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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Wein
nern Manna alla bocca, e balsamo
al cervello,
das ist, ein Manna für
den Mund, und ein Balsam für
das Hirn, genennet zu werden.
So lange die Venetianer diese Jnsel
im Besitz gehabt haben, ward dieser
Wein stark gebauet, und häufig
nach Venedig, sonderlich an die
vornehmsten venetianischen Herren
geschickt, und man rechnet, daß
damals jährlich bey 200000 Fässer
von diesem Weine nach Venedig und
andern europäischen Ländern ge-
gangen sind. Seitdem aber die
Türken Herren von Candia sind,
achten sie diese Weine gar wenig.
Der (b) cyprische Wein, soll an
Lieblichkeit alle andere griechische
Weine übertreffen. Sonst sind
auch unter den griechischen Weinen
noch der von der Jnsel (c) Milo,
der insgemein für Malvasier von
Candia ausgegeben wird; ingleichen
(d) die Weine von Scio, Corfu,
Zante, Cephalonia, Lesbos, Te-
nedos
und der Malvasier von Na-
poli di Malvasia
in Morea berühmt.
11) Jn Asien wachsen edle Weine: Jn
Mingrelien kommen sie an den
wilden Bäumen auf, und ziehen sich
in die Höhe bis in den Gipfel.
Dergleichen hat Olearius auch in
Persien gesehen, mit Trauben, die
3/4 Ellen lang gewesen. Jn Persien,
Armenien,
und den anstoßenden Land-
schaften kömmt der Weinwachs so
glücklich fort, daß dessen mehr denn
12 Gattungen vom Chardin ange-
merket, und einige derselben bey
dem Olearius mit Namen genennet
werden. Er wird von armenischen
Christen gebauet, die aber damit
nicht wohl umzugehen wissen. Sie
halten ihn in großen irdenen Krü-
gen, die ein Ohm halten; und die
nicht in Kellern, sondern irgend in
einem Winkel des Hauses, oder in
die Erde eingegraben stehen. Jn-
sonderheit ist unter diesen Weinen
der von Tocat, und der Schirasser
[Spaltenumbruch]
Wein
Wein berühmt, welcher letztere, so
der herbeste und stärkste in der Welt
ist, den man kennet, so gar bis
nach Jndien verführet wird, wo
man einen sehr starken Handel da-
mit treibt. Nach Astrakan sind
aus Persien etliche Weinstöcke ge-
bracht, und von einem Münche so
fleißig fortgepflanzet worden, daß
nach 30 Jahren schon 50 bis 60
Pipen nach der Hauptstadt Moscau
haben versendet werden können.
Die nordischen Landschaften des chi-
nesischen
Reichs sind reich an Wein-
wachs; es wird aber allein in
Xensi Wein daraus gepresset: an-
derswo werden die Trauben ent-
weder zu Rosinen gedörret, oder den
Winter hindurch frisch aufbehalten,
weil man daselbst dasjenige Getränk,
so aus Reiß gekocht wird, für liebli-
cher und edler hält, als den Wein
aus den Weintrauben. Auf der
Jnsel Java wächst um Batavia
Wein, so dreymal des Jahrs reife
Trauben bringt. 12) Jn Africa
haben auf dem Vorgebirge der gu-
ten Hoffnung, die von etwann 60 Jah-
ren daselbst niedergesetzte Franzosen
den Weinbau angelegt, und sind
damit ziemlich aufgekommen, wie-
wol er eine ganz andere Art, als
der europäische gewonnen hat. Jn
den mittlern Theilen des Landes,
nämlich in Abyßinien, wächst viel
Wein: er kann aber nicht gepreßt
werden, weil er von der großen
Hitze in der Gähre wahnsauer wird.
Der Alexandrinische Wein ist sonst
ebenfalls sehr berühmt gewesen;
man findet aber itzt wenig Weinbau
mehr daselbst. Jn der Barbarey,
vornehmlich in den Reichen Fetz
und Marocco, wie auch in der
Gegend um Algier, wird sehr viel
Wein gebauet; welcher von den
aus dem spanischen Königreiche Gra-
nada vertriebenen Mohren dase lbst
gepflanzet, und so wohl gerathen ist,
daß man itzt Weinstöcke daselbst fin-

det,
B b 4

[Spaltenumbruch]

