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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Wallruß
Die (h) Zunge ist gern so groß, als
eine Ochsenzunge. Der (i) Hals
ist dick, weswegen es sich nicht um-
sehen kann, sondern die Augen ver-
kehret. Der (k) Schwanz ist kurz,
als an den Seehunden. Jhre
(l) Füße, welche sehr kurz sind,
sonderlich die Hinterfüße, sind jeder
mit 5 Krallen bewaffnet, die aus
eben so viel Zeen heraus gehen,
welche durch eine Haut zusammen
gefüget sind, die der Haut an den
Füßen der Gänse einigermaßen
gleich ist. Jhre (m) Ruthe ist
wohl einer Ellen lang, so hart als
ein Bein, und von eben der Be-
schaffenheit, als ihre Zähne, wie
man denn auch daraus eben dieje-
nige gedrechselte und ausgelegte Ar-
beit machet, als aus diesen. Jhre
(n) Haut ist, insonderheit am Halse,
eines Daumens dick, und hart:
Es glauben daher einige, daß, wenn
solche gegärbet, und so, wie die
Elendshäute, zugerichtet würde,
sehr gutes Leder daraus zu machen
sey. Die Farbe der Haare, so
diese Haut bedecken und kurz sind,
ist bey einigen mausefahl, bey an-
dern roth, und bey einigen braun.
Es giebt auch darunter welche, die
wenige oder gar keine Haare haben.
Es (3) findet sich aber dieses Thier
an verschiedenen Orten des Eis-
meeres, vornehmlich in der Gegend
von Spitzbergen. Der (4) Fang
derselben geschieht auf folgende Art:
Wenn diese Thiere in großer Anzahl
auf dem Eise liegen (auf welchem
sie insgemein schlafen, und an der
Sonne ausruhen) und die Matro-
sen sie daselbst angreifen wollen;
so pflegen sie solche durch ein großes
Geschrey aufzuwecken: wobey sie
jedoch ihre Chalupen in einiger Ent-
fernung von dem Eise halten, aus
Furcht, daß diese Thiere, wenn sie
sich von dem Eise herunter in die
See stürzen wollen, in diese Cha-
lupen springen und solche umstür-
[Spaltenumbruch]
Wallruß
zen möchten, wie oft geschieht.
Wenn alsdenn das Wallroß in die
See springt: so nimmt der Har-
punier seine Zeit in Acht, ihnen seine
(a) Harpune in den Leib zu werfen,
weil der Wurf alsdenn sicherer ist,
indem die Haut bey dem Springen
mehr gespannet ist. Unterdessen,
daß die Harpunirer in den Chalupen
diese Thiere mit der Harpune schies-
sen, springen die andern Matrosen
auf das Eis, und tödten auf dem-
selben die Wallrosse, die von dem-
selben nicht haben herunter kommen
und unter das Wasser gehen können,
mit (b) Spießen. Die Harpunen
und die Eisen an den Spießen, de-
ren man sich bedienet, um sie an-
zugreifen, sind nicht über 1 bis 11/2
Spannen lang, und ohngefähr 1 Zoll
dick; der Schaft der Harpune aber
muß 6 Fuß lang seyn: und sowol
die Harpune, als die Eisen an den
Spießen, müssen sehr wohl verstäh-
let und gehärtet, auch sehr scharf
seyn. Denn ungeachtet das Wall-
roß lange nicht so stark und groß
ist, als der Wallfisch: so sind den-
noch die Harpunen, mit welchen
der Wallfisch geschossen wird, viel
zu schwach bey dem Wallrosse, dem
sie kaum die Haut aufschlitzen wür-
den, an statt, daß sie in dem Wall-
fische eine breite und tiefe Wunde
machen. Den (5) Nutzen dieser
Thiere betreffend: so tödtet man sie
(a) mehrentheils nur um ihrer ob-
gedachten großen Zähne willen, daher
man ihnen auch insgemein nur al-
lein den Kopf abhauet, und solchen
mitnimmt, welcher dem Eigenthü-
mer des Schiffes gehöret: wiewol
man hundert Wallrosse sieht, dar-
unter kaum einer gute Zähne hat,
denn etliche haben faule und stin-
kende Zähne, ja einige haben nur
einen, oder gar keinen Zahn, weil
sie solche im Streite verloren, oder
ihnen ausgefallen sind. Man könn-
te zwar (b) aus deren Specke auch

Thran

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Wallruß
Die (h) Zunge iſt gern ſo groß, als
eine Ochſenzunge. Der (i) Hals
iſt dick, weswegen es ſich nicht um-
ſehen kann, ſondern die Augen ver-
kehret. Der (k) Schwanz iſt kurz,
als an den Seehunden. Jhre
(l) Fuͤße, welche ſehr kurz ſind,
ſonderlich die Hinterfuͤße, ſind jeder
mit 5 Krallen bewaffnet, die aus
eben ſo viel Zeen heraus gehen,
welche durch eine Haut zuſammen
gefuͤget ſind, die der Haut an den
Fuͤßen der Gaͤnſe einigermaßen
gleich iſt. Jhre (m) Ruthe iſt
wohl einer Ellen lang, ſo hart als
ein Bein, und von eben der Be-
ſchaffenheit, als ihre Zaͤhne, wie
man denn auch daraus eben dieje-
nige gedrechſelte und ausgelegte Ar-
beit machet, als aus dieſen. Jhre
(n) Haut iſt, inſonderheit am Halſe,
eines Daumens dick, und hart:
Es glauben daher einige, daß, wenn
ſolche gegaͤrbet, und ſo, wie die
Elendshaͤute, zugerichtet wuͤrde,
ſehr gutes Leder daraus zu machen
ſey. Die Farbe der Haare, ſo
dieſe Haut bedecken und kurz ſind,
iſt bey einigen mauſefahl, bey an-
dern roth, und bey einigen braun.
