Unwiſſen-<lb/>
heit zu Nutze machen, daß er ſolchem aufgeputzte oder aufge-<lb/>ſchmierte alte verlegene Waaren, die ihre beſte Kraft ſchon ver-<lb/>
loren haben, ingleichen Waaren, die aus der Mode gekommen<lb/>ſind, lange den Laden gehuͤtet haben, muͤrb und unkraͤftig ge-<lb/>
worden ſind, wie auch Waaren, die von anderer Beſchaffen-<lb/>
heit ſcheinen, als ſie an ſich ſelbſt ſind, fuͤr gute, cur-<lb/>
rente, und tuͤchtige Waare verkaufe? Jn dieſem Fal-<lb/>
le ſcheint eine der Grundregeln der Handlung: <hirendition="#fr">der Erfahr-<lb/>
ne zieht Vortheil von der Unwiſſenheit des Ungelehrigen,</hi><lb/>
welche man den <hirendition="#fr">Satz der Jgnoranz</hi> nennen koͤnnte; ingleichen<lb/>
das alte Spruͤchwort: <hirendition="#fr">Wenn</hi> die <hirendition="#fr">Narren zu Markte gehen,<lb/>ſo loͤſen die Kramer Geld,</hi> dem Kaufmanne gegen einen der-<lb/>
gleichen Kaͤufer das Wort zu reden. Allein, wenn der Kauf-<lb/>
mann noch wol dazu ſeine ſchlechte Waare dem elenden Kaͤufer<lb/>
anpreiſen und herausſtreichen wollte: ſo waͤre unſtreitig dieſes<lb/>ſuͤndlich und unzulaͤßig, wenigſtens koͤmmt es nicht mit der<lb/>
rechten Art eines Kaufmanns uͤberein, weil ein ſolches Verfah-<lb/>
ren einem Betruͤger eher, als einem ehrlichen Manne anſtaͤndig<lb/>
iſt. <hirendition="#aq">c</hi>) Wenn der <hirendition="#fr">Kaͤufer ein Kaufmann iſt,</hi> welches inſon-<lb/>
derheit und am meiſten bey Großirern vorkoͤmmt: ſo muß der<lb/>
Verkaͤufer in Betrachtung, daß die Kaufleute des Handkaufes<lb/>
theils die Waaren kennen, und beynahe den Preiß davon wiſ-<lb/>ſen, theils auch die Waare wieder zu verkaufen und etwas dar-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">an</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[111/0715]
Verkaufe der Waaren.
§. 178.
2) Jn Anſehung des Kaufmanns ſelbſt, als Verkaͤufers,
iſt ihm anzurathen, daß er beſtaͤndig im Gewoͤlbe oder Laden
ſey. Jnſonderheit iſt zum Vertriebe der Waaren im Einzelnen
die Gegenwart des Kaufmanns nothwendig, da Frau und
Kinder die Sachen nicht ſowohl verwalten koͤnnen; vorzuͤglich
wenn Waaren auf Credit, als wobey viele Behutſamkeit anzu-
wenden iſt, (§. 93.) verkaufet werden ſollen.
2) des Ver-
kaͤufers,
§. 179.
3) Jn Anſehung der Kaͤufer hat ein Kaufmann mit vieler-
ley Ueberlegung einen Unterſchied unter denſelben zu machen,
und nach ſolchem folgende Maaßregeln zu nehmen. a) Sind
es Perſonen, ſo keine Macht zu kaufen | haben (§. 140); ſo
wuͤrde der Kaufmann thoͤricht thun, wenn er ſich mit ſolchen
in Handel einlaſſen wollte. b) Wenn ein Kaͤufer kein Waa-
renkenner iſt, und eben deswegen mit dem Kaufmanne auf
Treue und Glauben handelt; ſo iſt dieſer ſchuldig, jenem ſolche
auch in der That wiederfahren zu laſſen, mithin ihn nicht mit
boͤſer Waare; oder im ungewoͤhnlichen Preiße zu beladen; ſon-
dern dahin zu ſehen, damit er hernach keine boͤſe Nachrede da-
von habe, und der Kaͤufer auch ein andermal wieder zu ihm
zu kommen, veranlaſſet werden moͤge. Aber wie? wenn ein
dergleichen Kaͤufer nicht auf Treue und Glauben mit dem Kauf-
manne handelt; darf denn alsdann dieſer ſich jenes Unwiſſen-
heit zu Nutze machen, daß er ſolchem aufgeputzte oder aufge-
ſchmierte alte verlegene Waaren, die ihre beſte Kraft ſchon ver-
loren haben, ingleichen Waaren, die aus der Mode gekommen
ſind, lange den Laden gehuͤtet haben, muͤrb und unkraͤftig ge-
worden ſind, wie auch Waaren, die von anderer Beſchaffen-
heit ſcheinen, als ſie an ſich ſelbſt ſind, fuͤr gute, cur-
rente, und tuͤchtige Waare verkaufe? Jn dieſem Fal-
le ſcheint eine der Grundregeln der Handlung: der Erfahr-
ne zieht Vortheil von der Unwiſſenheit des Ungelehrigen,
welche man den Satz der Jgnoranz nennen koͤnnte; ingleichen
das alte Spruͤchwort: Wenn die Narren zu Markte gehen,
ſo loͤſen die Kramer Geld, dem Kaufmanne gegen einen der-
gleichen Kaͤufer das Wort zu reden. Allein, wenn der Kauf-
mann noch wol dazu ſeine ſchlechte Waare dem elenden Kaͤufer
anpreiſen und herausſtreichen wollte: ſo waͤre unſtreitig dieſes
ſuͤndlich und unzulaͤßig, wenigſtens koͤmmt es nicht mit der
rechten Art eines Kaufmanns uͤberein, weil ein ſolches Verfah-
ren einem Betruͤger eher, als einem ehrlichen Manne anſtaͤndig
iſt. c) Wenn der Kaͤufer ein Kaufmann iſt, welches inſon-
derheit und am meiſten bey Großirern vorkoͤmmt: ſo muß der
Verkaͤufer in Betrachtung, daß die Kaufleute des Handkaufes
theils die Waaren kennen, und beynahe den Preiß davon wiſ-
ſen, theils auch die Waare wieder zu verkaufen und etwas dar-
an
3) der Kaͤu-
fer.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/715>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.