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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Zeug
tingarne gemachter Zeug läßt sich,
obgleich solches Garn nicht ge-
zwirnt ist, mit Kardätschen unmög-
lich rauhen, noch etwas Wolle
heraus ziehen, noch auch hernach
die überflüßige Wolle durch die
Tuchscheerer wieder wegscheeren,
oder die überflüßige Wolle mit der
langen Bürste an den Tuchrahmen
niederstreichen, und in die Gleich-
heit bringen, daß man es folglich
pressen könnte, welches eben der
Tuchstrich genennet wird, der bey
einem wahrhaftigen Zeuge nicht
anzutreffen ist; sondern ein rechter
und aus ungezwirntem Satingarne
verfertigter Zeug wird nur ein we-
nig gewalket, und hernach gepresset,
dadurch er denn seinen genugsamen
Schein bekömmt. Der (V) Han-
del
mit den Zeugen erstrecket sich
weit und breit aus einem Lande in
das andere, nachdem nämlich ein
Land vor dem andern besondere
Handgriffe; taugliche Wolle; fleis-
sige und sinnreiche Meister, neumo-
dische Zeuge zu erfinden; voraus
aber feine Garnspinnereyen hat, als
an welchen das meiste gelegen ist.
Es ist uns demnach noch übrig,
daß wir die (VI) Zeugländer, das
ist, diejenigen Länder, worinnen
viele und gute Zeuge fabriciret wer-
den, nach der Reihe durchgehen.
(1) Deutschlands Zeugmanufactu-
ren sind so beschaffen, daß es sich
selbst damit versehen und versorgen
könnte, und keiner fremden Zufuhr
nöthig hätte, indem fast jede
Stadt, ja die meisten Dörfer, ihre
Zeug- und Leinweber haben, die al-
lerhand, theils gute, theils schlech-
te Zeuge machen. Und so auch ja
noch etwas davon abgienge: so ist
der deutsche Handwerksmann bald
geschickt, wenn er nur den Verlag
dazu hat, solches gleich nachzuma-
chen, ja in vielen Stücken zu ver-
bessern. Den Beweis davon haben
wir seit der Zeit der zur Aufnahme
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Zeug
der deutschen Handlung und Ma-
nufacturen glücklich ausgeschlage-
nen französischen Religionsreforma-
tion, welche sich gegen das Ende
des vorigen Jahrhunderts, näm-
lich 1683. zugetragen hat, dadurch
die aus Frankreich geflüchteten Hu-
gonotten unter andern auch in
Deutschland die Verfertigung vie-
ler französischer Zeugarten bekannt
gemacht worden, so, daß fast kei-
ne französische wollene Zeugart mehr
zu finden ist, welche itziger Zeit
mehr aus Frankreich nach Deutsch-
land geführet würde; es möchte
denn noch etwas nach Frankfurt am
Mayn und auf die dasigen Messen,
wegen der nahen Angränzung mit
Frankreich, kommen. Jnsonder-
heit aber werden in Sachsen und
dessen angränzenden Ländern, des-
gleichen in der Mark Brandenburg,
gewiß so vielerley Arten von Zeu-
gen gemacht, daß man sich, wenn
man die Musterkarten davon sieht,
über die Verschiedenheit und Men-
ge derselben verwundern muß. Be-
treffend (a) Sachsen, so werden
darinnen so gute und schöne wolle-
ne Zeuge, als in irgend einem Lan-
de, verfertiget; sonderlich aber a)
im erzgebirgischen Kreise zu Chem-
nitz, Frankenberg, Penig etc. von
welchen Städten besondere Artikel
nachzusehen; b) im Voigtlande zu
Gera, Weyda etc. siehe diese Wör-
ter; c) in Thüringen, wo alle
Städte und Flecken voll Zeugma-
cher sitzen, siehe Chüringen, in-
sonderheit ist darinnen die Stadt
Langensalze dießfalls berühmt, sie-
he den von ihr handelnden Artikel;
und d) in der Lausitz, wo man ei-
ne Art von Wollen-Zeuge fertiget,
so besonders nur in dem Städtlein
Schönberg fabriciret und weit und
breit vertrieben wird, weil er sehr
wohlfeil ist, und daher dem gemei-
nen Volke insonderheit zur Klei-
dung dienet; er ist streificht, liegt

fast

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Zeug
tingarne gemachter Zeug laͤßt ſich,
obgleich ſolches Garn nicht ge-
zwirnt iſt, mit Kardaͤtſchen unmoͤg-
lich rauhen, noch etwas Wolle
heraus ziehen, noch auch hernach
die uͤberfluͤßige Wolle durch die
Tuchſcheerer wieder wegſcheeren,
oder die uͤberfluͤßige Wolle mit der
langen Buͤrſte an den Tuchrahmen
niederſtreichen, und in die Gleich-
heit bringen, daß man es folglich
preſſen koͤnnte, welches eben der
Tuchſtrich genennet wird, der bey
einem wahrhaftigen Zeuge nicht
anzutreffen iſt; ſondern ein rechter
und aus ungezwirntem Satingarne
verfertigter Zeug wird nur ein we-
nig gewalket, und hernach gepreſſet,
dadurch er denn ſeinen genugſamen
Schein bekoͤmmt. Der (V) Han-
del
mit den Zeugen erſtrecket ſich
weit und breit aus einem Lande in
das andere, nachdem naͤmlich ein
Land vor dem andern beſondere
Handgriffe; taugliche Wolle; fleiſ-
ſige und ſinnreiche Meiſter, neumo-
diſche Zeuge zu erfinden; voraus
aber feine Garnſpinnereyen hat, als
an welchen das meiſte gelegen iſt.
