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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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[Spaltenumbruch]

Wolle
sind insonderheit der Beluga oder
Hausen, welcher sich sehr häufig
darinn aufhält; wie auch die Störe,
die Lachse, und ungemein große
Hechte von einem vortrefflichen Ge-
schmacke, zu bemerken. Am Ende
des Frühlings schwillt er vom ge-
schmolzenen Eise und Schnee derge-
stalt auf, daß er weit und breit
austritt, und die größte Ueber-
schwemmung
ist im May und Ju-
nius. Diese Zeit nehmen die Schif-
fer, so die Wolga hinunter nach
Astrakan fahren, wohl in Acht,
weil sie alsdenn nicht nur über die
flachen Gründe; sondern auch über
die niedrigen Jnseln, welche tief
unter Wasser gesetzt werden, sicher
hinfahren können. Diese Fluth
reißt öfters einige Bäume von den
Ufern des Stroms in den Grund,
in welche sich die eingesenkten Anker
manchmal so fest verwickeln, daß sie
von den Tauen abgerissen werden;
daher eine sehr große Menge Anker
darinnen liegen soll.

Wolle, lat. Lana, franz. Laine
engl. Wool, ein Wort, welches theils
in einer weitschweifigen, theils in
einer engern Bedeutung genommen
wird. Jn einer (A) weitschweifi-
gen Bedeutung
versteht man dar-
unter ein zartes und weiches haa-
rigtes Wesen an gewissen Bäumen
oder Sträuchern, an gewissen Vö-
geln, und an gewissen vierfüßigen
Thieren. Diejenige Wolle, welche
von (a) gewissen Bäumen und
Sträuchern gelesen wird, heißt
daher Baumwolle, und ist solche
in einem besondern Artikel beschrie-
ben worden. Zu der Wolle, welche
man (b) gewissen Vögeln abnimmt,
gehöret insonderheit die Straus-
wolle,
franz. Laine d' Autruche,
worunter man die Pflaumfedern,
oder vielmehr die Haare des Straus-
vogels versteht, siehe Straus.
Endlich zu der Wolle, welche auf
(c) gewissen vierfüßigen Thieren
[Spaltenumbruch]

Wolle
wächst, rechnet man a) die rußische
oder moscowitische Wolle, franz.
Laine de Moscovie, worunter die
feinsten Biberhaare verstanden wer-
den, die in Rußland aus den Bi-
berfellen ausgerissen werden, ohne
die starken Haare mit aus zureißen,
oder zu verletzen, siehe Casiorhaar.
b) Die Vicunnawolle, insgemein
Vigognewolle genannt, siehe Vi-
cunna;
und endlich c) die Schaf-
wolle.
Und diese letzte ist es, die
in einer (B) engern Bedeutung und
vorzüglich Wolle heißt. Diese ist
es auch, von der wir hier noch in
der Folge dieses Artikels zu reden
haben. Es ist die Schafwolle, so
insgemein nur schlechthin und in
eigentlichem Verstande Wolle ge-
nennet wird, das Haar, womit die
Haut der Schafe bedecket ist. Von
der (I) Zeugung dieser Wolle ge-
denken wir nur dieses, daß, da sie
eine der einträglichsten Nutzungen
ist, die man von dem Schafviehe
zu genießen hat, und die ohne Ab-
gang des Viehes jährlich wieder
kömmt; die Landwirthe allen Fleiß
anzuwenden haben, durch eine gute
Schafzucht auch schöne Wolle zu
bekommen. Ob nun aber gleich die
gute| Wartung und Fütterung der
Schafe, ingleichen daß sie nicht
gemolken werden, vieles zum Wachs-
thume guter Wolle beyträgt; so hat
man doch auch noch gewisse andere
Mittel, um das Wachsthum schö-
ner Wolle zu befördern: wie denn
die Alten die frisch abgeschornen
Schafe mit abgekochtem Hopfen,
altem Weinlager, und Oeldrusen,
durch einander gemenget, gerieben,
und 3 Tage nach einander mit Meer-
oder gesalzenem Wasser gewaschen
haben; auch noch heutiges Tages
von einigen eine gewisse Lauge dazu
gebraucht wird. Hingegen werden
auch vielmals von eigennützigen
Landwirthen und Schäfern unzu-
läßige Mittel gebraucht, wie denn

die

[Spaltenumbruch]