Es giebt auch darunter welche, die
wenige oder gar keine Haare haben.
Es (3) findet ſich aber dieſes Thier
an verſchiedenen Orten des Eis-
meeres, vornehmlich in der Gegend
von Spitzbergen. Der (4) Fang
derſelben geſchieht auf folgende Art:
Wenn dieſe Thiere in großer Anzahl
auf dem Eiſe liegen (auf welchem
ſie insgemein ſchlafen, und an der
Sonne ausruhen) und die Matro-
ſen ſie daſelbſt angreifen wollen;
ſo pflegen ſie ſolche durch ein großes
Geſchrey aufzuwecken: wobey ſie
jedoch ihre Chalupen in einiger Ent-
fernung von dem Eiſe halten, aus
Furcht, daß dieſe Thiere, wenn ſie
ſich von dem Eiſe herunter in die
See ſtuͤrzen wollen, in dieſe Cha-
lupen ſpringen und ſolche umſtuͤr-
[Spaltenumbruch]
Wallruß
zen moͤchten, wie oft geſchieht.
Wenn alsdenn das Wallroß in die
See ſpringt: ſo nimmt der Har-
punier ſeine Zeit in Acht, ihnen ſeine
(a) Harpune in den Leib zu werfen,
weil der Wurf alsdenn ſicherer iſt,
indem die Haut bey dem Springen
mehr geſpannet iſt. Unterdeſſen,
daß die Harpunirer in den Chalupen
dieſe Thiere mit der Harpune ſchieſ-
ſen, ſpringen die andern Matroſen
auf das Eis, und toͤdten auf dem-
ſelben die Wallroſſe, die von dem-
ſelben nicht haben herunter kommen
und unter das Waſſer gehen koͤnnen,
mit (b) Spießen. Die Harpunen
und die Eiſen an den Spießen, de-
ren man ſich bedienet, um ſie an-
zugreifen, ſind nicht uͤber 1 bis 1½
Spannen lang, und ohngefaͤhr 1 Zoll
dick; der Schaft der Harpune aber
muß 6 Fuß lang ſeyn: und ſowol
die Harpune, als die Eiſen an den
Spießen, muͤſſen ſehr wohl verſtaͤh-
let und gehaͤrtet, auch ſehr ſcharf
ſeyn. Denn ungeachtet das Wall-
roß lange nicht ſo ſtark und groß
iſt, als der Wallfiſch: ſo ſind den-
noch die Harpunen, mit welchen
der Wallfiſch geſchoſſen wird, viel
zu ſchwach bey dem Wallroſſe, dem
ſie kaum die Haut aufſchlitzen wuͤr-
den, an ſtatt, daß ſie in dem Wall-
fiſche eine breite und tiefe Wunde
machen. Den (5) Nutzen dieſer
Thiere betreffend: ſo toͤdtet man ſie
(a) mehrentheils nur um ihrer ob-
gedachten großen Zaͤhne willen, daher
man ihnen auch insgemein nur al-
lein den Kopf abhauet, und ſolchen
mitnimmt, welcher dem Eigenthuͤ-
mer des Schiffes gehoͤret: wiewol
man hundert Wallroſſe ſieht, dar-
unter kaum einer gute Zaͤhne hat,
denn etliche haben faule und ſtin-
kende Zaͤhne, ja einige haben nur
einen, oder gar keinen Zahn, weil
ſie ſolche im Streite verloren, oder
ihnen ausgefallen ſind. Man koͤnn-
te zwar (b) aus deren Specke auch

Thran
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[[326]/0332] Wallruß Wallruß Die (h) Zunge iſt gern ſo groß, als eine Ochſenzunge. Der (i) Hals iſt dick, weswegen es ſich nicht um- ſehen kann, ſondern die Augen ver- kehret. Der (k) Schwanz iſt kurz, als an den Seehunden. Jhre (l) Fuͤße, welche ſehr kurz ſind, ſonderlich die Hinterfuͤße, ſind jeder mit 5 Krallen bewaffnet, die aus eben ſo viel Zeen heraus gehen, welche durch eine Haut zuſammen gefuͤget ſind, die der Haut an den Fuͤßen der Gaͤnſe einigermaßen gleich iſt. Jhre (m) Ruthe iſt wohl einer Ellen lang, ſo hart als ein Bein, und von