Es iſt uns demnach noch uͤbrig,
daß wir die (VI) Zeuglaͤnder, das
iſt, diejenigen Laͤnder, worinnen
viele und gute Zeuge fabriciret wer-
den, nach der Reihe durchgehen.
(1) Deutſchlands Zeugmanufactu-
ren ſind ſo beſchaffen, daß es ſich
ſelbſt damit verſehen und verſorgen
koͤnnte, und keiner fremden Zufuhr
noͤthig haͤtte, indem faſt jede
Stadt, ja die meiſten Doͤrfer, ihre
Zeug- und Leinweber haben, die al-
lerhand, theils gute, theils ſchlech-
te Zeuge machen. Und ſo auch ja
noch etwas davon abgienge: ſo iſt
der deutſche Handwerksmann bald
geſchickt, wenn er nur den Verlag
dazu hat, ſolches gleich nachzuma-
chen, ja in vielen Stuͤcken zu ver-
beſſern. Den Beweis davon haben
wir ſeit der Zeit der zur Aufnahme
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Zeug
der deutſchen Handlung und Ma-
nufacturen gluͤcklich ausgeſchlage-
nen franzoͤſiſchen Religionsreforma-
tion, welche ſich gegen das Ende
des vorigen Jahrhunderts, naͤm-
lich 1683. zugetragen hat, dadurch
die aus Frankreich gefluͤchteten Hu-
gonotten unter andern auch in
Deutſchland die Verfertigung vie-
ler franzoͤſiſcher Zeugarten bekannt
gemacht worden, ſo, daß faſt kei-
ne franzoͤſiſche wollene Zeugart mehr
zu finden iſt, welche itziger Zeit
mehr aus Frankreich nach Deutſch-
land gefuͤhret wuͤrde; es moͤchte
denn noch etwas nach Frankfurt am
Mayn und auf die daſigen Meſſen,
wegen der nahen Angraͤnzung mit
Frankreich, kommen. Jnſonder-
heit aber werden in Sachſen und
deſſen angraͤnzenden Laͤndern, des-
gleichen in der Mark Brandenburg,
gewiß ſo vielerley Arten von Zeu-
gen gemacht, daß man ſich, wenn
man die Muſterkarten davon ſieht,
uͤber die Verſchiedenheit und Men-
ge derſelben verwundern muß. Be-
treffend (a) Sachſen, ſo werden
darinnen ſo gute und ſchoͤne wolle-
ne Zeuge, als in irgend einem Lan-
de, verfertiget; ſonderlich aber a)
im erzgebirgiſchen Kreiſe zu Chem-
nitz, Frankenberg, Penig ꝛc. von
welchen Staͤdten beſondere Artikel
nachzuſehen; b) im Voigtlande zu
Gera, Weyda ꝛc. ſiehe dieſe Woͤr-
ter; c) in Thuͤringen, wo alle
Staͤdte und Flecken voll Zeugma-
cher ſitzen, ſiehe Chuͤringen, in-
ſonderheit iſt darinnen die Stadt
Langenſalze dießfalls beruͤhmt, ſie-
he den von ihr handelnden Artikel;
und d) in der Lauſitz, wo man ei-
ne Art von Wollen-Zeuge fertiget,
ſo beſonders nur in dem Staͤdtlein
Schoͤnberg fabriciret und weit und
breit vertrieben wird, weil er ſehr
wohlfeil iſt, und daher dem gemei-
nen Volke inſonderheit zur Klei-
dung dienet; er iſt ſtreificht, liegt

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[[514]/0520] Zeug Zeug tingarne gemachter Zeug laͤßt ſich, obgleich ſolches Garn nicht ge- zwirnt iſt, mit Kardaͤtſchen unmoͤg- lich rauhen, noch etwas Wolle heraus ziehen, noch auch hernach die uͤberfluͤßige Wolle durch die Tuchſcheerer wieder wegſcheeren, oder die uͤberfluͤßige Wolle mit der langen Buͤrſte an den Tuchrahmen niederſtreichen, und in die Gleich- heit bringen, daß man es folglich preſſen koͤnnte, welches eben der Tuchſtrich genennet wird, der bey einem wahrhaftigen Zeuge nicht anzutreffen iſt; ſondern ein rechter