des Wahr- scheinlichen.dem Kaufmanne so gar viele Fälle in Ansehung des Gewinnsts und Verlusts vorkommen, die er alle nach den Graden der Wahrscheinlichkeit beurtheilen muß.
§. 21.
Quellen der Kaufmann- schaft.
Die Quellen der Kaufmannschaft, das ist, woher selbige zu erlernen ist, sind: 1) die Erfahrung, die auch den geschick- testen und geübtesten Kaufmann täglich vollkommener macht; 1) Erfahrung 2) Unterricht2) der Unterricht, theils mündlicher, den man so lange, bis etwann Akademien der Kaufleute aufgerichtet werden möchten, wovon im 28. §. hauptsächlich von wohlerfahrnen und langge- übten Kaufleuten erhält; theils schriftlicher, welchen man aus guten Büchern von Handelssachen, erlanget, deren Lesung also insonderheit ein angehender Kaufmann seine müßigen Stunden billig widmen sollte. Denn gute Bücher müssen bey einem An- fänger das ersetzen, was ihn seine eigene Erfahrung noch nicht gelehret hat. Daher denn in einer jeden großen Handelsstadt eine Kaufmannsbibliothek |anzutreffen seyn sollte, welcher ein Waarencabinet beyzusetzen wäre. Beyde Stücke wür- den den Kaufmannsbörsen eine vortreffliche Zierde von unge- meinen Nutzen geben. Zu den Quellen der Kaufmannschaft 3) Uebung.gehöret endlich 3) die Uebung in Handelssachen, als welche insonderheit den Handelsdienern und Handelsjungen die Hand- lungswissenschaft beybringen muß, indem sie selten von ihren Patronen einigen Unterricht erhalten, weil diese theils mit ih- ren Sachen allzugeheim sind, theils auch sich die Mühe nicht nehmen. Was nun jenen zu thun aufgegeben wird, oder was sie in der Handlung sehen und ohngefähr hören, das ist alles, was sie von ihrem Conditionstehen haben. Dahero Diener und Jungen um so viel mehr Ursache haben, auf ihrer Patrone Reden und Thun Achtung zu geben, und sich zu ihren Verschickungen und andern Verrichtungen gleichsam aufzunöthigen.
Kaufmanns- bibliothek.
(*) Einer solchen Kaufmannsbibliothek Ordnung könnte darinnen bestehen, daß erstlich die zu der Handlungsge- schichte gehörigen, und also die historische Bibliothek aus- machenden Schriften besonders gestellet würden; und denn die dogmatische Bibliothek wiederum besonders beysammen wäre, der gestalt, daß sie nach Anleitung eines Kaufmannssy- stems in verschiedene Classen vertheilet wäre. Das Verzeich- niß historischer und dogmatischer Schriften, so zur Kauf- mannschaft gerechnet werden können, muß man in der ge- lehrten Handelshistorie suchen, davon man aber zur Zeit noch wenige Proben hat.
Waaren- cabinet.
(**) Jn dem Waarencabinette müßten Proben, Muster und Exemplarien von allen Waaren und ihren verschiedenen Sorten, von allen Maaßen und Gewichten, von allen gangbaren Münzsorten aller Länder und Städte; inglei- chen Maschinen zu Manufacturen, insonderheit Jnventions- maschinen die Manufacturarbeiten zu erleichtern, als Band- mühlen etc. nicht weniger Maschinen, welche ein wohlein-
Einleitung
des Wahr- ſcheinlichen.dem Kaufmanne ſo gar viele Faͤlle in Anſehung des Gewinnſts und Verluſts vorkommen, die er alle nach den Graden der Wahrſcheinlichkeit beurtheilen muß.
§. 21.
Quellen der Kaufmann- ſchaft.
Die Quellen der Kaufmannſchaft, das iſt, woher ſelbige zu erlernen iſt, ſind: 1) die Erfahrung, die auch den geſchick- teſten und geuͤbteſten Kaufmann taͤglich vollkommener macht; 1) Erfahrung 2) Unterricht2) der Unterricht, theils muͤndlicher, den man ſo lange, bis etwann Akademien der Kaufleute aufgerichtet werden moͤchten, wovon im 28. §. hauptſaͤchlich von wohlerfahrnen und langge- uͤbten Kaufleuten erhaͤlt; theils ſchriftlicher, welchen man aus guten Buͤchern von Handelsſachen, erlanget, deren Leſung alſo inſonderheit ein angehender Kaufmann ſeine muͤßigen Stunden billig widmen ſollte. Denn gute Buͤcher muͤſſen bey einem An- faͤnger das erſetzen, was ihn ſeine eigene Erfahrung noch nicht gelehret hat. Daher denn in einer jeden großen Handelsſtadt eine Kaufmannsbibliothek |anzutreffen ſeyn ſollte, welcher ein Waarencabinet beyzuſetzen waͤre. Beyde Stuͤcke wuͤr- den den Kaufmannsboͤrſen eine vortreffliche Zierde von unge- meinen Nutzen geben. Zu den Quellen der Kaufmannſchaft 3) Uebung.gehoͤret endlich 3) die Uebung in Handelsſachen, als welche inſonderheit den Handelsdienern und Handelsjungen die Hand- lungswiſſenſchaft beybringen muß, indem ſie ſelten von ihren Patronen einigen Unterricht erhalten, weil dieſe theils mit ih- ren Sachen allzugeheim ſind, theils auch ſich die Muͤhe nicht nehmen. Was nun jenen zu thun aufgegeben wird, oder was ſie in der Handlung ſehen und ohngefaͤhr hoͤren, das iſt alles, was ſie von ihrem Conditionſtehen haben. Dahero Diener und Jungen um ſo viel mehr Urſache haben, auf ihrer Patrone Reden und Thun Achtung zu geben, und ſich zu ihren Verſchickungen und andern Verrichtungen gleichſam aufzunoͤthigen.
