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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Zunft
nicht, solche Waaren bey Ein- und
Ausländern in guten Ruf und Nach-
frage bringen: so bewirket dieses
so viel, daß die Kaufleute desto
mehr Abgang darinnen haben, folg-
lich ihr Commerz von Tage zu Ta-
ge verstärken, auch einen redlichen
Preiß, weil keine Schleuderey bey
den Zünften leichtlich gestattet wird,
darinnen behaupten können: da
hingegen bey aufgehobenen Zünften
und Handwerksinnungen, da bald
hier, bald da ein Handwerksmann
in diesem oder jenem Winkel sitzen,
und gute und böse Arbeiter unter
einander wohnen würden, wegen
der unter ihnen ermangelnden Schau
und Censur solches keinesweges ins
Werk gerichtet werden könnte.
Und so würde auch ein Unzünftiger
sich an den gewöhnlichen Marktpreiß
nicht kehren; sondern, weil er Geld
haben, und aus der Hand in den
Mund zehren müßte, seine Waaren
in und außerhalb Landes, so gut
er könnte, los zu werden suchen,
und dadurch sowol andern seinen
Mitmeistern, als auch und vor-
nehmlich den Kaufleuten, den Preiß
verderben, daß endlich eine dem
Lande vormals vortheilhaftig ge-
wesene Manufactur so herunter
kommen müßte, daß wenig oder
nichts mehr dabey zu verdienen, die
darinnen Arbeitenden aber Bettler
und Landläufer werden müßten.

Zunftbücher, darunter versteht
man (1) insgemein der Zünfte oder
Jnnungen Protocolle und andere
dergleichen Bücher, darinnen die
von ihnen in Sachen ihrer Zunft
oder Jnnung ergangene Schlüsse,
oder was sonst etwann bey ihren ge-
wöhnlichen und ordentlichen Zusam-
menkünften vorgegangen und abge-
handelt worden, zu künftiger Nach-
achtung oder Nachricht, gehörig ein-
getragen und niedergeschrieben wor-
den: und haben sodann benöthig-
ten Falls dergleichen Bücher, ob sie
[Spaltenumbruch]

Zunge
gleich eigentlich keine öffentliche
Bücher genannt werden können,
(immaßen die Zünfte nur bloß aus
Privatpersonen bestehen) dennoch,
wenn sie im Originale vorgeleget
werden, die Kraft eines völligen
Beweises haben, weil gedachte Perso-
nen gleichwol vermögend und geschickt
sind, nach Gelegenheit so gar Raths-
herren zu werden, und sie also
gleichsam eine öffentliche Person vor-
stellen. Sonst aber begreifen auch
einige unter Benennung der Zunft-
bücher zugleich (2) der Zünfte und
Jnnungen ihre Artikel oder Briefe
und Statuten, wovon der Artikel
Zunft, nachzusehen.

Zunftrecht, oder Jnnungsrecht,
lat. Jus collegiorum opificum, oder
Jus opificiarium, begreift (1) über-
haupt sowol die den Zünften und
Jnnungen vorgeschriebene Artikel,
Ordnungen, Statuten und Gese-
tze; als auch (2) die denenselben
insonderheit zustehende Freyhei-
ten, Gerechtigkeiten und Befugnis-
se, wovon der Artikel: Zunft,
handelt.

Zunge, oder Zungenfisch, lat.
Solea, franz. Sole, ein Seefisch,
der von der Gestalt und Gleichheit
einer Zunge oder einer Fußsole den
Namen bekommen hat. Er ist läng-
licht, platt, dunkelgrau auf dem
Rücken, und weiß auf dem Bau-
che, wie die Flindern oder Plattfi-
sche, mit einem geschobenen Maule
ohne Zähne, von unterschiedlicher
Größe, die in dem Ocean bis über
eine Elle erwächst, gewöhnlich ei-
ner halben Ellen lang. Jhr Auf-
enthalt ist das Meer; sie treten
aber auch zuweilen in die Flüsse.
Jhr Fleisch ist gesunder, nahrhaf-
ter und lieblicher, als der Schollen ih-
res, und wird in Holland und Frank-
reich so hoch gehalten, daß man den
Fisch daher das Meerhuhn, franz.
Perdrix de la Meer, nennet. Zu
uns kommen sie selten frisch, wohl

aber
O o 4

[Spaltenumbruch]

