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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Zinnober
Reinigkeit der Erde, der Steine,
des Sandes oder des Orts, wo der
Zinnober entstanden ist, entweder
mehr oder weniger rein, und nach
der Art seines Landes öfters so schön
roth ist, daß man ihn nicht schöner
wünschen kann, siehe Bergzinno-
ber.
Der (b) durch Kunst berei-
tete Zinnober,
lat. Cinnabaris fa-
ctitia
,
oder nur schlechthin Zinno-
ber,
lat. Cinnabaris genannt, wird
an verschiedenen Orten, vornehm-
lich in England, zu Amsterdam und
Venedig, von einem Theile Schwefel
und 7 bis 8 Theilen Quecksilber durch
deren genaue Vermischung und nach-
herige Sublimirung gemachet: und
ist an Farbe und Eigenschaften
dem natürlichen Zinnober gänzlich
gleich, inwendig aber strahligt.
Er wird theils ganz, und theils
gerieben versendet. Der (a) ganze
Zinnober
kömmt in ganzen Stücken
oder Kuchen, die schichtweise an
einander hangen, aus Holland,
wovon die Ursache diese ist, weil
man insgemein von der Mixtur
25 Pfunde auf einmal sublimiret,
und, wenn solches geschehen, wie-
derum so viel, bis daß das Gefäße
voll ist. Es wiegen dergleichen
Stücke 3 bis 4 Centner. Bey dem
Einkaufe des ganzen Zinnobers muß
man denjenigen erwählen, welcher
in feinen schönen Steinen oder
Stücken kömmt, die sehr gewichtig
und glänzend sind, feine lange und
schöne reine Spieße oder Streifen
haben, und von schöner hoher braun-
rother Farbe sind. Der (b) gerie-
bene Zinnober
wird derjenige Zin-
nober genennet, welcher eine gute
Zeitlang auf einem Reibesteine zu
einem ganz subtilen und zarten Pul-
ver gerieben, und entweder mit
Urin, oder mit Weingeist, zugerichtet
worden ist. Die Franzosen nennen
ihn Vermillon. Der beste davon
kömmt aus Jtalien; und die Deut-
schen haben, aller angewendeten
[Spaltenumbruch]
Zinnober
Mühe ungeachtet, ihn noch nicht so
schön nachmachen können, sondern
ihn vielmehr durch das viele Kün-
steln verdorben und verfälschet.
Die Holländer machen dessen zwey
Sorten: rothen und bleichen;
welcher Unterschied aber nur von
dem Zerstoßen des Zinnobers her-
rühret. Denn jemehr er gestoßen
oder gerieben wird, desto bleicher
und besser wird er, absonderlich vor
diejenigen, so das Siegellack oder
spanische Wachs damit färben.
Von solchem geriebenen Zinnober
hält man denjenigen für den besten,
der ganz zart, trocken und nicht
erdhaft oder sandigt ist, wie ihn
die Holländer vor andern zu zube-
reiten wissen; und müssen sie ent-
weder einen besondern Handgriff ha-
ben, oder etwas darunter mischen,
weil ihr Vermillon so bald trocknet;
da hergegen der rohe Zinnober, wenn
er gestoßen und etwas angefeuchtet
wird, gar langsam und schwerlich
wieder trocken wird. Es wird aber
der geriebene Zinnober oft dadurch
verfälscht, daß die Betrüger Men-
nige darunter mischen; daher es
allezeit rathsamer ist, denselben
ganz, als gerieben oder gestoßen zu
kaufen: Oder wenn man ja solchen
gekauft hat, und probiren will,
so nehme man 1/2 Pfund davon, ver-
menge ihn mit einem Pfunde Eisen-
feil, und treibe ihn in einer Retor-
te über: so wird man an der Menge
des herüber gestiegenen Quecksilbers
leicht sehen, ob der Zinnober gerecht
oder verfälscht sey. Sonst probirt
man ihn auch auf einem glühenden
eisernen Bleche: allein die Probe
ist nicht viel zu achten, weil der
ächte einen Rauch, eben wie der fal-
sche, von sich giebt. Der (2) Unter-
schied des natürlichen
und des durch
die Kunst bereiteten Zinnobers äus-
sert sich insonderheit darinnen, daß
jener, weil er mit der Erde ver-
mischet ist, nicht so rein ist, als

dieser.