eben der Be- ſchaffenheit, als ihre Zaͤhne, wie man denn auch daraus eben dieje- nige gedrechſelte und ausgelegte Ar- beit machet, als aus dieſen. Jhre (n) Haut iſt, inſonderheit am Halſe, eines Daumens dick, und hart: Es glauben daher einige, daß, wenn ſolche gegaͤrbet, und ſo, wie die Elendshaͤute, zugerichtet wuͤrde, ſehr gutes Leder daraus zu machen ſey. Die Farbe der Haare, ſo dieſe Haut bedecken und kurz ſind, iſt bey einigen mauſefahl, bey an- dern roth, und bey einigen braun. Es giebt auch darunter welche, die wenige oder gar keine Haare haben. Es (3) findet ſich aber dieſes Thier an verſchiedenen Orten des Eis- meeres, vornehmlich in der Gegend von Spitzbergen. Der (4) Fang derſelben geſchieht auf folgende Art: Wenn dieſe Thiere in großer Anzahl auf dem Eiſe liegen (auf welchem ſie insgemein ſchlafen, und an der Sonne ausruhen) und die Matro- ſen ſie daſelbſt angreifen wollen; ſo pflegen ſie ſolche durch ein großes Geſchrey aufzuwecken: wobey ſie jedoch ihre Chalupen in einiger Ent- fernung von dem Eiſe halten, aus Furcht, daß dieſe Thiere, wenn ſie ſich von dem Eiſe herunter in die See ſtuͤrzen wollen, in dieſe Cha- lupen ſpringen und ſolche umſtuͤr- zen moͤchten, wie oft geſchieht. Wenn alsdenn das Wallroß in die See ſpringt: ſo nimmt der Har- punier ſeine Zeit in Acht, ihnen ſeine (a) Harpune in den Leib zu werfen, weil der Wurf alsdenn ſicherer iſt, indem die Haut bey dem Springen mehr geſpannet iſt. Unterdeſſen, daß die Harpunirer in den Chalupen dieſe Thiere mit der Harpune ſchieſ- ſen, ſpringen die andern Matroſen auf das Eis, und toͤdten auf dem- ſelben die Wallroſſe, die von dem- ſelben nicht haben herunter kommen und unter das Waſſer gehen koͤnnen, mit (b) Spießen. Die Harpunen und die Eiſen an den Spießen, de- ren man ſich bedienet, um ſie an- zugreifen, ſind nicht uͤber 1 bis 1½ Spannen lang, und ohngefaͤhr 1 Zoll dick; der Schaft der Harpune aber muß 6 Fuß lang ſeyn: und ſowol die Harpune, als die Eiſen an den Spießen, muͤſſen ſehr wohl verſtaͤh- let und gehaͤrtet, auch ſehr ſcharf ſeyn. Denn ungeachtet das Wall- roß lange nicht ſo ſtark und groß iſt, als der Wallfiſch: ſo ſind den- noch die Harpunen, mit welchen der Wallfiſch geſchoſſen wird, viel zu ſchwach bey dem Wallroſſe, dem ſie kaum die Haut aufſchlitzen wuͤr- den, an ſtatt, daß ſie in dem Wall- fiſche eine breite und tiefe Wunde machen. Den (5) Nutzen dieſer Thiere betreffend: ſo toͤdtet man ſie (a) mehrentheils nur um ihrer ob- gedachten großen Zaͤhne willen, daher man ihnen auch insgemein nur al- lein den Kopf abhauet, und ſolchen mitnimmt, welcher dem Eigenthuͤ- mer des Schiffes gehoͤret: wiewol man hundert Wallroſſe ſieht, dar- unter kaum einer gute Zaͤhne hat, denn etliche haben faule und ſtin- kende Zaͤhne, ja einige haben nur einen, oder gar keinen Zahn, weil ſie ſolche im Streite verloren, oder ihnen ausgefallen ſind. Man koͤnn- te zwar (b) aus deren Specke auch Thran

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [326]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/332>, abgerufen am 22.12.2024.