Zunft
nicht, ſolche Waaren bey Ein- und
Auslaͤndern in guten Ruf und Nach-
frage bringen: ſo bewirket dieſes
ſo viel, daß die Kaufleute deſto
mehr Abgang darinnen haben, folg-
lich ihr Commerz von Tage zu Ta-
ge verſtaͤrken, auch einen redlichen
Preiß, weil keine Schleuderey bey
den Zuͤnften leichtlich geſtattet wird,
darinnen behaupten koͤnnen: da
hingegen bey aufgehobenen Zuͤnften
und Handwerksinnungen, da bald
hier, bald da ein Handwerksmann
in dieſem oder jenem Winkel ſitzen,
und gute und boͤſe Arbeiter unter
einander wohnen wuͤrden, wegen
der unter ihnen ermangelnden Schau
und Cenſur ſolches keinesweges ins
Werk gerichtet werden koͤnnte.
Und ſo wuͤrde auch ein Unzuͤnftiger
ſich an den gewoͤhnlichen Marktpreiß
nicht kehren; ſondern, weil er Geld
haben, und aus der Hand in den
Mund zehren muͤßte, ſeine Waaren
in und außerhalb Landes, ſo gut
er koͤnnte, los zu werden ſuchen,
und dadurch ſowol andern ſeinen
Mitmeiſtern, als auch und vor-
nehmlich den Kaufleuten, den Preiß
verderben, daß endlich eine dem
Lande vormals vortheilhaftig ge-
weſene Manufactur ſo herunter
kommen muͤßte, daß wenig oder
nichts mehr dabey zu verdienen, die
darinnen Arbeitenden aber Bettler
und Landlaͤufer werden muͤßten.

Zunftbuͤcher, darunter verſteht
man (1) insgemein der Zuͤnfte oder
Jnnungen Protocolle und andere
dergleichen Buͤcher, darinnen die
von ihnen in Sachen ihrer Zunft
oder Jnnung ergangene Schluͤſſe,
oder was ſonſt etwann bey ihren ge-
woͤhnlichen und ordentlichen Zuſam-
menkuͤnften vorgegangen und abge-
handelt worden, zu kuͤnftiger Nach-
achtung oder Nachricht, gehoͤrig ein-
getragen und niedergeſchrieben wor-
den: und haben ſodann benoͤthig-
ten Falls dergleichen Buͤcher, ob ſie
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Zunge
gleich eigentlich keine oͤffentliche
Buͤcher genannt werden koͤnnen,
(immaßen die Zuͤnfte nur bloß aus
Privatperſonen beſtehen) dennoch,
wenn ſie im Originale vorgeleget
werden, die Kraft eines voͤlligen
Beweiſes haben, weil gedachte Perſo-
nen gleichwol vermoͤgend und geſchickt
ſind, nach Gelegenheit ſo gar Raths-
herren zu werden, und ſie alſo
gleichſam eine oͤffentliche Perſon vor-
ſtellen. Sonſt aber begreifen auch
einige unter Benennung der Zunft-
buͤcher zugleich (2) der Zuͤnfte und
Jnnungen ihre Artikel oder Briefe
und Statuten, wovon der Artikel
Zunft, nachzuſehen.

Zunftrecht, oder Jnnungsrecht,
lat. Jus collegiorum opificum, oder
Jus opificiarium, begreift (1) uͤber-
haupt ſowol die den Zuͤnften und
Jnnungen vorgeſchriebene Artikel,
Ordnungen, Statuten und Geſe-
tze; als auch (2) die denenſelben
inſonderheit zuſtehende Freyhei-
ten, Gerechtigkeiten und Befugniſ-
ſe, wovon der Artikel: Zunft,
handelt.

