Weggras (kleines,) kleines Weg- tritt, im Deutschen auch Knauel genannt, lat. Polygonum minus, ein niedriges Kräutchen von dün- nen Stengeln, aschfärbigten Blät- tern, weißen Blüten, und einer za- sichten Wurzel, das auf ungebaue- ten, sandigten Feldern wächst. Um die Zeit des längsten Tages, oder um den Johannstag, sonder- lich bey trockenem Wetter, finden sich an der Wurzel rothe Körner, davon es auch Polygonum coccife- rum heißt, und welche das gemei- ne Volk Johannisblut nennet, in Meynung, daß es nur am Johan- nistage müsse gesucht werden. Es sind aber diese Körner anders nichts, als der Saamen eines rothen Würmchens, das endlich auskreucht, und eine weiße leere Hülse hinter- läßt. Wenn diese Körner an einem trockenen Orte verwahret werden, haben sie die Kraft und Tugend der rechten Cochenille, siehe Coche- nille. Aus dem Kraute wird auf den Apotheken ein Wasser gebrannt.
Wegwart, Kraut, siehe Cicho- rien.
Wechse, edler Stein, siehe Opal, und Girasol.
Weichhaus, siehe Stapelrecht.
Weichküpe, siehe Jndig.
Weichsel, oder Weixel, lat. Vistula, ein großer und berühmter Fluß in Polen. Er entspringt in Schlesien, und zwar in dem Her- zogthume Teschen, an der ungari- schen Gränze, in dem carpathischen Gebirge, woselbst er in dessen rau- hesten Theile aus dem Berge Ba- rang mit drey Quellen hervorbricht, die Malanka, Biala, und Czorna heißen; die sich aber nach einem kurzen Laufe in der Gegend des Ten- kauberges mit einander vereinigen: worauf dieser Fluß sich bald aus Schlesien wendet, welches er ganz [Spaltenumbruch]
Weide
durchströmet, und endlich in Preus- sen sich in die Ostsee ergießt. Die vornehmsten Städte, die er in sei- nem Laufe begrüßet, sind Krakau, Warschau, Thorn, Oulm, Marien- burg, Dirsau, Graudenz, Mari- enwerder und Danzig, unter wel- cher letztern Stadt er in die Ostsee fällt. Rechnen wir vollends die Nogat, so ein von Marienberg ab in das frisische Haff gehender Arm der Weichsel ist, mit für einen Theil der Weichsel; so gehöret auch El- bingen mit zu den an diesem Stro- me gelegenen Städten. Unter den Flüssen, welche dieser Strom zu sich nimmt, sind die größten die Sau, Pilza und Bug in Polen; in Preußen und Pommerellen aber die Driwitz, Ossa und Bro. Durch diese in ihn sich ergießende Flüsse nimmt er zwar an Breite immer zu; hingegen aber wird er desto untiefer, so, daß itzt, zumal bey trockenen Sommertagen, kaum ein Kahn von funfzehn Lasten darauf fortkommen kann, da doch vordem die Seeschiffe bis nach Culm und Thorn haben hinauf kommen können.
Weide, oder Weidenbaum, und Felber, lat. Salix, franz. Saule, oder Saux, ein bekannter Baum, der unter den unfruchtbaren vor den nutzbarsten, und bey der Landwirth- schaft fast vor unentbehrlich gehal- ten wird. Er wächst gern an niedrigen, feuchten und wässerichten Orten, in Wiesen, um die Bäche, Seen und Gräben. Es sind da- von so mancherley Gattungen, daß Jonston derselben bis fünf und zwanzig zählet; einige aber zählen deren nur drey: die große, die so hoch wie eine Aspe erwächst, aber selten, und nur in wässerichten Auen gefunden wird; die mittlere, so in der Haushaltung die nützlichste ist; und die kleine, die nur wie ein Strauch bleibt. Jhr Unterschied ist mehrentheils an dem Laube zu
erken-
A a 5
[Spaltenumbruch]
Weggras
net, mit Fug und Recht abfordern kann.