[Spaltenumbruch]

Zinnober
Reinigkeit der Erde, der Steine,
des Sandes oder des Orts, wo der
Zinnober entſtanden iſt, entweder
mehr oder weniger rein, und nach
der Art ſeines Landes oͤfters ſo ſchoͤn
roth iſt, daß man ihn nicht ſchoͤner
wuͤnſchen kann, ſiehe Bergzinno-
ber.
Der (b) durch Kunſt berei-
tete Zinnober,
lat. Cinnabaris fa-
ctitia
,
oder nur ſchlechthin Zinno-
ber,
lat. Cinnabaris genannt, wird
an verſchiedenen Orten, vornehm-
lich in England, zu Amſterdam und
Venedig, von einem Theile Schwefel
und 7 bis 8 Theilen Queckſilber durch
deren genaue Vermiſchung und nach-
herige Sublimirung gemachet: und
iſt an Farbe und Eigenſchaften
dem natuͤrlichen Zinnober gaͤnzlich
gleich, inwendig aber ſtrahligt.
Er wird theils ganz, und theils
gerieben verſendet. Der (a) ganze
Zinnober
koͤmmt in ganzen Stuͤcken
oder Kuchen, die ſchichtweiſe an
einander hangen, aus Holland,
wovon die Urſache dieſe iſt, weil
man insgemein von der Mixtur
25 Pfunde auf einmal ſublimiret,
und, wenn ſolches geſchehen, wie-
derum ſo viel, bis daß das Gefaͤße
voll iſt. Es wiegen dergleichen
Stuͤcke 3 bis 4 Centner. Bey dem
Einkaufe des ganzen Zinnobers muß
man denjenigen erwaͤhlen, welcher
in feinen ſchoͤnen Steinen oder
Stuͤcken koͤmmt, die ſehr gewichtig
und glaͤnzend ſind, feine lange und
ſchoͤne reine Spieße oder Streifen
haben, und von ſchoͤner hoher braun-
rother Farbe ſind. Der (b) gerie-
bene Zinnober
wird derjenige Zin-
nober genennet, welcher eine gute
Zeitlang auf einem Reibeſteine zu
einem ganz ſubtilen und zarten Pul-
ver gerieben, und entweder mit
Urin, oder mit Weingeiſt, zugerichtet
worden iſt. Die Franzoſen nennen
ihn Vermillon. Der beſte davon
koͤmmt aus Jtalien; und die Deut-
ſchen haben, aller angewendeten
[Spaltenumbruch]
Zinnober
Muͤhe ungeachtet, ihn noch nicht ſo
ſchoͤn nachmachen koͤnnen, ſondern
ihn vielmehr durch das viele Kuͤn-
ſteln verdorben und verfaͤlſchet.
Die Hollaͤnder machen deſſen zwey
Sorten: rothen und bleichen;
welcher Unterſchied aber nur von
dem Zerſtoßen des Zinnobers her-
ruͤhret. Denn jemehr er geſtoßen
oder gerieben wird, deſto bleicher
und beſſer wird er, abſonderlich vor
diejenigen, ſo das Siegellack oder
ſpaniſche Wachs damit faͤrben.
Von ſolchem geriebenen Zinnober
haͤlt man denjenigen fuͤr den beſten,
der ganz zart, trocken und nicht
erdhaft oder ſandigt iſt, wie ihn
die Hollaͤnder vor andern zu zube-
reiten wiſſen; und muͤſſen ſie ent-
weder einen beſondern Handgriff ha-
ben, oder etwas darunter miſchen,
weil ihr Vermillon ſo bald trocknet;
da hergegen der rohe Zinnober, wenn
er geſtoßen und etwas angefeuchtet
wird, gar langſam und ſchwerlich
wieder trocken wird. Es wird aber
der geriebene Zinnober oft dadurch
verfaͤlſcht, daß die Betruͤger Men-
nige darunter miſchen; daher es
allezeit rathſamer iſt, denſelben
ganz, als gerieben oder geſtoßen zu
kaufen: Oder wenn man ja ſolchen
gekauft hat, und probiren will,
ſo nehme man ½ Pfund davon, ver-
menge ihn mit einem Pfunde Eiſen-
feil, und treibe ihn in einer Retor-
te uͤber: ſo wird man an der Menge
des heruͤber geſtiegenen Queckſilbers
leicht ſehen, ob der Zinnober gerecht
oder verfaͤlſcht ſey. Sonſt probirt
man ihn auch auf einem gluͤhenden
eiſernen Bleche: allein die Probe
iſt nicht viel zu achten, weil der
aͤchte einen Rauch, eben wie der fal-
ſche, von ſich giebt. Der (2) Unter-
ſchied des natuͤrlichen
und des durch
die Kunſt bereiteten Zinnobers aͤuſ-
ſert ſich inſonderheit darinnen, daß
jener, weil er mit der Erde ver-
miſchet iſt, nicht ſo rein iſt, als