Wein
nern Manna alla bocca, e balſamo
al cervello,
das iſt, ein Manna fuͤr
den Mund, und ein Balſam fuͤr
das Hirn, genennet zu werden.
So lange die Venetianer dieſe Jnſel
im Beſitz gehabt haben, ward dieſer
Wein ſtark gebauet, und haͤufig
nach Venedig, ſonderlich an die
vornehmſten venetianiſchen Herren
geſchickt, und man rechnet, daß
damals jaͤhrlich bey 200000 Faͤſſer
von dieſem Weine nach Venedig und
andern europaͤiſchen Laͤndern ge-
gangen ſind. Seitdem aber die
Tuͤrken Herren von Candia ſind,
achten ſie dieſe Weine gar wenig.
Der (b) cypriſche Wein, ſoll an
Lieblichkeit alle andere griechiſche
Weine uͤbertreffen. Sonſt ſind
auch unter den griechiſchen Weinen
noch der von der Jnſel (c) Milo,
der insgemein fuͤr Malvaſier von
Candia ausgegeben wird; ingleichen
(d) die Weine von Scio, Corfu,
Zante, Cephalonia, Lesbos, Te-
nedos
und der Malvaſier von Na-
poli di Malvaſia
in Morea beruͤhmt.
11) Jn Aſien wachſen edle Weine: Jn
Mingrelien kommen ſie an den
wilden Baͤumen auf, und ziehen ſich
in die Hoͤhe bis in den Gipfel.
Dergleichen hat Olearius auch in
Perſien geſehen, mit Trauben, die
¾ Ellen lang geweſen. Jn Perſien,
Armenien,
und den anſtoßenden Land-
ſchaften koͤmmt der Weinwachs ſo
gluͤcklich fort, daß deſſen mehr denn
12 Gattungen vom Chardin ange-
merket, und einige derſelben bey
dem Olearius mit Namen genennet
werden. Er wird von armeniſchen
Chriſten gebauet, die aber damit
nicht wohl umzugehen wiſſen. Sie
halten ihn in großen irdenen Kruͤ-
gen, die ein Ohm halten; und die
nicht in Kellern, ſondern irgend in
einem Winkel des Hauſes, oder in
die Erde eingegraben ſtehen. Jn-
ſonderheit iſt unter dieſen Weinen
der von Tocat, und der Schiraſſer
[Spaltenumbruch]
Wein
Wein beruͤhmt, welcher letztere, ſo
der herbeſte und ſtaͤrkſte in der Welt
iſt, den man kennet, ſo gar bis
nach Jndien verfuͤhret wird, wo
man einen ſehr ſtarken Handel da-
mit treibt. Nach Aſtrakan ſind
aus Perſien etliche Weinſtoͤcke ge-
bracht, und von einem Muͤnche ſo
fleißig fortgepflanzet worden, daß
nach 30 Jahren ſchon 50 bis 60
Pipen nach der Hauptſtadt Moſcau
haben verſendet werden koͤnnen.
Die nordiſchen Landſchaften des chi-
neſiſchen
Reichs ſind reich an Wein-
wachs; es wird aber allein in
Xenſi Wein daraus gepreſſet: an-
derswo werden die Trauben ent-
weder zu Roſinen gedoͤrret, oder den
Winter hindurch friſch aufbehalten,
weil man daſelbſt dasjenige Getraͤnk,
ſo aus Reiß gekocht wird, fuͤr liebli-
cher und edler haͤlt, als den Wein
aus den Weintrauben. Auf der
Jnſel Java waͤchſt um Batavia
Wein, ſo dreymal des Jahrs reife
Trauben bringt. 12) Jn Africa
haben auf dem Vorgebirge der gu-
ten Hoffnung, die von etwann 60 Jah-
ren daſelbſt niedergeſetzte Franzoſen
den Weinbau angelegt, und ſind
damit ziemlich aufgekommen, wie-
wol er eine ganz andere Art, als
der europaͤiſche gewonnen hat. Jn
den mittlern Theilen des Landes,
naͤmlich in Abyßinien, waͤchſt viel
Wein: er kann aber nicht gepreßt
werden, weil er von der großen
Hitze in der Gaͤhre wahnſauer wird.
Der Alexandriniſche Wein iſt ſonſt
ebenfalls ſehr beruͤhmt geweſen;
man findet aber itzt wenig Weinbau
mehr daſelbſt. Jn der Barbarey,
vornehmlich in den Reichen Fetz
und Marocco, wie auch in der
Gegend um Algier, wird ſehr viel
Wein gebauet; welcher von den
aus dem ſpaniſchen Koͤnigreiche Gra-
nada vertriebenen Mohren daſe lbſt
gepflanzet, und ſo wohl gerathen iſt,
daß man itzt Weinſtoͤcke daſelbſt fin-