Weggras (kleines,) kleines Weg- tritt, im Deutſchen auch Knauel genannt, lat. Polygonum minus, ein niedriges Kraͤutchen von duͤn- nen Stengeln, aſchfaͤrbigten Blaͤt- tern, weißen Bluͤten, und einer za- ſichten Wurzel, das auf ungebaue- ten, ſandigten Feldern waͤchſt. Um die Zeit des laͤngſten Tages, oder um den Johannstag, ſonder- lich bey trockenem Wetter, finden ſich an der Wurzel rothe Koͤrner, davon es auch Polygonum coccife- rum heißt, und welche das gemei- ne Volk Johannisblut nennet, in Meynung, daß es nur am Johan- nistage muͤſſe geſucht werden. Es ſind aber dieſe Koͤrner anders nichts, als der Saamen eines rothen Wuͤrmchens, das endlich auskreucht, und eine weiße leere Huͤlſe hinter- laͤßt. Wenn dieſe Koͤrner an einem trockenen Orte verwahret werden, haben ſie die Kraft und Tugend der rechten Cochenille, ſiehe Coche- nille. Aus dem Kraute wird auf den Apotheken ein Waſſer gebrannt.
Wegwart, Kraut, ſiehe Cicho- rien.
Wechſe, edler Stein, ſiehe Opal, und Giraſol.
Weichhaus, ſiehe Stapelrecht.
Weichkuͤpe, ſiehe Jndig.
Weichſel, oder Weixel, lat. Viſtula, ein großer und beruͤhmter Fluß in Polen. Er entſpringt in Schleſien, und zwar in dem Her- zogthume Teſchen, an der ungari- ſchen Graͤnze, in dem carpathiſchen Gebirge, woſelbſt er in deſſen rau- heſten Theile aus dem Berge Ba- rang mit drey Quellen hervorbricht, die Malanka, Biala, und Czorna heißen; die ſich aber nach einem kurzen Laufe in der Gegend des Ten- kauberges mit einander vereinigen: worauf dieſer Fluß ſich bald aus Schleſien wendet, welches er ganz [Spaltenumbruch]
Weide
durchſtroͤmet, und endlich in Preuſ- ſen ſich in die Oſtſee ergießt. Die vornehmſten Staͤdte, die er in ſei- nem Laufe begruͤßet, ſind Krakau, Warſchau, Thorn, Oulm, Marien- burg, Dirſau, Graudenz, Mari- enwerder und Danzig, unter wel- cher letztern Stadt er in die Oſtſee faͤllt. Rechnen wir vollends die Nogat, ſo ein von Marienberg ab in das friſiſche Haff gehender Arm der Weichſel iſt, mit fuͤr einen Theil der Weichſel; ſo gehoͤret auch El- bingen mit zu den an dieſem Stro- me gelegenen Staͤdten. Unter den Fluͤſſen, welche dieſer Strom zu ſich nimmt, ſind die groͤßten die Sau, Pilza und Bug in Polen; in Preußen und Pommerellen aber die Driwitz, Oſſa und Bro. Durch dieſe in ihn ſich ergießende Fluͤſſe nimmt er zwar an Breite immer zu; hingegen aber wird er deſto untiefer, ſo, daß itzt, zumal bey trockenen Sommertagen, kaum ein Kahn von funfzehn Laſten darauf fortkommen kann, da doch vordem die Seeſchiffe bis nach Culm und Thorn haben hinauf kommen koͤnnen.
Weide, oder Weidenbaum, und Felber, lat. Salix, franz. Saule, oder Saux, ein bekannter Baum, der unter den unfruchtbaren vor den nutzbarſten, und bey der Landwirth- ſchaft faſt vor unentbehrlich gehal- ten wird. Er waͤchſt gern an niedrigen, feuchten und waͤſſerichten Orten, in Wieſen, um die Baͤche, Seen und Graͤben. Es ſind da- von ſo mancherley Gattungen, daß Jonſton derſelben bis fuͤnf und zwanzig zaͤhlet; einige aber zaͤhlen deren nur drey: die große, die ſo hoch wie eine Aſpe erwaͤchſt, aber ſelten, und nur in waͤſſerichten Auen gefunden wird; die mittlere, ſo in der Haushaltung die nuͤtzlichſte iſt; und die kleine, die nur wie ein Strauch bleibt. Jhr Unterſchied iſt mehrentheils an dem Laube zu
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[[377]/0383]
Weggras
Weide
net, mit Fug und Recht abfordern
kann.
Weggras (kleines,) kleines Weg-
tritt, im Deutſchen auch Knauel
genannt, lat. Polygonum minus,
ein niedriges Kraͤutchen von duͤn-
nen Stengeln, aſchfaͤrbigten Blaͤt-
tern, weißen Bluͤten, und einer za-
ſichten Wurzel, das auf ungebaue-
ten, ſandigten Feldern waͤchſt.