Wolle
ſind inſonderheit der Beluga oder
Hauſen, welcher ſich ſehr haͤufig
darinn aufhaͤlt; wie auch die Stoͤre,
die Lachſe, und ungemein große
Hechte von einem vortrefflichen Ge-
ſchmacke, zu bemerken. Am Ende
des Fruͤhlings ſchwillt er vom ge-
ſchmolzenen Eiſe und Schnee derge-
ſtalt auf, daß er weit und breit
austritt, und die groͤßte Ueber-
ſchwemmung
iſt im May und Ju-
nius. Dieſe Zeit nehmen die Schif-
fer, ſo die Wolga hinunter nach
Aſtrakan fahren, wohl in Acht,
weil ſie alsdenn nicht nur uͤber die
flachen Gruͤnde; ſondern auch uͤber
die niedrigen Jnſeln, welche tief
unter Waſſer geſetzt werden, ſicher
hinfahren koͤnnen. Dieſe Fluth
reißt oͤfters einige Baͤume von den
Ufern des Stroms in den Grund,
in welche ſich die eingeſenkten Anker
manchmal ſo feſt verwickeln, daß ſie
von den Tauen abgeriſſen werden;
daher eine ſehr große Menge Anker
darinnen liegen ſoll.

Wolle, lat. Lana, franz. Laine
engl. Wool, ein Wort, welches theils
in einer weitſchweifigen, theils in
einer engern Bedeutung genommen
wird. Jn einer (A) weitſchweifi-
gen Bedeutung
verſteht man dar-
unter ein zartes und weiches haa-
rigtes Weſen an gewiſſen Baͤumen
oder Straͤuchern, an gewiſſen Voͤ-
geln, und an gewiſſen vierfuͤßigen
Thieren. Diejenige Wolle, welche
von (a) gewiſſen Baͤumen und
Straͤuchern geleſen wird, heißt
daher Baumwolle, und iſt ſolche
in einem beſondern Artikel beſchrie-
ben worden. Zu der Wolle, welche
man (b) gewiſſen Voͤgeln abnimmt,
gehoͤret inſonderheit die Straus-
wolle,
franz. Laine d’ Autruche,
worunter man die Pflaumfedern,
oder vielmehr die Haare des Straus-
vogels verſteht, ſiehe Straus.
Endlich zu der Wolle, welche auf
(c) gewiſſen vierfuͤßigen Thieren
[Spaltenumbruch]