dieſer.
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[[546]/0552] Zinnober Zinnober Reinigkeit der Erde, der Steine, des Sandes oder des Orts, wo der Zinnober entſtanden iſt, entweder mehr oder weniger rein, und nach der Art ſeines Landes oͤfters ſo ſchoͤn roth iſt, daß man ihn nicht ſchoͤner wuͤnſchen kann, ſiehe Bergzinno- ber. Der (b) durch Kunſt berei- tete Zinnober, lat. Cinnabaris fa- ctitia, oder nur ſchlechthin Zinno- ber, lat. Cinnabaris genannt, wird an verſchiedenen Orten, vornehm- lich in England, zu Amſterdam und Venedig, von einem Theile Schwefel und 7 bis 8 Theilen Queckſilber durch deren genaue Vermiſchung und nach- herige Sublimirung gemachet: und iſt an Farbe und Eigenſchaften dem natuͤrlichen Zinnober gaͤnzlich gleich, inwendig aber ſtrahligt. Er wird theils ganz, und theils gerieben verſendet. Der (a) ganze Zinnober koͤmmt in ganzen Stuͤcken oder Kuchen, die ſchichtweiſe an einander hangen, aus Holland, wovon die Urſache dieſe iſt, weil man insgemein von der Mixtur 25 Pfunde auf einmal ſublimiret, und, wenn ſolches geſchehen, wie- derum ſo viel, bis daß das Gefaͤße voll iſt. Es wiegen dergleichen Stuͤcke 3 bis 4 Centner. Bey dem Einkaufe des ganzen Zinnobers muß man denjenigen erwaͤhlen, welcher in feinen ſchoͤnen Steinen oder Stuͤcken koͤmmt, die ſehr gewichtig und glaͤnzend ſind, feine lange und ſchoͤne reine Spieße oder Streifen haben, und von ſchoͤner hoher braun- rother Farbe ſind. Der (b) gerie- bene Zinnober wird derjenige Zin- nober genennet, welcher eine gute Zeitlang auf einem Reibeſteine zu einem ganz ſubtilen und zarten Pul- ver gerieben, und entweder mit Urin, oder mit Weingeiſt, zugerichtet worden iſt. Die Franzoſen nennen ihn Vermillon. Der beſte davon koͤmmt aus Jtalien; und die Deut- ſchen haben, aller angewendeten Muͤhe ungeachtet, ihn noch nicht ſo ſchoͤn nachmachen koͤnnen, ſondern ihn vielmehr durch das viele Kuͤn- ſteln verdorben und verfaͤlſchet. Die Hollaͤnder machen deſſen zwey Sorten: rothen und bleichen; welcher Unterſchied aber nur von dem Zerſtoßen des Zinnobers her- ruͤhret. Denn jemehr er geſtoßen oder gerieben wird, deſto bleicher und beſſer wird er, abſonderlich vor diejenigen, ſo das Siegellack oder ſpaniſche Wachs damit faͤrben. Von ſolchem geriebenen Zinnober haͤlt man denjenigen fuͤr den beſten, der ganz zart, trocken und nicht erdhaft oder ſandigt iſt, wie ihn die Hollaͤnder vor andern zu zube- reiten wiſſen; und muͤſſen ſie ent- weder einen beſondern Handgriff ha- ben, oder etwas darunter miſchen, weil ihr Vermillon ſo bald trocknet; da hergegen der rohe Zinnober, wenn er geſtoßen und etwas angefeuchtet wird, gar langſam und ſchwerlich wieder trocken wird. Es wird aber der geriebene Zinnober oft dadurch verfaͤlſcht, daß die Betruͤger Men- nige darunter miſchen; daher es allezeit rathſamer iſt, denſelben ganz, als gerieben oder geſtoßen zu kaufen: Oder wenn man ja ſolchen gekauft hat, und probiren will, ſo nehme man ½ Pfund davon, ver- menge ihn mit einem Pfunde Eiſen- feil, und treibe ihn in einer Retor- te uͤber: ſo wird man an der Menge des heruͤber geſtiegenen Queckſilbers leicht ſehen, ob der Zinnober gerecht oder verfaͤlſcht ſey. Sonſt probirt man ihn auch auf einem gluͤhenden eiſernen Bleche: allein die Probe iſt nicht viel zu achten, weil der aͤchte einen Rauch, eben wie der fal- ſche, von ſich giebt. Der (2) Unter- ſchied des natuͤrlichen und des durch die Kunſt bereiteten Zinnobers aͤuſ- ſert ſich inſonderheit darinnen, daß jener, weil er mit der Erde ver- miſchet iſt, nicht ſo rein iſt, als dieſer.

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [546]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/552>, abgerufen am 22.11.2024.