Um die Zeit des laͤngſten Tages,
oder um den Johannstag, ſonder-
lich bey trockenem Wetter, finden
ſich an der Wurzel rothe Koͤrner,
davon es auch Polygonum coccife-
rum heißt, und welche das gemei-
ne Volk Johannisblut nennet, in
Meynung, daß es nur am Johan-
nistage muͤſſe geſucht werden. Es
ſind aber dieſe Koͤrner anders nichts,
als der Saamen eines rothen
Wuͤrmchens, das endlich auskreucht,
und eine weiße leere Huͤlſe hinter-
laͤßt. Wenn dieſe Koͤrner an einem
trockenen Orte verwahret werden,
haben ſie die Kraft und Tugend der
rechten Cochenille, ſiehe Coche-
nille. Aus dem Kraute wird auf
den Apotheken ein Waſſer gebrannt.
Wegwart, Kraut, ſiehe Cicho-
rien.
Wechſe, edler Stein, ſiehe Opal,
und Giraſol.
Weichhaus, ſiehe Stapelrecht.
Weichkuͤpe, ſiehe Jndig.
Weichſel, oder Weixel, lat.
Viſtula, ein großer und beruͤhmter
Fluß in Polen. Er entſpringt in
Schleſien, und zwar in dem Her-
zogthume Teſchen, an der ungari-
ſchen Graͤnze, in dem carpathiſchen
Gebirge, woſelbſt er in deſſen rau-
heſten Theile aus dem Berge Ba-
rang mit drey Quellen hervorbricht,
die Malanka, Biala, und Czorna
heißen; die ſich aber nach einem
kurzen Laufe in der Gegend des Ten-
kauberges mit einander vereinigen:
worauf dieſer Fluß ſich bald aus
Schleſien wendet, welches er ganz
durchſtroͤmet, und endlich in Preuſ-
ſen ſich in die Oſtſee ergießt. Die
vornehmſten Staͤdte, die er in ſei-
nem Laufe begruͤßet, ſind Krakau,
Warſchau, Thorn, Oulm, Marien-
burg, Dirſau, Graudenz, Mari-
enwerder und Danzig, unter wel-
cher letztern Stadt er in die Oſtſee
faͤllt. Rechnen wir vollends die
Nogat, ſo ein von Marienberg ab
in das friſiſche Haff gehender Arm
der Weichſel iſt, mit fuͤr einen Theil
der Weichſel; ſo gehoͤret auch El-
bingen mit zu den an dieſem Stro-
me gelegenen Staͤdten. Unter den
Fluͤſſen, welche dieſer Strom zu
ſich nimmt, ſind die groͤßten die
Sau, Pilza und Bug in Polen;
in Preußen und Pommerellen aber
die Driwitz, Oſſa und Bro. Durch
dieſe in ihn ſich ergießende Fluͤſſe
nimmt er zwar an Breite immer zu;
hingegen aber wird er deſto untiefer,
ſo, daß itzt, zumal bey trockenen
Sommertagen, kaum ein Kahn von
funfzehn Laſten darauf fortkommen
kann, da doch vordem die Seeſchiffe
bis nach Culm und Thorn haben
hinauf kommen koͤnnen.
Weide, oder Weidenbaum, und
Felber, lat. Salix, franz. Saule,
oder Saux, ein bekannter Baum,
der unter den unfruchtbaren vor den
nutzbarſten, und bey der Landwirth-
ſchaft faſt vor unentbehrlich gehal-
ten wird. Er waͤchſt gern an
niedrigen, feuchten und waͤſſerichten
Orten, in Wieſen, um die Baͤche,
Seen und Graͤben. Es ſind da-
von ſo mancherley Gattungen, daß
Jonſton derſelben bis fuͤnf und
zwanzig zaͤhlet; einige aber zaͤhlen
deren nur drey: die große, die ſo
hoch wie eine Aſpe erwaͤchſt, aber
ſelten, und nur in waͤſſerichten Auen
gefunden wird; die mittlere, ſo in
der Haushaltung die nuͤtzlichſte iſt;
und die kleine, die nur wie ein
Strauch bleibt. Jhr Unterſchied
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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [377]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/383>, abgerufen am 22.12.2024.
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