und aus ungezwirntem Satingarne verfertigter Zeug wird nur ein we- nig gewalket, und hernach gepreſſet, dadurch er denn ſeinen genugſamen Schein bekoͤmmt. Der (V) Han- del mit den Zeugen erſtrecket ſich weit und breit aus einem Lande in das andere, nachdem naͤmlich ein Land vor dem andern beſondere Handgriffe; taugliche Wolle; fleiſ- ſige und ſinnreiche Meiſter, neumo- diſche Zeuge zu erfinden; voraus aber feine Garnſpinnereyen hat, als an welchen das meiſte gelegen iſt. Es iſt uns demnach noch uͤbrig, daß wir die (VI) Zeuglaͤnder, das iſt, diejenigen Laͤnder, worinnen viele und gute Zeuge fabriciret wer- den, nach der Reihe durchgehen. (1) Deutſchlands Zeugmanufactu- ren ſind ſo beſchaffen, daß es ſich ſelbſt damit verſehen und verſorgen koͤnnte, und keiner fremden Zufuhr noͤthig haͤtte, indem faſt jede Stadt, ja die meiſten Doͤrfer, ihre Zeug- und Leinweber haben, die al- lerhand, theils gute, theils ſchlech- te Zeuge machen. Und ſo auch ja noch etwas davon abgienge: ſo iſt der deutſche Handwerksmann bald geſchickt, wenn er nur den Verlag dazu hat, ſolches gleich nachzuma- chen, ja in vielen Stuͤcken zu ver- beſſern. Den Beweis davon haben wir ſeit der Zeit der zur Aufnahme der deutſchen Handlung und Ma- nufacturen gluͤcklich ausgeſchlage- nen franzoͤſiſchen Religionsreforma- tion, welche ſich gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts, naͤm- lich 1683. zugetragen hat, dadurch die aus Frankreich gefluͤchteten Hu- gonotten unter andern auch in Deutſchland die Verfertigung vie- ler franzoͤſiſcher Zeugarten bekannt gemacht worden, ſo, daß faſt kei- ne franzoͤſiſche wollene Zeugart mehr zu finden iſt, welche itziger Zeit mehr aus Frankreich nach Deutſch- land gefuͤhret wuͤrde; es moͤchte denn noch etwas nach Frankfurt am Mayn und auf die daſigen Meſſen, wegen der nahen Angraͤnzung mit Frankreich, kommen. Jnſonder- heit aber werden in Sachſen und deſſen angraͤnzenden Laͤndern, des- gleichen in der Mark Brandenburg, gewiß ſo vielerley Arten von Zeu- gen gemacht, daß man ſich, wenn man die Muſterkarten davon ſieht, uͤber die Verſchiedenheit und Men- ge derſelben verwundern muß. Be- treffend (a) Sachſen, ſo werden darinnen ſo gute und ſchoͤne wolle- ne Zeuge, als in irgend einem Lan- de, verfertiget; ſonderlich aber a) im erzgebirgiſchen Kreiſe zu Chem- nitz, Frankenberg, Penig ꝛc. von welchen Staͤdten beſondere Artikel nachzuſehen; b) im Voigtlande zu Gera, Weyda ꝛc. ſiehe dieſe Woͤr- ter; c) in Thuͤringen, wo alle Staͤdte und Flecken voll Zeugma- cher ſitzen, ſiehe Chuͤringen, in- ſonderheit iſt darinnen die Stadt Langenſalze dießfalls beruͤhmt, ſie- he den von ihr handelnden Artikel; und d) in der Lauſitz, wo man ei- ne Art von Wollen-Zeuge fertiget, ſo beſonders nur in dem Staͤdtlein Schoͤnberg fabriciret und weit und breit vertrieben wird, weil er ſehr wohlfeil iſt, und daher dem gemei- nen Volke inſonderheit zur Klei- dung dienet; er iſt ſtreificht, liegt faſt

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [514]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/520>, abgerufen am 28.11.2024.