det,
B b 4
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[[391]/0397] Wein Wein nern Manna alla bocca, e balſamo al cervello, das iſt, ein Manna fuͤr den Mund, und ein Balſam fuͤr das Hirn, genennet zu werden. So lange die Venetianer dieſe Jnſel im Beſitz gehabt haben, ward dieſer Wein ſtark gebauet, und haͤufig nach Venedig, ſonderlich an die vornehmſten venetianiſchen Herren geſchickt, und man rechnet, daß damals jaͤhrlich bey 200000 Faͤſſer von dieſem Weine nach Venedig und andern europaͤiſchen Laͤndern ge- gangen ſind. Seitdem aber die Tuͤrken Herren von Candia ſind, achten ſie dieſe Weine gar wenig. Der (b) cypriſche Wein, ſoll an Lieblichkeit alle andere griechiſche Weine uͤbertreffen. Sonſt ſind auch unter den griechiſchen Weinen noch der von der Jnſel (c) Milo, der insgemein fuͤr Malvaſier von Candia ausgegeben wird; ingleichen (d) die Weine von Scio, Corfu, Zante, Cephalonia, Lesbos, Te- nedos und der Malvaſier von Na- poli di Malvaſia in Morea beruͤhmt. 11) Jn Aſien wachſen edle Weine: Jn Mingrelien kommen ſie an den wilden Baͤumen auf, und ziehen ſich in die Hoͤhe bis in den Gipfel. Dergleichen hat Olearius auch in Perſien geſehen, mit Trauben, die ¾ Ellen lang geweſen. Jn Perſien, Armenien, und den anſtoßenden Land- ſchaften koͤmmt der Weinwachs ſo gluͤcklich fort, daß deſſen mehr denn 12 Gattungen vom Chardin ange- merket, und einige derſelben bey dem Olearius mit Namen genennet werden. Er wird von armeniſchen Chriſten gebauet, die aber damit nicht wohl umzugehen wiſſen. Sie halten ihn in großen irdenen Kruͤ- gen, die ein Ohm halten; und die nicht in Kellern, ſondern irgend in einem Winkel des Hauſes, oder in die Erde eingegraben ſtehen. Jn- ſonderheit iſt unter dieſen Weinen der von Tocat, und der Schiraſſer Wein beruͤhmt, welcher letztere, ſo der herbeſte und ſtaͤrkſte in der Welt iſt, den man kennet, ſo gar bis nach Jndien verfuͤhret wird, wo man einen ſehr ſtarken Handel da- mit treibt. Nach Aſtrakan ſind aus Perſien etliche Weinſtoͤcke ge- bracht, und von einem Muͤnche ſo fleißig fortgepflanzet worden, daß nach 30 Jahren ſchon 50 bis 60 Pipen nach der Hauptſtadt Moſcau haben verſendet werden koͤnnen. Die nordiſchen Landſchaften des chi- neſiſchen Reichs ſind reich an Wein- wachs; es wird aber allein in Xenſi Wein daraus gepreſſet: an- derswo werden die Trauben ent- weder zu Roſinen gedoͤrret, oder den Winter hindurch friſch aufbehalten, weil man daſelbſt dasjenige Getraͤnk, ſo aus Reiß gekocht wird, fuͤr liebli- cher und edler haͤlt, als den Wein aus den Weintrauben. Auf der Jnſel Java waͤchſt um Batavia Wein, ſo dreymal des Jahrs reife Trauben bringt. 12) Jn Africa haben auf dem Vorgebirge der gu- ten Hoffnung, die von etwann 60 Jah- ren daſelbſt niedergeſetzte Franzoſen den Weinbau angelegt, und ſind damit ziemlich aufgekommen, wie- wol er eine ganz andere Art, als der europaͤiſche gewonnen hat. Jn den mittlern Theilen des Landes, naͤmlich in Abyßinien, waͤchſt viel Wein: er kann aber nicht gepreßt werden, weil er von der großen Hitze in der Gaͤhre wahnſauer wird. Der Alexandriniſche Wein iſt ſonſt ebenfalls ſehr beruͤhmt geweſen; man findet aber itzt wenig Weinbau mehr daſelbſt. Jn der Barbarey, vornehmlich in den Reichen Fetz und Marocco, wie auch in der Gegend um Algier, wird ſehr viel Wein gebauet; welcher von den aus dem ſpaniſchen Koͤnigreiche Gra- nada vertriebenen Mohren daſe lbſt gepflanzet, und ſo wohl gerathen iſt, daß man itzt Weinſtoͤcke daſelbſt fin- det, B b 4

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [391]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/397>, abgerufen am 22.11.2024.