Zunge, oder Zungenfiſch, lat.
Solea, franz. Sole, ein Seefiſch,
der von der Geſtalt und Gleichheit
einer Zunge oder einer Fußſole den
Namen bekommen hat. Er iſt laͤng-
licht, platt, dunkelgrau auf dem
Ruͤcken, und weiß auf dem Bau-
che, wie die Flindern oder Plattfi-
ſche, mit einem geſchobenen Maule
ohne Zaͤhne, von unterſchiedlicher
Groͤße, die in dem Ocean bis uͤber
eine Elle erwaͤchſt, gewoͤhnlich ei-
ner halben Ellen lang. Jhr Auf-
enthalt iſt das Meer; ſie treten
aber auch zuweilen in die Fluͤſſe.
Jhr Fleiſch iſt geſunder, nahrhaf-
ter und lieblicher, als der Schollen ih-
res, und wird in Holland und Frank-
reich ſo hoch gehalten, daß man den
Fiſch daher das Meerhuhn, franz.
Perdrix de la Meer, nennet. Zu
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aber
O o 4
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[[583]/0589] Zunft Zunge nicht, ſolche Waaren bey Ein- und Auslaͤndern in guten Ruf und Nach- frage bringen: ſo bewirket dieſes ſo viel, daß die Kaufleute deſto mehr Abgang darinnen haben, folg- lich ihr Commerz von Tage zu Ta- ge verſtaͤrken, auch einen redlichen Preiß, weil keine Schleuderey bey den Zuͤnften leichtlich geſtattet wird, darinnen behaupten koͤnnen: da hingegen bey aufgehobenen Zuͤnften und Handwerksinnungen, da bald hier, bald da ein Handwerksmann in dieſem oder jenem Winkel ſitzen, und gute und boͤſe Arbeiter unter einander wohnen wuͤrden, wegen der unter ihnen ermangelnden Schau und Cenſur ſolches keinesweges ins Werk gerichtet werden koͤnnte. Und ſo wuͤrde auch ein Unzuͤnftiger ſich an den gewoͤhnlichen Marktpreiß nicht kehren; ſondern, weil er Geld haben, und aus der Hand in den Mund zehren muͤßte, ſeine Waaren in und außerhalb Landes, ſo gut er koͤnnte, los zu werden ſuchen, und dadurch ſowol andern ſeinen Mitmeiſtern, als auch und vor- nehmlich den Kaufleuten, den Preiß verderben, daß endlich eine dem Lande vormals vortheilhaftig ge- weſene Manufactur ſo herunter kommen muͤßte, daß wenig oder nichts mehr dabey zu verdienen, die darinnen Arbeitenden aber Bettler und Landlaͤufer werden muͤßten. Zunftbuͤcher, darunter verſteht man (1) insgemein der Zuͤnfte oder Jnnungen Protocolle und andere dergleichen Buͤcher, darinnen die von ihnen in Sachen ihrer Zunft oder Jnnung ergangene Schluͤſſe, oder was ſonſt etwann bey ihren ge- woͤhnlichen und ordentlichen Zuſam- menkuͤnften vorgegangen und abge- handelt worden, zu kuͤnftiger Nach- achtung oder Nachricht, gehoͤrig ein- getragen und niedergeſchrieben wor- den: und haben ſodann benoͤthig- ten Falls dergleichen Buͤcher, ob ſie gleich eigentlich keine oͤffentliche Buͤcher genannt werden koͤnnen, (immaßen die Zuͤnfte nur bloß aus Privatperſonen beſtehen) dennoch, wenn ſie im Originale vorgeleget werden, die Kraft eines voͤlligen Beweiſes haben, weil gedachte Perſo- nen gleichwol vermoͤgend und geſchickt ſind, nach Gelegenheit ſo gar Raths- herren zu werden, und ſie alſo gleichſam eine oͤffentliche Perſon vor- ſtellen. Sonſt aber begreifen auch einige unter Benennung der Zunft- buͤcher zugleich (2) der Zuͤnfte und Jnnungen ihre Artikel oder Briefe und Statuten, wovon der Artikel Zunft, nachzuſehen. Zunftrecht, oder Jnnungsrecht, lat. Jus collegiorum opificum, oder Jus opificiarium, begreift (1) uͤber- haupt ſowol die den Zuͤnften und Jnnungen vorgeſchriebene Artikel, Ordnungen, Statuten und Geſe- tze; als auch (2) die denenſelben inſonderheit zuſtehende Freyhei- ten, Gerechtigkeiten und Befugniſ- ſe, wovon der Artikel: Zunft, handelt. Zunge, oder Zungenfiſch, lat. Solea, franz. Sole, ein Seefiſch, der von der Geſtalt und Gleichheit einer Zunge oder einer Fußſole den Namen bekommen hat. Er iſt laͤng- licht, platt, dunkelgrau auf dem Ruͤcken, und weiß auf dem Bau- che, wie die Flindern oder Plattfi- ſche, mit einem geſchobenen Maule ohne Zaͤhne, von unterſchiedlicher Groͤße, die in dem Ocean bis uͤber eine Elle erwaͤchſt, gewoͤhnlich ei- ner halben Ellen lang. Jhr Auf- enthalt iſt das Meer; ſie treten aber auch zuweilen in die Fluͤſſe. Jhr Fleiſch iſt geſunder, nahrhaf- ter und lieblicher, als der Schollen ih- res, und wird in Holland und Frank- reich ſo hoch gehalten, daß man den Fiſch daher das Meerhuhn, franz. Perdrix de la Meer, nennet. Zu uns kommen ſie ſelten friſch, wohl aber O o 4

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [583]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/589>, abgerufen am 22.11.2024.