Kaufmañs- bibliothek.
(*) Einer ſolchen Kaufmannsbibliothek Ordnung koͤnnte darinnen beſtehen, daß erſtlich die zu der Handlungsge- ſchichte gehoͤrigen, und alſo die hiſtoriſche Bibliothek aus- machenden Schriften beſonders geſtellet wuͤrden; und denn die dogmatiſche Bibliothek wiederum beſonders beyſammen waͤre, der geſtalt, daß ſie nach Anleitung eines Kaufmannsſy- ſtems in verſchiedene Claſſen vertheilet waͤre. Das Verzeich- niß hiſtoriſcher und dogmatiſcher Schriften, ſo zur Kauf- mannſchaft gerechnet werden koͤnnen, muß man in der ge- lehrten Handelshiſtorie ſuchen, davon man aber zur Zeit noch wenige Proben hat.
Waaren- cabinet.
(**) Jn dem Waarencabinette muͤßten Proben, Muſter und Exemplarien von allen Waaren und ihren verſchiedenen Sorten, von allen Maaßen und Gewichten, von allen gangbaren Muͤnzſorten aller Laͤnder und Staͤdte; inglei- chen Maſchinen zu Manufacturen, inſonderheit Jnventions- maſchinen die Manufacturarbeiten zu erleichtern, als Band- muͤhlen ꝛc. nicht weniger Maſchinen, welche ein wohlein-
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Einleitung
dem Kaufmanne ſo gar viele Faͤlle in Anſehung des Gewinnſts
und Verluſts vorkommen, die er alle nach den Graden der
Wahrſcheinlichkeit beurtheilen muß.
des Wahr-
ſcheinlichen.
§. 21.
Die Quellen der Kaufmannſchaft, das iſt, woher ſelbige
zu erlernen iſt, ſind: 1) die Erfahrung, die auch den geſchick-
teſten und geuͤbteſten Kaufmann taͤglich vollkommener macht;
2) der Unterricht, theils muͤndlicher, den man ſo lange, bis
etwann Akademien der Kaufleute aufgerichtet werden moͤchten,
wovon im 28. §. hauptſaͤchlich von wohlerfahrnen und langge-
uͤbten Kaufleuten erhaͤlt; theils ſchriftlicher, welchen man aus
guten Buͤchern von Handelsſachen, erlanget, deren Leſung alſo
inſonderheit ein angehender Kaufmann ſeine muͤßigen Stunden
billig widmen ſollte. Denn gute Buͤcher muͤſſen bey einem An-
faͤnger das erſetzen, was ihn ſeine eigene Erfahrung noch nicht
gelehret hat. Daher denn in einer jeden großen Handelsſtadt
eine Kaufmannsbibliothek |anzutreffen ſeyn ſollte, welcher
ein Waarencabinet beyzuſetzen waͤre. Beyde Stuͤcke wuͤr-
den den Kaufmannsboͤrſen eine vortreffliche Zierde von unge-
meinen Nutzen geben. Zu den Quellen der Kaufmannſchaft
gehoͤret endlich 3) die Uebung in Handelsſachen, als welche
inſonderheit den Handelsdienern und Handelsjungen die Hand-
lungswiſſenſchaft beybringen muß, indem ſie ſelten von ihren
Patronen einigen Unterricht erhalten, weil dieſe theils mit ih-
ren Sachen allzugeheim ſind, theils auch ſich die Muͤhe nicht
nehmen. Was nun jenen zu thun aufgegeben wird, oder was
ſie in der Handlung ſehen und ohngefaͤhr hoͤren, das iſt alles,
was ſie von ihrem Conditionſtehen haben. Dahero Diener und
Jungen um ſo viel mehr Urſache haben, auf ihrer Patrone Reden
und Thun Achtung zu geben, und ſich zu ihren Verſchickungen
und andern Verrichtungen gleichſam aufzunoͤthigen.
1) Erfahrung
2) Unterricht
3) Uebung.
⁽*⁾ Einer ſolchen Kaufmannsbibliothek Ordnung koͤnnte
darinnen beſtehen, daß erſtlich die zu der Handlungsge-
ſchichte gehoͤrigen, und alſo die hiſtoriſche Bibliothek aus-
machenden Schriften beſonders geſtellet wuͤrden; und denn
die dogmatiſche Bibliothek wiederum beſonders beyſammen
waͤre, der geſtalt, daß ſie nach Anleitung eines Kaufmannsſy-
ſtems in verſchiedene Claſſen vertheilet waͤre. Das Verzeich-
niß hiſtoriſcher und dogmatiſcher Schriften, ſo zur Kauf-
mannſchaft gerechnet werden koͤnnen, muß man in der ge-
lehrten Handelshiſtorie ſuchen, davon man aber zur Zeit noch
wenige Proben hat.
⁽**⁾ Jn dem Waarencabinette muͤßten Proben, Muſter und
Exemplarien von allen Waaren und ihren verſchiedenen
Sorten, von allen Maaßen und Gewichten, von allen
gangbaren Muͤnzſorten aller Laͤnder und Staͤdte; inglei-
chen Maſchinen zu Manufacturen, inſonderheit Jnventions-
maſchinen die Manufacturarbeiten zu erleichtern, als Band-
muͤhlen ꝛc. nicht weniger Maſchinen, welche ein wohlein-
gerich-
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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/624>, abgerufen am 24.11.2024.
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