Wolle
waͤchſt, rechnet man a) die rußiſche
oder moſcowitiſche Wolle, franz.
Laine de Moſcovie, worunter die
feinſten Biberhaare verſtanden wer-
den, die in Rußland aus den Bi-
berfellen ausgeriſſen werden, ohne
die ſtarken Haare mit aus zureißen,
oder zu verletzen, ſiehe Caſiorhaar.
b) Die Vicunnawolle, insgemein
Vigognewolle genannt, ſiehe Vi-
cunna;
und endlich c) die Schaf-
wolle.
Und dieſe letzte iſt es, die
in einer (B) engern Bedeutung und
vorzuͤglich Wolle heißt. Dieſe iſt
es auch, von der wir hier noch in
der Folge dieſes Artikels zu reden
haben. Es iſt die Schafwolle, ſo
insgemein nur ſchlechthin und in
eigentlichem Verſtande Wolle ge-
nennet wird, das Haar, womit die
Haut der Schafe bedecket iſt. Von
der (I) Zeugung dieſer Wolle ge-
denken wir nur dieſes, daß, da ſie
eine der eintraͤglichſten Nutzungen
iſt, die man von dem Schafviehe
zu genießen hat, und die ohne Ab-
gang des Viehes jaͤhrlich wieder
koͤmmt; die Landwirthe allen Fleiß
anzuwenden haben, durch eine gute
Schafzucht auch ſchoͤne Wolle zu
bekommen. Ob nun aber gleich die
gute| Wartung und Fuͤtterung der
Schafe, ingleichen daß ſie nicht
gemolken werden, vieles zum Wachs-
thume guter Wolle beytraͤgt; ſo hat
man doch auch noch gewiſſe andere
Mittel, um das Wachsthum ſchoͤ-
ner Wolle zu befoͤrdern: wie denn
die Alten die friſch abgeſchornen
Schafe mit abgekochtem Hopfen,
altem Weinlager, und Oeldruſen,
durch einander gemenget, gerieben,
und 3 Tage nach einander mit Meer-
oder geſalzenem Waſſer gewaſchen
haben; auch noch heutiges Tages
von einigen eine gewiſſe Lauge dazu
gebraucht wird. Hingegen werden
auch vielmals von eigennuͤtzigen
Landwirthen und Schaͤfern unzu-
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die
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[[448]/0454] Wolle Wolle ſind inſonderheit der Beluga oder Hauſen, welcher ſich ſehr haͤufig darinn aufhaͤlt; wie auch die Stoͤre, die Lachſe, und ungemein große Hechte von einem vortrefflichen Ge- ſchmacke, zu bemerken. Am Ende des Fruͤhlings ſchwillt er vom ge- ſchmolzenen Eiſe und Schnee derge- ſtalt auf, daß er weit und breit austritt, und die groͤßte Ueber- ſchwemmung iſt im May und Ju- nius. Dieſe Zeit nehmen die Schif- fer, ſo die Wolga hinunter nach Aſtrakan fahren, wohl in Acht, weil ſie alsdenn nicht nur uͤber die flachen Gruͤnde; ſondern auch uͤber die niedrigen Jnſeln, welche tief unter Waſſer geſetzt werden, ſicher hinfahren koͤnnen. Dieſe Fluth reißt oͤfters einige Baͤume von den Ufern des Stroms in den Grund, in welche ſich die eingeſenkten Anker manchmal ſo feſt verwickeln, daß ſie von den Tauen abgeriſſen werden; daher eine ſehr große Menge Anker darinnen liegen ſoll. Wolle, lat. Lana, franz. Laine engl. Wool, ein Wort, welches theils in einer weitſchweifigen, theils in einer engern Bedeutung genommen wird. Jn einer (A) weitſchweifi- gen Bedeutung verſteht man dar- unter ein zartes und weiches haa- rigtes Weſen an gewiſſen Baͤumen oder Straͤuchern, an gewiſſen Voͤ- geln, und an gewiſſen vierfuͤßigen Thieren. Diejenige Wolle, welche von (a) gewiſſen Baͤumen und Straͤuchern geleſen wird, heißt daher Baumwolle, und iſt ſolche in einem beſondern Artikel beſchrie- ben worden. Zu der Wolle, welche man (b) gewiſſen Voͤgeln abnimmt, gehoͤret inſonderheit die Straus- wolle, franz. Laine d’ Autruche, worunter man die Pflaumfedern, oder vielmehr die Haare des Straus- vogels verſteht, ſiehe Straus. Endlich zu der Wolle, welche auf (c) gewiſſen vierfuͤßigen Thieren waͤchſt, rechnet man a) die rußiſche oder moſcowitiſche Wolle, franz. Laine de Moſcovie, worunter die feinſten Biberhaare verſtanden wer- den, die in Rußland aus den Bi- berfellen ausgeriſſen werden, ohne die ſtarken Haare mit aus zureißen, oder zu verletzen, ſiehe Caſiorhaar. b) Die Vicunnawolle, insgemein Vigognewolle genannt, ſiehe Vi- cunna; und endlich c) die Schaf- wolle. Und dieſe letzte iſt es, die in einer (B) engern Bedeutung und vorzuͤglich Wolle heißt. Dieſe iſt es auch, von der wir hier noch in der Folge dieſes Artikels zu reden haben. Es iſt die Schafwolle, ſo insgemein nur ſchlechthin und in eigentlichem Verſtande Wolle ge- nennet wird, das Haar, womit die Haut der Schafe bedecket iſt. Von der (I) Zeugung dieſer Wolle ge- denken wir nur dieſes, daß, da ſie eine der eintraͤglichſten Nutzungen iſt, die man von dem Schafviehe zu genießen hat, und die ohne Ab- gang des Viehes jaͤhrlich wieder koͤmmt; die Landwirthe allen Fleiß anzuwenden haben, durch eine gute Schafzucht auch ſchoͤne Wolle zu bekommen. Ob nun aber gleich die gute| Wartung und Fuͤtterung der Schafe, ingleichen daß ſie nicht gemolken werden, vieles zum Wachs- thume guter Wolle beytraͤgt; ſo hat man doch auch noch gewiſſe andere Mittel, um das Wachsthum ſchoͤ- ner Wolle zu befoͤrdern: wie denn die Alten die friſch abgeſchornen Schafe mit abgekochtem Hopfen, altem Weinlager, und Oeldruſen, durch einander gemenget, gerieben, und 3 Tage nach einander mit Meer- oder geſalzenem Waſſer gewaſchen haben; auch noch heutiges Tages von einigen eine gewiſſe Lauge dazu gebraucht wird. Hingegen werden auch vielmals von eigennuͤtzigen Landwirthen und Schaͤfern unzu- laͤßige Mittel gebraucht, wie denn die

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [448]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/454>, abgerufen am 22.11.2024.